Volltreffer

Es ist lange her, dass ich ein Date hatte, dass mich so umgehauen hat. Um es genauer zu sagen, zwei tolle Dates. Oder ein Date mit Fortsetzung.

Ich war emotional ergriffen, vom Anfang bis zum Ende. Vom Ersten bis zum letzten Wort. Ich war überwältigt von so unterschiedlichen Emotionen und so viel Gefühl. Ich war hingerissen von der gleichermaßen existierenden Wortgewandtheit und den schüchtern-kläglichen Versuchen, sich auszudrücken.

Nach nur wenigen Worten hatte ich den Köder geschluckt. Mein Herz raste und kurze Pinkelpausen oder der Griff zur Tasse mit dem Kaffee lösten eine innere Unruhe aus. Ich konnte es kaum erwarten, meine volle Aufmerksamkeit wieder meinem Date, diesen Worten und Emotionen zu widmen. Und ich fragte mich unentwegt: Wie würde es weitergehen? Wie würde es enden? Es endete offen und mein Innerstes verlangte nach mehr. Ein zweites Date musste her, und zwar schnell. Ich konnte es kaum erwarten, ich konnte es kaum abwarten, sehnte es herbei. Und nur die Gewissheit, dass es eine Fortsetzung geben würde, ließ mich nach unruhigen, wachen Stunden doch noch ein paar Augenblicke Schlaf finden. Die Zeit erschien mir unendlich lang. Immer wieder ging ich die Worte durch, die so schöne Sätze ergaben, ein Bild formten und mir eine Geschichte erzählten. Ein wohliges Gefühl breitete sich aus und doch war da eine Angst, dass das Ganze schneller beendet sein könnte, als mir lieb war.

Und dann war es endlich soweit. Die Fortsetzung folgte. Das zweite Date und wieder ein Volltreffer. Wieder tauchte ich ab, vergaß alles um mich herum, fühlte mich geborgen, aufgeregt und angespannt zugleich. Mit jedem weiteren Wort verliebte ich mich mehr. Diese Worte waren wie eine Droge, ich hing an der Angel.

Und dann kam das, was ich so gern herausgezögert hätte. Was ich nicht wollte, aber wusste, dass es kommen musste, damit es so gut blieb, wie es sich anfühlte: das Ende. Eine Mischung aus Enttäuschung und Erleichterung machte sich breit. Enttäuschung, weil es zu Ende war, Erleichterung, weil ich nun wieder würde ruhig schlafen können, meine Aufmerksamkeit wieder auf etwas anderes würde richten können. Und schließlich blieben mir die Erinnerungen an die Worte, die Bilder, die Gefühle, so sagte ich mir. Und diese breiteten sich wohlwollend in meinem Inneren aus. Ich seufzte, sagte „leb‘ wohl“ und speicherte diese tolle Erfahrung in meinem Herzen.

Wie toll kann doch ein Date mit einem Buch sein!!!

Ich kann nur empfehlen: „Gut gegen Nordwind“ (Date 1) und die Fortsetzung (Date 2) „Alle sieben Wellen“ von Daniel Glattauer.

Unsichtbar

Da sitz er mit einer dampfenden Kaffeetasse in der Hand. Die Luft duftet nach Tannennadeln und Weihrauch. Seine Nase ist noch rot von der Kälte. Der Ring an seiner rechten Hand glitzert im Schein der Kerzen. Er schlürft und hängt seinen Gedanken nach. Wie in Watte dringt Kindergelächter in sein Ohr, lässt ein kurzes Lächeln über sein Gesicht huschen. Er stellt die Tasse ab, streich sich Zuckerkrümel aus dem Bart. Dann schultert er seine Tasche, zieht den Mantelkragen enger und verschwindet lautlos in die kalte Nacht.

Oh du Fröhliche!

Ich sitze im Zug und blicke aus dem Fenster. Verhuscht zieht die Stadt an mir vorbei. Der Tag ist trüb, so dass es bereits am Nachmittag wirkt, als stände die Nacht in den Startlöchern. Um mich herum herrscht Stimmengewirr. Hier raschelt es in einer Tüte. Dort wird telefoniert. Weiter hintern streitet sich ein altes Ehepaar über den Ablauf der nächsten Tage und neben mir kuschelt ein junges Pärchen in meinem Alter. Ihr kleiner Hosenscheißer singt lautstark und emsig ein Weihnachtslied nach dem anderen. Versucht es zumindest, denn noch ist der kleine Fratz nicht wirklich Herr der deutschen Sprache. Vielmehr singt er in seiner eigenen Sprache und erheitert das ganze Zugabteil. Zumindest noch!

Und wie ich da so sitze und aus dem Fenster blicke, springt mal wieder mein Gedankenkarussell an und rattert vor sich hin. Der Blick verklärt sich. Das Stimmengewirr tritt in den Hintergrund und unermüdlich klopfen irgendwelche Erinnerungen und Sehnsüchte an meine Schädeldecke, drängeln und provozieren ein explosives Feuerwerk. „Hej, etwas Zurückhaltung bitte, bis Silvester sind es noch ein paar Tage!“ Doch sie geben keine Ruhe, springen beharrlich auf und ab, fordern den Rückblick auf Zeiten in denen ich selbst noch ein Dreikäsehoch war. Und dann passiert es: miss sophie wird sentimental & wehmütig…

Als ich wieder erwache aus meiner kleinen Retrospektive sehe ich, wie der Hosenscheißer beherzt in die Lebkuchentüte greift, die Mama ihm unter die Nase hält, weil der schmetternde Gesang nun doch ein paar Nörgler aufs Spielfeld befördert hat. Das Tirilieren setzt augenblicklich aus, die Augen des kleinen Fratzes beginnen zu leuchten und die kleinen Pausbacken mahlen freudig drauf los. Das Weihnachtsdrama – ein Streit unter Reisenden – wurde in letzter Sekunde erfolgreich abgewendet. Beruhigt tauche ich wieder in meine Gedankenwelt ab.

Ja, das Jahresende ist doch immer eine ganz besondere Zeit… Während es für Viele eine Zeit ist, in der sie das Jahr noch einmal Revue passieren lassen, auswerten was gut und was schlecht war,  Pläne schmieden was im nächsten Jahr alles anders werden soll und eine Liste von Vorhaben erstellen, die sie dann – je nach Typ – gleich am ersten Tag des neuen Jahres wieder über Board werfen oder verbissen daran arbeiten, beobachte ich in dieser Zeit immer viel und stelle mir vor, wie die einzelnen Personen, die ich da beobachte wohl die letzten Tage des Jahres verbringen. Und das kann eben sehr unterschiedlich sein. Von ’beneidenswert’, über ’zum brüllen komisch’, bis hin zu ’verschone mich’…

Hach ja….gemütlich und friedlich beisammen glucken. Wer das tut, hat das Prinzip der Weihnachtszeit verstanden: Nämlich das harmonische Zusammensein mit seinen Lieben. Gut, in manchen Familien artet die eigentlich besinnliche Weihnachtszeit oft auch in eine Zeit der ’sportlichen’ Höchstleistungen aus. Es folgt und kreuzt nämlich ein Marathon den Nächsten. Der Essmarathon. Der wir-hasten-von-einem-Familienmitglied-zum-nächsten-Marathon. Der wir-rupfen-den-Geschenkeberg-auf-Marathon. Oder aber auch der wir-lassen-die-Festzen-fliegen-Marathon und holen mal alles auf den Tisch, was sich das ganze Jahr über so angestaut hat. Ja, die Gunst der Stunde, da man mal wieder alle an einen Tisch bekommen hat, wird nicht zuletzt oft genutzt um endlich mal wieder einen kräftigen Streit vom Zaun zu brechen.

Noch mitten in Gedanken, drängt plötzlich bitterliches, sirenenartiges Schluchzen an mein Ohr. Der Hosenscheißer hat das Lebkuchenessen beendet, um stattdessen beherzt mit seinen Schokoladenfingern nach Mamas Seidenbluse zu greifen. DIE Seidenbluse, die sie eigentlich furchtbar hässlich findet, die doch aber ein Geschenk der lieben Schwiegereltern war, was sie heute extra vorführen wollte. Und während Mama noch nicht weiß ob sie lachen oder weinen soll, hat sich der Hosenscheißer eben für lautstarkes Heulen entschieden. Zum einen, da Mama und Papa im Eifer des Gefechts wohl ein sehr betroffenes Gesicht gemacht haben. Zum anderen, weil sich die lieben Mitreisenden mal wieder einmischen… Und während die eine Hälfte meines Hirns das Gedankenreich nur sehr langsam verlässt, ist der andere Teil meines Geistes sofort hellwach in der Realität zurück und kommentierte lustig drauf los: „Oh du Fröhliche!“

Wir sind anti…

Antikörper. Antibabypille. Antiallergikum. Antichrist. Antibiose. Antibakteriell. Antidepressivum. Antivirus. Antiheld…. Und inzwischen ganz brandaktuell auch Antischwarm. Ja, dieses Wort kam mir letztens wirklich unter die Augen und ich fragte mich: Ist unsere Gesellschaft denn nur noch anti? Allein 350 Wörter lassen sich auf Anhieb im Netz finden, wenn man nach Worten mit „anti-“ sucht. Die Trefferquote für Seiten zum Inhalt „anti“ liegt bei ungefähr 1.600.000.000.

Diese uralte kleine Vorsible mit der griechischen Herkunft hat sich klammheimlich in unseren Sprachgebrauch geschummelt und ist zu einem eigenständigen Wort geworden. Geradezu zu einem Modewort. Vor 14 Jahren hieß es bei den Ärzten in ihrem Song „Rebell“ noch schlicht und ergreifend „Ich bin dagegen…“. Heute ist man einfach nur noch anti. Na wenn das mal kein Statement ist… ;)

Das spannende daran ist, dass sich der Klang und der Gebrauch dieser kleine Vorsilbe so enorm geändert hat. Von der Vorsilbe zum Wort. Und wurden Worte mit „anti-“ früher noch verwendet um sich gewählt auszudrücken, ist es heute ein Ausdruck cooler Gebärden. So hört man z.B. Jugendliche im Park pöbeln: „Ey was bis’n du so anti?“. Das Wort wird also nur noch so dahingerotzt und drückt damit eine eher extreme Abwehrhaltung aus, als das laut Duden ursprüngliche „gegen / entgegen / nicht“. Das kleine anti ist zu einem Gemütszustand umgewandelt worden, hat etwas Endgültiges. Etwas, was keine Widerrede oder Nachfrage zulässt. Und ist dem heutigen abgekürzten Sprachstil damit ja auch viel zuträglicher als zu fragen: „Was hast du denn heute nur? Was ist los? Was bedrückt dich?“

In gewisser Weise spiegelt also auch die veränderte und rapide zugenommene Anwendung dieses kleinen Wortes, die Wandlung unserer Gesellschaft wieder. Man ist nicht mehr wirklich an den Belangen Anderer interessiert. Deswegen fragt man eben nicht nach dem Befinden, sondern nimmt ebendieses einfach gleich ziemlich hart vorweg. Wie gesagt wenn man anti ist, klingt das nach einem endgültigen Statement. Und wenn man jemand Anderem unterstellt anti zu sein, nimmt dies ebenfalls den Wind für weitere Erörterungen aus dem Segel. Also nicht, dass der „Beschuldigte“ nicht anfangen könnte zu widersprechen. Nein, das auf keinen Fall. Aber sagt jemand „Du bist anti“ drückt es doch in gewisser Weise seine nicht vorhandene Bereitschaft für eine Diskussion aus. So nach dem Motto: „Ah ich seh’ schon, du bist dagegen, also brauchen wir auch gar nicht weiter drüber reden.“ Und eigentlich drückt man damit nur seine eigene Abwehrhaltung aus. Umso schöner ist es doch, wenn man da ein paar Menschen weiß, die sich noch für die Stimmung hinter dem eventuellen anti interessieren.

Natürlich kennt wohl jeder das Gefühl, hin und wieder gegen eine bestimmte Sache eine Abwehrhaltung zu entwickeln. Für meinen Teil passiert dies vor allem bei Dingen die so extrem gehypt werden und davon ausgegangen wird, dass jeder mitmachen MUSS. Ja doch, da kann ich dann auch schon mal anti werden. Und dennoch würde ich meine nicht vorhandene emotionale Anteilnahme an besagten Hypes nicht als anti bezeichnen, sondern schlicht und ergreifend als „nicht dafür“„nicht begeistert“ oder „nicht interessiert“ … :)

Alles in Allem frage ich für meinen Teil lieber weiterhin erstmal einmal nach, was den Emotionshaushalt meiner Mitmenschen betrifft, bevor ich sie als anti deklariere und bleibe dann  gegebenenfalls lieber beim guten alten „Ich bin dagegen…“ ;)

Generation Roboter

Eine sehr weise Person fragte mich einmal: „Sie denken wohl auch Sie sind ein Roboter?“ Im ersten Moment empfand ich diese Aussage nur als eines: komisch. Ich, ein Roboter? Eine lustige Vorstellung. Wie kam Sie nur darauf? Nach gründlichem Nachdenken, Sackenlassen und immer wieder Hin-und-Her-Drehen befand ich jedoch, dass diese Person wohl etwas Recht hatte. Nicht zu wenig wurde ich auch schon von Anderen als ‚Hans Dampf in allen Gassen‘ oder als ‚Hamster im Laufrad‘ betitelt. Das war also meine Erkenntnis. Doch dann kam die weitaus schwierigere Frage: Warum?

Und dann fiel mir auf, dass es vielen Menschen in meinem Alter so geht. Auch in meinem Bekanntenkreis. Also kein Einzelfall, sondern fast schon ein Generationsproblem.  Viele +-30er stecken mehr oder weniger mitten in der Frage fest: Was will ich eigentlich vom Leben? Und was will das Leben von mir? Und wie kann ich das Eine mit dem Anderen verbinden? Und das möglichst im Einklang.

Ich will hier mitnichten an die alte Leier: „Früher war Alles besser.“  anknüpfen oder befürworten. Und ich will hier auch keinesfalls eine Mitleidshymne auf die Generation +-30 halten, aber ich würde dennoch behaupten: „Früher war (Alles) anders!“

Die Generation +-30 hastet durchs Leben. Ihre ‚Mitglieder‘ sind, anders als in den Generationen vor Ihnen, auf sich selbst gestellt.  Sie haben gelernt die Bedürfnisse Anderer zu erfüllen und darüber verlernt ihre Eigenen zu erkennen. Sie sind darauf geeicht, dass Scheitern etwas Schlimmes ist und sind deshalb oftmals nicht in der Lage (privat) klare Entscheidungen zu treffen. Sie sind versiert darauf zu funktionieren und scheuen sich deshalb davor wahre Gefühle zuzulassen bzw. tun sich schwer damit. Sie haben verlernt zu wissen was sie wollen und sich darüber ein stückweit selbst verloren. So sind viele heutzutage gerade einmal mit dem Studium fertig und fühlen sich schon ausgebrannt und leer. Denn sie pendeln ständig zwischen der Suche nach Selbstverwirklichung und dem Druck sich anpassen zu müssen. Dann wird man belächelt. Man solle sich nicht so haben, nicht so jammern. Aber wir jammern nicht. Wir haben nur andere Lebensumstände, die offenbar diskrepant sind. Vielmehr ist es auch so, dass diese Generation verlernt hat ‚Probleme‘ zuzugeben, Schwächen einzugestehen und darüber zu sprechen, sich zu offenbaren. Und das ist ein Zustand, der Viele daran hindert sich und ihrem Weg zu vertrauen. Der viele umhertreibt…

Aber was treibt uns so an? Wer ist hinter uns her? Wer oder was hindert uns?

Die Familie? Die Freunde?  Die Gesellschaft? Die Gesellschaft verlangt Fachidioten mit Rundumwissen, Allwissende mit Fachkenntnissen. Sie erwartet konstante Leistung und das teilweise über menschliche Grenzen hinaus. Die Gesellschaft verlangt nach ‚Robotern‘. Wer keiner ist fällt durchs Raster. Wird als gescheitert abgetan. Also hasten wir. In der Hoffnung unser Leben zu füllen und das aufkommende Gefühlsdesaster nicht spüren zu müssen. Die Freunde befinden sich in ähnlich chaotischen Lebenslagen. Auch auf der Suche nach ein bisschen Ordnung. Und die Familie hat sich von den Idealvorstellungen hin zu Individualkonstellationen entwickelt. Zwar sind wir zugegeben in angenehmeren politischen und sozialen Umständen aufgewachsen als unsere Vorfahren, dafür wurden wir schneller auf unsere eigenen Füße geworfen. Anleitung gab es kaum, nur Hinsehen und ein Gespür dafür entwickeln was gefragt ist und was nicht. Das fordert nicht nur, sondern überfordert auch. Deshalb klammern sie sich hin und wieder an ‚Dinge & Personen‘ um einen Anker zu haben, aus Angst sonst allein zu sein. Und dennoch: Die Generation +-30 ist ständig am Ausloten, am Suchen, am Testen. Ein Missverhältnis. Sie hat gelernt, dass es etwas wie den Idealzustand & Zufriedenheit nicht gibt. Hat man etwas erreicht darf man sich nicht ausruhen, sondern ist angehalten die nächste Stufe zu erklimmen um Eltern, etc. stolz zu machen, Anerkennung zu erlangen, sein Leben für wertvoll zu erachten.

Aber wo bleibt bei alledem Platz fürs ‚Leben‘? Wo bleibt Raum fürs Spüren? Oder warum fällt es uns so schwer das ‚Leben‘ zuzulassen? Ist es wirklich das Raster, durch welches wir glauben zu stürzen, wenn wir uns ein bisschen mehr selbst kennenlernen? Wenn wir den Roboter ein bisschen mehr ablegen und unser wahres Gesicht zeigen?

Und wäre es tatsächlich so oder würde sich die Gesellschaft mit etwas Anlaufzeit auch darauf einstellen? Bzw. sind wir nicht selbst mit dafür verantwortlich die Gesellschaft zu gestalten? Sollten wir nicht wenigstens versuchen unser Leben zu leben? Sind wir nicht eigentlich von Denen fasziniert, die es schaffen ihr Leben zufrieden, energiegeladen und frei zu leben und auszukosten? Und kann das nicht  anstecken? Ein Versuch lohnt!

Zugegeben: Es braucht einen Hauch ‚Ansteckung‘ und Faszination, die den Schubs gibt. Und eine große Portion Mut den Roboter zu verlassen, seinen Weg zu gehen und zu genießen. Es ist wohl schwierig, aber nicht unmöglich….

Ver-Sprechungen

Press conferenceFoto: © Andreas Bauer, 2010

Worte… Sätze… Floskeln… Wehen wie ein Fähnchen im Wind, drohen zu zerbersten. Sagen, aber nichts aussagen.

Ideen… Pläne… Phantasmagorien… Gemeißelt wie in Stein, mit der Zeit verwittert. Versprechen, aber nichts halten.

Wünsche… Hoffnungen… Zweifel… Begraben unter dem Ballast der Realität. Tun, aber nichts bewegen.

Die lieben Nachbarn…

Berliner Hinterhöfe. Ein Imperium für sich. Jedes noch so kleine Geräusch hallt zwischen den Wänden wieder und lässt keine Geheimnisse zu. Man weiß, was die Nachbarn so treiben…

Ich für meinen Teil habe in meinem kleinen Heim kulturelle Beschallung jeglicher Art. Da gibt es einen Opernliebhaber, der hin und wieder die ganze Nachbarschaft an seiner Leidenschaft teilhaben lässt. Vor allem mitten in der Nacht oder in den frühen Morgenstunden wird man Zeuge voluminöser Arien und hofft jedes Mal inständig, dass die Gläser im Küchenschrank den hohen akustischen Schallwellen standhalten. Dann gibt es den Trompetenspieler, der zugegebenermaßen sehr selten übt. Das dürfte jedoch auch daran liegen, dass wenn er es tut, denn Groll eines Nachbarn auf sich zieht. Man kann die Minuten fast zählen, bis nach seinem Beginn ein Fenster zum Hof geöffnet wird und eine wütende Stimme brüllt: „Ruhe da draußen!“  Ich für meinen Teil habe meine Trompete deshalb auf den Zwischenboden verbannt. Und dann gibt es da noch den Nachwuchs: Flöte übende Kinder. Verlieren sie nach nur fünf Minuten selbst die Lust an ihrer quietschenden Performance ist alles gut, finden sie jedoch gefallen an dem schauerlichen Klang, wird es zur Geduldsprobe für alle Nachbarn, fördert jedoch im Gegenzug starke Nerven. Vielleicht kann man die ja noch gebrauchen… ;)

Neben diesen kulturellen Beschallungen gibt es natürlich auch diverse gefiederte Freunde, welche die freundliche Nachbarschaft auf eine harte Probe stellen. Liebestolle Tauben am frühen morgen? Drei Stunden nonstop gurren? Auch das kann durchaus einen Nervenzusammenbruch provozieren. Umso schadenfroher ist man, wenn dann plötzlich Frau Elster auf einen Besuch vorbei kommt. Für Mr. & Mrs. Gurr nämlich kein gern gesehener Gast. Da haben die Beiden lieber ganz schnell die Biege gekratzt. Doch leider nicht lange. Nach drei Tagen Kreisen über dem Innenhof schien auch Frau Elster keine Gefahr mehr, man arrangierte sich mit dem ungebetenen Gast und gurrt wie eh und jeh.

Streitende Paare, genervt diskutierende oder gar schreiende Eltern und vor Schadenfreude krakeelende Kleinkinder sind eine weitere Spezies Berliner Hinterhöfe. Am allerschönsten ist es jedoch, wenn der Spross sprechen lernt. Was für eine Freude für den Nachbarn die Fortschritte mitzuverfolgen. Da kann es am frühen Morgen neben dem Taubengegurre auch zu stundenlangen Vokabelübungen zwischen Mutter und Tochter kommen: „ Mama, Mama, Mama, Mama!“ „Lisa, Lisa, Lisa, Lisa*!“ (*Der Name wurde aus Personenschutzgründen geändert) „Mama, Mama, Mama, Mama!“ „Lisa, Lisa,…*“ Ja doch, ich weiß inzwischen wie ihr heißt und zueinenander steht. Aber was tun gegen die uneingeforderte Beteiligung an der Sprachstunde? Mein erster Instinkt war es an die Wand zu klopfen. Schnell überlegte ich mir diesen Handgriff jedoch anders. Nicht auszudenken, wenn Lisa* realisiert, dass es da einen Mann bzw. eine Frau in der Wand gibt, die man mit Klopfen an eben diese nerven kann. Nein, lieber keine unnötigen Kontakt provozieren. Stattdessen Ohropax rein und ruhig durchatmen. Aber lieber das, als ein vor Wut brüllender Vater und weinende Kinder. Inzwischen kann ich sogar am Klang des Weinens erkennen, um welches Kind es sich handelt. Am allerschönsten wird es jedoch, wenn der Nachwuchs den Wortschatz erweitert hat, und es sich zur Aufgabe gemacht hat, seinen Erzeugern konsequent zu widersprechen, Fragen zu stellen oder ihre Forderungen zu überhören. Ja, so durfte ich unlängst, wie immer ungewollt, erfahren, dass Lisa* lieber spielt anstatt zu frühstücken. Die anschließenden Diskussionen und Wutausbrüche lohnen den Griff zum Ohrstöpsel. Ja, auch das kann hin und wieder die häusliche Ruhe aus dem Gleichgewicht bringen.

Und dann gibt es da noch die ordnungsliebenden und umräumwütigen Obermieter. Zumindest könnte man dies anhand des andauernden Lärmpegels von oben annehmen. Es beginnt mit dem Wackeln der Bücher im Regal. Wenn dann die Gläser anfangen zu vibrieren weiß man: jetzt kommt gleich ein lauter Kracher. Und tatsächlich. Wumps! Da is’ er ja schon. Ich bin ja echt nicht neugierig was solche Dinge anbelangt, denn letztlich ist es mir egal was meine Nachbarn so treiben, aber hier frage ich mich doch immer wieder: Was tun sie da? Dauerrenovieren? Man weiß es nicht, aber wie ich im Austausch mit anderen Hinterhofgeübten in Erfahrungen bringen konnte, ist dies eine gängige Form der der unfreiwilligen Anteilnahme am Leben des Übermieters. Nun ja… Aufregung lohnt wohl nicht. Bringt auch nichts außer graue Haare und Falten und wer will die schon freiwillig ?!

Aber der absolute Hammer sind doch die nächtlichen Aktivitäten der Nachbarn. Währenddessen ich wie bereits erwähnt nur streitende Pärchen und Kindergeschrei höre und von mir deshalb unfreiwilligerweise der Tages- bzw. Nachtrhythmus einer frischgebackenen Mutter abverlangt wird, haben Andere da ganz andere Vergnügen. So erzählte mir letztens Jemand von einem benachbarten Pärchen, die wohl wie alle Anderen aufgrund der wärmer werdenden Temperaturen des Nachts auch die Fenster offen stehen lassen. Und so wurde dann Jeder, dem ebenfalls der Sinn nach frischer Frühlingsluft stand, Zeuge eines nicht-enden-wollenden Liebesspiels. Wie schön, dass es auch so was gibt!!! Der Jemand berichtete folgende, durchaus amüsante Entwicklung. Zunächst verstellt er im Gespräch mit mir seine Stimme zu einem tiefen Brummen und spricht sehr langsam: „Er so `ooohhh, ooohhh`.“ Dann wohl ein Rollenwechsel, denn seine Stimme wird schrill, hoch, kurzatmig-quitschend und abgehakt: „Sie so `ah, ah`.“ Und das ging wohl ewig so, laut seiner Schilderung. „Mein Kumpel würde sagen: nach allen Regeln der Kunst.“, so sein Fazit. Doch einer seiner Nachbarn hatte das wohl anders gesehen, denn nach einer Stunde dieses lautmalerischen Dialoges brüllte er in den Innenhof: „Nun komm doch endlich, die ist doch schon voll fertig!“ Und augenblicklich war Ruhe im Karton, kein Rappeln mehr in der Kiste.

Na dann auf eine gute Nacht(-barschaft)! :D

Singles – Die Solisten der Gesellschaft

Nachdem mir letztens zu Ohren gekommen ist, dass Großstadtsingles neurotisch sind und sich deshalb nicht wundern bräuchten, wenn sie Single bleiben, habe ich mal wieder meine Argusaugen und -ohren geschärft & gespitzt und mich ein wenig umgehört. Natürlich will ich nicht abstreiten, dass es neurotische Singles gibt. Ein Klischee hat ja auch seinen Ursprung. ;) Aber oft wird dieses Bild eben von den Schrulligsten geprägt und hat mit der breiten Masse wenig zu tun. Das jedoch nur am Rande. Viel fragwürdiger fand ich die eigentliche Botschaft dieser Aussage: ‚Single sein ist ein Mangel.‘ Sogleich stellte sich deshalb mein Gerechtigkeitssinn ein und fragte sich: Wer sagt denn, dass der Single nicht auch gern ein Single ist und bleiben will? Wer sagt, dass er/sie unter dem ‚Zustand‘ leidet? Ich nenne es auch im Folgenden einfach weiterhin ‚Zustand‘, denn oft wird ja so getan, als wäre es eine absolut unerträgliche Situation, aus der man möglichst schnell erlöst werden müsse. Und wieso wird sofort davon ausgegangen, dass etwas am Single nicht stimmen kann, weil er/sie single ist? Denken wirklich die meisten so, oder ist oben genannte Aussage nur eine Ausnahme?

