Oh du Fröhliche!

Ich sitze im Zug und blicke aus dem Fenster. Verhuscht zieht die Stadt an mir vorbei. Der Tag ist trüb, so dass es bereits am Nachmittag wirkt, als stände die Nacht in den Startlöchern. Um mich herum herrscht Stimmengewirr. Hier raschelt es in einer Tüte. Dort wird telefoniert. Weiter hintern streitet sich ein altes Ehepaar über den Ablauf der nächsten Tage und neben mir kuschelt ein junges Pärchen in meinem Alter. Ihr kleiner Hosenscheißer singt lautstark und emsig ein Weihnachtslied nach dem anderen. Versucht es zumindest, denn noch ist der kleine Fratz nicht wirklich Herr der deutschen Sprache. Vielmehr singt er in seiner eigenen Sprache und erheitert das ganze Zugabteil. Zumindest noch!

Und wie ich da so sitze und aus dem Fenster blicke, springt mal wieder mein Gedankenkarussell an und rattert vor sich hin. Der Blick verklärt sich. Das Stimmengewirr tritt in den Hintergrund und unermüdlich klopfen irgendwelche Erinnerungen und Sehnsüchte an meine Schädeldecke, drängeln und provozieren ein explosives Feuerwerk. „Hej, etwas Zurückhaltung bitte, bis Silvester sind es noch ein paar Tage!“ Doch sie geben keine Ruhe, springen beharrlich auf und ab, fordern den Rückblick auf Zeiten in denen ich selbst noch ein Dreikäsehoch war. Und dann passiert es: miss sophie wird sentimental & wehmütig…

Als ich wieder erwache aus meiner kleinen Retrospektive sehe ich, wie der Hosenscheißer beherzt in die Lebkuchentüte greift, die Mama ihm unter die Nase hält, weil der schmetternde Gesang nun doch ein paar Nörgler aufs Spielfeld befördert hat. Das Tirilieren setzt augenblicklich aus, die Augen des kleinen Fratzes beginnen zu leuchten und die kleinen Pausbacken mahlen freudig drauf los. Das Weihnachtsdrama – ein Streit unter Reisenden – wurde in letzter Sekunde erfolgreich abgewendet. Beruhigt tauche ich wieder in meine Gedankenwelt ab.

Ja, das Jahresende ist doch immer eine ganz besondere Zeit… Während es für Viele eine Zeit ist, in der sie das Jahr noch einmal Revue passieren lassen, auswerten was gut und was schlecht war,  Pläne schmieden was im nächsten Jahr alles anders werden soll und eine Liste von Vorhaben erstellen, die sie dann – je nach Typ – gleich am ersten Tag des neuen Jahres wieder über Board werfen oder verbissen daran arbeiten, beobachte ich in dieser Zeit immer viel und stelle mir vor, wie die einzelnen Personen, die ich da beobachte wohl die letzten Tage des Jahres verbringen. Und das kann eben sehr unterschiedlich sein. Von ’beneidenswert’, über ’zum brüllen komisch’, bis hin zu ’verschone mich’…

Hach ja….gemütlich und friedlich beisammen glucken. Wer das tut, hat das Prinzip der Weihnachtszeit verstanden: Nämlich das harmonische Zusammensein mit seinen Lieben. Gut, in manchen Familien artet die eigentlich besinnliche Weihnachtszeit oft auch in eine Zeit der ’sportlichen’ Höchstleistungen aus. Es folgt und kreuzt nämlich ein Marathon den Nächsten. Der Essmarathon. Der wir-hasten-von-einem-Familienmitglied-zum-nächsten-Marathon. Der wir-rupfen-den-Geschenkeberg-auf-Marathon. Oder aber auch der wir-lassen-die-Festzen-fliegen-Marathon und holen mal alles auf den Tisch, was sich das ganze Jahr über so angestaut hat. Ja, die Gunst der Stunde, da man mal wieder alle an einen Tisch bekommen hat, wird nicht zuletzt oft genutzt um endlich mal wieder einen kräftigen Streit vom Zaun zu brechen.

Noch mitten in Gedanken, drängt plötzlich bitterliches, sirenenartiges Schluchzen an mein Ohr. Der Hosenscheißer hat das Lebkuchenessen beendet, um stattdessen beherzt mit seinen Schokoladenfingern nach Mamas Seidenbluse zu greifen. DIE Seidenbluse, die sie eigentlich furchtbar hässlich findet, die doch aber ein Geschenk der lieben Schwiegereltern war, was sie heute extra vorführen wollte. Und während Mama noch nicht weiß ob sie lachen oder weinen soll, hat sich der Hosenscheißer eben für lautstarkes Heulen entschieden. Zum einen, da Mama und Papa im Eifer des Gefechts wohl ein sehr betroffenes Gesicht gemacht haben. Zum anderen, weil sich die lieben Mitreisenden mal wieder einmischen… Und während die eine Hälfte meines Hirns das Gedankenreich nur sehr langsam verlässt, ist der andere Teil meines Geistes sofort hellwach in der Realität zurück und kommentierte lustig drauf los: „Oh du Fröhliche!“

Wir sind anti…

Antikörper. Antibabypille. Antiallergikum. Antichrist. Antibiose. Antibakteriell. Antidepressivum. Antivirus. Antiheld…. Und inzwischen ganz brandaktuell auch Antischwarm. Ja, dieses Wort kam mir letztens wirklich unter die Augen und ich fragte mich: Ist unsere Gesellschaft denn nur noch anti? Allein 350 Wörter lassen sich auf Anhieb im Netz finden, wenn man nach Worten mit „anti-“ sucht. Die Trefferquote für Seiten zum Inhalt „anti“ liegt bei ungefähr 1.600.000.000.

Diese uralte kleine Vorsible mit der griechischen Herkunft hat sich klammheimlich in unseren Sprachgebrauch geschummelt und ist zu einem eigenständigen Wort geworden. Geradezu zu einem Modewort. Vor 14 Jahren hieß es bei den Ärzten in ihrem Song „Rebell“ noch schlicht und ergreifend „Ich bin dagegen…“. Heute ist man einfach nur noch anti. Na wenn das mal kein Statement ist… ;)

Das spannende daran ist, dass sich der Klang und der Gebrauch dieser kleine Vorsilbe so enorm geändert hat. Von der Vorsilbe zum Wort. Und wurden Worte mit „anti-“ früher noch verwendet um sich gewählt auszudrücken, ist es heute ein Ausdruck cooler Gebärden. So hört man z.B. Jugendliche im Park pöbeln: „Ey was bis’n du so anti?“. Das Wort wird also nur noch so dahingerotzt und drückt damit eine eher extreme Abwehrhaltung aus, als das laut Duden ursprüngliche „gegen / entgegen / nicht“. Das kleine anti ist zu einem Gemütszustand umgewandelt worden, hat etwas Endgültiges. Etwas, was keine Widerrede oder Nachfrage zulässt. Und ist dem heutigen abgekürzten Sprachstil damit ja auch viel zuträglicher als zu fragen: „Was hast du denn heute nur? Was ist los? Was bedrückt dich?“

In gewisser Weise spiegelt also auch die veränderte und rapide zugenommene Anwendung dieses kleinen Wortes, die Wandlung unserer Gesellschaft wieder. Man ist nicht mehr wirklich an den Belangen Anderer interessiert. Deswegen fragt man eben nicht nach dem Befinden, sondern nimmt ebendieses einfach gleich ziemlich hart vorweg. Wie gesagt wenn man anti ist, klingt das nach einem endgültigen Statement. Und wenn man jemand Anderem unterstellt anti zu sein, nimmt dies ebenfalls den Wind für weitere Erörterungen aus dem Segel. Also nicht, dass der „Beschuldigte“ nicht anfangen könnte zu widersprechen. Nein, das auf keinen Fall. Aber sagt jemand „Du bist anti“ drückt es doch in gewisser Weise seine nicht vorhandene Bereitschaft für eine Diskussion aus. So nach dem Motto: „Ah ich seh’ schon, du bist dagegen, also brauchen wir auch gar nicht weiter drüber reden.“ Und eigentlich drückt man damit nur seine eigene Abwehrhaltung aus. Umso schöner ist es doch, wenn man da ein paar Menschen weiß, die sich noch für die Stimmung hinter dem eventuellen anti interessieren.

