Vorsicht, Ansteckungsgefahr!

Ich habe ein neues Hobby! Ich irritiere und animiere Menschen. Mit einem Lächeln. Ja, einmal angefangen, kann man gar nicht genug davon bekommen. Es ist wie eine Glücksdroge. Oder wie eine ansteckende Krankheit, die zwar eine gewisse Inkubationszeit hat, dann aber ganz plötzlich beim neuen Wirt ausbricht.

Ja, es ist schon faszinierend, was man mit einem einfachen Lächeln alles bewirken kann. Das Wetter ist schlecht, die Menschen rennen griesgrämig von A nach B und mittendrin ich. Mit einem Lächeln auf den Lippen. Weil ich zwischen der dicken Wolkendecke etwas Blau entdeckt habe, weil ich gerade zufrieden bin, weil ich an einen tollen Menschen denke, weil ich gute Musik höre, die mich von innen kitzelt, mich wie eine Woge der Zufriedenheit durch die anonyme Großstadt trägt und mich von innen heraus strahlen lässt. In Form dieses Lachens. Und als ich mir dessen bewusst werde, wird das Lachen nur noch breiter. Es ist nicht so ein schüchtern aufgesetztes, weil man sich sagt „Jetzt geh ich mal freundlich durch die Gegend“. Das funktioniert meistens nicht. Nein, es ist eines was sich auf dem ganzen Gesicht ausbreitet. Was die Augen leuchten lässt und die Mundwinkel wie an Gummischnüren nach oben zieht. Was mich regelrecht durch die Gegend schweben lässt. Und es lässt mich die Leute anschauen. Und selbst wenn diese auf den Boden starren, muss dieses Lächeln etwas Magisches haben, denn sie heben den Kopf und schauen zurück. Zunächst etwas irritiert. Blicken sich um, ob hinter ihnen jemand läuft, den ich meinen könnte. Und wenn sie sich dann vergewissert haben, dass sie mit ihrer Vermutung falsch lagen, heben sich auch ihre Mundwinkel. Mal ganz langsam und zaghaft, mal schneller. Mal zurückhaltend, mal offen. Und für einen kurzen Augenblick teilen sich hier zwei völlig Unbekannte einen unglaublich schönen Moment. Lassen sich für eine kurzen Augenblick teilhaben an ihrem Leben im anonymen Moloch Großstadt.

Lächeln ist also ansteckend, sofern es wirklich von Herzen kommt!

Und genauso ist es mit dem Lachen. Kennt ihr so Momente, wo man mit Freunden zusammensitzt und sich plötzlich mitten in einem Lachflash befindet. Meist ist es nur ein Wort, eine Erinnerung oder ein alberner Moment und schon prustet man gemeinsam los und es gibt kein Halten mehr. Ein herrliches Gefühl. Ich erinnere mich an Tage an denen ich mit einer Freundin durch die Stadt lief oder fuhr und wir ununterbrochen Lieder wie „Auf der Mauer, auf der Lauer,…“ sangen oder Kurt Krömer und seine Abhandlung der Eintagsfliege bzw. seiner Pöbelattacken a la „Do Piepmatz“ imitierten. Die Gesichter derer, die uns über den Weg liefen werde ich nicht vergessen. Manche schauten uns nur an als würden sie sofort die Männer mit den weißen Jacken rufen wollen, andere freuten sich angesteckt von unserer guten Laune einfach mit und lächelten.

Schwieriger wird es, wenn man sich in einer Situation befindet, in der Lachen unangebracht ist. Ich erinnere mich da an ein Seminar, in dem ich neben einer Freundin saß. Ich weiß nicht mehr worum es ging, aber da war plötzlich dieses Kitzeln im Bauch. Dann ein Blick und plötzlich war das Kitzeln einfach nicht mehr zu unterdrücken. Wir mussten kichern. Hinter vorgehaltener Hand und mit dem Versuch es zu unterdrücken wurde es nur immer mehr. Ich wundere mich noch heute, dass wir nicht explodiert sind. Aber noch heute breitet sich ein Grinsen auf meinem Gesicht aus, wenn ich daran denke.

Manchmal ist es aber auch nur eine ansteckende Lache, die das eigene Zwerchfell kitzelt und einen ebenfalls zum Lachen bringt. Oh ja, da gibt es ganz außerordentliche Exemplare. Manche glucksen, andere rattern wie eine Kanone, wieder andere kichern spitzbübisch vor sich hin. Da bekommt Lachyoga eine ganz andere Bedeutung. Fast wie eine Massage, nur eben für den Geist.