Zwar wird heute immer wieder von einer Singlegesellschaft gesprochen – es gibt angeblich immer mehr, man kann immer öfter kleine Wohnungen mieten, es gibt kleine Verpackungsgrößen im Supermarkt, etc. – gleichwohl ist die Gesellschaft nicht auf Singles ausgerichtet. Alles dreht sich immer nur um Paare, Partnerschaft und Beziehungen. Indirekt herrscht eine Pärchendiktatur. Und so bleibt der Single meist Einzelkämpfer. Besonders schwierig ist es für diejenigen, die sich als einziger Single unter lauter Pärchen befinden. Und das sind dann wohl auch die, die ihren Status hin und wieder selbst beweinen und damit wunderlich wirken. Zwar hat man auch andere gesellschaftliche Rollen als nur Partner oder Freund zu sein, aber was sie immer wieder vor Augen geführt bekommen ist: Da fehlt was, wenn da Niemand ist. Denn wer als Single unter Pärchen seine Freizeit nicht rechtzeitig organisiert schaut oftmals dumm aus der Wäsche. Paare warten nämlich nicht auf die Frage: „Lust was zu unternehmen?“ Und Paare sehen auch nicht die Notwendigkeit augenblicklich darauf zu antworten, damit besagter Single bei einer Negativantwort gegebenenfalls noch ein anderes Pärchen fragen kann. Wenn es der Single dann doch geschafft hat seine Pärchenfreunde zu mobilisieren bekommt er/sie die volle Dröhnung. Denn dann sitzt er/sie mutterseelenallein zwischen zärtlich turtelnden oder auch streitenden Pärchen. Und das was er am Singleleben hat verpufft. Was für ein Horror. Doch letztlich ist es dann wieder der Single der sich anstellt und den anderen ihr Glück nicht gönnt – angesichts streitender Pärchen ein eher lächerlicher Vorwurf :P

Dem Single der heutigen Gesellschaft wird oft persönliches Versagen auf emotionaler Ebene und damit einhergehend, eine gewisse Lebensleere unterstellt. Das ist für betreffende Personen nicht nur wahnsinnig kränkend, sondern irgendwie auch ein trauriges Zeugnis unserer Gesellschaft. Natürlich denken nicht alle so über Singles. Und viele tragen diese Meinung sicher auch ehr unbewusst mit sich herum, meinen es wohl gar nicht böswillig. Aber warum herrscht inzwischen überhaupt ein solches Bild in der Gesellschaft vor? Waren es nicht einst noch die Singles, die beneidet wurden? Die als rebellisch und bewundernswert galten? Warum sind sie nun die mit dem monströsen Problem, mit dem schweren Schicksal?

Der Grund für das in vieler Augen beklagungswürdige Bild des Singles mag unter anderem darin liegen, dass Familie und Partnerschaft heute wieder einen viel größeren Stellenwert einnehmen. Aber dann heißt es bei Singles oft: „Ach wie, du kommst allein, du Armer!“ Wobei, vielleicht sollte es auch eher noch heißen: „Du Arme!“ Denn wie ich ebenfalls beobachtet habe, macht die Gesellschaft da noch einen gehörigen Unterschied zwischen Singlemännern und Singlefrauen. Während Männer doch hin und wieder noch für ihren ‚Zustand‘ beneidet werden, werden Frauen eher bemitleidet. Ja, während man Männern noch zuschreibt, dass sie ihr Solistendasein frei wählen, unterstellt man Frauen oft genug einfach nur einen Defekt. Man geht davon aus, dass sie ihre Situation verabscheuen und eigentlich immer auf der Suche nach ‚Mr.Perfect‘ sind, den sie aber ohnehin nicht finden, weil es ihn gar nicht gibt. Wer das nicht zugeben will, gilt schnell als seltsam. Wenn man aber einräumt, doch auch gern einen Partner haben zu wollen, wird gleich der letzte übrig gebliebene Singlefreund des Abends vorgestellt. Und wieder bekommt der Single damit den Stempel ‚Allein bist du Nichts!‘ aufgedrückt. Wenn sich besagter Single dann auch noch erdreistet den Angebotenen zu verschmähen, wird er/sie als undankbar, zu anspruchsvoll und demnach ohnehin nicht für eine Beziehung geeignet abgetan. Dabei lassen Personen, die solche Verkupplungsaktionen starten, hin und wieder außer Acht, dass auch ein Single ein menschliches Wesen mit eigenem Willen, Interessen und Vorlieben ist. Und vielleicht möchte sich dieses Wesen eben nicht einfach mit jedem X-Beliebigen verpaaren lassen, nur um nicht mehr Single zu sein. Ich will ja gar nicht abstreiten, dass Freunde vielleicht sogar ein Gespür dafür haben können, wer zusammen passt und wer nicht, aber all zu oft ist es eben doch nicht der Fall, weil die Auswahl derer, die überhaupt noch in Frage kommt, bereits sehr aufgeräumt ist.
Zudem wird dabei auch immer wieder gern außer acht gelassen, dass es durchaus Frauen und Männer gibt, die diesen ‚Singlestatus‘ frei wählen. Aus welchen Gründen auch immer, die Bandbreite ist ja groß. Sie wollen einfach nicht!!! Sie haben Spaß daran Single zu sein. Denn sind wir mal ehrlich: Es gibt so viele schreckliche Beziehungen, so viele grässliche Ehen. Und warum bleiben sie zusammen? Druck der Gesellschaft? Angst vor dem Alleinsein? Damit man einen Zeitzeugen seines eigenen Daseins hat? Aber nein, niemand fragt: „Warum hast du denn jetzt einen Partner?“ oder „Warum bist du denn noch immer mit deinem Partner zusammen?“ Aber alle fragen: „Warum hast du denn keinen Partner?“

Der heutige Single – egal ob freiwillig oder notgedrungen – steht dadurch permanent unter einer Art Rechtfertigungsdruck. Ständig muss er sich vor anderen und auch vor sich selbst erklären und hinterfragen.  Warum bin ich Single? Will ich das? Wenn nicht, warum bin ich immernoch allein? Kein Wunder also, dass man da als Single schlechte Laune bekommt und eigentümlich wird. Irgendwann färbt sowas ja schließlich auch ab und am Ende glaubt man vielleicht selbst noch daran beziehungsunfähig zu sein und sucht die Fehler bei sich. Und obendrauf wird der arme Single dann dafür auch noch als neurotisch beschimpft. Na herzlichen Glückwunsch lieber Gesellschaftssolist. 100 Punkte für den Kandidaten.

Ein bisschen mehr Einfühlungsvermögen, Akzeptanz und bis zu einem gewissen Grad vielleicht auch Verständnis auf beiden Seiten würde eine Annäherung begünstigen. Dann wäre das Bild der Singles vielleicht weniger von Neurosen geprägt und das der Pärchen nicht mehr so klischeebeladen dominant.

Feinripp ist der Tod für jeden Arsch

Wie sagte letztens Jemand zu mir: „Feinripp ist der Tod für jeden Arsch!“ Und nein, damit war nicht Feinrippunterwäsche im allgemeinen Gebrauch gemeint. Auch wenn Feinripp nicht unbedingt als sexy verschrien ist, bedeutet die Verwendung dessen natürlich noch lange nicht den Tod. Gemeint war die Verwendung von Feinrippunterwäsche unter Radlerklamotten. Ob wundgescheuert oder nur ein eingesessenes Muster auf dem Hintern… Man kann sich in der Tat bildlich vorstellen, dass Feinripp bei ausdauernden Radtouren nicht unbedingt zuträglich für die schmerzfreie Beschaffenheit des zarten Gesäßes ist.

Darüber gerieten wir in eine Unterhaltung über Sportklamotten und Radlerhosen im Besonderen. Also diese wunderschönen Exemplare, die einen gepolsterten Arsch haben, damit eben dieser nach ausufernden Radtouren keine Blessuren davonträgt. Die, die das Gefühl von Windelärschen widerbeleben. Besonders sexy sind natürlich die Exemplare mit Trägern. Ja, es gibt die unterschiedlichsten Formen und Passformen, um dem Unterleib auch wirklich den größtmöglichen Komfort zu bieten. Und was tut man nicht alles um das sportliche Pensum ohne Quetschungen und Blessuren zu überstehen ;)

Viel interessanter war jedoch die Frage nach dem Darunter. Ich war der Meinung, dass man unter diesen Hosen sehr wohl noch seine Unterwäsche trägt. Meine Gesprächspartnerin hingegen offenbarte mir, dass man eben nichts darunter trägt. Um dem Scheuern auch ohne Feinripp keine Chance zu geben. Nun denn, ich habe mich in den hierfür unzählig vorhandenen Foren belesen und in der Tat hat sie Recht: man trägt normalerweise nichts darunter. Aber angenommen man plant dann eine länger andauernde Radtour, also über mehrere Tage und Wochen, müsste man ja eine ganze Palette dieser absolut nicht platzsparenden Wäschestücke mitnehmen. Nagut mindestens zwei + Waschmittel. Also haben wir überlegt, ob es auch andere Varianten gibt, das Hinterteil profilaktisch vor Muskelkater, Schmerzen, etc. zu schützen, ohne diese so entenärschig wirkende Radlermontour tragen zu müssen.

Laut einem Globetrotterverkäufer kann man auch Gesäßcreme verwenden. Gesäßcreme? Was soll das sein? Hämoriedensalbe? Nein, es gibt in der Tat Gesäßcreme und auch hierfür etliche Foren in denen die richtige und beste Gesäßcreme diskutiert wird. Man lernt nie aus! Auch wenn ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass diese wirklich vor Taubheitsgefühlen und Abnutzungserscheinungen schützen soll. Eher im Gegenteil, scheuert das nicht umso mehr? Nun denn, um dieser Frage wirklich auf den Grund zu gehen, bleiben nur zwei Möglichkeiten: Entweder ich starte eine Umfrage und verlasse mich auf Testberichte Anderer. Ooooooder ich betreibe selbst Feldforschung… Aber ob ich Letzteres machen möchte…? Dann greife ich doch, sollte die Notwendigkeit mal bestehen, lieber zum Entenarschdress mit Unterwäsche, aber ohne Feinripp :D

Spielidee

papiervogelFoto: © PaulaB, 2012

Komm wir lassen unsere Liebe fliegen. Wir schreiben sie mit leichten Worten auf ein Stück Papier. Und falten es zu einer Schwalbe.

Dann fahren wir mit dem Aufzug in das höchste Stockwerk über den Dächern der Stadt. Dort vom Balkon geben wir unsere Liebe der Luft zum Spiel.

Landet sie auf dem Boden der Tatsachen?

Landet sie auf dem Baum des Lebens?

Fliegt sie irgendwo ins Nirgendwo?

Also laufen wir schnell die Treppen hinunter und tauchen ein in die hektische Stadt. Dort am Puls der Zeit suchen wir was von unserer Liebe geblieben ist.

Wuff, ich habe gesprochen

Letztens, ich saß gerade mit einem Freund in einem Cafe, hustete es ganz erbärmlich hinter meinem Rücken. Mitleidvoll drehte ich mich herum, um das kläglich prustende Geschöpft auszumachen. Ob sich da Jemand am neusten It-Getränk Bubble-Tea verschluckt hatte? Nein! Weit gefehlt. Das arme Wesen war ein Mops. Und das Husten war kein Husten, sondern sollte vielmehr ein Bellen darstellen. Nicht, dass ihr nun denkt, mein Mitleid verfolg. Nein, es steigerte sich sogar noch. Quasi ins Unermessliche. Das arme Tier. So überzüchtet, dass es nicht einmal mehr bellen kann. Und so hustete das kleine Vieh unentwegt vor sich hin, bis Herrchen und Frauchen nach endlos langen 15 Minuten endlich Notiz davon nahmen und dem kleinen Fellknäul den Kopf tätschelten. Aber wie…. ‚Klatsch, Klatsch‘ Kein Wunder, dass man da als Hund blöd wird. Es heißt zwar immer „Ein Klaps auf den Hinterkopf fördert das Denkvermögen“, aber das da? Und dann täglich? Ich würde mal behaupten, dass dadurch eher das Gegenteil passiert. Die Gehirnzellen werden nach vorn geklopft und dann? Dann muss das arme Vieh wieder husten. Raus mit dem nun auf der Zunge kitzelndem Hirn. Was dann bleibt ist ein dümmlicher – oft auch als treudoof bezeichneter – Gesichtsausdruck. In Großstädten wie Berlin, wo Hunde oft nicht mehr als Hunde sondern als Accessoires fungieren, leider kein Einzelfall…

Und man sagt ja so einiges, über Hunde in der Stadt. Unter anderem, dass Hundehaltung in der Stadt unangemessen ist. Lange Zeit dachte ich: Was für ein Quatsch. So lange man seinem Vierbeiner genug Auslauf, etc. verschafft kein Problem. Aber nachdem mir in der letzten Zeit immer mehr eigenartige vierbeinige Zeitgenossen begegnet sind (oder vielleicht nehme ich sie auch erst aufgrund des Mops-Vorfalls so richtig wahr), kann ich diese Aussage verstehen. Zumindest bin ich nun der Meinung: Vierbeiner in der Stadt sind prädestinierte Irre. Instinkt und Orientierungssinn existieren nicht mehr. Wie auch bei so vielen unterschiedlichen Einflüssen. Und da verwandelt sich so manches Hundetier in einen echt schrägen Vogel. Sie röcheln beim Laufen wie Wildschweine, bellen als würden sie husten oder Luft ausstoßen „Pff“... Wo bleibt denn da der Hund im Hund?

Auch nimmt man doch an, dass Hunde so etwas wie ein Gespür für nahende Gefahr besitzen. Einen Sensor für brenzlige Situationen. Aber nein, ähnlich wie todessehnsüchtige Stadttauben, preschen sie geradewegs in ein Rad oder das nächstbeste herannahende Auto. Ohne Umschweife. Vor allen diejenigen unter ihnen, die allgemein auch als Fußhupe bekannt sind. Leiden sie an Größenwahn und Selbstüberschätzung? Oder suchen sie gar die Gefahr? Ist es ihr Jagdtrieb der sie dazu verleitet es mit jedem – und sei es ein Fahrrad – aufzunehmen? Oder wollen sie gar ihr „Rudel“ beschützen? Haben sie also gar noch das Wesen und die Seele eines richtigen Hundes in sich – und damit meine ich ein großes, stattliches Tier – und sind in diesen kleinen, krüppeligen Körpern gefangen? Oder haben sie das Stadtleben einfach satt? Anders kann ich mir jedenfalls nicht erklären, warum sie so unerschrocken mitten in den Tod stürzen wollen.

Neben diesen für die allgemeine Bevölkerung durchaus auch gefahrvollen Situationen – Ja, bei einer Vollbremsung kann es einen schon mal über den Lenker katapultieren – gibt es natürlich auch noch jene Momente, in denen die lieben Kleinen (oder auch Großen) zur allgemeinen Belustigung oder fassungslosem Kopfschütteln beitragen. So ist es doch immer wieder schön zu sehen, wie gut sich manche dieser Artgenossen mit sich selbst beschäftigen können. Man reiche ihnen nur ihren eigenen Schwanz und sie haben zu tun. Stundenlang. Nagut, etwas schlauere Exemplare dieser Erdenbewohner verlieren bereits nach ein paar Minuten das Interesse, aber ich habe erst letztens einen Pekinesen – ich nenne ihn mal ’Muff’, weil sich mir dieser Name sofort unweigerlich aufdrängte – in meiner Mittagspause dabei beobachtet. Und diese dauert eine Stunde. Und selbst als ich aufbrach, um mich wieder meiner Arbeit zu widmen, hatte ’Muff’ noch nicht genug von seinem Puschel am hinteren Ende seines behäbigen Körpers. Wenigstens ihr Jagdtrieb scheint also noch nicht ganz ausgelöscht. Obgleich auch er verkümmert ist. So müssen sich die Armen – aufgrund dessen in der Stadt nicht eben mal ein Reh vorbeispringt – mit dem nächstbesten achtlos weggeworfenen Kaugummipapier begnügen. Was ihnen dann oftmals jedoch sogleich entrissen und von vorwurfsvollen Schimpftiraden in Babysprache begleitet wird. Denn Viele (nicht alle!) Hundebesitzer reden mit ihrem vierbeinigen Freund als wäre er/sie etwas minderbemittelt. Da kann ein Hund ja nur zum Schatten seiner selbst werden, denn man sagt ja nicht umsonst: „Der Ton macht die Musik.“

Gerade deshalb gibt es vielleicht inzwischen so viele Exemplare, bei denen man nicht einmal genau erkennen kann, worum es sich eigentlich handelt. Willst bzw. sollst du ein Hund sein? Hm… du siehst aber eher aus wie ein explodierter Hamster. Einfach zum schreien diese überzüchteten Artgenossen. Noch erschreckender finde ich  es jedoch, dass es Menschen gibt, die beim Anblick eines solchen Wesens in Entzücken und hysterisches Jauchzen geraten. Das kann doch nicht euer Ernst sein!!! Und da liegt wohl auch der ’Hund’ im Pfeffer begraben: Man muss den Vierbeinern nämlich nachsehen, dass sie selbst ja weder etwas für ihr Aussehen, noch ihr Gebaren können. Schließlich ist es der Mensch, der sich solche Accessoires heranzüchtet und bestimmte Klischees, die es nunmal über so manchen dieser Artgenossen gibt, tatkräftig unterstützt. Ein schauriges Bespiel sieht man hier. Mit dem kann man’s ja machen…

Tja… bei all der Belustigung kann einem das liebe Vieh also oftmals nur Leid tun. Ich hoffe deshalb inständig für sie, dass sie nicht doch noch das Wesen eines richtigen Hundes in sich haben. Wenn doch wünsche ich ihnen, dass Jemand so gutherzig ist, den verwunschenen Wolf zu küssen und ihn damit aus seiner hin und wieder lächerlichen Hülle zu befreien.. Und dann werden wir mal sehen, wer hier an der längeren ’Leine’ sitzt…

Stille Wasser sind tief bzw. Kleine Städte haben’s in sich

Man glaubt gar nicht, was einem so alles in einem kleinen Städtchen in Sachsen-Anhalt passieren kann. Wie sagt man so schön „Stille Wasser sind tief“ und vielleicht lässt sich das ja auch auf Städte übertragen. So nach dem Motto „Kleine Städte haben’s in sich“. Obwohl es eigentlich nicht das Städtchen an und für sich ist, sondern eher die Stadt als Schauplatz. Aber von vorn.

Es war ein kalter Winterabend. Die Straßen vereist, die Nasen und Gesichter der Menschen rot. Man verkroch sich ins Warme. So auch mein Freund und ich. Wir hatten es uns bei einem kleinen Italiener in der Innenstadt gemütlich gemacht und gerade mit dem Essen begonnen, als am Nebentisch ein auffallendes Pärchen Platz nahm. Optisch stachen sie einfach aus dem Rest der Leger und winterlich gekleideten Menschen heraus. Sie, schätzungsweise Mitte vierzig, im roten Kleinen mit Ausschnitt bis zum Bauchnabel. Passend dazu rote Fingernägel, rote Pumps und ganz viel Schminke im solariumgebräunten Gesicht. Er, vielleicht Mitte/Ende dreißig, mit tiefem V-Ausschnitt, Goldkettchen und Oberarmen, die dicker waren als meine Schenkel. Natürlich zugehakt von oben bis unten und natürlich auch solariumgebräunt.

Sorry, aber da musste ich einfach hinsehen. Deshalb fiel mir auch auf, dass sie sich immer wieder lasziv eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich, während er unentwegt an seiner Kette herumspielte. Wie süüüß, selbst Checker und Tussi sind nervös vor einem ersten Date. Denn das war es ganz offensichtlich. Die beiden tauschten sich gerade über diverse Portale und Apps zum Kennenlernen aus. Mein Freund fühlte sich bereits jetzt durch die eigenartige Konversation gestört. „Lass sie doch, die haben ihr erstes Date. Die sind aufgeregt.“, beschwichtigte ich ihn. „Meinst du?“, fragte er und seine Aufmerksamkeit war geweckt. Meine Vermutung sollte sich bestätigen, als die beiden anfingen sich lautstark über den Anfahrtsweg zu unterhalten. Das kleine Städtchen in Sachsen-Anhalt war also die Mitte der beiden. Sie aus Thüringen, er aus Niedersachsen. Alles klar. Aber warum verschlug es sie ausgerechnet in diese kleine Provinzstadt??? Wir sollten es schon bald erfahren…

Auch wenn ich mich bemühte nicht hinzuhören, denn für gewöhnlich gönne ich mir und anderen Leuten ihre Privatsphäre, es ging gar nicht anders. Sie saßen ja auch nur circa zwanzig Zentimeter von uns entfernt und drängten uns ihr Kennenlernen geradezu auf.

Während er nun sein Carpaccio geradezu inhalierte und sie mit einer Pizza kämpfte, erfuhren wir Lebensläufe, Lebensweisen und Hobbies. Sie die erfolgreiche Radio- und TV-Journalistin, die sich inzwischen mit Personal Coaching selbständig gemacht hat, er „macht in Versicherungen und so“. Zudem sei er ein sehr sauberer Mensch. Ja, seine Wohnung sei astrein, genauso wie sein Auto. Ich will ja nichts sagen, aber: War ja klar! Ach ja, und er stehe natürlich auf Fitness. Sach bloß, hätte ich nieeeeemals vermutet.

Anschließend erfolgte ein Monolog über seine wirklich außergewöhnliche Persönlichkeit. Darüber, dass ihn viele als Fake bezeichnen würden, was er natürlich nicht sei. Begleitet wurde sein Monolog nun nicht mehr von Kettenspielerein sondern von Brustkneten. Entschuldigt, wenn ich mich noch einmal einschalte, aber so wie er da saß, war er genau das: Fake. Ich möchte ihm ja gar nicht absprechen, dass er auch ein Wesen hinter seiner Fassade hat, aber das zeigte er hier definitiv nicht. Weiter ging es mit Geldangelegenheiten, seiner Vorliebe zur Technomusik (ja, er sei leidenschaftlicher DJ), sexuellen Vorlieben, etc. pepe. Sie erzählte dafür von ihren zwei Kindern, dass sie eine ganze Wilde gewesen sei und das Abenteuer braucht. Deshalb fände sie es auch überhaupt nicht prickelnd, dass ihre Freundinnen keine Lust mehr auf lange Partytouren durch die Clubs haben. Dafür sei es ja auf der anderen Seite auch gut jemanden Verlässlichen an seiner Seite zu haben.

Ich fragte mich immer mehr, was für ein komisches Date das doch war. Wer wollte bzw. suchte denn jetzt was? Kaum kennengelernt, packten die hier ihren finanziellen Background, ihre partnerschaftlichen und sexuellen Vorlieben, etc. aus. Ich erinnerte mich an mein erstes Date mit meinem Freund. Ich konnte mich beim besten Willen nicht daran erinnern, dass wir uns auch gleich alles aufs Brot geschmiert haben. Aber gut, jedem das Seine. Vielleicht fackelt man im Alter ja auch nicht mehr lange, sondern macht Nägel mit Köpfen. Und während ich mich noch an unsere ersten Dates erinnerte und in einer ganz anderen Welt schwebte, holten mich die Stimmen der beiden zurück. Hatte sie gerade gesagt: „Mein Mann ist da voll tolerant. Erst letzte Woche war ich das Wochenende weg.“? Mein Freund und ich guckten uns wissend an…

Das war kein Date. Das war ein Sexdate! Deshalb auch ihr frivoles Haarsträhnenspiel und sein ständiges Brustgeknete. Deshalb der kleine, unscheinbare Ort in Sachsen-Anhalt, an dem sie wohl niemand vermutete, geschweige denn sehen könnte.

Ich war baff. Also nicht, dass mir nicht bewusst wäre, dass es diverse Portale für derartige Treffen gibt. Und nicht, dass ich so naiv wäre nicht zu wissen, dass diese Seiten hoch frequentiert benutzt werden. Aber Zeuge eines solchen Spektakels zu werden… Mein Freund kam auch aus dem feixen nicht mehr heraus. So aufregend konnte also ein Abend in einer kleinen, knapp 28.000-Seelengemeinde sein. Spannender als der Film, den wir zuvor im Kino geschaut hatten.

Und während ich mich für die kalte Winternacht in meine wärmenden Winterklamotten schälte und darüber nachdachte, ob ihr Mann wohl von ihren kleinen Abenteuern wusste, bekamen wir zum Abschied noch die ultimative Frage dargeboten. „Sag mal, hast du Zimmerpflanzen?“, fragte sie süffisant. Und er antwortete: „Du wirst es nicht glauben, aber ich habe nur künstliche Pflanzen.“

Gebrauchsanweisung Mensch

„Das Fabrikat Mensch ist sehr sensibel. Bitte gehen sie deshalb sorgsam mit ihm um!“

Vor einer Weile erzählte mir Jemand er sei ein Grenzgänger und schwer handhabbar, was bisweilen langfristig noch immer dazu geführt habe, dass seine Beziehungen wieder auseinander gingen. Ich begann zu grübeln. Wie steht es denn diesbezüglich um mich? Bin ich einfach? Bin ich schwierig? Bin ich beides und wenn ja, wann bin ich was? Ich musste nicht lange überlegen. Eigentlich bin ich ganz umgänglich, aber auf der anderen Seite bin wohl auch ich schwer handhabbar. Was für eine Erkenntnis. Wenn nicht vielleicht die Erkenntnis. Denn wie sagt man so schön: „Einsicht ist der erste Weg zur Besserung.“ In diesem Fall könnte man also sagen: Wenn man erst einmal weiß, wann man wie reagiert und warum, kann man auch etwas daran ändern. Gesetz den Fall es stört etwas an der einen oder anderen Reaktion und Verhaltensweise. Und ganz plötzlich schoss mir ein Gedanke in den Kopf. Für die Überbrückung von Differenzen und als Erleichterung fürs Gegenüber. Eine Gebrauchsanweisung.

Eine Gebrauchsanweisung für das ‚Fabrikat Mensch‘. Ja, ich gebe ja zu, das klingt schon komisch. Schließlich sind wir keine Maschinen, auch wenn manche das hin und wieder anzunehmen scheinen. Und schließlich sind wir stets und ständig im Wandel, verändern uns, entwickeln uns weiter… Und dennoch, wenn ich so drüber nachdenke: eine erheiternde Vorstellung. Ob ich in manchen Bereichen umgänglicher wär’, wenn das Gegenüber genau wüsste welche Knöpfe in diesem Moment gedrückt werden müssen? Oder würde man dann automatisch – so quasi aus Trotz, dass jemand einen durchschaut hat – doch wieder anders handeln und reagieren als es die Gebrauchsanweisung es voraussagt?

Ich für meinen Teil hatte auf jeden Fall schon die eine oder andere Situation, in der ich erwartet hätte, dass mein Gegenüber jetzt so oder so handelt. Es aber nicht tat. Weil mein Gegenüber – so erfuhr ich dann z.B. im Nachhinein, wenn ich nachfragte – gar nicht ahnte, dass ich mir in diesem Moment diese oder jene Reaktion erhoffte. Passive Erwartungshaltung nennt man das wohl. Aber bedeutet das nun auch, dass ich schwer handhabbar bin? Oder ist das bis zu einem bestimmten Grad einfach nur menschlich? Würde es anders laufen, wenn ich meine Erwartungen klar kommuniziere? Oder ist es einfach auch nur eine Frage der Herangehensweise und Sicht auf die Dinge?

Wie dem auch sei. Fakt ist: Der Mensch ist von Natur aus kompliziert. Und mit fortschreitender Sozialisation, Erfahrung, etc. wird der Mensch immer eigentümlicher. Jeder auf seine Weise. Und Schwups steht man vor der Frage: Was tun, wenn‘s brennt? Noch komplizierter wird es oft dann, wenn die so unterschiedlich konstruierten und programmierten Gattungen ‚Mann‘ und ‚Frau‘ aufeinandertreffen… Aber seien wir mal ehrlich. Das Leben wäre wohl auch halb so spannend, wenn jedes Modell des ‚Fabrikat Mensch‘ gleich funktionieren würde. Wenn alle Reaktionsmechanismen, Handlungsweisen, etc. planbar wären. Und dennoch machen wir uns das Leben manchmal gegenseitig schwerer als es sein müsste.

Vielleicht wäre also das Niederschreiben einer eigenen Gebrauchsanweisung sogar ein gutes Mittel um mehr über sich selbst herauszufinden. Um sich darüber bewusst zu werden wie und warum man in manchen Situationen so und nicht anders handelt. Warum sich bei dem einen oder anderen Wort diese bestimmte Emotion einstellt. Warum man nach bestimmten Mustern handelt. Warum etwas anderes denkt als man sagt. Warum man mit bestimmten Bedürfnissen hinter dem Berg hält, etc. Eventuell ist man am Ende der niedergeschriebenen autobiographischen Gebrauchsanweisung bereits ein bisschen weniger schwer handhabbar. Weil man sich selbst etwas besser kennengelernt hat. Weil man sich reflektiert und hinterfragt hat.

