Ich sehe was…

IMG_9683Foto: © PaulaB, 2013

… was du nicht siehst. Und das ist die Welt mit meinen Augen. Aber komm her und setze dich. Ich will sie dir beschreiben. Will dir zeigen, wo das Licht seine Schatten wirft. Dich spüren lassen, wo die Sonne aufmunternd kitzelt. Dich wissen lassen, welches Grün die Wälder und welches Blau die Meere kleidet. Will dich erleben lassen, wo die Welt rast und wo sie Ruhe & Geborgenheit spendet. Also komm her und setze dich. Wir schauen gemeinsam auf die Welt.

Denn sie wissen nicht was sie tun

Schlagzeilen. Überall. Jeder sieht sie. Jeder liest sie. Jeder kennt sie. Auch die, die es nicht zugeben wollen. Ein Entkommen ist ja auch gar nicht möglich. Mich beispielsweise springen sie schon beim Öffnen meines Mailpostfachs geradezu an. Also lese ich sie hin und wieder und rege mich in regelmäßigen Abständen darüber auf. Natürlich nicht ernsthaft. Aber ich werde einfach den Eindruck nicht los: Sie wissen nicht was sie tun. Sie widersprechen sich. In einer Tour!

Heute ist Kaffee schädlich und sollte nicht zum täglichen Flüssigkeitsbedarf dazugezählt werden. Morgen heißt es, dass Kaffee sehr wohl als Feuchtigkeitszufuhr angerechnet werden kann. Eben ist ein Gläschen Wein am Abend gesund und gut für den Schlaf, im nächsten Moment sind tägliche Weintrinker bereits Alkoholabhängige. Heute ist er der Held schlechthin, morgen hat er den großen Absturz und ist ein freakiger Drogenabhängiger. Eben noch haben ihre Beine Streichholzformat, die sie in den Weiten Baggypants versteckt und macht macht sich Sorgen um ihren Appetit. Drei Tage später hat sie Cellulite und sollte sich lieber überlegen ob sie dieses oder jenes Kleidungstück tragen kann.

Also in gewisser Weise ist es ja fast auch schon amüsant. Zumindest mit dem notwendigen Abstand betrachtet und in diesen, sage ich mal ‚bedeutungslosen Randsphären‘, des menschlichen Seins. Aber: Diese Unentschlossenheit zieht sich durch sämtliche Bereiche des Lebens. Vom großen Ganzen bis hin zum einzelnen Individuum. Ein weiterer ‚Trend‘ unserer Gesellschaft?

Ja! Wir sind sprunghaft. Wir sind ambivalent. Wir legen uns ungern fest. Wir probieren gern ein bisschen herum. Vielleicht lernt man sogar etwas dabei. Und wenn nicht: Try and error. Try again. Und dann sitzen wir da, mit den ganzen Erkenntnissen und Erfahrungen. Und haben vielleicht doch nichts gelernt. Oder gar zu viel gelernt. Denn zu viel macht den Verstand mürbe, das Herz taub. Und dann versenken wir unser geistiges Hab und Gut im nächsten Getränk. Schließlich müssen sie schnell schwimmen lernen, die Gedanken. In der großen weiten Einheitsbrühe. Aber was macht uns so ambivalent?

Vielleicht ist es die Angst etwas zu verpassen. Die Angst eine falsche Entscheidung zu treffen und nicht mit den Konsequenzen umgehen zu können. Vielleicht ist es auch der Drang nach dem Perfekten. Doch auf der Suche danach, verlieren wir es oft aus den Augen. Lassen uns Chancen entgehen. Verpassen die kleinen Freuden, die veilleicht das große Ganze ergeben könnten. Und winden uns in Aussagen. Die sich stetig ändern. Heute hü, morgen hott. Gerade sehen sie sich verliebt an und haben ernstes Interesse aneinander, im nächsten Moment ist einer der Beiden nicht mehr bindungsbereit, wär doch lieber wieder allein. Stagnation und Unzufriedenheit im Job, aber sie suchen dennoch keinen Neuen. Das Gefühl in einer Beziehung unglücklich zu sein und trotzdem bleiben sie zusammen. Wer soll denn da mitkommen… Und da schließt sich der Kreis: Das Individuum in seinem sozialen Gefüge ist nunmal von anderen Individuen ‚abhängig‘. Schlingert einer, schlingern sie alle. Oder?

Oder ist es eher eine Typfrage? Immerhin gibt es Menschen, die fällen Entscheidungen wie andere aufs Klo rennen. Ganz selbstverständlich. Ist es vielleicht auch? Sollte es sein? Oder entscheiden sie am Ende zu schnell? Sind sie diejenigen, die man Egoisten schmipft? Weil sie nicht nach rechts und links, weder vor noch zurück schauen, sondern einfach machen? Und ihr soziales Umfeld außer acht lassen?