Natürlich kennt wohl jeder das Gefühl, hin und wieder gegen eine bestimmte Sache eine Abwehrhaltung zu entwickeln. Für meinen Teil passiert dies vor allem bei Dingen die so extrem gehypt werden und davon ausgegangen wird, dass jeder mitmachen MUSS. Ja doch, da kann ich dann auch schon mal anti werden. Und dennoch würde ich meine nicht vorhandene emotionale Anteilnahme an besagten Hypes nicht als anti bezeichnen, sondern schlicht und ergreifend als „nicht dafür“„nicht begeistert“ oder „nicht interessiert“ … :)

Alles in Allem frage ich für meinen Teil lieber weiterhin erstmal einmal nach, was den Emotionshaushalt meiner Mitmenschen betrifft, bevor ich sie als anti deklariere und bleibe dann  gegebenenfalls lieber beim guten alten „Ich bin dagegen…“ ;)

Generation Roboter

Eine sehr weise Person fragte mich einmal: „Sie denken wohl auch Sie sind ein Roboter?“ Im ersten Moment empfand ich diese Aussage nur als eines: komisch. Ich, ein Roboter? Eine lustige Vorstellung. Wie kam Sie nur darauf? Nach gründlichem Nachdenken, Sackenlassen und immer wieder Hin-und-Her-Drehen befand ich jedoch, dass diese Person wohl etwas Recht hatte. Nicht zu wenig wurde ich auch schon von Anderen als ‚Hans Dampf in allen Gassen‘ oder als ‚Hamster im Laufrad‘ betitelt. Das war also meine Erkenntnis. Doch dann kam die weitaus schwierigere Frage: Warum?

Und dann fiel mir auf, dass es vielen Menschen in meinem Alter so geht. Auch in meinem Bekanntenkreis. Also kein Einzelfall, sondern fast schon ein Generationsproblem.  Viele +-30er stecken mehr oder weniger mitten in der Frage fest: Was will ich eigentlich vom Leben? Und was will das Leben von mir? Und wie kann ich das Eine mit dem Anderen verbinden? Und das möglichst im Einklang.

Ich will hier mitnichten an die alte Leier: „Früher war Alles besser.“  anknüpfen oder befürworten. Und ich will hier auch keinesfalls eine Mitleidshymne auf die Generation +-30 halten, aber ich würde dennoch behaupten: „Früher war (Alles) anders!“

Die Generation +-30 hastet durchs Leben. Ihre ‚Mitglieder‘ sind, anders als in den Generationen vor Ihnen, auf sich selbst gestellt.  Sie haben gelernt die Bedürfnisse Anderer zu erfüllen und darüber verlernt ihre Eigenen zu erkennen. Sie sind darauf geeicht, dass Scheitern etwas Schlimmes ist und sind deshalb oftmals nicht in der Lage (privat) klare Entscheidungen zu treffen. Sie sind versiert darauf zu funktionieren und scheuen sich deshalb davor wahre Gefühle zuzulassen bzw. tun sich schwer damit. Sie haben verlernt zu wissen was sie wollen und sich darüber ein stückweit selbst verloren. So sind viele heutzutage gerade einmal mit dem Studium fertig und fühlen sich schon ausgebrannt und leer. Denn sie pendeln ständig zwischen der Suche nach Selbstverwirklichung und dem Druck sich anpassen zu müssen. Dann wird man belächelt. Man solle sich nicht so haben, nicht so jammern. Aber wir jammern nicht. Wir haben nur andere Lebensumstände, die offenbar diskrepant sind. Vielmehr ist es auch so, dass diese Generation verlernt hat ‚Probleme‘ zuzugeben, Schwächen einzugestehen und darüber zu sprechen, sich zu offenbaren. Und das ist ein Zustand, der Viele daran hindert sich und ihrem Weg zu vertrauen. Der viele umhertreibt…

Aber was treibt uns so an? Wer ist hinter uns her? Wer oder was hindert uns?

Die Familie? Die Freunde?  Die Gesellschaft? Die Gesellschaft verlangt Fachidioten mit Rundumwissen, Allwissende mit Fachkenntnissen. Sie erwartet konstante Leistung und das teilweise über menschliche Grenzen hinaus. Die Gesellschaft verlangt nach ‚Robotern‘. Wer keiner ist fällt durchs Raster. Wird als gescheitert abgetan. Also hasten wir. In der Hoffnung unser Leben zu füllen und das aufkommende Gefühlsdesaster nicht spüren zu müssen. Die Freunde befinden sich in ähnlich chaotischen Lebenslagen. Auch auf der Suche nach ein bisschen Ordnung. Und die Familie hat sich von den Idealvorstellungen hin zu Individualkonstellationen entwickelt. Zwar sind wir zugegeben in angenehmeren politischen und sozialen Umständen aufgewachsen als unsere Vorfahren, dafür wurden wir schneller auf unsere eigenen Füße geworfen. Anleitung gab es kaum, nur Hinsehen und ein Gespür dafür entwickeln was gefragt ist und was nicht. Das fordert nicht nur, sondern überfordert auch. Deshalb klammern sie sich hin und wieder an ‚Dinge & Personen‘ um einen Anker zu haben, aus Angst sonst allein zu sein. Und dennoch: Die Generation +-30 ist ständig am Ausloten, am Suchen, am Testen. Ein Missverhältnis. Sie hat gelernt, dass es etwas wie den Idealzustand & Zufriedenheit nicht gibt. Hat man etwas erreicht darf man sich nicht ausruhen, sondern ist angehalten die nächste Stufe zu erklimmen um Eltern, etc. stolz zu machen, Anerkennung zu erlangen, sein Leben für wertvoll zu erachten.

Aber wo bleibt bei alledem Platz fürs ‚Leben‘? Wo bleibt Raum fürs Spüren? Oder warum fällt es uns so schwer das ‚Leben‘ zuzulassen? Ist es wirklich das Raster, durch welches wir glauben zu stürzen, wenn wir uns ein bisschen mehr selbst kennenlernen? Wenn wir den Roboter ein bisschen mehr ablegen und unser wahres Gesicht zeigen?

Und wäre es tatsächlich so oder würde sich die Gesellschaft mit etwas Anlaufzeit auch darauf einstellen? Bzw. sind wir nicht selbst mit dafür verantwortlich die Gesellschaft zu gestalten? Sollten wir nicht wenigstens versuchen unser Leben zu leben? Sind wir nicht eigentlich von Denen fasziniert, die es schaffen ihr Leben zufrieden, energiegeladen und frei zu leben und auszukosten? Und kann das nicht  anstecken? Ein Versuch lohnt!

Zugegeben: Es braucht einen Hauch ‚Ansteckung‘ und Faszination, die den Schubs gibt. Und eine große Portion Mut den Roboter zu verlassen, seinen Weg zu gehen und zu genießen. Es ist wohl schwierig, aber nicht unmöglich….

Die lieben Nachbarn…

Berliner Hinterhöfe. Ein Imperium für sich. Jedes noch so kleine Geräusch hallt zwischen den Wänden wieder und lässt keine Geheimnisse zu. Man weiß, was die Nachbarn so treiben…

Ich für meinen Teil habe in meinem kleinen Heim kulturelle Beschallung jeglicher Art. Da gibt es einen Opernliebhaber, der hin und wieder die ganze Nachbarschaft an seiner Leidenschaft teilhaben lässt. Vor allem mitten in der Nacht oder in den frühen Morgenstunden wird man Zeuge voluminöser Arien und hofft jedes Mal inständig, dass die Gläser im Küchenschrank den hohen akustischen Schallwellen standhalten. Dann gibt es den Trompetenspieler, der zugegebenermaßen sehr selten übt. Das dürfte jedoch auch daran liegen, dass wenn er es tut, denn Groll eines Nachbarn auf sich zieht. Man kann die Minuten fast zählen, bis nach seinem Beginn ein Fenster zum Hof geöffnet wird und eine wütende Stimme brüllt: „Ruhe da draußen!“  Ich für meinen Teil habe meine Trompete deshalb auf den Zwischenboden verbannt. Und dann gibt es da noch den Nachwuchs: Flöte übende Kinder. Verlieren sie nach nur fünf Minuten selbst die Lust an ihrer quietschenden Performance ist alles gut, finden sie jedoch gefallen an dem schauerlichen Klang, wird es zur Geduldsprobe für alle Nachbarn, fördert jedoch im Gegenzug starke Nerven. Vielleicht kann man die ja noch gebrauchen… ;)

Neben diesen kulturellen Beschallungen gibt es natürlich auch diverse gefiederte Freunde, welche die freundliche Nachbarschaft auf eine harte Probe stellen. Liebestolle Tauben am frühen morgen? Drei Stunden nonstop gurren? Auch das kann durchaus einen Nervenzusammenbruch provozieren. Umso schadenfroher ist man, wenn dann plötzlich Frau Elster auf einen Besuch vorbei kommt. Für Mr. & Mrs. Gurr nämlich kein gern gesehener Gast. Da haben die Beiden lieber ganz schnell die Biege gekratzt. Doch leider nicht lange. Nach drei Tagen Kreisen über dem Innenhof schien auch Frau Elster keine Gefahr mehr, man arrangierte sich mit dem ungebetenen Gast und gurrt wie eh und jeh.