Ich habe mir jedenfalls den Spaß erlaubt, und hier mal exemplarisch ein paar wenige Kapitel aus der Gebrauchsanweisung zur miss sophie herausgezogen. Bei Nachfragen wenden sie sich an das Modell höchstpersönlich.

Vorwort

Diese Gebrauchsanweisung ist wie eine Art Grundkurs zu verstehen. Ähnlich wie beispielsweise bei einem Tanzkurs lernt man hier Schritt für Schritt den Takt des Fabrikats/Modells kennen, ihm zu vertrauen und auf eventuelle Störungen angemessen zu reagieren.

 Kapitel 1: Allgemeine Hinweise

Sie haben es hier mit einer weiblichen Ausführung der Gattung Mensch zu tun. Die miss sophie 83 ist bereits dreißig Jahre alt und hat deshalb bereits einige Macken und Abnutzungserscheinungen. Bitte sehen Sie darüber hinweg, Sie haben es dafür mit einem ausgesprochen seltenem Sammlerstück zu tun. Genauer gesagt mit einem Unikat. Die miss sophie 83 besitzt die Fähigkeit zu lieben, zu leiden, zu denken, zu sprechen und vieles mehr. Abwechslung ist also garantiert.

Kapitel 2: Montage

Die miss sophie 83 ist bereits vollständig montiert, Sie haben also keinerlei Arbeit vor dem Gebrauch.

Kapitel 3: Erste Schritte

Beim Erstkontakt schütteln Sie der miss sophie 83 zur Begrüßung die Hand. Ein paar nette Worte sind auch nicht schlecht um den Warmlaufmodus der miss sophie 83 zu beschleunigen. Sollten Sie die miss sophie 83 bereits näher kennen, dürfen Sie sie durchaus auch umarmen. Sind Sie gar mit ihr liiert, darf es auch ein Kuss sein o.ä. Ihrer Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt. Die miss sophie 83 wird es Ihnen mit einwandfreier Betriebstemperatur danken. 

Kapitel 4: Reinigung & Pflege

Die miss sophie 83 reinigt sich von selbst. Es ist jedoch nichts dagegen einzuwenden ihr hin und wieder eine Extrapflege in Form einer Massage, o.ä. zukommen zu lassen. Das poliert nicht nur die äußere Erscheinung der miss sophie 83 sondern fördert auch ihren inneren Betriebsmodus.

Kapitel 5: Problemlösung

Eines gleich vorab: Gewalt ist keine Lösung. Das zerstört die miss sophie 83 nur. Seien Sie also behutsam. Aufgrund des Alters des Fabrikats besitzt die miss sophie 83 natürlich – wie jedes andere Modell des ‚Fabrikat Mensch‘ auch – einige Eigenarten, die hin und wieder zu Verständnisproblemen führen können. Sollten Sie in einer solchen Situation nicht wissen, wie Sie die miss sophie 83 handhaben sollen, scheuen Sie sich nicht direkt nachzufragen. Alternativ finden Sie hier ein paar Problemlösungsansätze für die gängigsten Betriebsschäden des ‚Fabrikat Mensch‘, insbesondere des Modells miss sophie 83.

5.1. Das Gerät reagiert nicht auf Signale

Es kann durchaus vorkommen, dass die miss sophie 83 mal nicht reagiert. Dies könnte daran liegen, dass die von Ihnen gesendeten Signale nicht eindeutig sind. Überprüfen Sie also Ihren eigenen Kommunikationsmodus und legen Sie gegebenenfalls an Eindeutigkeit nach. Sollte die miss sophie 83 noch immer nicht reagieren, besteht die Möglichkeit, dass sie sich noch in der Reaktionsfindungsphase befindet. Geben Sie ihr etwas Zeit, sie hat ein Alter erreicht in der Verzögerungen durchaus an der Tagesordnung sein können. Ggf. fragen Sie vorsichtig nach dem Stand des Verarbeitungsprozesses nach. Sollten Sie die miss sophie 83 noch nicht kennen und dies Ihr erster Versuch sein, mit ihr in Kontakt zu treten, kann es durchaus sein, dass die Art und Weise Ihrer Ansprache nicht mit dem Gerät zusammenpasst. Leider gibt es hierfür keine Treiber, weitere Mühen sind also zwecklos. Das Modell passt einfach nicht zu Ihnen. 

5.2. Das Gerät sendet uneindeutige Signale

Sollte die miss sophie 83 uneindeutige Signale senden, kann dies daran liegen, dass die inneren Verarbeitungs-mechanismen durcheinander gekommen sind und die miss sophie 83 den richtigen Reaktionsmechanismus noch nicht finden konnte. Hin und wieder gibt es hier Lücken im System oder Programmierungsfehler, die die miss sophie 83 verunsichern. Sie können in solchen Situationen versuchen den Reaktionsmechanismus etwas zu beschleunigen, indem Sie der miss sophie 83 auf die Sprünge helfen. Prüfen Sie dazu folgende Dinge und handeln Sie nach Anleitung: 

Bei wässrigen Augen oder kompletter Ratlosigkeit im Blick bitte einfach in den Arm nehmen.

Bei bereits austretender Feuchtigkeit aus den Augenhöhlen reichen Sie ein Taschentuch und versuchen Sie die miss sophie 83 schnellstmöglich trocken zu legen. Anderenfalls gibt es unschöne Flecken auf der Politur. 

Bei gerunzelter Stirn und blitzenden Augen vorsichtshalber Sicherheitsabstand halten oder gleich das Weite suchen.

Bei undeutbarem Gesichtsausdruck vorsichtig antasten und je nach Veränderung nähern oder fliehen.

[…]

5.3. Das Gerät hört nicht auf zu reden

Hat die miss sophie 83 einmal Vertrauen gefasst und liegt mit ihnen auf Betriebstemperatur, kann es hin und wieder zu übermäßiger sprachlicher Aktivität kommen. Um den Redeschwall zu unterbrechen oder gar auszuschalten, machen Sie sich bitte verbal oder gestenreich bemerkbar. Sind Sie mit der miss sophie 83 liiert, können Sie den Redefluss auch einfach durch den Verschluss des Mundes via küssen unterbinden. Sind Sie nicht mit der miss sophie 83 liiert, sollten Sie dies eher vermeiden. Es ist sonst ziemlich wahrscheinlich, dass die miss sophie 83 mit rhythmischen Störungen reagiert und die Hebelfunktion des Armes in Bewegung gesetzt wird. Darunter kann die Betriebstemperatur leiden.

5.4. Das Gerät droht zu platzen

Sollte die miss sophie 83 in Ihrem Beisein zu heiß laufen, fächeln Sie ihr Luft zu und reden Sie gut auf sie ein. Bei Erfolg sollte die rötliche Färbung der Politur weichen, der Atem ruhiger werden und der Gesichtsausdruck mildere Züge annehmen. Bei Misserfolg sehen Sie im Anhang unter „mögliche Abwehrmechanismen“ nach, wie Sie die miss sophie 83 anderweitig wieder auf Betriebstemperatur bekommen.

[…]

Andere Länder, andere Sitten ODER Wie Reisen den Blick für’s Leben schärft

Man lebt so vor sich hin. Hat seinen Alltag, seine Sorgen, seine Wünsche. Baut sich Schritt für Schritt etwas auf und hält daran fest. Das Ziel fest im Blick kann es schon mal passieren, dass man den Blick für das Wesentliche verliert. Dafür worauf es im Leben wirklich ankommt. Nämlich Gesundheit und ein stabiles soziales Umfeld. Freunde, Familie. Eben Menschen mit denen man seine Zeit verbringen möchte und auch kann. Das klingt banal, ist es aber nicht, wenn man sich einmal vor Augen führt, dass es nicht überall auf der Welt so ist.

Im asiatischen Raum beispielsweise gibt es Länder, in denen nur die älteste Tochter heiraten darf. Weil die Familien einfach kein Geld haben. Deshalb gibt es dort auch viele Menschen die allein leben und sich dafür schämen. So erzählte mir eine Freundin, die mit ihrem Mann lange in Laos, Burma, etc. unterwegs war. Ihre Reiseberichte sind sehr emotional und regen zum nachdenken an. Denn ihr ist genau das vor die Füße gefallen: Das Gefälle zwischen dem eigenen und dem fremden Lebensstandard.

Da ist man also in einem fremden Land, einem Land in dem die Menschen nicht viel besitzen und deren größter Wunsch es ist, nicht allein alt werden zu müssen. Doch dieser Wunsch ist für viele dort unerreichbar. In einem Land, in dem sich die Menschen freuen, wenn man ihnen zwei selbstgeschmiedete Scheren abkauft, weil sie sich davon einen ganzen Monat ernähren können. In einem Land, in dem man so gastfreundlich aufgenommen und zum Essen in die Familie eingeladen wird, obwohl die Einladenden selbst nichts besitzen. Da passiert es natürlich, dass man darüber nachdenkt, wie gut man es eigentlich hat. Und dass man dieses Gut auch nicht hergeben möchte. Dass man sich aber dennoch schlecht fühlt, weil man im eigenen System ganz schnell vergisst, wie gut man es hat.

Oft zehrt man noch lange nach einer solchen Reise von seinen Eindrücken, versucht im eigenen Land danach zu leben. Doch schneller als gedacht, ist man wieder drin, in der Mühle des eigenen Systems. Und das kann man sich nicht einmal vorwerfen. Denn: andere Länder, andere Sitten. Man kann hier einfach nicht so leben wie beispielsweise dort. Das System lässt es gar nicht zu. Hier herrschen ganz andere Ansprüche an das was ein Mensch tun und sein sollte, denen man sich nicht gänzlich entziehen kann. Und so passiert es in unserer Gesellschaft oft, dass der Blick vom Wesentlichen auf das Unwesentliche fällt. Dass man unbewusst vor sich hin und aneinander vorbei lebt.

Und dennoch liegt es letztlich an jedem selbst, wie er leben möchte und worauf es ihm dabei ankommt. So schafft sich jeder sein eigenes kleines System. Ein System im System sozusagen. Der eine passt sich dem vorgegebenen Gesellschaftssystem voll und ganz an, der nächste geht soweit mit wie er muss, stellt für sein Privatleben aber eigene Werte und Normen auf. Letztlich kommt es bei dem Gedanken an ein bewussteres Leben ja auch nicht darauf an, auf alles zu verzichten. Es ist vielmehr eine Entscheidung. Nicht immer das Neuste haben und kaufen zu müssen, nur weil es hier eben so zelebriert wird. Nicht im Überfluss leben oder gar horten zu wollen, nur weil es die Konsumgesellschaft so vorgibt. Nicht alles können zu wollen und zu müssen, nur weil es erwartet wird. Sich stattdessen an den kleinen Dingen erfreuen zu können. Seine Lieben zu schätzen und ihnen das auch zu zeigen. …

Letztlich hat ein bewussteres Leben also auch etwas mit Mut zu tun. Mit Mut, Gefühle und Bedürfnisse wahrzunehmen und zu zeigen. Denn das ist etwas, was in unserer Gesellschaft leider immer mehr abhanden kommt. Auf der anderen Seite ist es aber auch das, was uns am Leben erhält.

Wo geh’n wir hin? Wo kommen wir an?

IMG_2875Foto: © PaulaB, 2015

(für zwei Freunde)

Und plötzlich ist da diese Nachricht. Erst Stille. Dann Chaos. Dann Erschöpfung. Es braucht Kraft um aufzustehen und den neuen Weg zu gehen. Einen Weg, der gepflastert ist mit Tristesse und Qual. Der Wegesrand jedoch gesäumt von Sehnsucht und Zuversicht.

Wo geh’n wir hin? Wo kommen wir an?

Und dann geht man los. Bangend vor Angst zu stolpern. Davor nicht weiter zu kommen. Dennoch mutig aus Glaube an das gute Ende. Das Ziel vor Augen. Doch es spielt Fange mit dir. Taucht auf und verschwindet wie eine Fatamorgana. Greifbar nah und doch noch fern.

Wer begleitet uns?

Und dann ist da diese Hand. Die dich greift und mit dir geht. Mit ihr an deiner Seite ist der Weg ein wenig leichter. Gemeinsam Schritt für Schritt. Mit allen Reserven. Denn der Weg fordert sein Tribut. Doch ihr lasst ihn nicht gewinnen. Ihr bezwingt ihn weiter. Mit Hoffnung!

 

 

Miau, ich habe gesprochen

So ein Katzenleben, denkt man immer, ist schön. Schlafen, essen, Maus jagen, schlafen, essen, stromern,… Aber fragt mal eure Katzen. Sie werden sagen: So ein Katzenleben ist nicht einfach. Das fängt beim Essen an, geht über die Unsäglichkeiten der Kommunikation und reicht bis hin zu unliebsamen Mitbewohnern. Ja, eine Katze hat es wirklich nicht leicht.

Ich werde das natürlich wie immer an einem bzw. mehreren Beispielen belegen. Bei den Katzen meiner Oma und Tante ist das nämlich wie folgt…

Zunächst einmal gibt es Zwei. Eine alte Lady und einen Herren in seinen besten Jahren. Beide können sie sich auf den Tod nicht ausstehen. Wie gut, dass das Haus zwei Etagen und zwei menschliche Mitbewohner hat. So darf quasi jede Katze einen Menschen und eine Etage ihr eigen nennen. Kommt man sich dann dennoch mal in die Quere ist Katzenjammer angesagt. Beziehungsweise machen es Katzen, genau wie Menschen, hin und wieder erstmal weitaus subtiler, bevor sie dann tatsächlich lauthals das Gefecht antreten. Der Katzenjammer ist also eher der unüberhörbare Gipfel diverser vorangegangener stiller Kampfansagen. Vorangegangene Sticheleien reichen vom Haare sträuben, über sich gegenseitig einfach mal eine mit den Krallen über den Deez zu hauen, bis hin zu den ersten verbalen Anzeichen wie Fauchen. Bekommst du als Mensch derartige Auseinandersetzungen mit, haben es die lieben Kleinen wunderbar drauf die oder den Unschuldigen zu spielen. Dann schauen sie dich mit großen Augen an, ihr Blick sagt „Ich war die bravste Katze der ganzen Welt!“. Ähnlich verhält es sich in Situationen, in denen das liebe Fellknäuel etwas getan hat, was es nicht tun darf. Möbel zerkratzen, die Bude auf den Kopf stellen, etc. pepe.

Aber selbst wenn man als Katze keinen unliebsamen Mitbewohner hat, es gibt genug andere Probleme. Da wäre zum Beispiel die Kommunikation. Ihr wusstet es vielleicht noch nicht, aber nicht jede Katze spricht gleich. Auch sie haben zumindest so was wie einen Dialekt. Zumindest sprechen bzw. maunzen allein die beiden Katzen meiner Family unterschiedlich. Während sich die Dame mit dem gewöhnlichen „Miau“ auszudrücken pflegt, redet der kleine Herr ständig von irgendeinem „Mack“. Sitzt neben dir, schaut dich mit triefenden Augen an und alles was er sagt ist „Mack!“. Und zwar in einem herzzerreißenden Tonfall. Ich nehme also an, dass „Mack“ gleich „Hunger“ ist, denn er spricht auch nur zu dieser Gelegenheit. Bei allem anderen Belangen schweigt er still und versucht sich stattdessen, wie es Katzen eigentlich von Natur aus gegeben ist, via Gesten und Mimik zu artikulieren.

Wie also bereits erwähnt, beruht die Kommunikation der lieben Vierbeiner eher auf Gestik und Mimik. Und da hat es das arme Tier auch wieder nicht leicht, müssen die Menschen auch immer alles missverstehen… Aber mal etwas zu unserer Verteidigung. Wir Menschen neigen eben dazu Zeichen stereotyp zu deuten. Eine Katze die um die dir Beine schmiert oder ihren Kopf ständig in deine Handfläche drückt, will gestreichelt werden. Eine Katze die mit dem Schwanz wackelt, ist angepisst, etc. Aber denkste. Wie auch bei Menschen, gibt es diejenigen Exemplare unter Katzen, die etwas signalisieren aber was ganz anderes meinen. Oder aber sie können sich einfach nicht entscheiden, was sie eigentlich wollen.

Ich kenne ein solches Exemplar. Eine zwischenzeitliche Mitbewohnerin meiner Family. Sie schmierte einem so heftig um die Beine, dass man Gefahr lief über sie zu stolpern. Wenn man sich nach etlichen Fluganfällen „erbarmte“ und sie streicheln wollte, hatte man blitzschnelle ihre Krallen in der Hand. Autsch! Kaum, dass sie das gemacht hatte, fing sie wieder an zu schmieren. Hm… Will se nu oder nich? Hat man also noch einen Versuch gewagt, so nach dem Motto „Jeder hat eine zweite Chance“ verdient, hat man wieder eine gefaunzt bekommen. Nun denn, aus Fehlern wird man klug… …und das arme Tier bekam fortan weniger Streicheleinheiten.

Auch das Thema Essen ist ein eher heikles. Katzen sind wählerisch. Da kann es schon mal vorkommen, dass man es sich mit dem lieben Fellknäuel verscherzt, weil man es doch tatsächlich gewagt hat, das falsche Futter auszusuchen. Ohweh… Es kann schon eine Weile dauern bis sie bereit sind diesen Fauxpas zu verzeihen. Logisch, anderenfalls würde man wohl immer wieder so doof sein, ihnen dieses Futter unterjubeln zu wollen. Es sei ihnen also verziehen. Schwieriger wird es da schon, wenn das einstige Lieblingsfutter plötzlich zum absoluten Ekelobjekt wird. Aber auch das sei den lieben Vierbeinerner natürlich zugestanden. Wer mag schon immer das Gleiche essen…

Bei anderen Dingen hingegen ist die Katze ein Gewohnheitstier. Rituale sind hoch im Kurs. Und wehe da kommt jemand und meint sie durchbrechen zu können. Deshalb gestaltet sich beispielsweise der Fütterungsakt bei so eigenwillige Katzen wie denen meiner Verwandten eher schwierig. Der liebe Herr Kater würde verhungern, wenn sein Mensch mal in den Urlaub fahren sollte. Denn der liebe Herr nimmt sein Essen nicht von jedem an. Von mir zum Beispiel nicht. Als ich bei meinem letzten Besuch die Güte besaß ihn zu füttern, nachdem er mich mit weinerlichen Augen anschaute und mir mit einem Dauer-„Mack“ seinen Hunger klagte, zog er es vor die Diva zu spielen. Essen aus meiner Hand war dem feinen Herren nicht gut genug. Stattdessen tänzelte er zunächst um den vollen Napf, um ihn dann den Arsch zuzudrehen und weitere „Mack“-Ausrufe zu starten. Solange bis sein Mensch kam und den Napf an sich nahm. Natürlich nicht um einen neuen Beutel Futter einzufüllen, sondern um ihn abermals auf den Boden zu stellen. Und ihr werdet es nicht glauben, aber Herr Mack fraß…

Wie ihr unschwer erkennen könnt, so ein Katzenleben ist tatsächlich sehr nervenaufreibend. Der Mensch macht es dem armen Tier aber auch wirklich nicht leicht. Bei all dem Eigenwillen kann das liebe Tier mit seinen Aktionen natürlich auch sehr zur Belustigung des Menschen beitragen. Ich für meinen Teil finde die Wortschöpfung „Mack“ jedenfalls so kreativ, dass ich sie in meinen eigenen Wortschatz übernommen habe. Und auch so besitzen die lieben Vierbeiner doch wahnsinnig viel komödiantisches Potenzial. Manche springen dir auf den Buckel, wenn es mit dem Essen zu lange dauert, wieder andere rammeln ihren Kopf einfach mal selbst in die Trockenfutterpackung. Denn natürlich schmeckt das Futter aus der Packung viel besser, als aus dem Napf. Noch amüsanter wird es allerdings, wenn der liebe Vierbeiner auf Drogen ist. So geschehen mit meinem Lieblingskater. Eines Abends, ich saß nichtsahnend auf der Eckbank meiner Großeltern und schlürfte einen Baldriantee für die gute Nacht, sprang er neben mich. Das allein war keineswegs besorgniserregend, machte er das doch immer. Aber er war Zeit seines Lebens ein sehr ruhiger und anständiger Kater. Bedeutet, er sprang nicht einfach auf den Tisch. Angesichts meines Baldriantees verlor er jedoch jede Hemmung. Er maunzte und sprang und war gar nicht mehr zu beruhigen. Bis wir ihm einen kleinen Schluck des begehrten Gebräus in seinen Napf gossen. Das Schauspiel was sich uns dann bot, werde ich nicht vergessen: Er aalte sich darin, rammelte seinen kleinen Kopf immer wieder in den Napf und hatte schlussendlich glückselige, aber völlig bekifft aussehende Augen. Auch das noch, eine teeabhängige Katze…

Harmlos! Aber welchen Schabernack die werten Stubentiger auch treiben, man kann ihnen einfach nicht lange böse sein. Denn wir wissen ja, so ein Katzenleben ist nicht einfach. Miau!

Die Sache mit dem Abschied

Abschiednehmen ist nie leicht. Oder vielleicht doch, wenn man sich zum Beispiel gemeinsam mit einem Herzensmenschen auf eine Reise begibt und sich für eine Zeitlang von seiner gewohnten Umgebung verabschiedet. Oder wenn man sich von etwas trennt, was einem ohnehin nicht gut tut. Einfach ist so ein Abschied dennoch nicht, denn der Mensch ist nun mal ein Gewohnheitstier. Ein überstürzter Abschied hinterlässt mitweilen sogar ein sehr eigenartiges Gefühl.

Ich zum Beispiel sitze gerade auf einem Bahnhof fest und habe einen solchen hektischen Abschied hinter mir. Gerade noch saß ich mit meinem Freund im Auto, schaute mir die vorbeifliegende Landschaft an und hing meinen Gedanken hinterher. Sicherlich anderen als er. Denn während er auf dem Weg zu einem Festival ist, habe ich meine Reise angetreten, um einen Teil meiner Familie zu besuchen. Auf für mich halber Strecke ist bereits sein Ziel. Von hieraus sollte es also für mich mit dem Zug weitergehen. Durch einen Stau waren wir spät dran. Aber es hätte klappen können.

Am Bahnhof abgesetzt, verabschiedete ich mich also in aller Eile, um meinen Anschlusszug noch zu ergattern. Nur ein flüchtiger Kuss und los. Schon im Fortgehen bzw. –rennen überkam mich ein sehr eigenartiges Gefühl… Und dann? Der Zug fuhr mir vor der Nase weg. Mist! Und als ob das nicht blöd genug wäre, drängte sich nun auch noch das eigenartige Gefühl in den Vordergrund. Ein Gefühl, als wären wir im Streit auseinander gegangen. Nanu!?

Während ich nun die nächste Stunde über den trostlosen Bahnhof „schlendere“, denke ich darüber nach, woher dieses Gefühl so plötzlich und unerwartet kam. Und das obwohl es doch nur ein ganz kurzer Abschied ist, denn schließlich können wir uns schon in zwei Tagen wieder in die Arme schließen.

Ich glaube solch eine emotionale Reaktion ist, wie so oft im Leben, tief verankert. Bei mir ist es wohl etwas, was mir meine Mutter schon früh immer wieder eingebläut hat: Niemals im Streit auseinandergehen! Immer ordentlich Verabschieden! Man weiß ja nie… Ja, Recht hat sie ja, aber was weiß man denn eigentlich nie? Letzteres klingt ja fast schon berdohlich. Und genau das ist es wohl, was gerade wie eine unerwünschte Internetwerbung in mir aufgeploppt ist, nun unermüdlich wie ein Flummi in mir auf und abspringt und meinen Gefühlshaushalt auf Touren bringt.

Ich versuche mich also an andere Abschiede zu erinnern. Ob es mir da auch so erging? Von der Schulzeit konnte ich mich jedenfalls leicht verabschieden. Schließlich wartete da eine neuer, spannender, weil selbstbestimmterer Lebensabschnitt auf mich. Aber gut, es war eben kein Abschied von einem Herzensmensch. Und er war lange vorher abzusehen, so dass ich mich gebührend darauf vorbereiten konnte. Der Abschied zu einer einmonatigen Weiterbildung in Edingburg war beispielsweise durchwachsen. Leicht, weil ich gespannt war, was mich erwarten würde. Schwer aus Respekt vor dem Neuen. Der Abschied von meinem Opa, nach dem Besuch im Krankenhaus, war da schon schwieriger. Oder auch der von Freunden, von denen man weiß, dass es ihnen gerade nicht gut geht. Diese Abschiede waren und sind stets mit intensiven Gefühlen verbunden.

Generell bin ich wohl einer der Menschen, der nie dicke Freundschaft mit Abschieden schließen wird. Selbst wenn es solche sind, die Not tun. Es braucht seine Zeit, aber dann fühlt es sich auch richtig an. Tja, und hier liegt wohl der Hase im Pfeffer begraben: Ist ein Abschied ein eigener Entschluss, hat man sich darauf vorbereiten können, kann man den Zeitpunkt selbst festlegen und sich dafür soviel Zeit nehmen, wie man braucht, ist es einfacher Abschied zu nehmen.

Sind es also Art & Weise sowie Umstände, die ein „Adieu“ erschweren können? Oder stecken dahinter andere Ängste, die sich in so fremdbestimmten Situationen ihren Weg an die Gefühlsoberfläche bahnen?

Der Teufel liegt wohl auch hier im Detail. Meint, dass es wohl von Person zu Person unterschiedlich ist. Dass es, wie so oft im Leben, auf vergangene Erfahrungen mit dem Thema Abschied ankommt. Und dennoch glaube ich, dass uns Menschen hier eines eint, wenn auch in unterschiedlichen Ausprägungen. Nämlich die Verlustangst. Die Befürchtung, dass sich dadurch etwas verändern könnte. Die Furcht, dass man etwas Liebgewonnenes verliert. Die Sache mit dem „Abschiedsdrama“ ist wohl also einfach nur menschlich.

Und dennoch, man sollte sich diesem Gefühl wohl nicht all zu sehr hingeben. Denn Angst lähmt. Klar, ein bisschen „Trennungsschmerz“ ist nicht von der Hand zu weisen, zeigt er doch einfach nur die Bedeutung der jeweiligen Person oder Sache. Aber dann… Schicht im Gefühlschaos-Schacht!

Ich schüttele meine Gedanken ab, suche meinen Zug und freue mich auf die bevorstehende Fahrt durch eine wirklich traumhafte Landschaft. Und während ich nun auf den herrlich grünen Teppich schaue, der an mir vorbeischwebt, verfliegt auch ganz langsam das dumpfe Gefühl. Tja und dann freue ich mich ganz einfach auf’s Wiedersehen in zwei Tagen. Auf das dies entspannter wird, als der Abschied.

In diesem Sinne: Ein Hoch auf die Wiedersehensfreude! Es lebe die Reunion!

Angekommen

IMG_2926Foto: © PaulaB, 2015

Das Lächeln am Morgen, das kitzelt wie wärmende Sonnenstrahlen.

Der Kuss auf die Stirn, der bleibt wie die Spuren eines Regentropfens.

Die Hand auf dem Hintern, die sich anfühlt wie warmer Sommerwind.

Die Umarmung zur Nacht, die schützend ins Land der Träume geleitet.

ICH

Worte, die sich wie die behütende Rinde eines Baumes um einen legen.

Blicke, die wie das Meer zum verweilen und träumen einladen.

Gesten, die wie die starken Schwingen eines Vogels zu neuen Ufern tragen.

DU

Das Vertrauen darauf, den Anderen hinter, neben und vor sich zu wissen.

Das Gefühl, angekommen zu sein und gemeinsam etwas Neues zu schaffen.