Wie man es auch dreht und wendet: Der ‚Trend‘ zum „Vielleicht“ ist da. Das Potenzial mitzumachen bei der Gruppe „Lieber Morgen…“ schlummert in jedem. Und was bleibt übrig? Richtig eine Entscheidung. Hahaha. Dabeisein oder nicht? Ja. Nein. Vielleicht. Hin und wieder. Mal mehr mal weniger. Und letztlich ist es wohl jedem selbst überlassen, wo man sich einreiht. Wo man zögert und wo man handelt. Wo man eine Meinung vertritt und darauf beharrt, oder wo man sich vom Gegenteil überzeugen lässt.

In diesem Sinne: Es lebe die goldene Mitte!

Wege

IMG_7508Foto: © PaulaB, 2012

Bunt ist es, das Leben. Wie ein Tuschkasten. Mal hell, mal Dunkel. Hier grell und dort gediegen. Und nach kräftigem Mischen wieder ganz neu.

Geräuschvoll ist es, das Leben. Wie eine Sinfonie. Mit Höhen und Tiefen. Mal schnell, mal langsam. Erst Laut, dann wieder Leise. Mit frohlockendem Tusch oder in Moll.

Aufregend ist es, das Leben. Wie ein Geschenk in Glitzerpapier. Auspacken und staunen was im Inneren wartet. Eine Überraschung. Eine Niete. Ein Knallbonbon.

So viele mögliche Wege, Umwege und Auswege. Dass es einem fast Angst wird. Mit dem eigenen kleinen Fuß festen Schrittes in die Welt hinaus zu gehen. Um den Staffeleien Farbe zu verpassen. Den Liedern Klang zu geben. Den Präsenten Wert beizumessen. Zu Sehen und zu Nutzen. Und dem Leben Lebenswert zu geben.

Menschen gibt’s…

… die gibt’s gar nicht. Oder zumindest versetzen sie einen aus den unterschiedlichsten Gründen in kleines oder großes Erstaunen. Und damit meine ich jetzt nicht die „Großen“, die die Welt retten oder Rekorde aufstellen. Nein, das fängt schon direkt neben dir an. In deiner kleinen Welt. Menschen, die persönliche Tolranzgrenzen überschreiten, weil sie in intime Bereiche vorpreschen. Ein kleiner Ausflug gefällig?

Begegnungen, Erlebnisse und Ereignisse mit Personen dieser Art sind oft jene, die im Gedächtnis hängen bleiben. An die man sich mit einem Kopfschütteln, Schmunzeln, etc. zurück erinnert. Die nie langweilig werden, wenn man sie erzählt. Die noch Stunden, Tage, Wochen, Jahre danach immer wieder Verwunderung oder einen Lacher provozieren.

Da gibt es zum Beispiel ganz flüchtige Begegnungen. Minuten oder sogar nur Sekunden die sich ins Hirn einbrennen. Die so intensiv sind, dass man sie einfach nie vergessen wird. Weil sie so bizarr, so außergewöhnlich sind. Mir sind Erfahrungen und Menschen dieser Art eigentlich immer nachts passiert und begegnet. Ein Mann, der hinter einem im Nachtbus sitzt, wahnsinnig kichert und einem den Finger in den Rücken bohrt. Gruselig… Noch prägender waren jedoch meine Erfahrungen mit fremder Sexualität ;) So saß ich mal in einem Zug. Nachts. Auf dem Weg von Berlin nach Potsdam. Und schräg gegenüber von mir machte ein Mann komische Bewegungen unter seinem Shirt. Ich dachte mir nichts dabei, bis er  mich an seiner Freude teilhaben lies. Er holte sich einen runter. Ganz öffentlich. Brrr… Und es muss damals so eine Zeit gewesen sein. Oder aber ich wirke magisch auf derlei Gefährten. Denn schon kurze Zeit später meinte der nächste seine sexuellen Freuden in aller Öffentlichkeit mit mir teilen zu müssen. Wieder des Nachts. Auf dem Weg vom Rosa-Luxemburg-Platz zum Rosenthaler Platz. Ich zu Fuß unterwegs, er an einer Hauswand gelehnt. Der Unterschied zu seinem Vorgänger: Er schien keine Lust zu haben. Da frage ich mich doch: Warum? Also ich habe ja nichts gegen sexuelle Entfaltung. Aber ich würde dann doch lieber selbst entscheiden, an welcher ich beteiligt sein möchte. Aber es gibt auch „harmlosere“, oder sollte ich eher sagen jugendschutztauglichere erstaunliche Menschen und Erfahrungen. Ein Typ beispielsweise, der einem im Club mit „Hey, hier stinkts. (Pause) Aber ich bins nicht.“ anspricht und dann Bauklötzer staunt, wenn man in schallendes Gelächter ausbricht. Schön sind auch Anmachsprüche wie: „Ich mag dein Waschmittel nicht.“ Vielen Dank für diese Information, vielleicht möchtest du mir ein neues kaufen? Ja ja… Das sind also die Momente, in denen man denkt im falschen Film zu sein. Ereignisse, die im Entstehungsmoment einfach nur seltsam, unangenehm, wenn nicht gar ein wenig angsteinflößend sind. Die aber im Nachhinein immer eine gute Geschichte bereithalten. Genauso gut kann es natürlich auch ein positives Erlebnis sein, was sich in den Hirnwindungen festsetzt. Ein strahlendes Lächeln zum Beispiel, was einem ein Fremder auf der Straße schenkt.