Streitende Paare, genervt diskutierende oder gar schreiende Eltern und vor Schadenfreude krakeelende Kleinkinder sind eine weitere Spezies Berliner Hinterhöfe. Am allerschönsten ist es jedoch, wenn der Spross sprechen lernt. Was für eine Freude für den Nachbarn die Fortschritte mitzuverfolgen. Da kann es am frühen Morgen neben dem Taubengegurre auch zu stundenlangen Vokabelübungen zwischen Mutter und Tochter kommen: „ Mama, Mama, Mama, Mama!“ „Lisa, Lisa, Lisa, Lisa*!“ (*Der Name wurde aus Personenschutzgründen geändert) „Mama, Mama, Mama, Mama!“ „Lisa, Lisa,…*“ Ja doch, ich weiß inzwischen wie ihr heißt und zueinenander steht. Aber was tun gegen die uneingeforderte Beteiligung an der Sprachstunde? Mein erster Instinkt war es an die Wand zu klopfen. Schnell überlegte ich mir diesen Handgriff jedoch anders. Nicht auszudenken, wenn Lisa* realisiert, dass es da einen Mann bzw. eine Frau in der Wand gibt, die man mit Klopfen an eben diese nerven kann. Nein, lieber keine unnötigen Kontakt provozieren. Stattdessen Ohropax rein und ruhig durchatmen. Aber lieber das, als ein vor Wut brüllender Vater und weinende Kinder. Inzwischen kann ich sogar am Klang des Weinens erkennen, um welches Kind es sich handelt. Am allerschönsten wird es jedoch, wenn der Nachwuchs den Wortschatz erweitert hat, und es sich zur Aufgabe gemacht hat, seinen Erzeugern konsequent zu widersprechen, Fragen zu stellen oder ihre Forderungen zu überhören. Ja, so durfte ich unlängst, wie immer ungewollt, erfahren, dass Lisa* lieber spielt anstatt zu frühstücken. Die anschließenden Diskussionen und Wutausbrüche lohnen den Griff zum Ohrstöpsel. Ja, auch das kann hin und wieder die häusliche Ruhe aus dem Gleichgewicht bringen.

Und dann gibt es da noch die ordnungsliebenden und umräumwütigen Obermieter. Zumindest könnte man dies anhand des andauernden Lärmpegels von oben annehmen. Es beginnt mit dem Wackeln der Bücher im Regal. Wenn dann die Gläser anfangen zu vibrieren weiß man: jetzt kommt gleich ein lauter Kracher. Und tatsächlich. Wumps! Da is’ er ja schon. Ich bin ja echt nicht neugierig was solche Dinge anbelangt, denn letztlich ist es mir egal was meine Nachbarn so treiben, aber hier frage ich mich doch immer wieder: Was tun sie da? Dauerrenovieren? Man weiß es nicht, aber wie ich im Austausch mit anderen Hinterhofgeübten in Erfahrungen bringen konnte, ist dies eine gängige Form der der unfreiwilligen Anteilnahme am Leben des Übermieters. Nun ja… Aufregung lohnt wohl nicht. Bringt auch nichts außer graue Haare und Falten und wer will die schon freiwillig ?!

Aber der absolute Hammer sind doch die nächtlichen Aktivitäten der Nachbarn. Währenddessen ich wie bereits erwähnt nur streitende Pärchen und Kindergeschrei höre und von mir deshalb unfreiwilligerweise der Tages- bzw. Nachtrhythmus einer frischgebackenen Mutter abverlangt wird, haben Andere da ganz andere Vergnügen. So erzählte mir letztens Jemand von einem benachbarten Pärchen, die wohl wie alle Anderen aufgrund der wärmer werdenden Temperaturen des Nachts auch die Fenster offen stehen lassen. Und so wurde dann Jeder, dem ebenfalls der Sinn nach frischer Frühlingsluft stand, Zeuge eines nicht-enden-wollenden Liebesspiels. Wie schön, dass es auch so was gibt!!! Der Jemand berichtete folgende, durchaus amüsante Entwicklung. Zunächst verstellt er im Gespräch mit mir seine Stimme zu einem tiefen Brummen und spricht sehr langsam: „Er so `ooohhh, ooohhh`.“ Dann wohl ein Rollenwechsel, denn seine Stimme wird schrill, hoch, kurzatmig-quitschend und abgehakt: „Sie so `ah, ah`.“ Und das ging wohl ewig so, laut seiner Schilderung. „Mein Kumpel würde sagen: nach allen Regeln der Kunst.“, so sein Fazit. Doch einer seiner Nachbarn hatte das wohl anders gesehen, denn nach einer Stunde dieses lautmalerischen Dialoges brüllte er in den Innenhof: „Nun komm doch endlich, die ist doch schon voll fertig!“ Und augenblicklich war Ruhe im Karton, kein Rappeln mehr in der Kiste.

Na dann auf eine gute Nacht(-barschaft)! :D

Singles – Die Solisten der Gesellschaft

Nachdem mir letztens zu Ohren gekommen ist, dass Großstadtsingles neurotisch sind und sich deshalb nicht wundern bräuchten, wenn sie Single bleiben, habe ich mal wieder meine Argusaugen und -ohren geschärft & gespitzt und mich ein wenig umgehört. Natürlich will ich nicht abstreiten, dass es neurotische Singles gibt. Ein Klischee hat ja auch seinen Ursprung. ;) Aber oft wird dieses Bild eben von den Schrulligsten geprägt und hat mit der breiten Masse wenig zu tun. Das jedoch nur am Rande. Viel fragwürdiger fand ich die eigentliche Botschaft dieser Aussage: ‚Single sein ist ein Mangel.‘ Sogleich stellte sich deshalb mein Gerechtigkeitssinn ein und fragte sich: Wer sagt denn, dass der Single nicht auch gern ein Single ist und bleiben will? Wer sagt, dass er/sie unter dem ‚Zustand‘ leidet? Ich nenne es auch im Folgenden einfach weiterhin ‚Zustand‘, denn oft wird ja so getan, als wäre es eine absolut unerträgliche Situation, aus der man möglichst schnell erlöst werden müsse. Und wieso wird sofort davon ausgegangen, dass etwas am Single nicht stimmen kann, weil er/sie single ist? Denken wirklich die meisten so, oder ist oben genannte Aussage nur eine Ausnahme?

Zwar wird heute immer wieder von einer Singlegesellschaft gesprochen – es gibt angeblich immer mehr, man kann immer öfter kleine Wohnungen mieten, es gibt kleine Verpackungsgrößen im Supermarkt, etc. – gleichwohl ist die Gesellschaft nicht auf Singles ausgerichtet. Alles dreht sich immer nur um Paare, Partnerschaft und Beziehungen. Indirekt herrscht eine Pärchendiktatur. Und so bleibt der Single meist Einzelkämpfer. Besonders schwierig ist es für diejenigen, die sich als einziger Single unter lauter Pärchen befinden. Und das sind dann wohl auch die, die ihren Status hin und wieder selbst beweinen und damit wunderlich wirken. Zwar hat man auch andere gesellschaftliche Rollen als nur Partner oder Freund zu sein, aber was sie immer wieder vor Augen geführt bekommen ist: Da fehlt was, wenn da Niemand ist. Denn wer als Single unter Pärchen seine Freizeit nicht rechtzeitig organisiert schaut oftmals dumm aus der Wäsche. Paare warten nämlich nicht auf die Frage: „Lust was zu unternehmen?“ Und Paare sehen auch nicht die Notwendigkeit augenblicklich darauf zu antworten, damit besagter Single bei einer Negativantwort gegebenenfalls noch ein anderes Pärchen fragen kann. Wenn es der Single dann doch geschafft hat seine Pärchenfreunde zu mobilisieren bekommt er/sie die volle Dröhnung. Denn dann sitzt er/sie mutterseelenallein zwischen zärtlich turtelnden oder auch streitenden Pärchen. Und das was er am Singleleben hat verpufft. Was für ein Horror. Doch letztlich ist es dann wieder der Single der sich anstellt und den anderen ihr Glück nicht gönnt – angesichts streitender Pärchen ein eher lächerlicher Vorwurf :P