WIR

Diskretionszone

So ein Arztbesuch ist nicht lustig, so ein Arztbesuch der ist…

„Diskretion. Bitte halten Sie Abstand!“ „Diskretion. Bitte hier Warten!“ So oder so ähnlich lauten diverse Spruchtafeln und selbstausgedruckte, feinsäuberlich laminierte Zettel sobald man sich der Anmeldung einer Arztpraxis nähert. Noch schöner ist es, wenn dieser Bereich gleich zu einer Art Gefahrenzone ausgerufen wird: „Diskretionszone“. Eigentlich wollte ich mir nur ein paar Impfungen abholen und nicht noch einen Virus. Dank des Warnhinweises aber, schleicht sich sofort das Gefühl von Gefährdung ein. Man kann sie förmlich sehen, die nach deiner Gesundheit gierenden Viren und Bakterien. Bloß gut, dass ich nicht hypochondrisch veranlagt bin und mein Immunsystem nicht so leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen ist. Aber so Unrecht hat der menschliche Instinkt mit den einsetzenden Ausnahmezustandsszenarien vielleicht gar nicht. Immerhin befindet man sich hier möglicherweise mitten in einem Virenherd. Der Begriff ‚Diskretionszone’ ist somit zwar etwas dramatisiert, verschafft aber dem menschlichen Geist sogleich den Turbobooster in Sachen Obacht. Dieser wiederum sendet sofort das Signal ‚Abwehr’ an sämtliche Körperfunktionen und eine mögliche Infektion kann gerade noch abgewehrt werden. Aber zurück zur erbetenen Diskretion.

Oft findet man zusammen mit diesen ‚Abwehr’-Schildern eine farbenfrohe (oft rot, denn rot signalisiert ebenfalls ‚Obacht’ oder ‚Gefahr’) Abstandslinie auf dem Boden. Für Diejenigen die nicht lesen können (aus welchen Gründen auch immer, z.B. weil sie ihre Brille vergessen haben oder in ihrem desolaten Zustand die Augen nicht mehr richtig aufbekommen, etc. pepe). Oder schlicht und ergreifend zur Verdeutlichung der auf den Zetteln dargestellten Sachlage. Welche Sanktionen es nach sich zieht, wenn man Schilder und Markierungen missachtet, ist nicht überliefert. Von tödlichen Blicken der ohnehin oft mäßig gut gelaunten Arzthelferin (es sei ihnen nicht verübelt angesichts der sich ihnen gegenüber befindlichen Gefahrenzone) bis zur Selbstschussanlage wäre theoretisch alles möglich. Also was macht der Mensch: Lieber stehen bleiben. Man weiß ja nie…

Brav quetschen sich also alle Kranken, Kränkelnden und ich hinter die Abstandsmarkierung und bilden eine Reihe. Zu Grippewellenzeiten wie diesen kein leichtes Unterfangen. Die Schlange wird länger. Man muss näher rücken, um als Letzter in der Reihe nicht die sich ständig neu öffnende Praxistür in den Rücken gerammt zu bekommen und sich anschließend wegen eines akuten Rückenleidens auch noch zum Physiotherapeuten schleppen zu müssen. Immerhin ist so ein Anmeldebereich nicht unendlich groß. Mit dieser Menschenschlange wäre also die Diskretion des an der Anmeldung Stehenden physisch gegeben, die der Wartenden wohl eher nicht. Und genau aus diesem Grund (und natürlich aus dem eben erwähnten Platzmangel) wird langsam aber sicher die Symmetrie der Wartepolonaise unterwandert. Einzelne Patienten tanzen aus der Reihe und die eben noch disziplinierte, an eine Grundschulklasse auf Wandertag erinnernde Schlange verwandelt sich in zu einer wild wabernden, kleinen Herde. Deren Mitglieder ungeduldig mit den Hufen scharren, wild auf ihren Handydisplay herumschieben, ihre Krankenkassenkarte durch ständiges Kneten fast in einen anderen Aggregatzustand zu versetzen oder einfach nur genervt gucken. Einige (meist diejenigen, die in Begleitung kommen) scheinen es aufgrund der sich lösenden Akkuratesse mit der Diskretion nicht mehr so genau zu nehmen. Neben ihren eigenen Leiden – Frau Hinz hat einen hartnäckigen Herpes und Herrn Kunz’ Blutdrucktabletten gehen zur Neige – erfährt man allerlei pikante Details aus deren Privatleben. Ob man will oder nicht. Besser gesagt aus dem Privatleben ihrer Bekannten. Ob die wohl immer noch mit Frau Hinz, Herrn Kunz und deren Begleitern befreundet wären, wenn sie wüssten, dass hier gerade die „falsche“ Kindererziehung auseinander genommen und ein Hang zum Alkohol in die breite Öffentlichkeit getragen wird? Tratsch nennt man das wohl. Als ob es davon nicht schon genug in den sich stapelnden bunten Illustrierten auf den Tischen im Wartebereich gäbe. Aber gut, bis dahin haben es Frau Hinz und Herr Kunz plus Begleitung ja noch nicht geschafft. Für mich steht jedoch fest: Das nächste Mal nehme ich meine Kopfhörer mit und beschalle mich mit Musik!

Während also Frau Hinz und Herr Kunz kein Problem mit der Offenlegung ihrer Krankenakte haben, versuchen die endlich am Tresen Angelangten so lautlos wie möglich ihr Leiden zu schildern. Blöd nur, wenn die Arzthelferin das Gewisper nicht richtig versteht und die kleinen und großen Attraktionen der körperlichen Befindlichkeit des Patienten noch einmal lauter wiederholt. Zum Abgleich. Immer begleitet mit einem alarmierten Blick des Patienten hinter die Diskretionslinie, dass auch ja niemand etwas mitbekommen hat. Und hat der Leidende es dann endlich geschafft unter Wahrung seiner Krankengeheimnisse in den Wartebereich und das Behandlungszimmer zu kommen, wird er zum Glück nicht mehr Zeuge der Aufhebung seiner Intimsphäre seitens des Personals.

Ja, während die Patienten (bis auf wenige Ausnahmen) allesamt bemüht sind der „Diskretionsbitte“ nachzukommen, scheint diese vor dem Personal halt zu machen. Mit fast ohrenbetäubender Lautstärke erläutern sie Anrufenden ihre Beschwerden, Befunde, etc. am Telefon. Herr Mustermann muss noch einmal für eine nähere Defäkations-Untersuchung (Stuhlgangs) kommen, Frau Beispiel hat sich wohl mit Tripper angesteckt. Na herzlichen Glückwunsch!

Und während die Wartepolonaise munter in den Hausflurbereich übergeht und die Kaffeemaschine beruhigend im Hintergrund vor sich hin blubbert, schließen sich der Arzt aus Behandlungszimmer 1 und der Arzt aus Behandlungszimmer 2 in der Ecke des Flures kurz, wie man Herr Beispiel aus Behandlungszimmer 1 am besten mitteilt, dass er inkontinent ist und endlich eine Pflegestufe beantragen sollte.

Als sich Herr Beispiel wenige Minuten später seinen Weg vom Behandlungszimmer, über den vollgestopften Anmeldebereich bahnt, beobachte ich, wie sich die Blicke aller Anwesenden an seine Hose heften. Und die Diskretion lacht sich hämisch ins Fäustchen…

Einladung

IMG_1193Foto: © PaulaB, 2014

Komm setz dich und hör dem Frühling zu!

Das Knistern der Sonnenstrahlen. Die magnetisch locken. Ungestüm kitzeln sie sich durch den Staub zurückgezogener Monate und suchen nach dir.

Das Wispern des Windes. Der nach Wandel riecht. Vehement wirbelt er den Staub drückender Monate auf und vertreibt deine winterkalten Gedanken.

Die Frische des Regens. Der fordernd ans Fenster trommelt. Unwiderruflich wischt er das Trübe hinweg und weckt deinen Lebensdurst.

Vorhänge fallen. Fenster und Türen sich öffnen. Ein Hauch von Erlösung streift durchs Land.

Komm setz dich und hör dem Frühling zu!

Das Knacken springender Knospen. Deren Kraft ein Meer von Farben offenbart. Unentwegt schießen neue Blüten hervor und ködern deine Sinne.

Das Zwitschern wiederkehrender Vögel. Deren Melodie von Neuanfang spricht. Unermüdlich singen sie sich in dein Gedächtnis und rufen dich.

Das Rauschen sprießender Grashalme. Deren Grün voller Hoffnung steckt. Beharrlich bahnen sie sich ihren Weg ans Licht und geben dir eine Richtung vor.

Augen leuchten. Lungen und Herzen atmen auf. Ein vitalisierender Ruck geht durchs Land.

Komm setz dich und hör dem Frühling zu!

 

 

Vorsicht, Ansteckungsgefahr!

Ich habe ein neues Hobby! Ich irritiere und animiere Menschen. Mit einem Lächeln. Ja, einmal angefangen, kann man gar nicht genug davon bekommen. Es ist wie eine Glücksdroge. Oder wie eine ansteckende Krankheit, die zwar eine gewisse Inkubationszeit hat, dann aber ganz plötzlich beim neuen Wirt ausbricht.

Ja, es ist schon faszinierend, was man mit einem einfachen Lächeln alles bewirken kann. Das Wetter ist schlecht, die Menschen rennen griesgrämig von A nach B und mittendrin ich. Mit einem Lächeln auf den Lippen. Weil ich zwischen der dicken Wolkendecke etwas Blau entdeckt habe, weil ich gerade zufrieden bin, weil ich an einen tollen Menschen denke, weil ich gute Musik höre, die mich von innen kitzelt, mich wie eine Woge der Zufriedenheit durch die anonyme Großstadt trägt und mich von innen heraus strahlen lässt. In Form dieses Lachens. Und als ich mir dessen bewusst werde, wird das Lachen nur noch breiter. Es ist nicht so ein schüchtern aufgesetztes, weil man sich sagt „Jetzt geh ich mal freundlich durch die Gegend“. Das funktioniert meistens nicht. Nein, es ist eines was sich auf dem ganzen Gesicht ausbreitet. Was die Augen leuchten lässt und die Mundwinkel wie an Gummischnüren nach oben zieht. Was mich regelrecht durch die Gegend schweben lässt. Und es lässt mich die Leute anschauen. Und selbst wenn diese auf den Boden starren, muss dieses Lächeln etwas Magisches haben, denn sie heben den Kopf und schauen zurück. Zunächst etwas irritiert. Blicken sich um, ob hinter ihnen jemand läuft, den ich meinen könnte. Und wenn sie sich dann vergewissert haben, dass sie mit ihrer Vermutung falsch lagen, heben sich auch ihre Mundwinkel. Mal ganz langsam und zaghaft, mal schneller. Mal zurückhaltend, mal offen. Und für einen kurzen Augenblick teilen sich hier zwei völlig Unbekannte einen unglaublich schönen Moment. Lassen sich für eine kurzen Augenblick teilhaben an ihrem Leben im anonymen Moloch Großstadt.

Lächeln ist also ansteckend, sofern es wirklich von Herzen kommt!

Und genauso ist es mit dem Lachen. Kennt ihr so Momente, wo man mit Freunden zusammensitzt und sich plötzlich mitten in einem Lachflash befindet. Meist ist es nur ein Wort, eine Erinnerung oder ein alberner Moment und schon prustet man gemeinsam los und es gibt kein Halten mehr. Ein herrliches Gefühl. Ich erinnere mich an Tage an denen ich mit einer Freundin durch die Stadt lief oder fuhr und wir ununterbrochen Lieder wie „Auf der Mauer, auf der Lauer,…“ sangen oder Kurt Krömer und seine Abhandlung der Eintagsfliege bzw. seiner Pöbelattacken a la „Do Piepmatz“ imitierten. Die Gesichter derer, die uns über den Weg liefen werde ich nicht vergessen. Manche schauten uns nur an als würden sie sofort die Männer mit den weißen Jacken rufen wollen, andere freuten sich angesteckt von unserer guten Laune einfach mit und lächelten.

Schwieriger wird es, wenn man sich in einer Situation befindet, in der Lachen unangebracht ist. Ich erinnere mich da an ein Seminar, in dem ich neben einer Freundin saß. Ich weiß nicht mehr worum es ging, aber da war plötzlich dieses Kitzeln im Bauch. Dann ein Blick und plötzlich war das Kitzeln einfach nicht mehr zu unterdrücken. Wir mussten kichern. Hinter vorgehaltener Hand und mit dem Versuch es zu unterdrücken wurde es nur immer mehr. Ich wundere mich noch heute, dass wir nicht explodiert sind. Aber noch heute breitet sich ein Grinsen auf meinem Gesicht aus, wenn ich daran denke.

Manchmal ist es aber auch nur eine ansteckende Lache, die das eigene Zwerchfell kitzelt und einen ebenfalls zum Lachen bringt. Oh ja, da gibt es ganz außerordentliche Exemplare. Manche glucksen, andere rattern wie eine Kanone, wieder andere kichern spitzbübisch vor sich hin. Da bekommt Lachyoga eine ganz andere Bedeutung. Fast wie eine Massage, nur eben für den Geist.

Fakt ist, wenn man sich in einer Situation wohl fühlt, eine Bindung zum Lachenden hat oder bereit ist eine kurze Bindung zu einem anonym Lächelnden einzugehen, kann Lachen eine ohnehin schöne Bindung intensivieren, einen wahnsinnig intimen Moment schaffen, etc. Lachen kann (Herzens-)Türen öffnen und ist dadurch nicht nur gut für die eigene Seele. Es kann die eigene Freude sogar noch dupli- bzw. sogar multiplizieren. Denn das eigene Glückgefühl wird nur noch verstärkt und intensiviert, wenn das Gegenüber mitlacht oder lächelt.

In diesem Sinne: Für mehr Lächeln und Lachen in Zeiten der Anonymität.

Kompli…was?

Letztens habe ich einer mir völlig fremden Frau auf der Damentoilette eines Cafes ein Kompliment gemacht. Einfach so. Als sie sich gerade aus einer Jeans schälte und in ein rotes Kleid stieg, was wirklich schön an ihr aussah. Doch das einzige was ich von ihr für das Kompliment kassierte, war ein herablassender Blick. Nicht, dass ich ein Gegenkompliment erwartet habe. Nicht im Geringsten. Denn ich halte es mit den Komplimenten, wie mit dem Schenken. Ich schenke nicht um etwas zurück zu bekommen, sondern wenn mir danach ist. Wenn ich Jemandem eine Freude machen möchte und kann. Denn dann kommt es von Herzen. Und darauf kommt es doch an.

Ich habe also nicht erwartet, dass mir die junge Dame um den Hals fällt oder gar zurück „komplimentiert“. Und auch ihren Blick nahm ich ihr nicht einmal übel, er brachte mich lediglich zum Nachdenken. Und desto mehr ich darüber nachdachte und mich an Alltagssituationen unter Freunden, Fremden, etc. erinnerte, desto mehr wurde ich mir des „Verfalls“ von wahren Komplimenten bewusst. Nicht nur, dass immer weniger verteilt werden, sie werde zudem oft auch nicht als wohlwollend auf- und angenommen.

Aber warum fällt es vielen so schwer Komplimente zu machen und vor allem auch entgegen zu nehmen? Eigene Unzufriedenheit, der fehlende Blick für das Schöne im Leben (und damit ist nicht nur visuelle Schönheit gemeint), Skepsis an der Ernsthaftigkeit des Kompliments, ein Überdruss an virtuellen Komplimenten?

Ja, Perfektionismus, wenig Selbstvertrauen und eine innere Unzufriedenheit können Schuld daran sein, dass man blind bzw. taub für eine derart schöne Rückspiegelung wird. Da kann ein Kompliment auch mal in ein verbales Ping Pong ausarten. „Du bist schön.“ – „Findest du? Aber ich hab doch…“ – „Nein, finde ich gar nicht. Du siehst wirklich schön aus.“ – „Wirklich? Aber ich müsste/könnte/sollte…“ Herrgott nochmal, warum freust du dich nicht einfach? Fishing for Compliments oder doch einfach nur fehlendes Selbstbewusstsein? Wohl von Fall zu Fall unterschiedlich.

Ich kann mich jedefalls an Zeiten erinnern, da ging es mir genauso. Ich bekam ein Kompliment und alles was ich erwiderte war etwas, dass das Kompliment sofort widerlegte, zu Nichte machte, etc. Ich hätte es wohl selbst nicht bemerkt, wenn mich nicht irgendwann jemand darauf hingewiesen hätte. Jemand, der mir gerade ein Kompliment gemacht hatte, weil er mich zum ersten Mal in einem Kleid sah und fand, dass es meine Schönheit unterstreiche. Anstatt mich darüber zu freuen, dass er mich als Frau wahrnahm und mir zudem gerade gesagt hatte, dass er mich für ein attraktives Exemplar dieser Gattung hielt, war es mir peinlich. Ich fühlte mich unwohl. Glaubte ihm nicht. Und deshalb reagierte ich wie üblich mit einem „aber“. Dank seiner Offenheit in Form eines verbalen Zaunpfahls – „Frau Punktpunktpunkt, nun nehmen sie das Kompliment doch einfach mal an und machen es nicht gleich wieder zunichte!“ – wurde ich sensibilisiert. Das hatte gesessen. Und mit jedem Mal, in dem ich folglich ein Kompliment erhielt und Widerworte geben wollte, blieben sie mir quasi im Hals stecken. Gott sei Dank, denn wie schön ist es doch ein Kompliment als das aufzufassen, was es ist: Etwas Wohlwollendes.

Genau wie mit dem Aussehen verhielt es sich mit Leistungen. Da ich selbst nie zufrieden war und Lob nicht gewohnt war, gingen Komplimente für gute Arbeit ungehört an mir vorbei. Kein Wunder, dass ich gar nicht mehr aus dem Staunen heraus kam, als mir eine Bekannte, die ich gerade erst kennengelernt hatte, ein paar Ohrringe schenkte, als ich mein Studium mit super Schnitt abschloss. Alles was sie auf mein verwundertes Gesicht erwiderte war: „Wenn du dich schon selbst nicht für deine Leistung freuen kannst, dann lass es mich tun. Ich freu mich nämlich für dich!“ Auch dieser Vorfall hat etwas in meiner Wahrnehmung verändert.

Heute gehe ich anders mit Komplimenten um. Ich bin nich sofort skeptisch und denke, dass es gar nicht ernst gemeint ist. Ich freue mich darüber. Und ich kann auch welche verteilen. Ich kann einer Freundin sagen, dass sie heute wirklich schön aussieht, dass Jemand mich mit seinem Tun sehr berührt, etc. pepe. Auch wenn ich dafür hin und wieder nur einen skeptischen Blick kassiere. Im Besten Fall aber zaubere ich ein Lächeln auf das Gesicht meines Gegenübers und dass ist doch eines der größten Geschenke überhaupt.

Ein anderer Grund für den Verfall echter Komplimente könnten zudem die neuen Kommunikationsmittel und -wege sein. Der Überfluss an Komplimenten in Form von Likes, etc. der ein wahres, persönlich ausgesprochenes Kompliment völlig untergehen lässt. Wie schade, denn im Prinzip ist es doch so: Viele lechzen heute regelrecht nach Komplimenten. Instagram, Facebook, etc. sind voll von aufwendig geschossenen Fotos, um sich selbst ins beste Licht zu rücken. Ein bisschen Bauch einziehen hier, ein bisschen Po raus da, einmal Muskeln anspannen, ein bisschen Kussmund, ein Hauch Photoshop oder Filter, et voila: Hier sehen sie Mister & Misses Perfect. Und dann warten sie. Auf die Likes und die Kommentare, in denen man sich gegenseitig belobhudelt. Ohne sie kein Selbstbewusstsein. Klar, dass ein wahres Kompliment da kaum noch wahrgenommen wird. Schließlich steht das nirgendwo Schwarz auf Weiß. Da ist kein Daumen der nach oben zeigt. Man muss es hören und verstehen.

Und auch anders herum ermöglicht die virtuelle Welt einen verschwenderischen Umgang mit „Komplimenten“. So ein Klick ist schnell getan, ob der Absender das auch wirklich so meint, ist eine andere Sache und zeigt sich oft daran, wie schnelle Komplimente in Form von Likes wieder gelöscht werden, wenn der andere nicht erwartungsgemäß darauf reagiert. Ein Kompliment wirklich auszusprechen ist um einiges schwieriger, verlangt sogar einiges an Mut, wenn man das Gegenüber noch gar nicht kennt. Und deshalb lassen es viele einfach und bleiben beim schnellen Klicken.

Vielleicht ist das auch der Grund weshalb ich nicht auf derlei Portalen zu finden bin. Denn ich habe den Sinn und Zweck eines ehrlichen Kompliments zu Schätzen gelernt und das wiegt doch um einiges mehr als etliche Likes.

In diesem Sinne: Für weniger leicht dahingeklickte Likes. Für mehr echt gemeinte Komplimente.

No risk BUT fun

Vor Kurzem hatte ich ein Gespräch über menschliches Handeln. Menschliches Handeln in Bezug auf die eigenen Gefühle und die von anderen. Kurzum: menschliches Handeln in der Phase des Kennen- und Liebenlernens.

Und schnell kamen wir zu der Frage: Was ist los in der Welt? Warum bekommen immer mehr Menschen schiss vor ihrer eigenen Courage. Detaillierter gesagt: Schiss vor ihren eigenen Gefühlen. Warum verlässt viele der Mut genau an der Stelle, wo etwas Aufrichtiges beginnt?

Da treffen sich zwei Menschen, sind fasziniert voneinander. Lernen sich kennen. Vielleicht ein wenig  schnell, weil die Faszination sie all ihre Ängste über Board werfen lässt. Sie genießen den Moment. Und dann ganz plötzlich und unverhofft schlägt er zu, der kleine Teufel Furcht. Dann verlässt sie der Mut und das eben noch positiv Empfundene lähmt. Meist nur einen von beiden. Und deshalb bitter für den anderen. Der nun dasitzt und sich fragt: Was ist passiert? Eben sagtest du noch „Alles wird gut“. Und plötzlich? Keine Nachricht, keine Antwort. Kein Interesse?

Mein Gesprächspartner war der Meinung, dass viele Menschen ihr eigenes Tun null reflektieren und ihnen deshalb auch nicht auffällt, dass sie andere Menschen damit möglicherweise verletzten. Sie wollen Spaß. Spaß aber keine Verpflichtung. No risk but fun. Und so schieben sie ihre Ängste und Macken als Entschuldigung und Erklärung für das plötzliche Ende vor. Denn so müssen sie sich nicht mit sich auseinandersetzen. Das ist wiederum der Grund, weshalb sie auch gar nicht auf die Idee kommen, ihr eigenes Handeln zu hinterfragen. Dadurch fällt ihnen natürlich auch nicht auf, dass Wertschätzung und Respekt dem anderen gegenüber nicht zu ihrem Repertoire gehört. Bzw. es sei ihnen scheißegal….

Meine Idee, dass diese Menschen vielleicht auch einfach nur Schiss vor ihren eignen Gefühlen und Veränderung haben könnten, stellte mein Gesprächspartner mit dem Satz „Ich glaube du schätzt das Denken vieler Menschen viel zu komplex ein!“ in Frage. Und ich kam ins Grübeln. Denn sollte das tatsächlich so sein, wäre das ziemlich trostlos. Und deshalb möchte ich auch einfach nicht an diese Variante glauben. Oder sagen wir: Nicht alle über diesen Kamm scheren. Ich stimme ihm in sofern zu, dass es sicherlich derart egomane Menschen gibt. Aber ich möchte auch daran glauben, dass es andere Gründe für derlei Verhalten gibt. Einfach weil ich nicht daran glauben möchte, dass unsere Gesellschaft schon so weit „verkommen“ ist. Und auch weil die andere Denkweise bedeuten würde, dass es keine Hoffnung mehr gibt. Ich möchte aber die Hoffnung darin nicht verlieren, dass ein Mensch sich ändern kann. Dass er nicht nur Geisel seiner Vergangenheit, sondern auch Creator seiner Gegenwart und Zukunft sein kann.

Neben der Egomanie ist es wohl oft auch einfach nur mangelndes Interesse, was die Personen von einen auf den anderen Moment zum Rückzug bewegt. Immerhin ist unsere Gesellschaft heute zu großen Teilen so beliebig und offen, dass Jedermann wild auswechselbar ist. Verlust wird nicht als solcher empfunden. Jedenfalls nicht der eines gerade kennengelernten Menschens. Denn man lässt es ja gar nicht erst soweit kommen, dass es ein Verlust werden könnte. Man lässt sich wild und ungestüm auf Dinge ein, weil man weiß, dass man sie ohnehin gleich wieder beendet. In diesen Fällen ist es für den Gegenpart natürlich umso schmerzlicher sich eingestehen zu müssen, dass all die Worte und Taten nur so dahingesagt waren.

Möglicherweise ist es also auch eine plötzlich emporsteigende Angst, die dem sich anbahnenden Glück einen Strich durch die Rechnung macht. Zumindest möchte ich das, so gutgläubig das auch klingt, glauben. Ein Fünkchen Vergangenheit, die einem der sich Annähernden in derartige Unruhe versetzt, dass er/sie lieber die Segel streicht und die eben noch herrschende Entspanntheit und Nähe in Distanz umwandelt. Der nicht gewillt ist seine Vergangenheit Vergangenheit sein zu lassen. Der nicht bereit ist dem Menschen gegenüber eine Chance zu geben, auch wenn er/sie doch eigentlich spürt, dass es gut werden könnte. Aber gut werden bedeutet eben immer auch etwas verlieren zu können. Und das ist es wohl, was sie ängstigt. Ihr Gesicht zu verlieren, sich zu verlieren, etwas zu verlieren, was ihnen ans Herz gewachsen ist.

Und manchmal entscheiden diese Menschen dann, wahrscheinlich oft auch unbewusst und deshalb vielleicht auch etwas vorschnell, dass der andere nicht ausreicht. Geben der „Sache“ keine Chance sich zu entwickeln. Lassen sich von Kleinigkeiten abschrecken und  entscheiden sich stattdessen weiter nach dem Perfekten zu suchen, was es ohnehin nicht gibt. Jedenfalls nicht sofort und dauerhaft. Ist ja auch einfacher, als vielleicht auch einmal auf sich selbst zu schauen. Eigenheiten, Verrücktheiten und die eigene Vergangenheit sind ja nichts Schlimmes, solange man sie sich nicht zum Lebensmittelpunkt macht, sich darüber definiert und sie dadurch zu Gegenwart und auch zur Zukunft macht. Und dennoch tun sie dies in genau diesen Momenten. Aber warum entscheiden sich so viele Menschen für diesen Weg? Anstatt ein wenig zu reflektieren, sich mit ihren eigenen Ängsten auseinanderzusetzen und sich die Chance auf eine andere Gegenwart und Zukunft zu geben? Ja, ihre Vergangenheit macht ihnen Angst und doch entscheiden sie sich immer wieder für sie.

Und so nachvollziehbar und menschlich diese Verhaltensweisen auf der einen Seite auch sind, desto unbegreiflicher sind sie auf der anderen. Denn wo bleibt der Mut? Wo bleibt das Bedürfnis oder die Bereitschaft nach/für Veränderung? Nach wahren Gefühlen? Was kann schon passieren? Ja, man kann verletzt werden, aber man lebt!

Ich für meinen Teil finde es bedauerlich, dass es immer weniger Menschen gibt, die bereit sind etwas zu riskieren. Die lieber von Bekanntschaft zu Bekanntschaft hüpfen um einfach nichts in ihrem Leben ändern zu müssen, um nicht verletzt zu werden und sich nicht mit sich selbst auseinandersetzen zu müssen, als sich auf etwas wirklich Emotionales einzulassen. Weil es ihnen Angst macht? Weil sie denken etwas von ihrer Freiheit einzubüßen? Weil da ja noch etwas Besseres kommen könnte? Die auf der Suche nach Zweisamkeit, etwas Beständigkeit und Sicherheit sind, diese aber sofort im Keim ersticken, wenn sie auch nur aufzuleuchten beginnt. Weil Beständigkeit und Verlässlichkeit in der heutigen Zeit oft mit einer Art emotionalem Gefängnis gleichgesetzt wird. Aber warum?