Oft am erstaunlichsten sind jedoch Menschen aus dem direkten Umfeld. Bekannte, Verwandte, Freunde. Weil man sie anders eingeschätzt hat. Weil sie plötzlich Haken schlagen, mit denen man nicht gerechnet hat. Weil sie mit Kleinigkeiten ganz viel bewirken können. Freude, Wut, Erstaunen, eben die ganze Palette an Befindlichkeiten. Und doch sind auch hier oft die skurrilen Erlebnisse die, die im Gedächtnis bleiben. An die man sich auch Jahre danach noch erinnert und abfeiern muss. Aber auch die herzerweichenden sind nicht von der Hand zu weisen.

Da kommt beispielsweise jemand mit einem liebevollen Mitbringsel daher. Einem Geschenk, mit dem man auf dem ersten Blick nichts anfangen kann, was den Schenker aber als wahnsinnig aufmerksam und liebend entpuppt. So bekam eine Freundin von mir z.B. einen Käse von ihrem Freund überreicht. Freudestrahlend und ganz aufgeregt war er. Und alles was sie zunächst dachte, war: Ein Käse? Was will er mir denn damit sagen? Nach näherem Betrachten und Lesen kam die Erleuchtung. Der Käse hatte einen Namen. Er trug den Namen einer Stadt. Einer Stadt, in der sie einmal gewesen und eine wunderschöne Zeit miteinander verbracht hatten. Und als er den Käse beim Einkauf so da liegen sah, musste er an seine Liebste denken und hat ihn eben mitgebracht. Hach ja, da macht mein Herz doch gleich einen freudigen Hüpfer. Es gibt sie also noch, die versteckten Romantiker.

Aber zurück zu den grotesken Momenten. Vor gar nicht langer Zeit saß ich in lustiger Runde auf einer Party. Mit mir lieb gewonnenen Menschen, die ich noch nicht all zu lange kenne. Der Alkohol floss und so fielen die Masken der Anständigkeit. Resultat war ein unmoralisches Angebot: Man bot mir einen Schlafplatz an. Also einen anderen, als ich geplant hatte. Nicht den harten Boden sondern ein Hotelzimmerbett. Jedoch mit Einschräkung. Ich sollte mich auf der einen Seite vergnügen, während man mir dabei zusehen wollte. Ich dachte ich höre nicht recht, fiel vor Lachen fast vom Stuhl. Das passte einfach nicht in mein Bild, was ich bisher von dieser Person hatte. Aber ich lasse mich gern überraschen. Sofort hatte ich also eine Liedzeile im Kopf: „Free your mind…and your ass will follow!“ Denn wer weiß was sich aufgrund der Hemmungslosigkeit sonst noch so an männlichen Phanatsien in Erfahrung bringen ließe. Viel interessanter ist jedoch die Frage: Besteht bei dieversem Herren eine Erinnerung an dieses Gespräch? Wenn ja, keine Angst, ich nehms locker. Und damit würde ich sagen, bin ich aufgenommen in der Hood!? Jaja, der böse Alkohol. Unglaublich? Denkste. Es geht noch besser. Es gibt nämlich auch diejenigen, die ihren Freunden gleich einen Dreier anbieten. So geschehen einer Freundin von mir. Nun ja, man könnte es so sehen: Es bleibt ja in der ‚Familie‘, quasi. Und man soll doch alles Mal ausprobiert haben. Ja, das sind sie, die Situationen in denen man vor Erstaunen aufpassen muss, dass die Kinnlade nicht augenblicklich an Halt verliert und unkontrolliert nach unten klappt. Situationen, in denen man bestimmte Menschen plötzlich in einem anderen Licht sieht. In denen man anerkennen muss: Geht nicht, gibts nicht.

Aber mal ganz ehrlich… Genau das sind doch auch die Momente, die das Leben lebendig machen! Situationskomik, ich liebe sie. In diesem Sinne: Ein Hoch auf Menschen, die mit Wenig ganz Viel bewirken. Ein Hoch auf die Skurrilitäten des Lebens!