Dem Single der heutigen Gesellschaft wird oft persönliches Versagen auf emotionaler Ebene und damit einhergehend, eine gewisse Lebensleere unterstellt. Das ist für betreffende Personen nicht nur wahnsinnig kränkend, sondern irgendwie auch ein trauriges Zeugnis unserer Gesellschaft. Natürlich denken nicht alle so über Singles. Und viele tragen diese Meinung sicher auch ehr unbewusst mit sich herum, meinen es wohl gar nicht böswillig. Aber warum herrscht inzwischen überhaupt ein solches Bild in der Gesellschaft vor? Waren es nicht einst noch die Singles, die beneidet wurden? Die als rebellisch und bewundernswert galten? Warum sind sie nun die mit dem monströsen Problem, mit dem schweren Schicksal?

Der Grund für das in vieler Augen beklagungswürdige Bild des Singles mag unter anderem darin liegen, dass Familie und Partnerschaft heute wieder einen viel größeren Stellenwert einnehmen. Aber dann heißt es bei Singles oft: „Ach wie, du kommst allein, du Armer!“ Wobei, vielleicht sollte es auch eher noch heißen: „Du Arme!“ Denn wie ich ebenfalls beobachtet habe, macht die Gesellschaft da noch einen gehörigen Unterschied zwischen Singlemännern und Singlefrauen. Während Männer doch hin und wieder noch für ihren ‚Zustand‘ beneidet werden, werden Frauen eher bemitleidet. Ja, während man Männern noch zuschreibt, dass sie ihr Solistendasein frei wählen, unterstellt man Frauen oft genug einfach nur einen Defekt. Man geht davon aus, dass sie ihre Situation verabscheuen und eigentlich immer auf der Suche nach ‚Mr.Perfect‘ sind, den sie aber ohnehin nicht finden, weil es ihn gar nicht gibt. Wer das nicht zugeben will, gilt schnell als seltsam. Wenn man aber einräumt, doch auch gern einen Partner haben zu wollen, wird gleich der letzte übrig gebliebene Singlefreund des Abends vorgestellt. Und wieder bekommt der Single damit den Stempel ‚Allein bist du Nichts!‘ aufgedrückt. Wenn sich besagter Single dann auch noch erdreistet den Angebotenen zu verschmähen, wird er/sie als undankbar, zu anspruchsvoll und demnach ohnehin nicht für eine Beziehung geeignet abgetan. Dabei lassen Personen, die solche Verkupplungsaktionen starten, hin und wieder außer Acht, dass auch ein Single ein menschliches Wesen mit eigenem Willen, Interessen und Vorlieben ist. Und vielleicht möchte sich dieses Wesen eben nicht einfach mit jedem X-Beliebigen verpaaren lassen, nur um nicht mehr Single zu sein. Ich will ja gar nicht abstreiten, dass Freunde vielleicht sogar ein Gespür dafür haben können, wer zusammen passt und wer nicht, aber all zu oft ist es eben doch nicht der Fall, weil die Auswahl derer, die überhaupt noch in Frage kommt, bereits sehr aufgeräumt ist.
Zudem wird dabei auch immer wieder gern außer acht gelassen, dass es durchaus Frauen und Männer gibt, die diesen ‚Singlestatus‘ frei wählen. Aus welchen Gründen auch immer, die Bandbreite ist ja groß. Sie wollen einfach nicht!!! Sie haben Spaß daran Single zu sein. Denn sind wir mal ehrlich: Es gibt so viele schreckliche Beziehungen, so viele grässliche Ehen. Und warum bleiben sie zusammen? Druck der Gesellschaft? Angst vor dem Alleinsein? Damit man einen Zeitzeugen seines eigenen Daseins hat? Aber nein, niemand fragt: „Warum hast du denn jetzt einen Partner?“ oder „Warum bist du denn noch immer mit deinem Partner zusammen?“ Aber alle fragen: „Warum hast du denn keinen Partner?“

Der heutige Single – egal ob freiwillig oder notgedrungen – steht dadurch permanent unter einer Art Rechtfertigungsdruck. Ständig muss er sich vor anderen und auch vor sich selbst erklären und hinterfragen.  Warum bin ich Single? Will ich das? Wenn nicht, warum bin ich immernoch allein? Kein Wunder also, dass man da als Single schlechte Laune bekommt und eigentümlich wird. Irgendwann färbt sowas ja schließlich auch ab und am Ende glaubt man vielleicht selbst noch daran beziehungsunfähig zu sein und sucht die Fehler bei sich. Und obendrauf wird der arme Single dann dafür auch noch als neurotisch beschimpft. Na herzlichen Glückwunsch lieber Gesellschaftssolist. 100 Punkte für den Kandidaten.

Ein bisschen mehr Einfühlungsvermögen, Akzeptanz und bis zu einem gewissen Grad vielleicht auch Verständnis auf beiden Seiten würde eine Annäherung begünstigen. Dann wäre das Bild der Singles vielleicht weniger von Neurosen geprägt und das der Pärchen nicht mehr so klischeebeladen dominant.

Feinripp ist der Tod für jeden Arsch

Wie sagte letztens Jemand zu mir: „Feinripp ist der Tod für jeden Arsch!“ Und nein, damit war nicht Feinrippunterwäsche im allgemeinen Gebrauch gemeint. Auch wenn Feinripp nicht unbedingt als sexy verschrien ist, bedeutet die Verwendung dessen natürlich noch lange nicht den Tod. Gemeint war die Verwendung von Feinrippunterwäsche unter Radlerklamotten. Ob wundgescheuert oder nur ein eingesessenes Muster auf dem Hintern… Man kann sich in der Tat bildlich vorstellen, dass Feinripp bei ausdauernden Radtouren nicht unbedingt zuträglich für die schmerzfreie Beschaffenheit des zarten Gesäßes ist.

Darüber gerieten wir in eine Unterhaltung über Sportklamotten und Radlerhosen im Besonderen. Also diese wunderschönen Exemplare, die einen gepolsterten Arsch haben, damit eben dieser nach ausufernden Radtouren keine Blessuren davonträgt. Die, die das Gefühl von Windelärschen widerbeleben. Besonders sexy sind natürlich die Exemplare mit Trägern. Ja, es gibt die unterschiedlichsten Formen und Passformen, um dem Unterleib auch wirklich den größtmöglichen Komfort zu bieten. Und was tut man nicht alles um das sportliche Pensum ohne Quetschungen und Blessuren zu überstehen ;)

Viel interessanter war jedoch die Frage nach dem Darunter. Ich war der Meinung, dass man unter diesen Hosen sehr wohl noch seine Unterwäsche trägt. Meine Gesprächspartnerin hingegen offenbarte mir, dass man eben nichts darunter trägt. Um dem Scheuern auch ohne Feinripp keine Chance zu geben. Nun denn, ich habe mich in den hierfür unzählig vorhandenen Foren belesen und in der Tat hat sie Recht: man trägt normalerweise nichts darunter. Aber angenommen man plant dann eine länger andauernde Radtour, also über mehrere Tage und Wochen, müsste man ja eine ganze Palette dieser absolut nicht platzsparenden Wäschestücke mitnehmen. Nagut mindestens zwei + Waschmittel. Also haben wir überlegt, ob es auch andere Varianten gibt, das Hinterteil profilaktisch vor Muskelkater, Schmerzen, etc. zu schützen, ohne diese so entenärschig wirkende Radlermontour tragen zu müssen.