Wenn all diese Mutmaßungen auch nur ein stückweit richtig sind, erstaunt es mich natürlich wenig, dass alte Werte wie Bindung und Verlässlichkeit immer weniger Bedeutung haben. Dass diese Werte immer mehr Angst machen und dazu führen, dass viele der Mut verlässt. Der Mut für etwas Wahres, Echtes, Festes.

Und auch wenn es naiv erscheint, denn selbst wenn jemand diese Verhaltensweisen an sich erkennt, muss es noch lange nicht heißen, dass er/sie sich ihnen stellt: Ich möchte daran glauben, dass es noch Menschen gibt, die bereit sind sich mit ihren eigenen Emotionen auseinanderzusetzen um so den Weg für eine Zukunft zu schaffen. In diesem Sinne: Es lebe das Fühlen und der Mut dieses auch zuzulassen. Denn wie heißt es so schön NO RISK, NO FUN.

Einatmen. Ausatmen.

Climbing rock in the Elbe Sandstone Mountains.Foto: © Christina Hanck, 2012

Schritt für Schritt. Himmelwärts. Begleitet vom Knacken des Waldes und dem Knirschen der Steine unter den Schuhen.

Blick für Blick. Das Ziel vor Augen. Und dennoch jedes noch so kleine Detail erfassend und aufnehmend.

Atemzug um Atemzug. Innerwärts. Begleitet von wachsendem Adrenalin und gleichzeitig aufsteigender Ausgeglichenheit.

Ankommen.

Den Blick schweifen lassen über das Schauspiel was sich bietet. Die Ohren spitzen für die Geschichte, die der wispernde Wind erzählt. Und das Gefühl aufsaugen etwas Besonderes zu erleben.

Einatmen. Ausatmen.

Aus dem gleichen Holz geschnitzt

Ossis mögen Ossis und Wessis mögen Wessis. Eine Abgrenzung, die auch fast 25 Jahre nach dem Mauerfall in Deutschland noch immer „funktioniert“. Nicht selten ist es jedenfalls so, dass man angesprochen auf seine Herkunft, sofort mit wildfremden Menschen aus dem gleichen Teil Deutschlands sympathisiert. „Du kommst aus’m Osten? Cool, ich auch.“ Ein Herzschlag, ein Handschlag und die erste Barriere ist gebrochen. Andersherum wird die Herkunft oft noch immer als Erklärung und Grund für eine Abneigung herangezogen. „Der is’ Wessi? Hab ich mir ja gleich gedacht, der is’ voll überheblich.“

Aber warum ist das so? Warum wird der inzwischen völlig überflüssige Ost-West-Vergleich herangezogen, um sich selbst besser darzustellen oder andere herabzusetzen? Warum greift die Unterteilung des Landes immer noch und vor allem dann, wenn man sich in irgendeiner Weise bedrängt, bedroht oder benachteiligt fühlt?

Der Grund sind kognitive Verzerrungen, wie z.B. Vorurteile und Klischees. Diese entstehen mitunter durch geschichtliche, politische oder soziokulturelle Ereignisse und helfen uns unsere Welt zu ordnen und uns zu gruppieren. Stichwort „Herdentier“. Laut Theorie der sozialen Identität fühlt sich der Mensch in Gruppen eben einfach stärker und wohler. Denn er ist immer um eine positive Selbsteinschätzung bemüht. Stichwort „Identitätsstiftendes Merkmal“. Getreu dem Motto „Gleich und gleich gesellt sich gern“, übertragen wir deshalb aber auch unbewusst unsere vermeintlich positivsten Eigenschaften auf Gruppenmitglieder, während wir sie Nichtmitgliedern absprechen. Eine Abgrenzung, die in Fachkreisen group attribution error genannt wird.

Das bedeutet schlicht und ergreifend, dass wir Menschen automatisch bevorzugen und positiver bewerten, wenn sie der gleichen Gruppe angehören. Sprich: Ossis sozialisieren sich mit Ossis, Wessis mit Wessis. Absurd, wenn man sich vor Augen führt, dass Deutschland bereits seit 25 Jahren eine Einheit ist und das Ost-West-Argument lediglich ein historisch sehr fragwürdiges identitätsstiftendes Merkmal ist.

 

 

Erobert

zurueckerobertFoto: © Andreas Bauer, 2014

Unbehelligt drängst du dich hinein. Durch die schützenden Wände. Das marode Mauerwerk. In einen eben noch intimen Bereich. Stößt Türen und Fenster auf und nimmst dir deinen Raum. Umschlingst was nicht niet und nagelfest ist. Verankerst und verbindest dich mit dem was war und dem was ist. Und hinterlässt einen Teppich aus Erinnerungen und Zukunftsvisionen. Ein Zeichen von Leben. Hoffnungsvoll. Gleichermaßen zaghaft vorantastend und wild erobernd. Verschlungen und verwunschen. Nicht wissend wohin und dennoch mit klarem Ziel.

WIR werden Weltmeister

Es ist mal wieder soweit, dass Finale der Fußballweltmeisterschaft steht vor der Tür und fördert bei so manchem Erdenbewohner merkwürdige Verhaltens- oder sollte ich besser sagen Denkweisen zu Tage. Denn angesichts der Tatsache, dass die Deutsche Nationalmannschaft im Finale steht, hat sich das nun seit einem Monat andauernde Fußballfieber bei einem Großteil der deutschen Fans zum Fußballirrsinn entwickelt. Zumindest bekommt man hin und wieder den Eindruck, wenn man diverse Leute beim Fußball gucken beobachtet und sich anhört, was sie dazu zu sagen haben.

Was mir bei all meiner neu gewonnen Liebe zum Spiel und aller aufgebrachter Toleranz für den Fußballwahnsinn nicht in den Kopf gehen will, ist die Tatsache, dass eben dieser bei dem einen oder anderen Fan mit Realitätsverlust einherzugehen scheint. Und damit meine ich nicht, dass sich plötzlich auch der unmusikalischste Mensch zum hymnenschmetternden Chorsänger emporschwingt oder das Privatleben nur noch aus einer Mattscheibe, einem kühlen Bier und einer Tüte Chips besteht. Nein, ich meine den WIR-Wahnsinn.

„WIR werden Weltmeister!“

Halt mal. Da ist irgendeine Gehirnwindung falsch gepolt. WIR werden hier gar nix, denn WIR stehen da gar nicht auf dem Platz. Genauso verhält es sich mit: „WIR haben gut gespielt“, „WIR haben den besten Torwart.“, etc. pepe. Wieso WIR? Habe ich da was nicht mitbekommen? War ich so in meine Rechnungen vertieft, wer wie spielen muss, um eine Runde weiterzukommen, dass ich nicht gesehen habe, dass WIR alle ebenfalls über den Platz gelaufen sind, das Tor geschossen haben und den Elfmeter gehalten haben?

Anders verhält es sich mit Niederlagen. Dann heißt es auf einmal „DIE haben schlecht gespielt.“, „Was machen DIE denn da?“, „DER Löw ist Schuld“ oder „DER hat heute aber nicht gerade seinen besten Tag.“, … Aha. Nun sind es also nicht mehr WIR, sondern DIE oder DER. Schlimm genug, dass WIR, die wir nur auf der Couch, der Bierbank oder was auch immer hocken und genüsslich ein kaltes Getränk schlürfen, die Dreistigkeit besitzen zu urteilen. Natürlich kann man objektiv und anhand bestimmter Reglements so etwas feststellen wie einen zähen Spielfluss oder whatever. Aber was heißt denn hier „schlecht gespielt“, etc.? Es handelt sich hier um die Weltspitze. Gibt es da ein „schlecht“ überhaupt?

Aber keine Sorge, liebe „WIR- & DIE-Verwender“, das macht euch nicht zu „schlechteren“ Menschen. Im Gegenteil, dieses Phänomen ist „ganz normal“ und hat psychologische Ursachen. Es handelt sich hier um einen so genannten social bias. Eine kognitive Verzerrung. Solche kognitiven Verzerrungen liegen vielen unserer Entscheidungen und Ansichten zugrunde. Sie ermöglichen unserem Gehirn eine gewisse Effizienz. Schließlich ist der Mensch bestrebt sich und seine Umwelt in eine Ordnung zu bringen. Dafür gruppiert er sich. Eine Orientierungshilfe sozusagen. Deshalb sind WIR ja auch Deutschland… Auf der anderen Seite können diese kognitiven Verzerrungen aber eben auch zur Selbsttäuschung führen. WIR sind eben nicht Deutschland, auch wenn jeder einzelene wohl auch Erhebungen und Vertiefungen besitzt, an manchen Stellen karg bewachsen, an den anderen wild bewuchert ist, etc.

So ist es wohl einfach nur menschlich, dass sich der Erdenbewohner lieber mit Siegern als Verlierern identifiziert. Klar, denn der Mensch ist ja immer bestrebt seine Selbstwahrnehmung positiv aufzuwerten. Da kann es also schon mal vorkommen, dass WIR Weltmeister werden; dass WIR Papst sind; … Genauso menschlich und psychologisch erklärbar ist es, die Schuld für eigenes Scheitern gern bei Jemand anderen suchen oder äußere Umständen dafür verantwortlich zu machen. Scheitert jedoch jemand anderes, ist er selbst dafür verantwortlich. In Fachkreisen auch defensive attribution genannt. Nicht verwunderlich also, dass DIE schlecht spielen.

Na dann hoffen WIR mal, dass die Deutsche Fußballnationalmannschaft morgen gewinnt, damit nicht zu allem Überfluss auch noch der negativity effect (negative Informationen/Ereignisse wirken immer stärker als Positive) eintritt und ein komplettes Land desillusioniert. Denn dann wären WIR wohl nicht Weltmeister, sondern DIE wären kurz vor dem Ziel gescheitert.

Mit Pöbel & Romantiker im Nacken

Menschen fühlen. Viel, wenig, laut, leise. Menschen reden über das Fühlen. Viel, wenig, laut, leise. Aber wie oft offenbaren sie beim Reden dabei wirklich ehrlich was sie Fühlen?

Ich für meinen Teil halte mich durchaus für eine Person, die durch Selbstreflektion in der Lage ist, eigene Gedanken und Befindlichkeiten zu erkennen und auszudrücken. Selbstverständlich ist das hin und wieder etwas schwieriger. Und natürlich offenbare ich meine Erkenntnisse meiner Umwelt gefiltert, denn da wäre ja noch die Empathie, die es mir ermöglicht, Stimmungen von anderen aufzuspüren und dementsprechend taktvoll zu reagieren. Also nicht übers Ziel hinaus zu schießen. Ich wäge demnach durchaus ab, was ich wem in welcher Situation zumuten kann, sollte oder sogar muss. Aber werde ich mir dadurch selbst gerecht? Denn wer legt fest, was in welcher Situation vertretbar ist?

So ist es nicht verwunderlich, dass es immer mal wieder Situationen (oder sollte ich lieber sagen Umstände) gibt, in denen der Pöbel oder der Romantiker einfach aus mir heraus brechen. Momente, in denen mein Sprachzentrum einfach ungefiltert die Weisheiten meines umtriebigen Herzens und Hirns herauslässt, ohne dass ich (groß) über die Konsequenzen nachdenke. Diese, ich nenne sie mal „Gerechtigkeits-Anfälle“, überkommen mich in sagen wir mal endorphin-, hormon- oder alkoholschwangeren Momenten. Ja, angesichts dieser drei Stoffe in meiner Körperumlaufbahn, vertrete ich meine Befindlichkeiten ganz ungefiltert. Mein Herz gewinnt die Überhand, sendet Signale ans Hirn, welches diese in Worte transkribiert und über das Sprachorgan ganz unmissverständlich erklärt, was Sache ist. Dann sage ich mit dem Pöbel im Nacken Dinge, die mich stören und mir zu weit gehen, in etwas schnotterigem Tonfall. Ist es eher der Romantiker, der aus mir spricht, gestehe ich, gefühlsduselig wie ich bin, ganz ungehemmt meine Zuneigung zu meinen Mitmenschen. Natürlich nicht allen, sondern auch nur denen, die ich wirklich mag, etc.

Beides eigentlich nichts wofür man sich schämen müsste. Nichts worüber man groß nachdenken sollte. Schließlich ist es doch gut offen und ehrlich zu sein und seine Empfindungen – egal ob schwarz, weiß oder grau – zu äußern, oder? Aber ist es tatsächlich so?

Ich habe mich in meinem Umfeld umgeschaut und auch selbst beobachtet…

Bei mir selbst verhält es sich in solchen Situationen folgendermaßen: Reagiert jemand auf meine spontanen Geistesblitze so wie ich es erwartet bzw. erhofft habe, ist die Welt logischerweise in Ordnung. Mit der Tatsache, dass jemand anders reagiert, kann ich auch noch umgehen. Immerhin habe ich ja den Pöbel oder den Romantiker als Verstärkung im Nacken. Dann wird eben (je nach Lage) weiter gepöbelt oder geschwärmt. Das „böse“ Erwachen über die eigene Courage kommt erst nachdem sich Endorphin-, Hormon- oder Alkoholhaushalt wieder reguliert haben. Das kann dann natürlich haarig werden und ist ähnlich dem Zustand, der einsetzt, wenn mein endorphin-, hormon- oder alkoholschwangeres Hirn und Herz in diesen Momenten keine Reaktion erhalten. Sie sind überfordert und setzen folgendes Szenario in Gang: Pöbel und Schwärmer beginnen unaufgeforderter und unnötiger Weise darüber zu streiten, ob das Gesagte „Falsch“ oder „Richtig“ war. Herz und Hirn geraten dadurch aus den Fugen, weil sie Angst vor den Konsequenzen haben. Und ich verliere die Fassung. Das wiederum bremst sowohl den Pöbel als auch den Romantiker in mir aus und ich beginne wieder abzuwägen. Doch da das Kind dann bereits in den Brunnen gefallen ist, ist das gar nicht mehr so einfach. Dann wird der kindlich-instinktive Emotionsanfall bis ins Kleinste auseinander genommen und erwachsen durchdacht. Nicht selten habe ich danach jedoch das Gefühl, eine Sache totgedacht zu haben. Komplette Verwirrung! Unsicherheit! Eigentor! „Super“, denn das ist sicherlich nicht Ziel meiner Emotionsoffenbarung gewesen.

Und auch in meinem Umfeld habe ich festgestellt: Viel zu oft ist es leider so, dass sich Menschen für ihre Gefühls-„Ausbrüche“ schämen. Dass sie sich deshalb zusammenreißen und versuchen, die Dinge zu verharmlosen. Und sollten sie die Gefühle dennoch einmal übermannen… Oh je, dann ist absolutes Chaos angesagt. Die nächsten Fragen, die ich mir aufgrund dessen natürlich sofort gestellt habe, sind: Warum tun sie das? Warum wahren sie die Contenance?

Natürlich bedarf es einer gewissen Reflektion! Weil wir Dinge falsch verstehen (können). Weil wir uns umständlich ausdrücken. Weil es nun mal unterschiedliche Menschen gibt, die unterschiedlich denken und agieren. Manchmal liest, hört oder spürt man eben etwas zwischen den Zeilen, was da gar nicht ist.

Und dennoch: Warum fragen wir nicht einfach nach wie etwas gemeint ist? Warum trauen wir uns oft nicht zu sagen, was wir wirklich denken und fühlen? Und warum erschrecken wir uns so, wenn wir es dennoch tun?

Haben wir Angst vor unserer eigenen Courage? Wollen wir verharmlosen, aus Angst vor den eigenen Gefühlen? Oder ist es gar die Angst, das Gegenüber könnte uns für unsere Empfindungen verachten, weniger mögen oder gar zurückweisen?
Ja, vielleicht. Denn während man als Kind noch ungehemmt seinen Instinkten folgt und kindlich reagieren darf, verlangt man von einem Erwachsenen, dass er sich den Umständen angemessen ausdrückt und verhält. Das hat natürlich auch seine Berechtigung. Aber wie so oft, würde ich auch hier sagen: In Maßen! Was heißen soll, dass man sich schon ein Stück kindlichen Instinkt bewahren sollte, um nicht komplett zur Hülle seiner selbst zu werden. Und doch passiert genau das immer wieder…

Wie viele mögen es wohl sein, die sich im Laufe ihres Lebens das Fühlen geradezu abtrainieren? Sie haben gelernt, ihre innersten Empfindungen für sich zu behalten. Die Gründe dafür sind mannigfaltig. Sie haben sich angeeignet, sich nie wirklich ganz zu zeigen. Und damit meine ich keineswegs, dass diese Menschen falsch und unaufrichtig sind. Nein, das ist noch einmal etwas ganz anderes. Ich meine vielmehr, dass sie aufgrund ihrer Erfahrungen gelernt haben, zu taktieren, zu spielen, zu schweigen. Und damit eben immer nur ein Stück, nur eine ganze bestimmte Seite von sich selbst preiszugeben. Und folglich immer etwas unnahbar zu bleiben. Natürlich ist es nur all zu menschlich Gefühle, Gedanken und Empfindungen auch zurückzuhalten. Klar will man nicht jedem sagen und zeigen wer man ist und was einen bewegt. Bis vielleicht einmal jemand kommt, der wirklich Interesse daran hat, was hinter der Fassade passiert. Der ahnt, dass die gezeigten und gesagten Emotionen viel tiefer und nuancierter sind. Der danach fragt, wie es wirklich um den Gefühlshaushalt bestellt ist. Der es vermag durch die Hülle hindurchzuschlüpfen und den anderen damit verletzlich macht.

Und hier schließt sich der Kreis! Wir schämen uns für derlei Gefühls-„Ausbrüche“, weil wir denken ertappt worden zu sein. Weil uns jemand so gesehen hat, wie wir wirklich sind. Weil unsere Hülle gefallen ist und wir uns damit angreifbar machen. Wir schämen uns, weil wir doch im Grunde unseres Herzens alle nur gemocht/geliebt werden wollen und Angst haben, dass uns jemand den auch wir gelernt haben zu mögen/zu lieben, seine Zuneigung verweigert.

Und so schweigen der Pöbel und der Romantiker nur all zu oft bzw. streiten hinter verschlossenen Lippen und verbergen, was uns doch eigentlich menschlich und sympathisch macht: nämlich uns selbst.

In diesem Sinne: Es lebe der Pöbel und der Romantiker im Nacken!

Gedankengarten

OLYMPUS DIGITAL CAMERAFoto: © PaulaB, 2014

Komm und schlüpf in meinen Kopf. Ich leihe ihn dir, damit du mich besser verstehst. Ich gewähre dir Einblick in die geheimsten Winkel und Ecken meines Gedankengartens. Dort, wo die Schattengewächse der Vergangenheit flüstern und die Gegenwart die Keimlinge der Zukunft anbaut.

Schau dir die knochigen Äste und Wurzeln der Vergangenheit ruhig an, aber geh vorbei und deck dich bei einer Rast stattdessen mit den zarten Gräsern der Zukunft zu. Störe dich nicht an den im Weg liegenden Steinen aus Erinnerungen. Hüpf einfach darüber und erfreue dich dafür an den prachtvoll blühenden Ideen und Visionen. Aber sei vorsichtig. Sonst stößt du dich an farbenprächtigen, wild wachsenden Bedürfnissen.

Ich werde derweil versuchen leise zu denken. Werde nur lächeln und sachte durch das frische Gedakenmeer aus Gräsern und Blüten pusten. Um dir zu Winken und damit meiner Freude über deine Anwesenheit Ausdruck zu verleihen.

Der Nächste bitte…

„Du bist noch Single? Warum? Du hast doch sicher keine Probleme einen Mann kennen zu lernen…?!“ So ungefähr der Wortlaut, der einer guten Freundin immer wieder fassungslos entgegen gebracht wird, wenn das Gespräch darauf kommt, dass sie schon eine ganze Weile Single ist. Ihre Reaktion: Sie könnte kotzen. Warum?

Dazu sollte man die Frage stellen: Wer stellt ihr solch eine Frage? Die Antwort lautet: Männer. Unbefriedigende Antwort? Ok, dann noch näher ins Detail. Welche Art von Männern stellen ihr so eine Frage? Die Antwort… Entschuldigung, ich muss erstmal kurz ausrasten, wieder runterkommen, und… Ja, es geht wieder. Jetzt kann ich antworten: Männer, die sie daten. Viel pikanter aber: Männer die sie daten und bereits eine Freundin haben oder sie nach zwei bis vier Wochen wieder stehen lassen, weil ihnen einfällt, dass sie gerade doch eher keine Beziehung haben wollen, oder meine Freundin es nicht „wert“ ist…. So liebe Männer, ich hoffe ihr erkennt an diesem Punkt, dass ihr euch die Frage mit eurem Verhalten oder Dasein eigentlich selbst beantworten könntet.

Klar, „die Liebe ist ein seltsames Spiel“. Und man kann Liebe oder auch erstmal Interesse eben einfach nicht erzwingen. Aber ich finde es erschreckend, dass scheinbar vor allem Männer daten, die eigentlich besetzt sind und auch nicht vorhaben ihre Freundin zu wechseln, oder eben Männer die zwar physisch frei sind, aber eben psychisch noch lange nicht bereit… Ja, dann sind die Voraussetzungen von Vornherein schon einmal unfair. Und wer muss am Ende dran glauben? Meine „arme“ Freundin. Denn so langsam beschleicht sie das ungute Gefühl, dass es etwas mit ihr zu tun haben muss. Nicht zuletzt, weil die Männer, die ihr erklären, dass sie doch noch nicht bereit sind für eine Beziehung, nach ein paar Wochen fröhlich gebunden mit einer Anderen durchs Leben scharwenzeln.

Wie sagte einmal jemand zu mir: „Das Aussehen ist die Eintrittskarte, Charakter der Aufenthalt.“ Da frage ich mich doch: Was sehen all diese Männer in ihr? Ne schnelle Nummer? Ne Affäre zwischendurch? Und ist das letztlich der Grund, weshalb es immer wieder schief geht? Denn ja, meine Freundin ist sehr gut darin, einen auf locker zu machen. Den Typen zu suggerieren, dass sie erstmal auf alles gefasst ist, dass sie noch nichts festzurren will. Wie soll man auch, nach zwei bis drei Treffen. Und dennoch bin ich der Meinung, dass vielleicht gerade dort der Hase im Pfeffer begraben liegt. Sie suggeriert. Denken und fühlen tut sie etwas anderes. Denn ganz tief in ihr drinnen ist wohl der Wunsch nach einer festen Partnerschaft, nach einem Mann, den sie endlich von den Socken haut, viel zu groß um ihn gekonnt zu verbergen. Kann es also sein, dass die Herren der Schöpfung genau an diesem Punkt das Interesse verlieren? Weil ihnen bewusst wird, dass sie nicht auf das schnelle Abenteuer aus ist und nicht so cool ist, wie sie zunächst scheint. Sondern sich im Grunde ihres Herzens einen Mann wünscht der nicht nach einem Monat wieder das Interesse verliert? Bekommen sie es dann mit der Angst zu tun? Ist sie mit ihrem Verhalten vielleicht sogar selbst schuld, weil sie sich, wenn sie auch nur den Ansatz des Gefühls bekommt schon wieder in eine solche Geschichte hineingeraten zu sein, verschließt oder sogar ein wenig widerborstig wird? Strahlt sie dann etwas Angsteinflößendes aus? Oder sind es eher zu viele Erwartungen und eine gewisse Bedürftigkeit, die sie ausstrahlt? Was nicht heißen soll, dass sie ein bedürftiger Fall ist, der sich bei jedem Mann gleich eine Beziehung vorstellen kann. Ganz im Gegenteil. Natürlich hat auch sie ihre Vorstellungen und ist dann eben lieber Single, als sich irgendjemand ans Bein zu binden. Aber sie besitzt scheinbar eben trotz allem das Gespür, genau immer die Männer näher kennen lernen zu wollen, die am Ende nur eine weitere NoGo-Kerbe im Holz und meine Freundin in ihrem Singledasein hinterlassen.

Das Problem an der Sache ist nun: Keiner der Männer würde offen und ehrlich sagen woran es liegt, dass sie sich letztlich gegen sie entscheiden. Dass sie es nicht „wert“ ist (unglaublich, aber ja, dieses Wort fiel ihr gegenüber tatsächlich mal). Dass sie sie nicht von den Socken haut. Das bedeutet, dass sie wohl auch an ihrem Verhalten nichts ändern kann. Und das wiederum lässt den traurigen Schluss zu, dass sich daran auch nichts ändern wird… Einmal Single, immer Single? The same procedure as every time? Neeeiiiiin, so wollen wir gar nicht erst anfangen!!! Denn auch wenn ich verstehen kann, dass das ständige gedate irgendwann auf die Nerven geht, es ist wohl besser sich an dieser Stelle zu sagen: „Dann hat es eben einfach nicht gepasst.“ Und auch wenn es heißt „Je früher, desto besser“, sollte man hier vielleicht eher sagen „Gut Ding will Weile haben“.

In diesem Sinne: Keine Müdigkeit vortäuschen! Go for it! Irgendwann scheppert’s dann dafür gewaltig!

Erbarmungslose Technik

Wie pflegte immer mein Vater zu sagen, wenn sich jemand in unserer Familie über die fehlende Funktionsfähigkeit eines technischen Geräts – meist eines Computers – beschwerte: „Der Computer ist nur so schlau, wie der, der ihn bedient.“ Na schön auch…

Man könnte diese Aussage nun total persönlich nehmen und sich mangelnde Intelligenz unterstellen lassen, aber soweit möchte ich gar nicht gehen. Denn ich gebe es ja zu: Ich kann einen Computer bedienen, mehr aber auch nicht. Beginnt er zu Zicken, schaue ich sprichwörtlich in die Röhre. Technik kann aber auch so erbarmungslos sein. Ja, ich habe schon nettere und komplikationslosere Bekanntschaften gemacht.

Ein gutes Beispiel für derart lästige Bekanntschaften ist das Internet. Natürlich nicht in seiner Gänze!!! Um Gottes Willen… Ich ohne Internet? Das wäre als würde man mir irgendwelche Körperteile entfernen. Ich brauche es. Zum arbeiten und auch sonst. Und dennoch führe ich seit geraumer Zeit eine Art Hassliebe mit ihm. Warum?

Seit neusten wird man nicht nur via Mail mit Spam zugemüllt, sondern auch noch beim generellen Surfen oder Recherchieren im Internet. Urplötzlich öffnen sich mehrere Seiten im Hintergrund oder man kann den eigentlichen Inhalt einer Seite nicht mehr lesen, weil er zugepflastert ist mit diversen Kaufanzeigen. Lasst mich doch in Ruhe mit eurem Konsumscheiß! Tja, aber auch alles Fluchen und Wegklicken half nichts, mein Computer oder wen auch immer ich dafür verantwortlich machen soll, hatte kein Erbarmen. Ich fuhr ihn runter und wieder hoch, klickte weg und weg und jedes Mal die selbe Scheiße. Computernerds mögen jetzt in schallendes Gelächter ausbrechen. Aber dann brecht ruhig. Ich für meinen Teil war überfordert. Fühlte mich ähnlich wie bei einer Bekanntschaft, die einem nicht mehr von der Pelle rückt, obwohl man ihr auf nette Weise immer wieder signalisiert, dass man nicht möchte. Nun ja… Bis dann der Geduldsfaden reißt und man härte Geschütze auffährt. In meinem Fall versuchte ich das Netz mit seinen eigenen Waffen zu schlagen. Denn ja, auch wenn ich bei solchem Kikifax hilflos bin, ich bin zum Glück nicht auf den Kopf gefallen und deshalb nicht wehrlos. Ja, und hierfür liebe ich das Internet und die Technik wieder. Man kann ihm jede Frage stellen und bekommt immer eine Antwort. Mit etwas Geduld sogar eine hilfreiche. An dieser Stelle sei also den berühmtberüchtigten Foren und Videochannel ein dankbares, erleichtertes „Juchhe“ entgegengebracht.

