Erleuchtet

IMG_9670Foto: © PaulaB, 2013

Schweigsam schwebt er da. Zieht alle Blicke auf sich. Erzählt von Jahren, Zeiten, Sphären. Lässt die eigene kleine Welt winzig und unbedeutend erscheinen.

Wie er da so am Himmel hängt. Als hätte ein Künstler seinen Pinsel geschwungen. Und ihn genau an die dunkelste Stelle des Universums getuscht.

Lässt ruhen und nicht zur Ruhe kommen. Verspricht. Tröstet. Versöhnt. – Hinterlässt. Vereinsamt. Entzweit. Das Licht im Dunkel. Mit seinen sanften Schatten.

Synapsenpolka

Kennt ihr diese Zustände, in denen man sich zwischen Wahnsinn und Irrsinn bewegt? In denen man durchdreht und denkt: Alle Welt ist normal, nur ich bin verrückt. Momente, in denen man das Gefühl hat, das Herz spränge einem gleich aus der Brust. Augenblicke, in denen man meint, ab sofort zum Hyperventilierer zu werden. Situationen, in denen man am liebsten aus der eigenen Haut fahren will, nur um dieses unerträgliche pulsieren des Blutes nicht ertragen zu müssen. Ich habe diesen Zustand mal Synapsenpolka getauft. Oder für die weniger metaphorisch angehauchten: Man bezeichnet es auch als geistige Überforderung. Als grenzwertige Auslastung sämtlicher Sinne. Reizüberflutung. Soll ja vorkommen.

Ich für meinen Teil verfalle in regelmäßigen Abständen in diesen Zustand. Nicht jedoch aufgrund ausufernder medialer Überschwemmung meines Geistes. Nein, es geht auch einfacher…

Zum einen immer dann, wenn der Kopf voll ist mit Ideen. Ideen, die irgendwo untergebracht werden wollen, aber keinen Anfang finden. Gedanken, die sortiert werden müssen, aber dessen Knäulbeginn einfach unauffindbar bleibt in den unendlichen Weiten der Gehirnwindungen. Visionen, die darauf drängen endlich umgesetzt zu werden, deren Realisierung aber Zeit und Raum brauchen. Und dann passiert es. Der Verstand hakt aus. Dreht Pirouetten. Hüpft auf und ab. Hämmert an die Schädeldecke. Und kitzelt ihn hervor, den ganz normalen Wahnsinn. Und dann hat man nur noch Brei im Kopf und droht zu explodieren. Zumindest wenn man nichts gegen diesen geistigen Überschwemmungszustand unternimmt.

Aber was tun, um eine Ex- oder Implosion zu verhindern? Ich habe beobachtet. Und ich bin zu dem Schluss gekommen: Die meisten Menschen absolvieren in solchen Momenten schwachsinnige Handlungen. Mit Hingabe. Essen zum Beispiel. Soll ja die Nerven beruhigen. Angeblich. Ich für meinen Teil greife eher und ganz automatisch auf Musik zurück. Das ist der Absorbationstipp schlechthin. Natürlich muss man ganz verrückt dazu Tanzen oder Singen, sonst bringt das Ganze ja nichts. Also nichts im Sinne von raus aus dem überlasteten Schädel. Am schönsten ist sowas natürlich, wenn man nicht allein am Rad drehen muss. Wenn man gemeinsam spinnen kann. Dann hat dieser ganz normale Wahnsinn sogar etwas sehr Wundervolles, gar Reizvolles. Denn das sind sie, die Momente im Leben, die einem in Erinnerung bleiben. Die verbinden. Freundschaften schaffen und nähren. Beziehungen aufpeppen und zusammenhalten. Ich erinnere mich an eine sehr überdrehten Abend vor nicht all zu langer Zeit. Ferienlagerstimmung. Zwei Menschen. Ein Ohrwurm. Ein und dieselbe Liedzeile. Immer und immer wieder. Aber damit es nicht langweilig wird, sondern schräg bleibt, in unterschiedlichsten Variationen. Von Hard Rock, über Latin, bis hin zu Schlager oder Rammstein-Versionen. Keiner verstand uns, aber uns ging es gut :) Wir lachten, bis sich die Balken bogen.

Ein anderer möglicher Auslöser für derartig wahnsinnige Zustände sind, wie sollte es auch anders sein, Gefühle. Nix neues würde ich sagen. Denn das Kapitel Gefühle könnte man wohl auch mit ‚Der widerspenstigen Zähmung‘ betiteln. Ja, so Gefühle können einem schon die Hölle heiß machen. Verrückt werden lassen, etc. Und auch hier neigt der Mensch dazu, die aktuelle Gefühlsüberforderung auszugleichen. Manche verfallen in schwachsinniges Gekicher, oder erleiden andere derartig hysterischer Aussetzer. Ich für meinen Teil beginne zu kommunizieren. Zumeist mit Menschen die gar nicht anwesend sind. Was jetzt nicht bedeutet, dass ich mit mir selbst spreche. Nein, ich beginne via moderner Kommunikationsmittel meinem aktuellen Gefühl Luft zu verschaffen und mal ordentlich auf den Putz zu hauen. Macht man ja sonst viel zu selten. Ich nenne das die Rohrspatz-Taktik. Im ersten Moment eine sehr hilfreiche Methode, die aber letztlich nicht immer mit dem gewünschten Ergebnis einhergeht. Das bedeutet, dass man sich mitunter von einer desolaten Befindlichkeit in die nächste manövriert. Aber dann hat man ja bereits Übung im beheben des Wahnsinns. Falls man ihn denn beheben möchte…

Denn wie sagte letztens ein Freund zu mir: „Wer heute nicht verrückt ist, ist nicht mehr normal.“

Das Mädchen in ihr

rosen_bauernhausFoto: © Christina Hanck, 2011

Sie wartete. Auf ein Zeichen. Doch es kam keines. Ungeduld machte sich breit. Und als es an der Tür klingelte, war es sofort wieder da, das kleine Mädchen in ihrem Kopf. Das unerschütterlich behauptete: „Das ist er.“ Das Mädchen hatte sich schon beim letzten und vorletzten Mal geirrt. Und es irrte auch dieses Mal. Er war es nicht, der dort vor der Tür stand. Stattdessen erspähte sie einen riesigen Strauß Blumen. Und das kleine Mädchen in ihr flippte aus. Machte es sich auf ihrer Schulter bequem und grinste vor sich hin. Wischte ihr all die Zweifel und Fragezeichen aus dem Gesicht und warf den gesunden Menschenverstand über Board. Stattdessen ließ sie ihn ein. Den kindlichen Wahnsinn. Den Widersacher ihres Seelenheils. Schaute verstohlen auf die zarten Blüten. Die so viel Zukunft versprachen. Und wartete.

Irgendwo dazwischen

landschaft_fruehlingFoto: © Christina Hanck, 2012

Auf dem Weg nach B. Mit den Gedanken noch immer in A. Musik im Ohr. Vorbeiziehende Landschaften im Blick. Die Erinnerung im Kopf. Das Gefühl im Bauch. Etwas Bleibendes im Herzen. Noch so nah und doch schon fern. Der Wunsch nach mehr. Erweckt den Nimmersatt. Fordert Wiederholung. Und lässt verharren. Irgendwo zwischen Eben, Hier und Dann.