Laut einem Globetrotterverkäufer kann man auch Gesäßcreme verwenden. Gesäßcreme? Was soll das sein? Hämoriedensalbe? Nein, es gibt in der Tat Gesäßcreme und auch hierfür etliche Foren in denen die richtige und beste Gesäßcreme diskutiert wird. Man lernt nie aus! Auch wenn ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass diese wirklich vor Taubheitsgefühlen und Abnutzungserscheinungen schützen soll. Eher im Gegenteil, scheuert das nicht umso mehr? Nun denn, um dieser Frage wirklich auf den Grund zu gehen, bleiben nur zwei Möglichkeiten: Entweder ich starte eine Umfrage und verlasse mich auf Testberichte Anderer. Ooooooder ich betreibe selbst Feldforschung… Aber ob ich Letzteres machen möchte…? Dann greife ich doch, sollte die Notwendigkeit mal bestehen, lieber zum Entenarschdress mit Unterwäsche, aber ohne Feinripp :D

Wuff, ich habe gesprochen

Letztens, ich saß gerade mit einem Freund in einem Cafe, hustete es ganz erbärmlich hinter meinem Rücken. Mitleidvoll drehte ich mich herum, um das kläglich prustende Geschöpft auszumachen. Ob sich da Jemand am neusten It-Getränk Bubble-Tea verschluckt hatte? Nein! Weit gefehlt. Das arme Wesen war ein Mops. Und das Husten war kein Husten, sondern sollte vielmehr ein Bellen darstellen. Nicht, dass ihr nun denkt, mein Mitleid verfolg. Nein, es steigerte sich sogar noch. Quasi ins Unermessliche. Das arme Tier. So überzüchtet, dass es nicht einmal mehr bellen kann. Und so hustete das kleine Vieh unentwegt vor sich hin, bis Herrchen und Frauchen nach endlos langen 15 Minuten endlich Notiz davon nahmen und dem kleinen Fellknäul den Kopf tätschelten. Aber wie…. ‚Klatsch, Klatsch‘ Kein Wunder, dass man da als Hund blöd wird. Es heißt zwar immer „Ein Klaps auf den Hinterkopf fördert das Denkvermögen“, aber das da? Und dann täglich? Ich würde mal behaupten, dass dadurch eher das Gegenteil passiert. Die Gehirnzellen werden nach vorn geklopft und dann? Dann muss das arme Vieh wieder husten. Raus mit dem nun auf der Zunge kitzelndem Hirn. Was dann bleibt ist ein dümmlicher – oft auch als treudoof bezeichneter – Gesichtsausdruck. In Großstädten wie Berlin, wo Hunde oft nicht mehr als Hunde sondern als Accessoires fungieren, leider kein Einzelfall…

Und man sagt ja so einiges, über Hunde in der Stadt. Unter anderem, dass Hundehaltung in der Stadt unangemessen ist. Lange Zeit dachte ich: Was für ein Quatsch. So lange man seinem Vierbeiner genug Auslauf, etc. verschafft kein Problem. Aber nachdem mir in der letzten Zeit immer mehr eigenartige vierbeinige Zeitgenossen begegnet sind (oder vielleicht nehme ich sie auch erst aufgrund des Mops-Vorfalls so richtig wahr), kann ich diese Aussage verstehen. Zumindest bin ich nun der Meinung: Vierbeiner in der Stadt sind prädestinierte Irre. Instinkt und Orientierungssinn existieren nicht mehr. Wie auch bei so vielen unterschiedlichen Einflüssen. Und da verwandelt sich so manches Hundetier in einen echt schrägen Vogel. Sie röcheln beim Laufen wie Wildschweine, bellen als würden sie husten oder Luft ausstoßen „Pff“... Wo bleibt denn da der Hund im Hund?

Auch nimmt man doch an, dass Hunde so etwas wie ein Gespür für nahende Gefahr besitzen. Einen Sensor für brenzlige Situationen. Aber nein, ähnlich wie todessehnsüchtige Stadttauben, preschen sie geradewegs in ein Rad oder das nächstbeste herannahende Auto. Ohne Umschweife. Vor allen diejenigen unter ihnen, die allgemein auch als Fußhupe bekannt sind. Leiden sie an Größenwahn und Selbstüberschätzung? Oder suchen sie gar die Gefahr? Ist es ihr Jagdtrieb der sie dazu verleitet es mit jedem – und sei es ein Fahrrad – aufzunehmen? Oder wollen sie gar ihr „Rudel“ beschützen? Haben sie also gar noch das Wesen und die Seele eines richtigen Hundes in sich – und damit meine ich ein großes, stattliches Tier – und sind in diesen kleinen, krüppeligen Körpern gefangen? Oder haben sie das Stadtleben einfach satt? Anders kann ich mir jedenfalls nicht erklären, warum sie so unerschrocken mitten in den Tod stürzen wollen.

Neben diesen für die allgemeine Bevölkerung durchaus auch gefahrvollen Situationen – Ja, bei einer Vollbremsung kann es einen schon mal über den Lenker katapultieren – gibt es natürlich auch noch jene Momente, in denen die lieben Kleinen (oder auch Großen) zur allgemeinen Belustigung oder fassungslosem Kopfschütteln beitragen. So ist es doch immer wieder schön zu sehen, wie gut sich manche dieser Artgenossen mit sich selbst beschäftigen können. Man reiche ihnen nur ihren eigenen Schwanz und sie haben zu tun. Stundenlang. Nagut, etwas schlauere Exemplare dieser Erdenbewohner verlieren bereits nach ein paar Minuten das Interesse, aber ich habe erst letztens einen Pekinesen – ich nenne ihn mal ’Muff’, weil sich mir dieser Name sofort unweigerlich aufdrängte – in meiner Mittagspause dabei beobachtet. Und diese dauert eine Stunde. Und selbst als ich aufbrach, um mich wieder meiner Arbeit zu widmen, hatte ’Muff’ noch nicht genug von seinem Puschel am hinteren Ende seines behäbigen Körpers. Wenigstens ihr Jagdtrieb scheint also noch nicht ganz ausgelöscht. Obgleich auch er verkümmert ist. So müssen sich die Armen – aufgrund dessen in der Stadt nicht eben mal ein Reh vorbeispringt – mit dem nächstbesten achtlos weggeworfenen Kaugummipapier begnügen. Was ihnen dann oftmals jedoch sogleich entrissen und von vorwurfsvollen Schimpftiraden in Babysprache begleitet wird. Denn Viele (nicht alle!) Hundebesitzer reden mit ihrem vierbeinigen Freund als wäre er/sie etwas minderbemittelt. Da kann ein Hund ja nur zum Schatten seiner selbst werden, denn man sagt ja nicht umsonst: „Der Ton macht die Musik.“

Gerade deshalb gibt es vielleicht inzwischen so viele Exemplare, bei denen man nicht einmal genau erkennen kann, worum es sich eigentlich handelt. Willst bzw. sollst du ein Hund sein? Hm… du siehst aber eher aus wie ein explodierter Hamster. Einfach zum schreien diese überzüchteten Artgenossen. Noch erschreckender finde ich  es jedoch, dass es Menschen gibt, die beim Anblick eines solchen Wesens in Entzücken und hysterisches Jauchzen geraten. Das kann doch nicht euer Ernst sein!!! Und da liegt wohl auch der ’Hund’ im Pfeffer begraben: Man muss den Vierbeinern nämlich nachsehen, dass sie selbst ja weder etwas für ihr Aussehen, noch ihr Gebaren können. Schließlich ist es der Mensch, der sich solche Accessoires heranzüchtet und bestimmte Klischees, die es nunmal über so manchen dieser Artgenossen gibt, tatkräftig unterstützt. Ein schauriges Bespiel sieht man hier. Mit dem kann man’s ja machen…

Tja… bei all der Belustigung kann einem das liebe Vieh also oftmals nur Leid tun. Ich hoffe deshalb inständig für sie, dass sie nicht doch noch das Wesen eines richtigen Hundes in sich haben. Wenn doch wünsche ich ihnen, dass Jemand so gutherzig ist, den verwunschenen Wolf zu küssen und ihn damit aus seiner hin und wieder lächerlichen Hülle zu befreien.. Und dann werden wir mal sehen, wer hier an der längeren ’Leine’ sitzt…

Stille Wasser sind tief bzw. Kleine Städte haben’s in sich

Man glaubt gar nicht, was einem so alles in einem kleinen Städtchen in Sachsen-Anhalt passieren kann. Wie sagt man so schön „Stille Wasser sind tief“ und vielleicht lässt sich das ja auch auf Städte übertragen. So nach dem Motto „Kleine Städte haben’s in sich“. Obwohl es eigentlich nicht das Städtchen an und für sich ist, sondern eher die Stadt als Schauplatz. Aber von vorn.