Dank Ihnen habe mich also belesen und erfahren, dass es sich bei meinem konsumorientierten Stalker um einen gemeingefährlichen Virus handelt. Einer, der sich mit irgendwelchen „notwendigen“ Updates (ich glaube ja nicht daran, dass sie wirklich notwendig sind, aber mein Computer teilt mir dies netterweise immer so nebenbei mit, jedoch ohne zu fragen ob ich diese Updates auch wirklich haben will, nein er installiert einfach fröhlich los) wie ein blinder Passagier eingenistet hatte. Super! Nun wusste ich also schon mal, mit wem ich es zu tun hatte. Aber das stellte mich vor das nächste Problem. Wie wird man dieses fiese Teil wieder los? Eine genaue Anweisung, wie ich diesen unliebsamen Wegbegleiter wieder loswerden würde, musste her. Und dank netter Menschen, die so Technikbekloppten wie mir jeden Schritt via Video genaustens vormachen, habe ich es tatsächlich geschafft, den Feind in die Knie zu zwingen. Ich jubilierte!

Doch ich hatte die Rechnung ohne meinen technischen Stalker gemacht. Der heuchelte mir nämlich nur Ruhe vor, plante aber wahrscheinlich insgeheim schon den nächsten Angriff. Denn bereits ein paar Wochen später schlich er sich schon wieder auf meinen Bildschirm und damit in meine heimischen vier Wände. So langsam wurde es mir echt zu bunt. Das ist Verletzung der Privatsphäre. Man sollte meinen, dass ich nun, da ich ja bereits einmal recherchiert hatte, wie ich ihn wieder loswerden kann, schneller handeln und ihn vertreiben konnte. Aber denkste… Erstens sah mein ohnehin überfülltes Hirn wohl keine Notwendigkeit die angeeigneten Informationen zu speichern, ich glotze also wieder dumm in die Röhre. Viel schlimmer aber war, dass der Stalker dazu gelernt hatte. Nachdem ich mein verdrängtes Wissen schnell wieder aufgefrischt hatte und mich fix mit der selben Taktik wie damals von dem ungebetenen Parasit trennen wollte, musste ich feststellen, dass er an Dreistigkeit zugelegt hatte. Es half nix. Er blieb. Und ich tobte. Denn ich kann mir wahrlich einen besseren Zeitvertreib vorstellen, als mir Informationen anzueignen, wie man diesen fiesen Möp wieder los wird. Aber es half ja alles nichts und der netten Internethelfer sei Dank, wurde ich ihn auch dieses Mal los. Doch die Euphorie über den gelungenen Schachzug wollte sich dieses Mal einfach nicht einstellen. Warum?

Ich habe die Befürchtung, dass dies eine Never-Ending-Story wird. Miss Sophie im Kampf gegen die Technik. Mal sehen wann wir zum dritten Mal gemeinsam in den Boxring steigen… Sollte die Aussage meines Vater jedoch stimmen, ich erinnere nochmal „Das Gerät ist immer nur so schlau, wie der, der es bedient.“, sollten meine Siegchancen gar nicht schlecht stehen. Denn eines sage ich dir Freundchen: Mich kriegst du nicht klein. Und das ist eine Kampfansage. Hau!

Das Spiel ist eröffnet…

Mann trifft Frau. Frau trifft Mann. Ein Blick, ein Wort, ein Knistern. Interesse. Und eh man sich versieht, befindet man sich mittendrin im Spiel ‚Top oder Flop’. Wer die Spielregeln beherrscht kommt weit, wer nicht, hat Pech gehabt und fliegt schon in den ersten Runden aus dem Rennen.

Tag ein Tag aus sieht man sie, die Datenden. Und wenn man sie so beobachtet fragt man sich: In welchem Stadium des Spiels stehen die Beiden wohl gerade? Wer macht hier die Spielregeln und wer versucht sie zu befolgen? Werden sie Beide als Sieger hervorgehen, weil sie die Regeln beherrschen und umsetzen können? Werden sie siegen, weil sie bereit sind die Spielregeln zu durchbrechen und ihre eigenen aufzusetzen? Oder wird einer auf der Strecke bleiben, weil er nicht gewillt oder talentiert genug ist für dieses Spiel?

Wie wird immer und überall gesagt: „Du musst dich rar machen, dann wirst du interessant.“ Summa summarum bedeutet das, dass man sich verstellen muss. Beherrscht man das Spiel der Illusion, kann seine eigenen Wünsche, Bedürfnisse und Emotionen gut in Zaum halten, sich rar machen und den/die Unnahbare spielen, wird man vom Spielpartner zum Ziel deklariert. Und mit etwas Glück laufen beide Spielpartner zeitgleich im Ziel ein. Beherrscht man es nicht, sondern signalisiert offen und ehrliches Interesse, zeigt sein wahres Ich, bleibt man leider oft genug auf dem Spielfeld zurück. Oft jedoch ohne, dass der andere Spielpartner das Spiel offen und ehrlich beendet. Stattdessen wird der Spielpartner auf die Abschussrampe oder ins ‚Time-Out’ verbannt. Der Köder ist ins Leere gelaufen. Zurück bleibt ein verletzter Spielkandidat mit Fragen über Fragen. Ein Spielkandidat, der mitunter vielleicht dem Spieltod geweiht ist, denn jedes verlorene Spiel wird ihn in seinem Grundfesten erschüttern. Und statt beim nächsten Mal eine andere Spielstrategie zu fahren, wird der Spieler noch verunsicherter sein und ohne es zu merken in die selben Fallen tappen wie eh und je. Und dann heißt es wieder: „RIEN NE VA PLUS!“

Aber warum werden Menschen, die dieses Spiel nicht beherrschen ganz plötzlich wieder uninteressant? Warum will man niemanden gewinnen, der weiß was er will und sein Ziel offen und ehrlich verfolgt? Was ist es, was den Jagdtrieb am Leben erhält? Warum spielen wir überhaupt? Ja, warum meinem Menschen, die eigentlich Interesse aneinander haben, miteinander spielen zu müssen? Und warum jagen und verlieben sich Menschen lieber (erstmal) in eine Illusion als in das Wahrhaftige? Wo bleibt denn da die immer gepredigte Selbstreflektion und emotionale Intelligenz?

Haben wir Angst eine klare Entscheidung zu treffen? Versuchen wir uns alle Türen offen zu halten? Sind wir auf der Suche nach dem Perfekten, was es ohnehin nicht gibt? Oder wollen wir einfach immer nur das, was wir (scheinbar) nicht bekommen können?

Ein Schritt vor, drei Schritte zurück! Aber kann es wirklich nur auf diese Art und Weise funktionieren das Interesse aneinander aufrecht zu erhalten, das Spiel erfolgreich zu beenden? Eine traurige Vorstellung! Eine Vorstellung an die ich nicht glauben möchte. Ich möchte daran glauben, dass es auch Menschen gibt, die ganz ohne Illuionsspiel zueinander finden. Ich möchte daran glauben, dass es Spieler gibt, die sich Regelverstöße verzeihen. Die beim versehentlichen Regelverstoß ihres Spielpartners nicht gleich die Flinte ins Korn werfen und sich einen neuen Spielpartner suchen. Ich möchte daran glauben, dass man das Spiel umgehen kann oder seine eigenen Spielregeln aufstellen kann, um gemeinsam ins Ziel einzulaufen und sich den Hauptgewinn zu teilen. Denn desto mehr ich dieses Spiel betrachte, desto nachdenklicher stimmt es mich. Man spielt hier mit Menschen, mit Emotionen…

Tanzen will gelernt sein

Als ich letztens in einem Club so vor mich hintanzte und nach einigen Minuten völliger mentaler Abwesenheit wieder zu mir kam, fiel mein Blick auf einen sehr auffälligen Tänzer. Ich bekam es mit der Angst zu tun. Warum? Er boxte lustig vor sich hin. Ja, hätte man all die Menschen um ihn herum ausgeblendet oder wegretuschiert, und mich, die ich direkt vor ihm Stand via Photoshop in einen Boxsack verwandelt, wäre er schlicht und ergreifend als Boxer durchgegangen. Unwillkürlich begann ich seinen Schlägen auszuweichen, was nicht gerade einfach war, angesichts der gut gefüllten Tanzfläche. Und da gab es ein weiteres Problem. Desto mehr ich mich von dem Boxer entfernte, desto mehr geriet ich in die Fänge des Haare-Schmeißers. Und ehrlich gesagt, ich weiß nicht was besser ist: Einen Fausthieb abbekommen, oder curliges, arschlanges, schwitziges Haar? Ich glaube sogar Letzteres peitscht mehr.

Ich sah an mir herunter, wie ich nun angesichts der mich umgebenden Bedrohungen immer schmaler wurde, meine Bewegungen immer mehr einschränkte. So macht Tanzen keinen Spaß und noch dazu musste ich hier um meine körperliche Unversehrtheit bangen. Ich zog es also vor die Tanzfläche erst einmal zu verlassen und positionierte mich zu meinen Begleitern an den Rand. Atemlos berichtete ich von der Gefahr, der ich gerade noch entkommen konnte und schwubs hatte ich das Thema des Abends losgetreten. Denn nun fielen uns immer mehr eigenartige Tanzstile auf.

Neben den Boxern (und vielen weiteren Sportlern wie z.B. Basketballern, Tischtennisspielern, Volleyballern, etc.) und den Haare-Schmeißern gibt es noch die Rücken-Verbieger. Jene Tanzenden, die aussehen, als würden sie Limbo tanzen. Nur eben ohne Stange. Bei ihrem Anblick ist man drauf und dran den Notarzt zu rufen. Aus Angst, sie könnten ihr Gleichgewicht verlieren und sich den Rücken brechen oder mit den Kopf aufschlagen. Wie machen sie das nur? Wenn ich mich so nach hinten verbiegen würde, würde ich nie im Leben wieder nach oben kommen. Geschweige den die Füße heben können, um dem Ganzen wenigstens einen gewissen Flair von Tanzschritten einzuverleiben. Nun gut, vielleicht bin ich einfach nicht gelenkig genug oder werde alt. Bzw. bei  genauem Hinsehen bekomme es auch die wertenden Damen und Herren dieser Tanz-Kategorie nicht wirklich hin. Das lässt es wohl auch so schräg aussehen. Alles in Allem versprüht dieser Tanzstil keinerlei Geschmeidigkeit, Ansehnlichkeit oder gar Erotik. Es sieht schlicht und ergreifend schauerlich aus.

Eine weitere Kategorie der Spezies „ausfälliger Tänzer“ sind diejenigen, die einfach sämtliche Gliedmaßen wild und unrhythmisch um sich schmeißen. Sie wirken, als hätten sie gerade einen Anfall und auch bei ihnen möchte man hin und wieder einfach nur einen Arzt dazurufen oder flüchten. Abbekommen möchte ich ihre Körperteile jedenfalls nicht.

Neben all diesen extrovertiert Tanzenden gibt es auch noch die Introvertierten. Unter anderem diejenigen, die aussehen als hätten sie einen Besenstil verschluckt. Kerzengrade und steif stehen sie da auf der Tanzfläche und versuchen sich zu Bewegen, ohne sich zu viel zu Bewegen. Eigenartig. Hier beschleicht mich immer der Wunsch ihnen den Stock aus dem Allerwertesten zu ziehen. Wenn ihn ihnen dafür nicht an ebendiesen greifen müsste – was mir dann für den ersten Kontakt doch etwas zu intim ist – würde ich es vielleicht sogar tun. Denn ich stelle mit so ein Stück Holz ziemlich unbequem vor. Das drückt doch bestimmt…

Des Weiteren gibt es die Gattung „Hilfe, ich hab’ Angst!“. Meistens Damen, die versuchen sich so klein und Platz sparend wie möglich zu machen. Kommt ihnen ein anderer Tänzer oder eine andere Tänzerin nur ansatzweise näher, schrecken sie zurück wie ein scheues Reh und brauchen eine gewissen Zeit um sich von ihrem Schreck wieder zu erholen. Ihr Gegenstück sind diejenigen (auch meist Damen), die einen mit größter Freude und Euphorie ihre für die Tanzfläche viel zu großen Taschen oder Arme in die Rippen hauen. Vielleicht könnte man sie auch zu den Boxern zählen. Oder aber als Platzhirsche bzw. –rehe bezeichnen.

Und dann gibt es noch die Sorte „Ich habe zu tief ins Glas geschaut“. Eine sehr anstrengende Gattung. Wenn sie nicht gerade dabei sind ihr Getränk quer über die Tanzfläche zu spritzen und die Klamotten aller anderen mit lustigen Flecken aufzupimpen, oder gar gleich ihr gesamtes Getränk samt Behältnis klirrend und splitternd über den ganzen Boden zu verteilen und jedem anderen Tanzenden damit das Tanzen zu vermiesen – denn Tanzen mit Scherben am Schuh macht wirklich keinen Spaß – fallen sie fast auf dich herauf und lallen dir dabei auch noch sinnlose Dinge in die Visage. Vielen Dank für den Atemtest. Allein durch den dadurch anhaften Alkohol-Hauch an mir, würde ich in jeder Polizeikontrolle herausgezogen werden.

Summa summarum: Faszinierend, so ein Blick über die Tanzfläche. Da vereinen sich Welten: Die von Sportlern, Tieren, Selbstdarstellern, etc. Und wie ich so schaute, begann ich wieder mit den Hüften zu wackeln. Mein Blick fiel an mir herunter und mich beschlich das Gefühl, dass auch ich immer die selben Moves mache. Ich schaute noch einmal genauer an mir herunter. Diesmal etwas panischer. Aus Angst ich müsste mich nun gleich selbst in eine der gerade beobachteten Gattungen einzusortieren. Erleichtert stellte ich fest, dass ich jedoch in keine der Gruppen passte. Oder doch? Wie hatte vorhin noch meine Freundin zu mir gesagt: Du bewegst dich geschmeidig wie eine Schlage. Hilfe, ein Tier??? Ich versuchte mich zu beruhigen: Solange es nur die Geschmeidigkeit und nicht die Bissigkeit ist, ist ja alles gut :)

Also ein Hoch auf das Tanzbein. Lassen wir es s(ch)wingen…

Weihnachten, der ganz normale Wahnsinn

Weihnachten und/oder Silvester in Familie… A Wahnsinn! Filme wie „Die Familie Stone“, „Der Grinch“, „Die Weihnachtsgans Auguste“ oder „Ein Herz und eine Seele“ veranschaulichen mehr als deutlich, dass Weihnachten und Silvester in Familie nur all zu oft den innerfamiliären Wahnsinn zu Tage fördern. Da passieren die kuriosesten Dinge. All die aufgestauten Emotionen und Erlebnisse des letzten Jahres bahnen sich ihren Weg ins familiäre Wohnzimmer und lassen infolge dessen so manches  Heim wie eine Irrenanstalt anmuten.

Auch meine Familie ist nicht davor gefeit. Für gewöhnlich sind es aber so einfache Dinge wie das Verstecken des Jesuskindes aus der aufgestellten Krippe, das Ansprechen eines falschen Themas oder das Abfackeln des Tannenbaums, was den Wahnsinn ausbrechen lässt. Und das erstaunlicher Weise à la „Und täglich grüßt das Murmeltier“ jedes Jahr aufs Neue. Dieses Jahr allerdings passierten wirklich wundersame Dinge in meiner Familie. Ich hätte eine Kamera aufstellen sollen. Filmreif! Aber von vorn…

Kennt ihr die beiden Opi’s aus der Muppetshow? Die, die immer auf dem Balkon hocken und sich gegenseitig behacken? Ich auch. Und zwar die Originale. Diejenigen, die wohl als Inspiration und Anstoß zur Kreation dieser beiden Figuren gelten können. So, und nun stellt euch die „Muppetshow“ kombiniert mit „Requiem for a Dream“ vor. So ungefähr kann man sich die familiären Stunden meiner Familie zu diesem Weihnachtsfest vorstellen: Erst erfand man eine neue Droge. Genauer gesagt eine neue Lachdroge. Ja, bei uns trinkt man nicht mehr. Nein, man inhaliert Glitzer und konsumiert nicht-fleischbeschaute Enten. Und dann behackte man sich wie die zwei Opi’s von der Muppetshow.

Alles begann mit Glitzerpapier… Man saß besinnlich bei Kerzeschein zusammen, kniffelte, unterhielt sich über Gott und die Welt und ganz plötzlich ging die Post ab. Ich wusste nicht wie mir geschah, denn um mich herum begann es zu glucksen und zu kichern. Ohne für mich erkennbaren Grund. Aber den gab es natürlich. Nämlich das Glitzerpapier. Meine Familie hatte ein wenig zu sehr den Glitzerstaub diverser Geschenkverpackungen inhaliert. In Kombination mit dem vorherigen Verzehr von nicht-fleischbeschauten Enten wirkt die Droge sogar doppelt so stark.

Zum Verständnis ein kurzer Einschub. Nicht-fleischbeschaute Enten sind solche, die keiner Lebensmittelprüfung unterzogen wurden. Denn wie mir mitgeteilt wurde ist dies ein Beruf den Veterinärmediziner ausüben können und der sich via Ausschreibung tatsächlich ‚Sachbearbeiter für Fleischbeschau‘ nennt. Interessant. Nun macht der Körperkult nicht einmal vor Tieren halt ;P Aber zurück zu den ominösen Vorgängen in meiner Familie.

Da saß ich also zwischen kichernden, glucksenden Familienmitgliedern. Und auch sonst fand ich das Verhalten etwas absonderlich. Denn ja, die Droge hat auch Nebenwirkungen: Von Sprachstörungen, über Stimmungsschwankungen und Übersprungshandlungen, hin zu einem ziemlich heftigen Absturz. Das dopen mit Glizterstaub ist also eine zwielichtige Sache. Da wurde gestottert, sich umständlich erklärt, aneinander vorbeigeredet und genauso plötzlich wie die Droge wirkte, ließ ihre Wirkung auch wieder nach und es kehrte bedrückende Stille ein.

Zur Veranschaulichung dessen, hier die Gesprächsaufzeichnung der letzten Rauschminuten, die während des Spielens entstanden.

Muppet#1 würfelt vier Vieren und freut sich euphorisch: „Das is ja nen Ding!“ Muppet#2 unterbricht den eigenen Lachkrampf für ein Brummen. Muppet#1 ist entrüstet über die nicht geteilte Euphorie und beschwert sich: „Immer diese Gleichgütigkeit!“ Daraufhin lässt sich Muppet#2 doch auf einen Kommentar herab: „Is doch egal!“ Hau! Na wenn das mal nicht ein Dialog ist. Gekonntes Aneinandervorbeireden würde ich sagen. Aber es geht auch anders, denn Muppet#1 hält die plötzliche Zurückhaltung für den Nachlass der Droge und bietet Muppet#2 Nachschub an: „Soll ich noch ein bisschen stauben?“, reibt dabei die Glitzergeschenktüte über den Tisch. Muppet#2 zeigt jedoch noch immer keine Stimmungsaufhellung. Also legt Muppet#1 noch einmal nach, kramt das Goldpapier heraus: „Das ist diesmal Goldstaub!“ Wouw! Das Premiumdope wird ausgepackt, denke ich mir. Aber so wahllos verteilt ist einfach nicht angemessen. Das denkt sich wohl auch Muppet#2, springt auf und verschwindet auf dem Klo. Muppet#1 fängt unterdessen wie wild an zu rechnen, im Kreis. Und ich? Ich sitze da und wünsche mir alltägliche Drogen zurück. So’n Gläschen Wein wär’ doch jetzt nicht schlecht!?

Und welche Drogen konsumiert ihr so zu Weihnachten?

Brücken bauen

IMG_9864Foto: © PaulaB, 2013

An der Kaffeetasse festklammern, wenn sie gerade Halt gibt. Sich von Dingen befreien, die wie Schotter am Herzen reiben. In Augenblicken baden, welche die Seele streicheln. In Erinnerungen kleiden, die sich wie ein schützender Mantel um den Körper legen. Sich an Momenten verschlucken, von denen man nicht genug bekommen kann. Spazieren gehen, zusammen mit den Gedanken im Kopf und dem Gefühl im Bauch. Brücken bauen. Um einfach noch ein bisschen mehr Leben zu leben.

Weil wir es können…

Konsum. Verschwendung. Sinnlose Zerstörung. Und warum das alles? Weil wir es können??? So sollte man meinen, wenn man die eine oder andere Stelle unserer Gesellschaft mal genauer betrachtet.

Schlimm genug, dass es bei so manchem Erdenbewohner immer die neuste Technik sein muss, jeden Monat neue Klamotten im Schrank hängen müssen, etc. Wirklich erschreckend ist aber, dass z.B. jeden Tag tonnenweise Lebensmittel einfach so weggeschmissen werden, weil man sie nicht verkauft bekommt. Weil mehr produziert, als gebraucht wird. Und auch privat, hat man sicherlich schon den einen oder anderen Konsumgüter weggeworfen, den einen oder anderen Speiserest in den Müll verschwinden lassen, anstatt ihn noch zu verwerten. Die Gründe dafür sind unzählbar. Bei manchen ist es vielleicht nur eine überpenible Vorstellung von Hygiene oder die Panik vor Krankheiten oder nicht mithalten zu können. Bei manchen ist es aber leider tatsächlich der Überfluss. Die Lust am Konsum. Denn wir haben’s ja…

Doch warum das Ganze?

Wir wollen immer mehr, immer höher, immer weiter. Um mitzuhalten, um das Gefühl von Leere zu füllen, etc. Auch hier könnten die Gründe nicht unterschiedlicher sein. Um letztlich nicht am eigenen Konsum zu ersticken, müssen wir uns auf der anderen Seite bestimmter Dinge entledigen. Um die entstandene Leerstelle sogleich mit etwas Neuem zu füllen.

Getoppt wird das Dasein der Wegwerfgesellschaft durch die Lust an Zerstörung. Ohne Sinn und Verstand. Mutwillig. Der Schaulust wegen. So z.B. in TV-Sendungen, deren Essenz es tatsächlich ist, Dinge – und mit ihnen auch Personen und Existenzen – zu zerstören oder wenigstens zu deformieren. Ein treffendes Beispiel ist die Sendung „Elton zockt“. Dieses Format spielt mit dem Streben des Menschen nach mehr. Gewinnt der Kandidat ist er um einige tausend Euro reicher. Verliert er, muss er bei der Vernichtung eines ihm geliebten Gegenstandes zuschauen. Und mit ihm das Publikum vor den Bildschirmen. Da werden also Instrumente, Fahrzeuge, etc. zerlegt. Einfach so. Aus Spaß an der Zerstörung von Konsumgütern. Aus Begeisterung für Erniedrigung, Schockierung und das Vorführen von Überschätzung. Aus Freude daran zu demonstrieren, wie nah Konsum und Verschwendung beieinander liegen. Einfach unfassbar! Wenn man die verzockten Gegenstände wenigstens spenden, an jemand anderen verschenken oder verlosen würde… Aber nein, es muss zerstört werden. Um Macht zu demonstrieren und das Scheitern zu symbolisieren. Denn wir können’s ja…

Da fragt man sich doch: Was ist aus unserer Gesellschaft geworden? Geht es uns zu gut? Und vor allem: Wo soll das Ganze noch hinführen?

Natürlich zurück zum Menschen. Wenn das Wegwerfen und sinnlose Ruinieren von Konsumgütern nicht mehr ausreicht, muss man sich eben gegenseitig selbst zerstören. Wie nah wir diesem Zustand sind, zeigt nicht nur ein neuer erschreckender Trend namens „KnockOut Games“. Hier werden wahllos Passanten mit einem einzigen harten Schlag niedergestreckt. Nur um den Kick von Macht und Destruktion zu spüren. Nur um die eigene Leere und unzulänglichkeit zu füllen. Genauso schlimm ist der Einzug vom „Konsumieren und Wegwerfen“ von Menschen und Emotionen. Weil wir nie zufrieden sind. Weil wir Angst haben. Weil wir gelernt haben, die emotionale Leere mit etwas anderem zu füllen. Weil wir denken etwas zu verpassen. Weil der Hinterkopf sagt, dass da noch etwas Besseres kommen könnte. Aber was ist, wenn wir das Beste im eigenen Konsumwahn einfach schlichtweg übersehen? Wenn da nichts Besseres kommt?

Wir sollten also den Blick wieder mehr auf das richten, was uns lieb und teuer ist. Und es für kein Geld der Welt verschwenden, zerstören oder eintauschen! Weil wir es können!!!

Wie Zicken ticken ODER zickig, aber zackig

Es gibt Worte, die werden nur bestimmten Menschen oder Personengruppen zugeordnet. Ungerechter Weise. Und oft mit falschem Hintergrund. Eines dieser Worte ist ‚zickig’. Ist euch schonmal aufgefallen, dass das Adjektiv ‚zickig’ oft nur im Zusammenhang mit Frauen oder homosexuellen Männern verwendet wird? Hört mal genau hin! Im Gegenzug gibt es jedoch kein adäquates Wort, was diese Eigenschaft bei Männern thematisiert.

‚Zickig’ bedeutet laut Duden „überspannt, eigensinnig, launisch“, mitunter auch „ziemlich prüde und verklemmt“. ‚Zickt jemand oder auch etwas’ bzw. ‚macht jemand oder etwas Zicken’, meint das laut Definition eine unangemessene, schwierige Reaktion auf Etwas. Fragwürdig ist dabei die Tatsache, dass das Wort ‚zickig’ selbst in diversen Nachschlagewerken oft auch nur in Kombination mit dem weiblichen Geschlecht verwendet wird. Klar, ‚zickig’ kommt von ‚Zicke’, die ist nunmal per se weiblich und es macht ihr Wesen aus zu ‚meckern’. Aber es sind eben nicht nur Frauen die zickig sein können. Ganz im Gegenteil, ich kenne ein paar wirkliche Paradebeispiele männlicher Zicken. Und diese sind nicht homosexuell.

Viel schlimmer als die so selbstverständliche Kombination des Wortes ‚zickig’ mit dem weiblichen Geschlecht ist jedoch die Tatsache, dass das Wort oft falsch verwendet wird. So wird nämlich all zu schnell alles als zickig abgestempelt, was weiblich ist und die Meinung sagt.  Auch wenn keinerlei Zickigkeit vorliegt. Frauen sind also bei etlichen Männern (und natürlich auch untereinander) per se zickig, allerspätestens sobald sie ihren Mund auf machen, etwas auszusetzen haben und ihren Gedanken Luft machen. Aber – und hier liegt das große Missverständnis – der Ton macht die Musik!!!

Ich will gar nicht abstreiten, dass es Zicken gibt. Im Gegenteil, da gibt es eine ganze Horde von. Aber eine richtige Zicke ist schon ein Zacken schärfer als nur eine Frau die ihre Meinung sagt. Eine richtige Zicke offenbart ihr Wesen oft ziemlich schnell. Nach dem Motto: zickig, aber zackig. Indem sie an allem etwas auszusetzen hat, schnell pikiert ist, wenn man nicht nach ihrer Pfeife tanzt, etc. Und das eben mit einem unmissverständlichen Tonfall kundtut. Wenn also eine Dame einen meckernden bis keifenden Tonfall anschlägt, gar ins Hysterische abrutscht oder einfach nur nach dem Motto „Püh“ redet oder handelt, dann kann durchaus von zickigem Verhalten gesprochen werden. Wenn sie dieses Verhalten dann auch noch regelmäßig an den Tag legt, kann man sogar einen Schritt weiter gehen und von einer Zicke sprechen. Wenn eine Frau jedoch einfach nur ihre Meinung kundtut – meinetwegen auch etwas energischer, finde ich es übereilt von einer Zicke oder zickigem Verhalten zu sprechen. Vielleicht sollten die Herren (und Damen) der Schöpfung, die ihr Gegenüber all zu schnell in diese Kategorie einsortieren, lieber einmal genauer hinhören.