Fakt ist, wenn man sich in einer Situation wohl fühlt, eine Bindung zum Lachenden hat oder bereit ist eine kurze Bindung zu einem anonym Lächelnden einzugehen, kann Lachen eine ohnehin schöne Bindung intensivieren, einen wahnsinnig intimen Moment schaffen, etc. Lachen kann (Herzens-)Türen öffnen und ist dadurch nicht nur gut für die eigene Seele. Es kann die eigene Freude sogar noch dupli- bzw. sogar multiplizieren. Denn das eigene Glückgefühl wird nur noch verstärkt und intensiviert, wenn das Gegenüber mitlacht oder lächelt.

In diesem Sinne: Für mehr Lächeln und Lachen in Zeiten der Anonymität.

Hilfe, Ratgeberdschungel!

„Was Sie schon immer über … wissen wollten!“, „Wie Sie am besten…“, „Der beste Weg zum…“, etc pepe. Ratgeber hier, Ratgeber da. Ratgeber-Dschungel. Hilfe! Reiz- und Wissensüberflutung pur. Und noch dazu oft unnützes Wissen, wenn auch die Herausgeber und Verfasser dieser Ratgeber wohl anderer Meinung sind. Schließlich ist Ihr Ratgeber der Weg zum Erfolg schlechthin. Aber ist das so? Beziehungsweise warum lassen sich Menschen das immer wieder einreden und kaufen diese ‚Dinger‘? Sind wir überfordert? Können wir keine eigenen Entscheidungen mehr treffen? Oder redet man uns mit all diesen Ratgebern nur ein, wir seien es? Oder noch schlimmer, werden wir es gar erst durch all diese Ratgeber? Wie dem auch sei. Fakt ist: Der Ratgeber-Markt boomt. Täglich schießen neue, erfolgsversprechende, absolut „erkenntnisreiche“ Werke dieser Gattung aus dem Boden. Und wenn man dann wirklich mal einen Rat oder eine Information braucht, z.B. wenn man verreisen möchte, steht man da und reist zunächst einmal durch besagten Ratgeberdschungel…

Diejenigen unter euch, die jetzt stolz denken: Ich habe mir noch nie einen Ratgeber gekauft und bin diesem Wahn noch nicht auf den Leim gegangen…. Irrtum. Noch keinen Ratgeber gekauft zu haben, bedeutet noch lange nicht, dass man nicht auch schon „Opfer“ dieses dubiosen Ratgebermarathons geworden ist. Denn dieser fängt schon bei ganz kleinen Dingen an. Ja, er beginnt bereits im Internet und hat sich klammheimlich in alle Sphären unseres Alltags gedrängelt. Denn schwubs erhascht uns eine Schlagzeile und wir lesen Tipps und Tricks und sind mitten drin im Ratgeberwust.

Auch ich war bis vor Kurzen stolz noch keinen Ratgeber gekauft zu haben und diesem Trend noch nicht verfallen zu sein. Doch ich wurde eines besseren belehrt. Denn mir fiel auf, dass mein wissbegieriges Hirn – oder sollte ich in diesem Fall lieber sagen mein Emotionsknotenpunkt – auch nicht vor bestimmten Schlagzeilen immun ist. Und nun muss ich mich wohl leider outen: Auch ich bin hin und wieder eine typische Frau. Und so erhascht mich besagter Ratgeberwahn z.B. wenn meine Augen Schlagzeilen wie „Was Männer wirklich wollen…“ oder „Wie Frauen zur Verführerin werden“ lesen. In Sekundenschnelle hat mein Gehirn in solchen Fällen folgenden Auftrag an meine rechte Hand gesendet: Link anklicken. Und schwubs führt meine Hand diesen Befehl aus und meine Augen konsumieren Ratschläge. Natürlich – so muss ich auch gestehen –  lese ich diese Artikel mit Hingabe, gerade weil sie so lustig sind. Und jedes Mal hoffe ich, dass man mir etwas Neues erzählt – denn die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Und auch jedes Mal lese ich dann doch wieder das Gleiche. Und somit muss ich mir eben eingestehen: Ja, auch ich bin besagtem Ratgeberurwald verfallen. Doch immer wenn ich die ach so tollen, frischen Informationen in mich aufgesogen habe, frage ich mich aufs Neue: Warum in aller Welt habe ich das jetzt gelesen? Warum habe ich dafür Zeit verschwendet? Habe ich denn tatsächlich gehofft, dass mir besagte Ratgeber Wissen vermitteln können, wie ich Männer besser verstehen kann? Ein schier wahnwitziger Gedanke. Denn wenn ich ehrlich zu mir bin, ist mir natürlich von vorherein bewusst: Würden all diese Tipps, Hinweise und Analysen stimmen und wirklich etwas bringen wäre doch jeder glücklich gepaart, es würde keinerlei Missverständnisse zwischen dem männlichen und weiblichen Geschlecht geben und alles wäre Friede-Freude-Eierkuchen. Und doch erhofft mein Emotionsknotenpunkt wohl genau dies in regelmäßigen Abständen und konsumiert Ratschläge. Da kann ich nur den Kopf über mich selbst schütteln…