Es war ein kalter Winterabend. Die Straßen vereist, die Nasen und Gesichter der Menschen rot. Man verkroch sich ins Warme. So auch mein Freund und ich. Wir hatten es uns bei einem kleinen Italiener in der Innenstadt gemütlich gemacht und gerade mit dem Essen begonnen, als am Nebentisch ein auffallendes Pärchen Platz nahm. Optisch stachen sie einfach aus dem Rest der Leger und winterlich gekleideten Menschen heraus. Sie, schätzungsweise Mitte vierzig, im roten Kleinen mit Ausschnitt bis zum Bauchnabel. Passend dazu rote Fingernägel, rote Pumps und ganz viel Schminke im solariumgebräunten Gesicht. Er, vielleicht Mitte/Ende dreißig, mit tiefem V-Ausschnitt, Goldkettchen und Oberarmen, die dicker waren als meine Schenkel. Natürlich zugehakt von oben bis unten und natürlich auch solariumgebräunt.

Sorry, aber da musste ich einfach hinsehen. Deshalb fiel mir auch auf, dass sie sich immer wieder lasziv eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich, während er unentwegt an seiner Kette herumspielte. Wie süüüß, selbst Checker und Tussi sind nervös vor einem ersten Date. Denn das war es ganz offensichtlich. Die beiden tauschten sich gerade über diverse Portale und Apps zum Kennenlernen aus. Mein Freund fühlte sich bereits jetzt durch die eigenartige Konversation gestört. „Lass sie doch, die haben ihr erstes Date. Die sind aufgeregt.“, beschwichtigte ich ihn. „Meinst du?“, fragte er und seine Aufmerksamkeit war geweckt. Meine Vermutung sollte sich bestätigen, als die beiden anfingen sich lautstark über den Anfahrtsweg zu unterhalten. Das kleine Städtchen in Sachsen-Anhalt war also die Mitte der beiden. Sie aus Thüringen, er aus Niedersachsen. Alles klar. Aber warum verschlug es sie ausgerechnet in diese kleine Provinzstadt??? Wir sollten es schon bald erfahren…

Auch wenn ich mich bemühte nicht hinzuhören, denn für gewöhnlich gönne ich mir und anderen Leuten ihre Privatsphäre, es ging gar nicht anders. Sie saßen ja auch nur circa zwanzig Zentimeter von uns entfernt und drängten uns ihr Kennenlernen geradezu auf.

Während er nun sein Carpaccio geradezu inhalierte und sie mit einer Pizza kämpfte, erfuhren wir Lebensläufe, Lebensweisen und Hobbies. Sie die erfolgreiche Radio- und TV-Journalistin, die sich inzwischen mit Personal Coaching selbständig gemacht hat, er „macht in Versicherungen und so“. Zudem sei er ein sehr sauberer Mensch. Ja, seine Wohnung sei astrein, genauso wie sein Auto. Ich will ja nichts sagen, aber: War ja klar! Ach ja, und er stehe natürlich auf Fitness. Sach bloß, hätte ich nieeeeemals vermutet.

Anschließend erfolgte ein Monolog über seine wirklich außergewöhnliche Persönlichkeit. Darüber, dass ihn viele als Fake bezeichnen würden, was er natürlich nicht sei. Begleitet wurde sein Monolog nun nicht mehr von Kettenspielerein sondern von Brustkneten. Entschuldigt, wenn ich mich noch einmal einschalte, aber so wie er da saß, war er genau das: Fake. Ich möchte ihm ja gar nicht absprechen, dass er auch ein Wesen hinter seiner Fassade hat, aber das zeigte er hier definitiv nicht. Weiter ging es mit Geldangelegenheiten, seiner Vorliebe zur Technomusik (ja, er sei leidenschaftlicher DJ), sexuellen Vorlieben, etc. pepe. Sie erzählte dafür von ihren zwei Kindern, dass sie eine ganze Wilde gewesen sei und das Abenteuer braucht. Deshalb fände sie es auch überhaupt nicht prickelnd, dass ihre Freundinnen keine Lust mehr auf lange Partytouren durch die Clubs haben. Dafür sei es ja auf der anderen Seite auch gut jemanden Verlässlichen an seiner Seite zu haben.

Ich fragte mich immer mehr, was für ein komisches Date das doch war. Wer wollte bzw. suchte denn jetzt was? Kaum kennengelernt, packten die hier ihren finanziellen Background, ihre partnerschaftlichen und sexuellen Vorlieben, etc. aus. Ich erinnerte mich an mein erstes Date mit meinem Freund. Ich konnte mich beim besten Willen nicht daran erinnern, dass wir uns auch gleich alles aufs Brot geschmiert haben. Aber gut, jedem das Seine. Vielleicht fackelt man im Alter ja auch nicht mehr lange, sondern macht Nägel mit Köpfen. Und während ich mich noch an unsere ersten Dates erinnerte und in einer ganz anderen Welt schwebte, holten mich die Stimmen der beiden zurück. Hatte sie gerade gesagt: „Mein Mann ist da voll tolerant. Erst letzte Woche war ich das Wochenende weg.“? Mein Freund und ich guckten uns wissend an…

Das war kein Date. Das war ein Sexdate! Deshalb auch ihr frivoles Haarsträhnenspiel und sein ständiges Brustgeknete. Deshalb der kleine, unscheinbare Ort in Sachsen-Anhalt, an dem sie wohl niemand vermutete, geschweige denn sehen könnte.

Ich war baff. Also nicht, dass mir nicht bewusst wäre, dass es diverse Portale für derartige Treffen gibt. Und nicht, dass ich so naiv wäre nicht zu wissen, dass diese Seiten hoch frequentiert benutzt werden. Aber Zeuge eines solchen Spektakels zu werden… Mein Freund kam auch aus dem feixen nicht mehr heraus. So aufregend konnte also ein Abend in einer kleinen, knapp 28.000-Seelengemeinde sein. Spannender als der Film, den wir zuvor im Kino geschaut hatten.

Und während ich mich für die kalte Winternacht in meine wärmenden Winterklamotten schälte und darüber nachdachte, ob ihr Mann wohl von ihren kleinen Abenteuern wusste, bekamen wir zum Abschied noch die ultimative Frage dargeboten. „Sag mal, hast du Zimmerpflanzen?“, fragte sie süffisant. Und er antwortete: „Du wirst es nicht glauben, aber ich habe nur künstliche Pflanzen.“

Gebrauchsanweisung Mensch

„Das Fabrikat Mensch ist sehr sensibel. Bitte gehen sie deshalb sorgsam mit ihm um!“

Vor einer Weile erzählte mir Jemand er sei ein Grenzgänger und schwer handhabbar, was bisweilen langfristig noch immer dazu geführt habe, dass seine Beziehungen wieder auseinander gingen. Ich begann zu grübeln. Wie steht es denn diesbezüglich um mich? Bin ich einfach? Bin ich schwierig? Bin ich beides und wenn ja, wann bin ich was? Ich musste nicht lange überlegen. Eigentlich bin ich ganz umgänglich, aber auf der anderen Seite bin wohl auch ich schwer handhabbar. Was für eine Erkenntnis. Wenn nicht vielleicht die Erkenntnis. Denn wie sagt man so schön: „Einsicht ist der erste Weg zur Besserung.“ In diesem Fall könnte man also sagen: Wenn man erst einmal weiß, wann man wie reagiert und warum, kann man auch etwas daran ändern. Gesetz den Fall es stört etwas an der einen oder anderen Reaktion und Verhaltensweise. Und ganz plötzlich schoss mir ein Gedanke in den Kopf. Für die Überbrückung von Differenzen und als Erleichterung fürs Gegenüber. Eine Gebrauchsanweisung.

Eine Gebrauchsanweisung für das ‚Fabrikat Mensch‘. Ja, ich gebe ja zu, das klingt schon komisch. Schließlich sind wir keine Maschinen, auch wenn manche das hin und wieder anzunehmen scheinen. Und schließlich sind wir stets und ständig im Wandel, verändern uns, entwickeln uns weiter… Und dennoch, wenn ich so drüber nachdenke: eine erheiternde Vorstellung. Ob ich in manchen Bereichen umgänglicher wär’, wenn das Gegenüber genau wüsste welche Knöpfe in diesem Moment gedrückt werden müssen? Oder würde man dann automatisch – so quasi aus Trotz, dass jemand einen durchschaut hat – doch wieder anders handeln und reagieren als es die Gebrauchsanweisung es voraussagt?