Ich bin jemand der Sorte diplomatisch und harmonisch. Sinnloses rumzetern nur um des Zeterns oder Zierens wegen ist nicht meins. Dennoch schrecke ich bei Bedarf nicht davor zurück meine Meinung zu vertreten oder Bedenken zu äußern, wenn ich bei einem Sachverhalt, in einer Situation oder mit dem Verhalten einer anderen Person nicht einverstanden bin. Dann ergreife ich, je nachdem wie es die Situation erfordert, auf diplomatisch-ruhige oder auch energisch-dahinterstehende Art und Weise das Wort und sage, was ich zu sagen habe. Bis jetzt hatte ich das Glück noch nicht auf einen der männlichen (oder weiblichen) Anwärter zu stoßen, die das Kundtun der eigenen Meinung als bedrohlich empfinden und deshalb sofort als zickige Verhaltensweise aburteilen. Da bin ich wohl an die Gattung umsichtiges Gegenüber geraten. Aber es gibt ja bekanntlich immer ein erstes Mal…

Und so wurde letztens auch ich Opfer dieser all zu schnellen, unbewussten Verurteilung ‚zickig’ zu sein, als ich mich innerhalb einer Diskussion über die Möglichkeiten und Grenzen das eigene Denken zu durchbrechen, vertraute aber störende Strukturen abzulegen und anders zu Handeln als gewohnt, hinreißen ließ inbrünstig aber sanft für meine Meinung Partei zu ergreifen. Als ich merkte, dass mein Gegenüber gar kein Interesse daran hatte sich auch mal einen anderen Standpunkt als den eigenen anzuhören (oder auch einfach gerade mental nicht in der Lage dazu war), ich damit eher noch den Wahnsinn provozierte, schloss ich meine Argumentation ab und legte eine Ruhepause ein. Um meinem Gegenüber und den Gedanken etwas Raum zu lassen und auch selbst darüber nachzudenken. Prompt hatte ich eine Beschwerde wegen Zickigkeit am Hals. Zunächst belustigte es mich eher, weil ich mir dachte: Na wenn das friedsame Darlegen von Gedanken bereits zickig ist, was ist dann erst los, wenn er mal mit einer wirklichen Zicke konfrontiert wird? Ich fragte also erst einmal nach, wie er auf die Idee kam, ich sei zickig. Ich fühlte mich absolut unzickig, denn es ging mir nicht darum mit aller Gewalt meinen Willen durchzudrücken, sondern lediglich darum meine Meinung darzulegen. Nein, Stänkermodus konnte man meine Verfassung absolut nicht nennen. Eher ein Verständigungsmodus. Um Harmonie herzustellen. Doch mein Gegenüber blieb hartnäckig bei seiner Behauptung ich sei zickig und verpasste mir zur Untermauerung seiner Ernsthaftigkeit sogleich den Spitznamen „Zicki“. Na hervorragend, nach diesem Spitznamen habe ich mich schon immer gesehnt. Ich versuchte es andersherum und erklärte, dass ‚zickig’ meiner Meinung nach eine Frage der Artikulation ist: Der Ton macht die Musik! Und meiner war ganz beherrscht. Inzwischen hatte ich sogar ein Grinsen im Unterton. Doch auch jetzt kein Abrücken in Sicht. Eher dringliches Beharren. Wollte mein Gegenüber vielleicht eine Zicke und redet deshalb so eisern darauf herum? Und was war das? Ein bockiger Unterton bei ihm? Hm, da stellt sich doch die Frage wer hier zickig ist…

Frauen wie Männer, das Zicken-Potenzial schlummert wohl in uns allen. Und es ist wohl auch eine Frage des Gegenübers, wie schnell und ob diese Befähigung in uns herausgekitzelt wird.

Inmitten

IMG_0323Foto: © PaulaB, 2013

Spärliches Licht verklärt die ohnehin kurzen Tage. Raue Winde durchstreifen die Straßen, fegen das Laub wie Aschewolken über die Plätze. Die Wolkendecke sinkt immer tiefer. Legt sich wie ein dunkler Schleier über Stadt und Land. Verhüllt sie in tristes Grau. Lässt frösteln. Und treibt die Melancholie aus den Hauserwänden. Doch schon ein wacher Blick genügt. Und man erkennt inmitten des neblig wabernden Dunstes die goldene Seite des Herbstes.

Das arme Vieh

Der Mensch ist ein sehr wissbegieriges und neugieriges Wesen. Ein experimentierfreudiges obendrein. Das sind wohl auch die Gründe dafür, weshalb der Mensch das geworden ist, was er ist. Und weshalb die Gesellschaft so existiert, wie sie existiert. Und es sind die Motive, weshalb sich der Mensch herausnimmt über andere Lebewesen zu herrschen. Sie für seinen Wissensdurst und seine Experimentierfreude zu „missbrauchen“.

Und das beginnt nicht erst im Labor, bei der Gentechnik, in der Kosmetikindustrie, etc. Nein, es beginnt bereits auf der heimischen Couch. Da gibt es z.B. Menschen dir ihrer Katze im Schlaf die Zunge aus dem Maul ziehen, um zu testen wann sich das arme Tier aus der Ruhe bringen lässt. Lustig oder gemein? Da gibt es Menschen, die ihrem Vierbeinern schreckliche Textilien auf dem Leib schneidern lassen, nur um ihren Wohlstand zu demonstrieren. Nicht weiter schlimm oder Quälerei? Und da gibt Menschen, die im Dienste der Wissenschaft Fernsehsendungen machen und ansehen, in denen Tiere vorgeführt werden.

Ja, Tiere im Fernsehen sind eine Sache für sich. Und ich spreche hier nicht von Dokumentationen, in denen Tiere z.B. in ihrer natürlichen Umgebung gezeigt werden. Ich spreche von Fernsehsendungen, in denen man Tiere zu Anschauungszwecken ins Studio holt. Es sei mal dahin gestellt, ob man den Tieren damit Leid zufügt, oder ob sie es gar nicht als so schlimm empfinden. Das wird wohl niemand eindeutig belegen können, denn das Tier vermag es dem Menschen wohl nicht eindeutig genug vermitteln zu können. Bzw. schreibt sich der Mensch ja auch hier die Fähigkeit zu, es aufgrund von Tests, etc. belegen zu können. Er spielt mal wieder allwissend. Fakt ist aber, es wird nie einen unumstößlichen Beweis dafür oder dagegen geben. Aber zurück zum Thema. Ungeachtet dessen, ob es für ein Tier Stress bedeutet sich in einem Studio aufhalten zu müssen: Muss man denn so ein armes Tier auch noch zu Anschauungszwecken verwirren? Ich für meinen Teil sehe das sehr zwiespältig und habe damit letztens zur Erheiterung einiger Freunde beigetragen, als ich voller Inbrunst Partei für ein im Fernsehen vorgeführtes Reh ergriff.

In einer Ratesendung des deutschen Privatfernsehens ging es um Rotwild, ihr Brunftverhalten und dessen Sound. Zu Anschauungszwecken hatte man einem feingliedrigen, großäugigen Reh ein Gatter ins Studio gestellt, in dem es zugegebener Maßen friedlich graste. Was schon mal absolut bewundernswert ist, wenn man bedenkt, dass es dort von hunderten Live-Zuschauern begafft und von grellem Licht in Szene gesetzt wurde. Zumindest machte es äußerlich den Anschein als würde es in sich ruhen. Denn wer weiß, ob das kleine Herzchen nicht bereits bis zum Anschlag raste. Sollte das kleine Herzchen bis jetzt tatsächlich noch im Ruhezustand gewesen sein, würde sich das gleich ändern… Der Herr, der das Reh angeschleppt hatte, hatte auch eine Tröte bei sich. Eine Tröte die bei richtigem Gebrauch den Brunftschrei eines Hirsches imitieren sollte. Und er trötete fröhlich vor sich hin. Auch die an der Sendung beteiligte Prominenz gab ihr Bestes. Und das arme Reh? Erst wackelte es nur aufgeregt mit seinen Ohren, dann trabte es völlig beunruhigt durchs Gatter und schaute mit einem Wahnsinnsblick hin und her. Und ich? Ich echauffierte mich lautstark wie gemein es doch ist, das arme Reh so zu verwirren und spitz zu machen. Erst tröten da alle und suggerieren dem armen Vieh, dass es gleich begattet wird und dann? Nix und dann! Das ist doch frustrierend für das arme Reh. Zieht man mal hinzu, dass weibliche Tiere den Paarungsakt oft nicht nur voller Freude absolvieren, sondern durch das Balzverhalten ihrer brunftigen männlichen Artgenossen wohl auch in eine Art Stress versetzt werden, wird das Szenario noch absurder. Dann ist das Reh in der Fernsehsendung nicht nur spitz sondern auch noch panisch. Spitzpanisch. Und genau diesen Eindruck machte das anfangs so ruhige Tier dann auch. Die großen friedlichen Kulleraugen waren plötzlich noch größer und irrten wahnsinnig blickend hin und her. Der feingliedrig, sich so geschmeidig bewegende Körper wackelte plötzlich aufgeregt und drohte zu kollabieren. Das Reh rannte von einem Gatterende zum nächsten. Flucht war ja nicht möglich…

Und all das zu Unterhaltungszwecken… Ich, empathisch wie ich nun mal bin, fühlte auf jeden Fall mit dem armen Reh mit. Was würde denn der Mensch sagen, wenn da ein Tier daherkäme, an ihm herummachen würde und sich dann mit seinen Artgenossen darüber freuen würde, dass es funktioniert und ihn dann aber unbefriedigt zurücklassen? Jap… Das will doch auch keiner. Also meine Damen und Herren vom und vorm Fernsehen: Muss das sein? Ist das noch lustig? Oder ist es gar nicht so schlimm (für das Reh) wie ich denke?

An und für sich sind Neugierde und Interesse an Wissen und Information ja eine sehr gute Sache. Eigenschaften, die ich durchaus beführworte. Denn Stillstand ist ist nicht gerade erstrebenswert. Und Interesse an etwas zu haben, bedeutet Leidenschaft. Und leidesnchaftliche Menschens sind oft glücklichere Menschen. Die Frage die aber bleibt ist: Muss man andere Lebewesen in ihrer Leidenschaft beirren um seine eigene zu befridigen? Hm….

Schau mir in die Augen Kleines/r

An und für sich ist der Blick in die Augen eines anderen Menschen eine feine Sache. Schließlich kann man viel in den Augen eines Menschen ablesen. Mehr sogar, als man selbst immer zu glauben scheint. Ja, so Augen können Bände sprechen. Nicht nur, dass der Blick und alles was in ihm liegt etwas über den Menschen und dessen Geschichte erzählen kann. Nein, viel interessanter ist die Tatsache, dass die verschiedenen Augenfarben ebenfalls etwas über den Charakter verraten sollen. Ja, googelt doch mal, da findet man spannende Einordnungen.

So werden Menschen mit braunen Augen z.B. Eigenschaften wie Ehrlichkeit, Humor und Treue zugeschrieben. Außerdem gelten sie als gute Zuhörer und angenehme Gesprächspartner. ‚Besitzern’ grüner Augen sagt man nach, sie seien eher passive Charaktere, die sich sehr gern zurückziehen, genügsam sind, ungern Entscheidungen treffen und deshalb viel grübeln. ‚Träger’ blauer Augen hingegen gelten als leidenschaftlich und sollen oft einen romantischen Charakter haben. Als gefährlich wiederum werden blaugrüne Augen empfunden, blaugraue Augen stehen dafür für Heiterkeit und gute Laune. Allerdings soll das oft vorgespielt sein, da Menschen mit blaugrauen Augen oft unglücklich sind. So die ‚Vorurteile’ zu diversen Augenfarben. Lustig ist jedoch, dass unterschiedliche Augenfarben auch unterschiedliche Reaktionen hervorrufen können.

Ich für meinen Teil habe blaue Augen. Und ich halte mich für einen wenig furchteinflößenden Menschen. Je nach Stimmung sind meine Augen etwas getrübt und verraten, dass da schon einiges erlebt wurde, oder aber sie funkeln, sprühen und lachen und zeigen, dass ich den Moment gerade sehr genieße. Mit einer geänderten Farbe jedoch erzählen sie scheinbar ganz andere Dinge…

…sie verbreiten Angst, Schrecken und Erfurcht. Zumindest wenn sie Schwarz sind. Aber von vorn:

Angesichts der bevorstehenden Halloweenparty habe ich mir dieses Jahr zum ersten Mal wirklich Gedanken um eine Kostümierung gemacht. Nach stundenlangem Stöbern, hin und her überlegen, abwägen und Budgetieren ist der Entschluss gefallen. Eine Mumie soll es sein. Eine Mumie mit leerem Blick. Schließlich weilt sie ja nicht mehr unter den Lebenden. Da mein Blick aber eben alles andere als untot ist, beschließe ich ihn durch ein paar einfache schwarze Kontaktlinsen dem Kostüm entsprechend anzugleichen. Und da ich noch nie zuvor in meinem Leben Kontaktlinsen getragen habe, beschließe ich sie Probe zu tragen. Ein Fest, wie ich feststellen sollte…

Bereits als ich das Haus verlasse der erste Zwischenfall. Eine Horde Kinder hat es sich vor der Tür gemütlich gemacht um zu klingeln und nach Süßem zu verlangen. Als ich die Tür öffne brüllt mir also ein Chor schnattriger Stimmen entgegen: „Süßes oder Saures.“ Ich hebe einfach nur meinen Blick und noch ehe ich etwas sagen kann, fangen einige der eben noch so vorwitzigen Kinder an zu kreischen, andere machen große, ehrfürchtige Augen und gehen drei Schritte zurück. Da ich sonst nie solche Reaktionen unter Kindern hervorrufe, schreibe ich es mal meinem dunklen Blick zu und mache mich lieber schnell vom Acker, bevor hier noch jemand ein Trauma erleidet.

Die nächste Begegnung dieser Arte wartet ein paar Straßenecken weiter. Dieses Mal ist es eine Horde Teenies, die zwar nicht verkleidet, aber mit Totenkopf- und Vampirgesichtern geschminkt, über den Gehsteig wankt. Denen hat man wohl eher Saures anstatt Süßes gegeben. Oder Beides, damit das Saure schneller ins Blut übergeht. Dürfen die überhaupt schon trinken? Tstststs. Egal, zurück zum Eigentlichen. Um sie nicht in ihren angeregt-angeheiterten Gesprächen zu unterbrechen (und ja, ich gebe es zu, auch weil ich keine Klingel besitze), schlängele ich mich mit dem Rad so gut es geht an ihnen vorbei. Quittiert wird das ganze Unterfangen mit der hysterischen Stimme eines Mädchen: „He macht mal Platz, da will ein Mensch vorbei.“ Wie süß, denke ich mir. Sie haben bereits schon so viel getrunken, dass sie mit der Schminke in ihrem Gesicht verwachsen sind. Sie hält sich wohl für einen Vampir. Und Vampire kann ja bekanntlich kaum etwas umhauen. Außer Knoblauch und Holzpflock vielleicht. Oder? Habe ich beides eh nicht dabei. Aber ich habe meinen Blick. Ich hebe also meinen Blick und bedanke mich ganz höflich und harmlos fürs Platz machen. Und ich löse folgende Reaktion aus. Das Mädchen macht einen entsetzten Sprung zurück. Ups! War ich das? Sorry, ich konnte ja nicht ahnen, dass Vampire inzwischen auch Angst vor dämonischen Augenaufschlägen haben. Und während ich im Vorbeifahren in mich hineinkichere, höre sie entsetzt nach Luft japsen:  „Habt ihr der ihre Augen gesehen?“ Doch sie scheint allein mit ihrer Angst. Ein Junge beruhigte sie: „Komm ma runter und trink das nächste ma n Schluck weniger.“

Die Krönung des Ganzen kommt aber noch. Ich sitze gemütlich mit ein paar Freunden in einem irischen Pub und genieße den Abend. Das Licht ist schummrig, so dass man meine Augen wohl auch gar nicht wirklich sieht. Zum Glück, denn beim Weg auf die Toilette bzw. zurück zum Tisch provoziere ich Tote und Verletzte. Natürlich nicht absichtlich! Unbekümmert verlasse ich das Frauenklo. Es ist im Keller und man muss eine lange Treppe nach oben steigen. Vor mir läuft ein junger Mann in Anzug. Er dreht sich um. Beim Blick in meine Augen stolpert er und fällt fast die Treppe herunter. Du liebe Güte! Vor lauter Schreck reiße ich meine Augen noch weiter auf. Und er? Er strauchelt abermals und muss sich am Geländer festhalten. Betreten blicke ich zu Boden. Ich wusste nicht, dass mein dämonischer Blick das Potenzial besitzt Männer aus den Latschen zu heben… Wenn das sonst mal der Fall wäre, hehe. Und da keimt eine Idee in mir auf…

…da stehen doch demnächst noch wichtige Vertragsgespräche an. Vielleicht sollte ich…

Nachtfahrt nach …

night_berlin_01Foto: © Andreas Bauer, 2007

Im Rausch der Geschwindigkeit. Mittenrein in die Nacht. Lichtfäden vorbeiziehender Städte am Horizont. Bäume fliegen vorbei. Die Laternen und Fluter mutieren zu tanzend weißen Blitzen.

Das gleichmäßige Ruckeln des Wagens lullt ein. Massiert den Geist. Beruhigt. Wie Regen, der sachte gegen ein Fenster trommelt.

Und plötzlich ist man ganz bei sich. Hängt den Gedanken nach. Schweift ab in die Ferne. Öffnet den Geist. Weitet die Synapsen. Und intensiviert Befindlichkeiten. Herzlich willkommen im Ich!

Neurose Weiblichkeit

Wann ist eine Frau eine Frau? Wann wirkt eine Frau feminin? Wann finden Männer eine Frau attraktiv? Was macht eine Frau aus? Und vor allem, wann empfindet sich eine Frau selbst als Frau?

Lässt man Männer über ihre Männlichkeit referieren blühen sie auf. Sie bekommen rosige Wangen, gute Laune, stellen Vergleiche an und schießen gar ein paar Zentimeter in die Höhe. Da erkennen manche in der Gunst des Augenblicks ihre angeblich unverwechselbare Ähnlichkeit mit Collin Firth, ihr bierbäuchiger Sixpack ist außergewöhnlich und sie versprühen mehr Charme und Witz als manch alteingesessener Entertainer. Sie sind einfach stolz darauf, ein Mann zu sein.

Spricht man im Gegenzug Frauen auf ihre Weiblichkeit an, werden viele von ihnen nervös, fangen an zu drucksen und reden sich um Kopf und Kragen. Ein wahrer Aufzählmodus beginnt. Nicht jedoch über all die Dinge, die sie an sich und ihrem Körper für weiblich und attraktiv halten, sondern über die unzähligen Körperstellen, Angewohnheiten und Eigenschaften, die sie teilweise zwar für weiblich, kurioserweise deshalb aber auch für unschön befinden. Dann fällt ihnen ein, dass ihr Hintern zu dick ist, ihr Busen zu klein, sie mal wieder eine ordentliche Frisur bräuchten, die letzte Rasur lieber gestern als heute hätte stattfinden sollen und ihre Fingernägel auch schon bessere Zeiten erlebt haben. Ihren Charakter blenden sie dabei oft völlig aus. Und desto länger man Frauen in diesem Aufzählmodus verweilen lässt, desto schwerer stürzt man sie in eine mittelschwere Krise.

Halt! Da stimmt doch was nicht…

Klar, ein bisschen neurotisch sind vielleicht alle Frauen, was ihren Körper betrifft. Und ein Müh neuropatisch sind sicherlich auch die Männer, wenn es um ihr Antlitz geht. Aber wenn man machen Frauen so zuhört könnte man fast denken, bei „Weiblichkeit“ handele es sich um eine Krankheit mit ernstzunehmenden Folgen. Und das schlimme daran ist: Sie ist auch noch ansteckend. Fängt ein weibliches Wesen an lautstark darüber zu referieren, greift der Virus wie eine Seuche um sich und infiziert alle anwesenden Frauen. Die eine mehr, die andere weniger. Immun jedoch? Eine solche Frau habe ich noch nicht persönlich kennengelernt, bin aber wie immer jederzeit bereit meine Meinung zu revidieren, wenn sich mir das Gegenteil beweist.

Bei alledem drängt sich die Frage nach dem „Warum“ auf. Warum tun wir Frauen das? Warum erleben viele Frauen ihre Weiblichkeit als eine Bedrohung? Warum ist Weiblichkeit etwas, was man bekämpft? Oder anders herum: Warum ist Weiblichkeit etwas, was man sich erarbeiten, erobern, ja fast schon verdienen muss? Warum ist Weiblichkeit etwas, was man lernt sich aufzumalen und abzuschminken wie eine Maske, anstatt sie wie eine schützende Haut mit Wohlbefinden zu tragen?

Weil Weiblichkeit oft mit körperlicher Attraktivität und Schönheit gleichgesetzt wird. Weil Weiblichkeit häufig anhand bestimmter Maße, Proportionen und Kleidergrößen festgemacht wird. Gibt man z.B. bei google „Weiblichkeit“ ein, bekommt man zunächst ein paar Bilder weiblicher Körper und Geschlechtsorgane präsentiert. Es folgen Seiten mit Ratgebern, Tipps und Seminaren wie man zum „Vollweib“ wird, wie man seine körperliche Weiblichkeit unterstreichen kann, wie man „mehr Weiblichkeit“ ausstrahlt. Na herzlichen Dank. Denn laut Definition handelt es sich bei Weiblichkeit eben nicht um weibliche Körpermerkmale sondern umfasst der Frau zugeschriebene kulturelle und gesellschaftliche Eigenschaften. Eigenschaften!!! Wer Femininität also mit Körperlichkeit gleichsetzt untergräbt das Weibliche regelrecht. In diesem Sinne sollten wir (auch wir Frauen selbst) dringend unsere „Vorurteile“ und Maßstäbe unserem Geschlecht gegenüber überdenken. Ferner werden die Begrifflichkeiten „Frau sein“ und „Frau werden“ oft schon frühzeitig mit etwas negativen besetzt. Ein blöder Spruch über zu kleine oder zu große Brüste, das Einsetzen der Menstruation oder aufkommende Zickerein. Das Verbot sich zu schminken, geifernde Blicke auf Familienfeiern, etc. Frau lernt also mitunter schon früh, dass körperliche Weiblichkeit etwas ist, was man eventuell verstecken sollte, was man gut portionieren muss, worüber sie definiert wird. Die Frage nach Weiblichkeit ist also immer auch eine Frage nach der eigenen Identität!

Ich habe mir deshalb selbst einmal die Frage gestellt, was ich als weiblich empfinde? Interessanter Weise ist es weder die Form eines Körpers, noch die Größe eines Busens oder eines Hinterns. Natürlich ist Weiblichkeit ein stückweit auch an all diesen Dingen festzumachen. Immerhin sind dies bereits die Merkmale, die eine Frau optisch von einem Mann unterscheiden können. In erster Linie sind es für mich aber ganze andere Dinge, die Femininität ausstrahlen: Sinnlichkeit, Genussfähigkeit und Hingabe. Persönlichkeit und auch die Fähigkeit Spaß haben zu können und sich wohl zu fühlen. Und wann fühlt man sich als Frau wirklich wohl? Wenn man von etwas hingerissen ist. Wenn man sich voll und ganz, mit allem was man ist und hat, in etwas hineinstürzen kann. Wenn man sich fallen lassen kann. Sprich, wenn man sich aufgehoben fühlt und merkt/weiß, so wie man ist richtig zu sein.

Fakt ist also: Eine Frau kann noch so schön sein, wenn sie sich selbst nicht wohl fühlt und eben diese Hingerissenheit, Hingabe und Lust nicht spürt, wirkt sie mitunter nicht weiblich. Dann fehlt ihr dieses weiche, sensible. An dessen Stelle treten dann oft Verbissenheit den Körper in bestimmte Formen zu pressen, Unsicherheiten und vieles mehr. Und das lässt sie hart und unnahbar erscheinen. Was wiederum Attribute sind, die man nicht mit Weiblichkeit verbindet.

Frauen und ihre Weiblichkeit sind also oft nicht nur für Männer, sondern in erster Linie auch für Frauen selbst ein Mysterium. Anstatt nun dieses Geheimnis ergründen zu wollen, sollten wir alle gemeinsam anfangen Frauen einfach so zu lieben wie sie eben sind: Weiblich. Denn Liebe macht glücklich. Und nichts ist schöner, weiblicher und anziehender als eine glückliche Frau!

Kosmos

Oberbaumbrücke2Foto: © Andreas Bauer, 2010

Die Nacht hat die Stadt in tiefes Blau gefärbt. Und er läuft… Durch die Straßen… Die Suppe wabernder Nachtschwärmer… Die aufgeregt schwatzen um die Sille der Nacht zu durchbrechen. Die Dämmerung hat sich wie Blei auf sein Herz gelegt und nach Stunden… Tausenden Schritten… Und nochmals tausenden Gedanken… Ist er angekommen. An einem Ort der Stille. Um zu begreifen. Nur der klare Nachthimmel mit den kleinen weißen Tupfen zwischen ihm und dem Kosmos. Und was ihm bleibt ist ein Gefühl von Weite. Was plötzlich alles andere verschwinden lässt. Im Universum.

Oversexed & Underfucked – Wie viel Sex ist zuviel Sex?

Sex ist eines der schönsten Dinge der Welt, heißt es. Richtig, sage ich. Aber nur, wenn man ihn auch hat. Was damit gemeint ist?

Ein Bespiel: Letztens an einem Sonntagmorgen. Ich liege in meinem Bett und überlege mir, was ich so mit dem Tag anfangen möchte. Meine Gedanken kreisen und der Blick aus dem Fenster sagt: Im Bett bleiben. Mein Gefühl sagt: Im Bett bleiben ist aber nur spannend, wenn man nicht allein im Bett bleiben muss… Und als wenn meine Obermieterin auf dieses mentale Stichwort gewartet hätte, tönen von oben her komische Geräusche. Als würde jemand den Boden schleifen. Aber halt, da gesellen sich noch ein paar andere Geräusche dazu. Menschliche „Ahs“ und „Ohs“. Die haben Sex. Ich bin sprachlos. Also nicht, dass Sex haben so ungewöhnlich wäre. Und nicht, dass ich ihr und ihrem Gespielen die körperliche Ertüchtigung nicht gönne, aber bitte nicht, wenn ich keinen habe. Unglaublich…

Ich nehme es zum Anlass mal genauer über das Thema nachzudenken. Denn mir fällt auf: Das Thema ‚Sex‘ kommt in der letzten Zeit sehr häufig auf den Tisch. Kaum eine Party wo nicht irgendwer darüber spricht. Allerdings komplett unpersonalisiert. Alle tönen sie laut, nur auf sich selbst bezogen werden sie schweigsam. Warum ist das so habe ich mich gefragt?

Vielleicht liegt es an der Übersexualisierung unseres Alltags? Denn in den Medien wird Sexualität und Intimität immer tabuloser zelebriert. Wir wissen wie „One Night in Paris“ war, dass Patrick Nuo an Sexsucht litt und dürfen uns ständig elektronisch oder menschlich verfeinerte Astralkörper von Michaela Schäffer & Co. ansehen. Uns wurde verklickert, dass eine ausgefallene Intimrasur das Sexleben aufpeppen kann, wir erfahren über immer neue Spielarten bis hin zu Abartigkeiten und I-Phones werden nicht selten zu Pornophones. Prima! In der Sexualkultur der Gegenwart scheinen Technik, Absurdität und Event an vorderster Stelle zu stehen. Was dabei ein wenig abhanden zu kommen scheint, ist die Basis aller erotischen Begegnung: Hingabe und ein ehrlicher, entspannter Austausch. Wir werden also ständig und überall mit dem Thema Intimität, Körperlichkeit und Sex konfrontiert. Sex findet scheinbar immer und überall statt. Nur eben oft nicht in der Realität…

‚Oversexed and underfucked‘, so der von Ariadne von Schirach geprägte Begriff für die diese Entwicklung. Und davon sind nicht nur Singles, sondern auch Paare betroffen. Vielleicht sogar noch schlimmer als ein Single. Denn im Fernsehen tummeln sie sich zu Hauff, die schönen Pärchen – flacher Bauch, vollbusig, straffe Haut, eben einfach sexy. Auch aus den Magazinen lächeln sie, die glücklichen Pärchen, die erzählen wie oft und wie gut es bei ihnen im Bett läuft. Man könnte den Eindruck bekommen sie täten nichts anderes den ganzen Tag. Und die Verschiebung von Realität und vorgeschobener Realität beginnt nicht erst beim Sex, sondern bereits bei der bloßen Körperlichkeit. Wer geht heute noch problemlos nackt in die Sauna ohne sich in diverse Handtücher zu verhüllen? Wer zieht sich noch arglos vor anderen um?  Wer fühlt sich nackt wirklich schön, wenn Ansprüche ans Aussehen von Brüsten, Hinterteilen, Schamlippen und Oberschenkeln immer verzerrter und lebensferner werden Kaum einer. Man tut offen, ist es aber oftmals nicht und brütet dann im stillen Kämmerlein den Frust aus. Ein weiteres, damit einhergehendes Phänomen: Die Medien publizieren „Nur attraktive Frauen und Männer haben Sex.“. Dass setzt jedoch nicht nur diejenigen unter Druck, die meinen nicht attraktiv genug zu sein, sondern auch diejenigen, die als attraktiv gelten.