Die größte aller Fragen dabei bleibt jedoch: Warum lesen Menschen so viele Ratgeber anstatt auf ihre eigenen Impulse zu vertrauen? Haben wir es verlernt Probleme und Konflikte alleine lösen zu können? Oder sind wir zu stark von unseren Mitmenschen abhängig? Hoffen wir damit immer noch besser, effizienter, etc. zu werden? Ist es wieder dieses Gesellschaftsphänomen sich keine Fehler erlauben zu dürfen oder zu wollen? Wir konsumieren also Ratgeber und hoffen auf Lösungen von unseren Zeitgenossen, auf die Antworten unserer Freunde, auf fremde Impulse die uns den Weg weisen und die richtige Entscheidung erleichtern. Aber warum fällt es uns so schwer eigene Entscheidungen zu treffen?

Letztlich gibt es drei verschiedene Wege Erkenntnisse zu erlangen und Entscheidungen fällen zu können: Durch Lernen – die aufwendigste und unpersönlichste Form, durch Beobachten und Nachmachen – die einfachste Variante, und durch das Sammeln eigener Erfahrungen – der wohl schwierigste, oftmals bitterste, aber auch effizienteste Weg, wenn es darum geht wirklich eine EIGENES zu erwirtschaften. Indem wir nun also Ratgeber konsumieren, wählen wir den einfachsten Weg und hoffen so, mögliche Unannehmlichkeiten umgehen zu können. Wir fügen uns unwillkürlich in eine große, wabernde Masse ein. Man schwimmt mit dem Strom, fällt nicht weiter auf, denn das Schwimmen im Strom führt zu Anonymität. Und am Ende fühlt man sich vielleicht irgendwie nicht ganz bei sich selbst. Denn um sich selbst zu entwickeln ist wohl das Verlassen der Strommitte notwendig. Und das fällt schwer…

Dennoch, manch einer braucht vielleicht den Schubs eines Ratgebers. Doch wieviel Ratgeber ist zu viel Ratgeber? Denn ist es nicht letztlich vielleicht sogar so, dass die Entscheidung nach dem durchforsten des Ratgeberdschungels noch schwieriger wird als vorher? Zumindest wenn man sich nicht nur für eine Liane entschieden hat, sondern gleich den ganzen Urwald durchforstet hat. So ergibt sich dann bei manchen Hilfesuchenden folgendes Szenario. Er/sie hat einige Ratgeber gelesen, tagelang online recherchiert, was genau den Kern der Sache ausmacht, wie er/sie es am besten anzupacken hat. Dann ist der Kopf voll mit Daten, Fakten, Tipps, Verbesserungsvorschlägen, Anregungen, etc. Und dann sitzt man da, will los und ist gehemmt. Anstelle einer klaren Idee rauschen nun die ganzen Ratschläge durch den Kopf. Und die klare Entscheidung? Bleibt aus. Vielleicht machen all die Hinweise bereits getroffene Entscheidungen leichter verständlich und helfen bereits Erlebtes besser einzuordnen. Aber sie blockieren die Neufindung. Bedröppelter als vorher sehnt man sich dann an den Punkt zurück, bevor man zum ersten Ratgeber griff. Ohne Tipps und Ratschläge. Einfach nur die ursprüngliche Naivität, das anfängliche Unwissen, das pure Gefühl :)

Auch ich hätte so manches Mal gern eine Patentlösung parat. Die Entscheidung die dann auch 100% zur Zufriedenheit führt. Aber gibt es die überhaupt? Ich denke nicht. Aber letztlich muss wohl jeder für sich selbst eine Antwort finden. Ob mit oder ohne Ratgeber ist dabei ebenfalls jedem selbst überlassen…