Ich für meinen Teil hatte auf jeden Fall schon die eine oder andere Situation, in der ich erwartet hätte, dass mein Gegenüber jetzt so oder so handelt. Es aber nicht tat. Weil mein Gegenüber – so erfuhr ich dann z.B. im Nachhinein, wenn ich nachfragte – gar nicht ahnte, dass ich mir in diesem Moment diese oder jene Reaktion erhoffte. Passive Erwartungshaltung nennt man das wohl. Aber bedeutet das nun auch, dass ich schwer handhabbar bin? Oder ist das bis zu einem bestimmten Grad einfach nur menschlich? Würde es anders laufen, wenn ich meine Erwartungen klar kommuniziere? Oder ist es einfach auch nur eine Frage der Herangehensweise und Sicht auf die Dinge?

Wie dem auch sei. Fakt ist: Der Mensch ist von Natur aus kompliziert. Und mit fortschreitender Sozialisation, Erfahrung, etc. wird der Mensch immer eigentümlicher. Jeder auf seine Weise. Und Schwups steht man vor der Frage: Was tun, wenn‘s brennt? Noch komplizierter wird es oft dann, wenn die so unterschiedlich konstruierten und programmierten Gattungen ‚Mann‘ und ‚Frau‘ aufeinandertreffen… Aber seien wir mal ehrlich. Das Leben wäre wohl auch halb so spannend, wenn jedes Modell des ‚Fabrikat Mensch‘ gleich funktionieren würde. Wenn alle Reaktionsmechanismen, Handlungsweisen, etc. planbar wären. Und dennoch machen wir uns das Leben manchmal gegenseitig schwerer als es sein müsste.

Vielleicht wäre also das Niederschreiben einer eigenen Gebrauchsanweisung sogar ein gutes Mittel um mehr über sich selbst herauszufinden. Um sich darüber bewusst zu werden wie und warum man in manchen Situationen so und nicht anders handelt. Warum sich bei dem einen oder anderen Wort diese bestimmte Emotion einstellt. Warum man nach bestimmten Mustern handelt. Warum etwas anderes denkt als man sagt. Warum man mit bestimmten Bedürfnissen hinter dem Berg hält, etc. Eventuell ist man am Ende der niedergeschriebenen autobiographischen Gebrauchsanweisung bereits ein bisschen weniger schwer handhabbar. Weil man sich selbst etwas besser kennengelernt hat. Weil man sich reflektiert und hinterfragt hat.

Ich habe mir jedenfalls den Spaß erlaubt, und hier mal exemplarisch ein paar wenige Kapitel aus der Gebrauchsanweisung zur miss sophie herausgezogen. Bei Nachfragen wenden sie sich an das Modell höchstpersönlich.

Vorwort

Diese Gebrauchsanweisung ist wie eine Art Grundkurs zu verstehen. Ähnlich wie beispielsweise bei einem Tanzkurs lernt man hier Schritt für Schritt den Takt des Fabrikats/Modells kennen, ihm zu vertrauen und auf eventuelle Störungen angemessen zu reagieren.

 Kapitel 1: Allgemeine Hinweise

Sie haben es hier mit einer weiblichen Ausführung der Gattung Mensch zu tun. Die miss sophie 83 ist bereits dreißig Jahre alt und hat deshalb bereits einige Macken und Abnutzungserscheinungen. Bitte sehen Sie darüber hinweg, Sie haben es dafür mit einem ausgesprochen seltenem Sammlerstück zu tun. Genauer gesagt mit einem Unikat. Die miss sophie 83 besitzt die Fähigkeit zu lieben, zu leiden, zu denken, zu sprechen und vieles mehr. Abwechslung ist also garantiert.

Kapitel 2: Montage

Die miss sophie 83 ist bereits vollständig montiert, Sie haben also keinerlei Arbeit vor dem Gebrauch.

Kapitel 3: Erste Schritte

Beim Erstkontakt schütteln Sie der miss sophie 83 zur Begrüßung die Hand. Ein paar nette Worte sind auch nicht schlecht um den Warmlaufmodus der miss sophie 83 zu beschleunigen. Sollten Sie die miss sophie 83 bereits näher kennen, dürfen Sie sie durchaus auch umarmen. Sind Sie gar mit ihr liiert, darf es auch ein Kuss sein o.ä. Ihrer Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt. Die miss sophie 83 wird es Ihnen mit einwandfreier Betriebstemperatur danken. 

Kapitel 4: Reinigung & Pflege

Die miss sophie 83 reinigt sich von selbst. Es ist jedoch nichts dagegen einzuwenden ihr hin und wieder eine Extrapflege in Form einer Massage, o.ä. zukommen zu lassen. Das poliert nicht nur die äußere Erscheinung der miss sophie 83 sondern fördert auch ihren inneren Betriebsmodus.

Kapitel 5: Problemlösung

Eines gleich vorab: Gewalt ist keine Lösung. Das zerstört die miss sophie 83 nur. Seien Sie also behutsam. Aufgrund des Alters des Fabrikats besitzt die miss sophie 83 natürlich – wie jedes andere Modell des ‚Fabrikat Mensch‘ auch – einige Eigenarten, die hin und wieder zu Verständnisproblemen führen können. Sollten Sie in einer solchen Situation nicht wissen, wie Sie die miss sophie 83 handhaben sollen, scheuen Sie sich nicht direkt nachzufragen. Alternativ finden Sie hier ein paar Problemlösungsansätze für die gängigsten Betriebsschäden des ‚Fabrikat Mensch‘, insbesondere des Modells miss sophie 83.

5.1. Das Gerät reagiert nicht auf Signale

Es kann durchaus vorkommen, dass die miss sophie 83 mal nicht reagiert. Dies könnte daran liegen, dass die von Ihnen gesendeten Signale nicht eindeutig sind. Überprüfen Sie also Ihren eigenen Kommunikationsmodus und legen Sie gegebenenfalls an Eindeutigkeit nach. Sollte die miss sophie 83 noch immer nicht reagieren, besteht die Möglichkeit, dass sie sich noch in der Reaktionsfindungsphase befindet. Geben Sie ihr etwas Zeit, sie hat ein Alter erreicht in der Verzögerungen durchaus an der Tagesordnung sein können. Ggf. fragen Sie vorsichtig nach dem Stand des Verarbeitungsprozesses nach. Sollten Sie die miss sophie 83 noch nicht kennen und dies Ihr erster Versuch sein, mit ihr in Kontakt zu treten, kann es durchaus sein, dass die Art und Weise Ihrer Ansprache nicht mit dem Gerät zusammenpasst. Leider gibt es hierfür keine Treiber, weitere Mühen sind also zwecklos. Das Modell passt einfach nicht zu Ihnen. 

5.2. Das Gerät sendet uneindeutige Signale

Sollte die miss sophie 83 uneindeutige Signale senden, kann dies daran liegen, dass die inneren Verarbeitungs-mechanismen durcheinander gekommen sind und die miss sophie 83 den richtigen Reaktionsmechanismus noch nicht finden konnte. Hin und wieder gibt es hier Lücken im System oder Programmierungsfehler, die die miss sophie 83 verunsichern. Sie können in solchen Situationen versuchen den Reaktionsmechanismus etwas zu beschleunigen, indem Sie der miss sophie 83 auf die Sprünge helfen. Prüfen Sie dazu folgende Dinge und handeln Sie nach Anleitung: 

Bei wässrigen Augen oder kompletter Ratlosigkeit im Blick bitte einfach in den Arm nehmen.

Bei bereits austretender Feuchtigkeit aus den Augenhöhlen reichen Sie ein Taschentuch und versuchen Sie die miss sophie 83 schnellstmöglich trocken zu legen. Anderenfalls gibt es unschöne Flecken auf der Politur. 

Bei gerunzelter Stirn und blitzenden Augen vorsichtshalber Sicherheitsabstand halten oder gleich das Weite suchen.

Bei undeutbarem Gesichtsausdruck vorsichtig antasten und je nach Veränderung nähern oder fliehen.