Druckaufbau, an allen Ecken und Enden. Ansprüche, die nicht erfüllt werden können. Viele denken sie müssen sonst etwas leisten. Denken, sie müssen aussehen wie ein Pornostar. Kein Wunder also, dass der eine oder andere schiss davor bekommt. Versagensängste und Schamgefühl erhalten den Einzug in die Betten, etc. Enttäuschungen vorprogrammiert. Und anstatt dann einfach Sex zu haben, verkneifen sie es sich. Oder sie haben welchen, sind aber so gestresst, dass sie nicht loslassen können. Weil sie ständig daran denken, dass sie es tun müssen. Weil etwas nicht mit ihnen Ordnung sein könnte, wenn sie nicht jeden Tag Lust verspüren. Wenn sie nicht immer das halbe Kamasutra durchzuexerzieren wollen. Wenn nicht jedes Körperteil so makellos aussieht wie in den Hochglanzzeitschriften und Dauerwerbesendungen. Und dann kommt der Frust statt die Lust. Denn die Erwartung, die sie an sich selbst gestellt haben, bleibt eine Erwartung. Dabei heißt es doch nicht umsonst: „Übung macht den Meister.“

Noch vor ein bis zwei Jahren trafen sich ganze Frauencliquen zum gemeinsamen Zelebrieren von „Sex & The City“, einschließlich Austausch eigener Erfahrungen. Vor ein paar Jahren noch klopften sich Männer auf die Schulter, wenn sie tolle Frau erobern konnten (und damit meine ich nicht nur fürs Bett). Unlängst scheint diese Welle abgeebbt. Oder wer traut sich heute noch seine Freundin oder seinen Freund direkt zu fragen: Was geht bei dir so? Bist du mit dir und deinem Sexleben zufrieden? Nicht, dass jetzt hier ein falscher Eindruck entsteht. Sexualität ist natürlich eine intime Sache! Und wer möchte sich schon gern unter die Bettdecke gucken lassen? Das ist damit aber auch nicht gemeint. Natürlich muss man mit seiner Sexualität nicht hausieren gehen. Und natürlich will man auch gar nicht von jedem Freund wissen was und wie er es so hinter verschlossenen Türen treibt. Das auffallende ist aber eben: Eigentlich reden ja alle darüber. Da werden Geschichten von Bekannten eines Bekannten eines Bekannten erzählt. Da wird über die neusten Pornos und Pornosternchen getratscht. Da wird auf Sexmessen gerannt. Aber man selbst hält sich bedeckt. Mitunter scheint manchen Menschen ihr Sexleben sogar so peinlich zu sein, dass sie Liebschaften vertuschen und verschweigen. Aus Angst man könnte darüber reden, sich lustig machen oder Details in Erfahrung bringen wollen. Und dann sind sie oft nicht nur total angespannt und können das Toben durch die Betten kaum bis gar nicht genießen, sondern sie verletzten damit oft auch ihr gegenüber. Denn was soll man schon davon halten, wenn man wie Staub unter den Teppich gekehrt wird?

Kein Wunder also, dass die Sexualisierung des Alltags zu einem Überdruss führt. Dass auch wenn die Öffentlichkeit immer enthemmter wird, privat eine Rückkehr zur ‚Prüderie‘ stattfindet. Um sich nicht messen zu müssen. Um sich nicht in die Karten schauen zu lassen. Um möglichen Fragen aus dem Weg zu gehen. Aber wenn das der Weg zu mehr Aktivität, Losgelöstheit, Entspannung und Spaß in den Betten der Nation ist, sei es jedem gegönnt. Außerdem ist ja Im Dunkeln bekanntlich gut Munkeln.

In diesem Sinne: In die Betten, fertig, los…

Drama Baby Drama

Wer sagt, dass nur Frauen Drama-Queens sind? Ich halte dagegen. Alle wirklich bedeutsamen Drama-Queens die mir bis jetzt in meinem Leben so über den Weg gelaufen sind, waren/sind männlich (Ich betone „mir“ und nehme gern Geschichten zum anderen Geschlecht entgegen). Unglaubliches, was einem da so geboten wird. Dramady lässt grüßen. Ja, inzwischen fühle ich mich streckenweise wirklich so, als wäre ich unfreiwilliger Gast in einer Daily Soap. Nichtmal Statist, sondern Gast. Nein, auch nicht wirklich Gast, sondern hin und wieder (und öfter als mir lieb ist) zweite Hauptfigur. Aber eben unfreiwillig. Oder auch ein bisschen so wie bei der versteckten Kamera, wo man irgendwie hofft und ahnt im falschen Film zu sein. Nur leider bleibt hier oft das erleichterte Aufatmen aus, wenn einem das gegenüber zeigt wo die versteckten Kameras hängen. Es ist eben keine versteckte Kamera da. Ich kenne reale Drama-Queens mit großem Potenzial. Doch ja, sie spielen ihre Rollen perfekt. Willkommen in der neuen Daily Soap von XY. Ganz unter uns, in guten und in schlechten Zeiten und das ist alles was zählt.

Und das führt bei mir zuweilen zu Unmut. Wie oft habe ich in der letzten Zeit gedacht: „Ich glaube es hackt!“. Ich kann es nicht mehr zählen. Wie oft habe ich gedacht: „Das ist jetzt nicht dein erst!“. Ebenfalls unzählbar. Wie oft habe ich gehofft: „Das ist nur ein schlechter Albtraum, du wachst gleich auf!“. Auch mehr als mir lieb ist. Und immer wieder musste ich feststellen: Ich träume leider nicht, aber es hackt, weil es allen Ernstes deren Ernst war/ist!

Da gibt es gestandene Männer, die Tatsachen verdrehen, weil sie zu feige sind einen Fehler einzugestehen. Aber wenn es das nur wäre. Das Unglaublichste daran ist, dass sie sich ihre Parallelstory selbst so plausibel erzählen können, dass sie wirklich daran glauben. Ja, es grenzt schon fast an Gehirnwäsche. In sofern kann man ihnen ja nicht einmal richtig böse sein, denn sie wurden ja manipuliert. Eigentlich sind sie also das Opfer was beweint werden muss. Und das tun sie dann auch, mit voller Kraft. Entschuldigt, wenn ich nicht mitweine. Das hat nichts mit mangelnder Empathie zu tun. So viele Tränen wie bei all den Dramen nötig wären, produziert meine Tränendrüse leider einfach nicht. Sie ist langsam überfordert.

Und dann gibt es da Männer, die texten dir einen ganzen Abend eine Bibel (ein besonders dickes Buch mit hauchdünnen Seiten und kleinem Text) an die Backe und rühmen sich damit, dass sie ein so guter Freund sind, weil sie sich nicht davor scheuen auch mal die unangenehme Wahrheit auszusprechen. Aber wenn man selbst dann mal mit der Wahrheit herausrückt ist der Spaß vorbei. Und seien es nur zwei Worte wie: „Du übertreibst!“ Das geht ja mal gar nicht. Dann sind sie eingeschnappt und ziehen es vor einen die nächsten Tage, Wochen und Monate zu meiden. Wenn nicht sogar zu schneiden. Wahrheiten verteilen ja, Wahrheiten einstecken nein. Und auch wenn die Sache für dich damit gegessen ist, richtige Drama-Queens vergessen nie. Sie sind nachtragend. Oder sollte ich eher sagen sie folgen den Gesetzen einer Daily Soap: „Die Kuh muss gemolken werden. Immer wieder und wieder.“? Fakt ist: Fortan kannst du sie ansprechen und sie hören dich nicht. Plötzlich taub. Du kannst vor ihnen stehen und sie begrüßen oder verabschieden, aber sie sehen dich nicht. Plötzlich erblindet. Die Armen. Sie können einem regelrecht Leid tun, aber auch das ist nun mal so in einer Daily Soap. Da muss man Dinge durchmachen, die andere ihr ganzes Leben lang nicht erleben. Da ist ein bisschen taub und blind wohl noch das Harmloseste.

Und auch in Beziehungen sind es mitunter nicht die Frauen (denen ja oft Zickigkeit und das Verbreiten von Stress unterstellt wird), die unbeirrt Drama produzieren. Nein, Männer sind durchaus auch in der Lage diesen Part zu übernehmen. Ich für meinen Teil kenne solch männliche Mimen. Das sind z.B. Männer die an dem Punkt, an dem eine Beziehung eine Beziehung wird, ein bisschen (oder auch ein bisschen mehr) Drama produzieren, weil sie mit dem Status Beziehung nicht umgehen können. Weil sie sich in einer Weise in ihrer Freiheit beschränkt fühlen, auf der anderen Seite aber auch gar nicht frei sein wollen. Was ich damit meine? Eine wirklich feste Beziehung entsteht meist ab dem Punkt, an dem die erste Verliebtheit verschwindet. An dem die Sinuskurve nicht mehr nach oben steigt, sondern auf einem gleich bleibenden Level mit kleinen Auswucherungen nach oben oder unten verläuft. Man könnte es auch als vertrautes Miteinander bezeichnen. Oder als beständig. Und hier gibt es eben Männer, die diesen Zustand nicht ertragen. Sie brauchen das ‚Aufwärts’. Und wenn das ‚Aufwärts’ nicht mehr gegeben ist, müssen sie eben ein ‚Abwärts’ provozieren, damit es dann wieder aufwärts gehen kann. Da wird begonnen mit ‚Ich bin nicht gut für dich’, über Endlosmonologe zur eigenen Unzulänglichkeit, bis hin zu wirklich drastischen Maßnahmen wie dem andeuten, dass man Angst hätte fremd zu gehen oder sogar fremdgeht. Was für eine Verschwendung von Energien. Oder auch einfach nur ein Zeichen von beziehungsunfähig, nicht genug verliebt, etc. Entweder man will zusammen sein oder eben nicht. Das verbale Aufbauschen ist aber nur ein Zeichen für die eigene Unentschlossenheit. So nach dem Motto:  „Bitte trenn du dich, ich kann es nicht/ich will nicht der Arsch sein.“ Drama Baby Drama…

Leider verlieren unsere Queens bei all dem Drama oft den Blick für ihr Umfeld und das Wesentliche. Bedeutet: Autsch, das tut doch weh! Aber sie merken einfach nicht, dass sie andere mit ihrem Verhalten verletzen. Viel zu sehr stecken sie in ihrer Dramödie fest.

Wenn man all diese – und das sind bei weitem nicht die einzigen Erlebnisse und Beobachtungen, die ich machen durfte/musste – Erfahrungen zusammen nimmt, sollte ich vielleicht ernsthaft darüber nachdenken meinen eigenen Film zu drehen. Er könnte heißen „Die Unsichtbare“, „Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Männer in Bedrängnis“ oder auch „Die mit der Wand spricht“. Oder ich frage demnächst mal beim Fernsehen an, ob Interesse an einer neuen Castingshow (natürlich dürfen auch Frauen teilnehmen) besteht: „Germanys next Drama-Queen“ oder auch „Deutschland sucht die Drama-Queen“. Eine Bedingung: Ich als unfreiwilliger Experte sitze in der Jury. Irgendwofür muss sich das ganze Drama ja lohnen!

Zugang

Zugang_Ostsee, 2013Foto: © miss sophie, 2013

Ich habe dir ein Haus gebaut. Ein Haus aus Zuversicht. Ich habe die Wände mit Mut gestrichen. Das Bett aus Hoffnung geformt und eine Decke mit Träumen gewebt. In den Garten habe ich eine große Hollywoodschaukel aus Vertrauen gestellt. Und im Teich tummeln sich Schwäne aus Optimismus.
Ich habe dir einen Schlüssel aus Zuneigung gefeilt. Mit direktem Zugang zur Schatzkammer. Ich habe die Flügeltüren geöffnet, den Verstand auf Durchzug gesetzt und das Herz auf Empfang programmiert. Und hier warte ich nun auf deine Ankunft. In meinem schönsten Kleid aus Gänsehaut.

Die Ruhe vor dem Sturm

glienicker_bruecke_3Foto: © Christina Hanck, 2007

Die Luft schwirrt. Die Wolkendecke verdichtet sich. Verdeckt die brennende Sonne. Der einsetzende Windhauch streift über den Körper. Stellt die sonnenverwöhnten Härchen auf. Die Schwalben ziehen ihre Kreise. Kommen immer näher. Kündigen es an, das reinigende Gewitter. Das erste Donnergrollen in weiter Ferne. Rückt näher und näher. Und dann beginnt es zu platschen. Dicke große Tropfen. Kühlen die Luft ab. Verbreiten Müßiggang. Lassen zur Ruhe kommen. Und kündigen etwas Neues an.

Zu später Stunde…

Wenn die Dunkelheit Einzug erhält und die Umgebung nur noch schemenhaft wiedergibt. Wenn ein paar Gläschen Bier oder Wein die trockenen Kehlen hinuntergeflossen sind. Dann passieren merkwürdige Dinge. Menschen beginnen sich komisch zu verhalten, wieder anderen lockert es die Zunge und das Mundwerk beginnt zu mahlen. Wenn man dann seine Augen aufreißt und die Ohren spitzt, hat man einiges zu lachen.

So saß ich letztens mit ein paar Freunden bei Dämmerung am See, als wir neben uns einen Mann ausmachten. An und für sich keinesfalls außergewöhnlich. Doch er stand dort ohne Unterhose, aber in T-Shirt und wiegte sich langsam vor uns zurück. Immer wieder. Über eine Stunde lang. Während ich amüsiert war, stieg in meiner Freundin leichtes Unbehagen auf. Was tat er da nur? Die Aufforderung sie solle ihn doch einfach fragen, löste Entrüstung aus. Wer weiß wie er dann reagieren würde. Also fragten wir nicht und ließen ihn schaukeln. In seiner spärlichen Bekleidung.

Eine andere Begebenheit der freizügigen Art ereilte mich ebenfalls vor wenigen Wochen. Es sind also nicht nur die Naturfreunde, die ihrer Freizügigkeit zu dämmriger Stunde frönen. Nein es gibt genauso solche Großstädter. Männer, die bei heißen Temperaturen fast nackt durch die Stadt  flanieren sind ja keine Seltenheit mehr. Aber eine Frau, die lediglich mit einem Tanga bekleidet durch die Straßen schlendert, ist mir persönlich bis vor wenigen Wochen noch nicht unter gekommen. Zunächst dachte ich mich verguckt zu haben. Dann suchte ich ihren blanken Oberkörper nach politischen Parolen ab. Könnte ja sein, dass sie eine der Damen ist, die mit allem kämpfen und demonstrieren was sie haben, ganz nach dem Motto „Sex sells“. Aber ich hatte mich weder verguckt, noch konnte ich Claims auf ihr entdecken. Es handelte sich also lediglich um eine persönliche Gesinnung. Na dann, wohl bekomm’s!

Das also zwei Beispiele für Möglichkeiten, die späte Stunde für seine Wunderlichkeiten zu nutzen. Wobei ich mir sicher bin, dass besagte Personen auch am helllichten Tag so agieren würden. Der kleine aber feine Unterschied ist jedoch die Dunkelheit. Sie verleiht dem Moment etwas Skurriles. Sie erlaubt es den Beobachtern nicht genau zu erkennen was vor sich geht. Und das löst in dem Einen oder Anderen Verwunderung, Belustigung oder eben auch Panik aus.

Die andere, oft beobachtete Entwicklung zu später Stunde und mit wachsendem Alkoholpegel ist das Emporschießen quer sitzender Gedanken. Jene, die unter normalen Umständen vielleicht nie das Licht des Tages erblickt hätten. Gut, das tun sie ja in diesem Fall auch nicht, aber zumindest das Licht der Nacht… Wer jetzt jedoch denkt, Männer unterhalten sich dann über Frauen und Frauen über Männer… falsch gedacht. Natürlich kann auch das vorkommen, ist es doch immer wieder spaßig das jeweils nicht verständliche Geschlecht abermals genauer unter die Lupe zu nehmen. Aber solche Gespräche meine ich nicht. Viel interessanter sind doch die Themen und die Gespräche bei denen man denkt: Wie kommen sie nur auf diese Themen? Welcher Geistes-Floh ist denn da durchs Hirn gehopst?

Ja, da kann es schon mal vorkommen, dass man mehrere Stunden über „Xanthippe“ und „Raßmulde“ philosophiert. Was man da bereden kann? Na so einiges! Hochwichtige Fragen wie: Welcher Name klingt hochnäsiger? Was verbindet man assoziativ mit dem jeweiligen Namen? Wer passt zu welchem Namen und warum? Man kann bei diesen Fragen durchaus in hitzige Dikussionen geraten, die einfach kein Ende finden. Vorausgesetzt natürlich man ist nicht einer Meinung. Interessant ist es aber auch Entweder-Oder-Fragen und deren Debatte zu verfolgen. Da kann sich der Eine oder Andere so richtig in Rage reden. Es ist ja aber auch wirklich wichtig einmal darüber geredet zu haben ob „Lieber Hände oder Schw*** ab?“ oder „Lieber kein Sex oder schlechter Sex?“.

Im Dunkeln ist also nicht nur gut Munkeln! Die Nacht belebt Körper und Geist. Ja, die Dunkelheit fördert die Kreativität geistiger Ergüsse und das Bedürfnis diese zur Sprache zu bringen, ebenso wie der geistigen Verfassung auch körperlich Ausdruck zu verleihen. Bleibt nur die Frage: Warum ist das so? Trauen wir uns erst unter dem Deckmantel von Dunkelheit und Alkohol zu unserem Innersten zu stehen? Oder ist es wirklich der Reiz der Nacht. Der Gedanke von Schattenwelten, vom Schemenhaften, vom Verborgenen?

Solltet ihr also mal auf einer langweiligen Party verweilen… Werft doch mal eine eigenartige Frage in den nächtlichen Raum. Wer weiß, was euch für ein spannendes Schauspiel dargeboten wird!

Verweile noch, du bist so schön

LagerfeuerFoto: © PaulaB, 2010

Der Sonnenuntergang malt Schatten auf deine Haut. Verwandelt sie in eine lebendige Landkarte. Ich fahre sie mit dem Zeigefinger nach und fühle die Reiselust emporsteigen. Dich, dieses fremde Land zu erkunden.

Der Sommerwind weht deine Haare hin und her. Wie eine Gardine umspielen sie dein Gesicht und winken mir zu. Bis du dir die wild gewordenen Strähnen sanft hinters Ohr schiebst und den Blick wieder freigibst.

Das Abendrot spielt verstecken in deinen Augen. Nicht sehr erfolgreich, denn ich sehe es lodern. Wie ein Lagerfeuer, dass sachte vor sich hin knistert und seine Betrachter immer mehr in den Bann zieht.

Und ich versinke. Verweile. Bereise. Und erkunde neu.

 

Guck mal, wer da krabbelt…

Ich halte mich durchaus für einen vernunftbegabten Menschen, der auch bei Konfrontationen mit unangenehmen Zeitgenossen die Ruhe bewahrt. Es gibt aber Lebewesen, die mich in sekundenschnelle zu einem aufgeschreckten Nervenbündel am Rande der Panik mutieren lassen. Die mich dazu bringen, jegliche gut durchdachte Handlungsweisen über Board zu werfen und intuitiv infantil zu reagieren: Spinnen und Skorpione.

Käfer, Motten, Fliegen, Asseln, etc. kein Problem. Sie sind allenfalls nervend. Mitunter kann ich ihnen aber sogar höfliches Interesse entgegenbringen. Aber sobald ich eine Spinne sehe, gerät in mir etwas entsetzlich durcheinander. Ja, sie brachten mich schon all zu oft um den Schlaf (Ich schlafe doch nicht freiwillig mit dem Feind unter einem Dach!). Sie schaffen es, dass ich den Raum verlasse und erst wiederkehre, wenn man sie erfolgreich eliminiert hat. Ist also ein Retter in der Nähe, lasse ich mich in diesem Fall gern retten. Denn der Gedanke einer Spinne auch nur ansatzweise nahe zu kommen, löst Unbehagen in mir aus. Ach quatsch, was rede ich: Grausen. Eine Krux, denn wie soll ich sie beseitigen, wenn ich mich nicht an sie herantraue, aber kein Retter in der Not vorhanden ist? Ein durchaus nicht zu missachtendes Problem. In diesen Situationen setzt der Wahnsinn ein. In Form von peinlichen, infantilen Verhaltensweisen und abstrusen Ideen, um mich der Schreckgestalt zu entledigen. Leider muss ich gestehen, dass die meisten Artgenossen, die meinen Weg bisher kreuzten, nicht lebend davonkamen. Aber schließlich ging es hier um mein Leben.

Früher baute ich Schuhtürme. Reichlich dumm. Der Stabsauger wäre einfacher gewesen. Aber ich war eben jung. Diese Schuhtürme sahen folgendermaßen aus: Ich schnallte die flachen Römerlatschen meines Vaters um hohe Stiefel meiner Mutter. Der Schuh-im-Schuh-Turm also. Die Römerlatschen stellten sicher, dass das Tier nicht darunter hervor kriechen konnte. Der Stiefel war notwendig um sicherzustellen, dass der Arm möglichst weit geschützt war. Für den Fall, dass das Tier auf einmal losrennt und den Arm heraufzukrabbeln versucht. Zu dumm, um den Stabsaugern zu nehmen, aber präzise durchdacht. Eine andere Variante ist die Geschenkpapierrollen-Schuh-Klatsche. Diese fand oft Verwendung bei meinen Großeltern. Wenn ich hier bis in die Nacht hinein las und dann eine Spinne an der Wand entdeckte, tat ich mich schwer meine Großeltern zu so später Stunde mit dem lärmenden, alten Staubgebläse zu wecken. Noch dazu reichte der Sauger nicht bis rauf an die Decke. Not macht erfinderisch, also schnappte ich mir eine lange Geschenkpapierrolle, steckte vorn einen Pantoffel drauf und fixierte das Ganze mit Klebeband oder Pflaster. Dann stellte ich mich auf einen Stuhl, so weit wie möglich von dem Vieh entfernt. Nun hatte ich Armlänge plus Geschenkpapierrollenlänge und konnte so sicherstellen, dass ich rechtzeitig fliehen konnte, wenn das Tier doch auf mich zukrabbeln würde.

Und das tun sie. Da sind Spinnen wie Hunde. Sie riechen deine Angst. Oder wie kann man sich erklären, dass – glaubt man dem Volksmund – diese angeblich scheuen Tiere immer meine Nähe suchen? Und wenn ich Nähe sage, meine ich Nähe. Sie krabbeln nicht weg, sondern aggressiv auf mich zu. Sie krabbeln sogar an mir empor. Brrr… Eine Erinnerung bei der ich augenblicklich wieder aus dem Sitz springen könnte. Ich weiß, Spinnen sind viel, viel, viel kleiner als ich. Ich passe nicht einmal in ihr Beuteschema. Obendrein sind sie nützlich und besitzen ein wahnsinnig kreatives Talent. Ihre Netze sind einfach Kunst. Spinnen sind also eigentlich total in Ordnung, quasi der nette Kumpel von nebenan, stille Wasser. Aber wie sagt man nicht umsonst: Stille Wasser sind tief. Also grause ich mich und reagiere mit Übersprungshandlungen. Und erschrecke damit meine Mitmenschen. Jedoch lautlos. Ungewöhnlich, aber so ist das. Denn die Masse der bei diesen Lebewesen in Panik geratenden Frauen (Ja, zum Glück bin ich nicht das einzige Opfer!) gehört wohl eher den Kreisch-Verfechtern an.

So versetzt mich beispielsweise eine Freundin der Tage all zu oft in Angst und Schrecken, weil sie aus für mich und alle anderen Anwesenden unerklärlichen Grund anfängt zu schreien und wild um sich zu schlagen. Inzwischen kann ich aber bereits an der Tonalität des Schreis erkennen, ob es sich um einen großen oder kleinen Falter handelt. Und jedes Mal erleide ich erneut einen kleinen Hörsturz. Mal sehen ob ich am Ende des Sommers noch meine komplette Hörstärke besitze. Das ist der einzige Nachteil, denn ich nehme die panische Reaktion einfach hin. Ich bin ja selbst nicht besser. Bei allen anderen verursacht ein derartiges Gebaren natürlich Belustigung. „Hab dich nicht so!“, „Die tut dir doch nichts!“, etc. blabla. Die haben gut Reden. Aber genau aus diesem Grund schreie ich nicht, sondern verfalle in stille Panik, springe auf oder entferne mich in Zeitlupe, um ja nicht die Aufmerksamkeit des Viechs auf mich zu richten. Was nicht heißen soll, dass mein Verhalten weniger peinlich ist.

Ach und da war ja noch was. Skorpione. Ja, auch mit denen habe ich bereits Bekanntschaft gemacht. Vollkommen unvorbereitet. Plötzlich hing er da an der Zimmerwand meines notgedrungenen Nachtlagers, in dem wunderschönen kroatischen Fischerdorf Rovinij. Augenblicklich war es aus mit der Beherrschung. Und das, nachdem ich gerade erst einem Attentat entgangen war. Eigentlich war es der Plan zu Zelten, doch gerade als wir das Zelt aufgebaut hatten, setzte ein Unwetter ein. Das Zelt flog auf Nimmerwiedersehen davon. Und während ich dem Zelt noch hinterher schaute, krachte neben mir ein Ast herunter, verfehlte meinen Kopf nur um Millimeter. Man sollte meinen, das hätte mich aus der Fassung gebracht. Aber nein, ich blieb ganz ruhig und freute mich: Was für ein Auftakt, das glaubt mir keiner. Es konnte ja quasi nur besser werden. Dachte ich! Denn wie gesagt, plötzlich hing da dieses Viech mit Stachel an der Wand und löste die eben ausgebliebene Panik in mir aus. Während andere angesichts derartiger Krabbeltiere wie eben beschrieben in hysterisches Quietschen verfallen, erstarrte ich zur Salzsäule. Bibberte innerlich wie Espenlaub. Erst als ich den ersten Schock überwunden hatte, brachte ich mich in Zeitlupe aus dem Schussfeld und holte Hilfe. Doch auch das Entfernen des ungebetenen Gastes konnte meine Furcht nicht mindern. Denn wo einer ist, das sind auch andere. Ich kann euch sagen, ich habe schlaflose Nächte verbracht. Drei an der Zahl. Dann endlich hatte ich ein neues Zelt und konnte dem Grauen entfliehen.

Angeblich soll es ja helfen, wenn man über Dinge spricht. Deshalb zu guter letzt einen Appell an all die gesegneten Frauen und Männer, die der dunklen Macht bereits entkommen sind. Falls euch im Zusammenhang mit Spinnen, Skorpionen und/oder anderen Krabbeltieren zukünftig eine hysterische Frau um den Hals fällt und erklärt, wie schrecklich sie sich gerade fühlt, erinnert euch! Vielleicht bin ich es, vielleicht eine andere Dame. Glaubt mir, die Frau, die da um euren Hals hängt ist nicht bekloppt. In anderen Lebenslangen ist sie durchaus pflegeleicht. Und glaubt mir ebenfalls, diese Frau fühlt sich gerade nicht nur wahnsinnig klein und elend, sondern auch verdammt dämlich. Also tut ihr den Gefallen und befreit sie einfach von der dunklen Macht. Sie wird es euch danken und ihr erlebt sie handzahm wie eh und je.

So und was habe ich nun vom drüber reden bzw. schreiben? Es juckt überall. Ich würde sagen: Die Krabbeltierphobie ist mir hiermit attestiert. Man gönnt sich ja sonst nichts.