[…]

5.3. Das Gerät hört nicht auf zu reden

Hat die miss sophie 83 einmal Vertrauen gefasst und liegt mit ihnen auf Betriebstemperatur, kann es hin und wieder zu übermäßiger sprachlicher Aktivität kommen. Um den Redeschwall zu unterbrechen oder gar auszuschalten, machen Sie sich bitte verbal oder gestenreich bemerkbar. Sind Sie mit der miss sophie 83 liiert, können Sie den Redefluss auch einfach durch den Verschluss des Mundes via küssen unterbinden. Sind Sie nicht mit der miss sophie 83 liiert, sollten Sie dies eher vermeiden. Es ist sonst ziemlich wahrscheinlich, dass die miss sophie 83 mit rhythmischen Störungen reagiert und die Hebelfunktion des Armes in Bewegung gesetzt wird. Darunter kann die Betriebstemperatur leiden.

5.4. Das Gerät droht zu platzen

Sollte die miss sophie 83 in Ihrem Beisein zu heiß laufen, fächeln Sie ihr Luft zu und reden Sie gut auf sie ein. Bei Erfolg sollte die rötliche Färbung der Politur weichen, der Atem ruhiger werden und der Gesichtsausdruck mildere Züge annehmen. Bei Misserfolg sehen Sie im Anhang unter „mögliche Abwehrmechanismen“ nach, wie Sie die miss sophie 83 anderweitig wieder auf Betriebstemperatur bekommen.

[…]

Andere Länder, andere Sitten ODER Wie Reisen den Blick für’s Leben schärft

Man lebt so vor sich hin. Hat seinen Alltag, seine Sorgen, seine Wünsche. Baut sich Schritt für Schritt etwas auf und hält daran fest. Das Ziel fest im Blick kann es schon mal passieren, dass man den Blick für das Wesentliche verliert. Dafür worauf es im Leben wirklich ankommt. Nämlich Gesundheit und ein stabiles soziales Umfeld. Freunde, Familie. Eben Menschen mit denen man seine Zeit verbringen möchte und auch kann. Das klingt banal, ist es aber nicht, wenn man sich einmal vor Augen führt, dass es nicht überall auf der Welt so ist.

Im asiatischen Raum beispielsweise gibt es Länder, in denen nur die älteste Tochter heiraten darf. Weil die Familien einfach kein Geld haben. Deshalb gibt es dort auch viele Menschen die allein leben und sich dafür schämen. So erzählte mir eine Freundin, die mit ihrem Mann lange in Laos, Burma, etc. unterwegs war. Ihre Reiseberichte sind sehr emotional und regen zum nachdenken an. Denn ihr ist genau das vor die Füße gefallen: Das Gefälle zwischen dem eigenen und dem fremden Lebensstandard.

Da ist man also in einem fremden Land, einem Land in dem die Menschen nicht viel besitzen und deren größter Wunsch es ist, nicht allein alt werden zu müssen. Doch dieser Wunsch ist für viele dort unerreichbar. In einem Land, in dem sich die Menschen freuen, wenn man ihnen zwei selbstgeschmiedete Scheren abkauft, weil sie sich davon einen ganzen Monat ernähren können. In einem Land, in dem man so gastfreundlich aufgenommen und zum Essen in die Familie eingeladen wird, obwohl die Einladenden selbst nichts besitzen. Da passiert es natürlich, dass man darüber nachdenkt, wie gut man es eigentlich hat. Und dass man dieses Gut auch nicht hergeben möchte. Dass man sich aber dennoch schlecht fühlt, weil man im eigenen System ganz schnell vergisst, wie gut man es hat.

Oft zehrt man noch lange nach einer solchen Reise von seinen Eindrücken, versucht im eigenen Land danach zu leben. Doch schneller als gedacht, ist man wieder drin, in der Mühle des eigenen Systems. Und das kann man sich nicht einmal vorwerfen. Denn: andere Länder, andere Sitten. Man kann hier einfach nicht so leben wie beispielsweise dort. Das System lässt es gar nicht zu. Hier herrschen ganz andere Ansprüche an das was ein Mensch tun und sein sollte, denen man sich nicht gänzlich entziehen kann. Und so passiert es in unserer Gesellschaft oft, dass der Blick vom Wesentlichen auf das Unwesentliche fällt. Dass man unbewusst vor sich hin und aneinander vorbei lebt.

Und dennoch liegt es letztlich an jedem selbst, wie er leben möchte und worauf es ihm dabei ankommt. So schafft sich jeder sein eigenes kleines System. Ein System im System sozusagen. Der eine passt sich dem vorgegebenen Gesellschaftssystem voll und ganz an, der nächste geht soweit mit wie er muss, stellt für sein Privatleben aber eigene Werte und Normen auf. Letztlich kommt es bei dem Gedanken an ein bewussteres Leben ja auch nicht darauf an, auf alles zu verzichten. Es ist vielmehr eine Entscheidung. Nicht immer das Neuste haben und kaufen zu müssen, nur weil es hier eben so zelebriert wird. Nicht im Überfluss leben oder gar horten zu wollen, nur weil es die Konsumgesellschaft so vorgibt. Nicht alles können zu wollen und zu müssen, nur weil es erwartet wird. Sich stattdessen an den kleinen Dingen erfreuen zu können. Seine Lieben zu schätzen und ihnen das auch zu zeigen. …

Letztlich hat ein bewussteres Leben also auch etwas mit Mut zu tun. Mit Mut, Gefühle und Bedürfnisse wahrzunehmen und zu zeigen. Denn das ist etwas, was in unserer Gesellschaft leider immer mehr abhanden kommt. Auf der anderen Seite ist es aber auch das, was uns am Leben erhält.

Miau, ich habe gesprochen

So ein Katzenleben, denkt man immer, ist schön. Schlafen, essen, Maus jagen, schlafen, essen, stromern,… Aber fragt mal eure Katzen. Sie werden sagen: So ein Katzenleben ist nicht einfach. Das fängt beim Essen an, geht über die Unsäglichkeiten der Kommunikation und reicht bis hin zu unliebsamen Mitbewohnern. Ja, eine Katze hat es wirklich nicht leicht.

Ich werde das natürlich wie immer an einem bzw. mehreren Beispielen belegen. Bei den Katzen meiner Oma und Tante ist das nämlich wie folgt…

Zunächst einmal gibt es Zwei. Eine alte Lady und einen Herren in seinen besten Jahren. Beide können sie sich auf den Tod nicht ausstehen. Wie gut, dass das Haus zwei Etagen und zwei menschliche Mitbewohner hat. So darf quasi jede Katze einen Menschen und eine Etage ihr eigen nennen. Kommt man sich dann dennoch mal in die Quere ist Katzenjammer angesagt. Beziehungsweise machen es Katzen, genau wie Menschen, hin und wieder erstmal weitaus subtiler, bevor sie dann tatsächlich lauthals das Gefecht antreten. Der Katzenjammer ist also eher der unüberhörbare Gipfel diverser vorangegangener stiller Kampfansagen. Vorangegangene Sticheleien reichen vom Haare sträuben, über sich gegenseitig einfach mal eine mit den Krallen über den Deez zu hauen, bis hin zu den ersten verbalen Anzeichen wie Fauchen. Bekommst du als Mensch derartige Auseinandersetzungen mit, haben es die lieben Kleinen wunderbar drauf die oder den Unschuldigen zu spielen. Dann schauen sie dich mit großen Augen an, ihr Blick sagt „Ich war die bravste Katze der ganzen Welt!“. Ähnlich verhält es sich in Situationen, in denen das liebe Fellknäuel etwas getan hat, was es nicht tun darf. Möbel zerkratzen, die Bude auf den Kopf stellen, etc. pepe.

Aber selbst wenn man als Katze keinen unliebsamen Mitbewohner hat, es gibt genug andere Probleme. Da wäre zum Beispiel die Kommunikation. Ihr wusstet es vielleicht noch nicht, aber nicht jede Katze spricht gleich. Auch sie haben zumindest so was wie einen Dialekt. Zumindest sprechen bzw. maunzen allein die beiden Katzen meiner Family unterschiedlich. Während sich die Dame mit dem gewöhnlichen „Miau“ auszudrücken pflegt, redet der kleine Herr ständig von irgendeinem „Mack“. Sitzt neben dir, schaut dich mit triefenden Augen an und alles was er sagt ist „Mack!“. Und zwar in einem herzzerreißenden Tonfall. Ich nehme also an, dass „Mack“ gleich „Hunger“ ist, denn er spricht auch nur zu dieser Gelegenheit. Bei allem anderen Belangen schweigt er still und versucht sich stattdessen, wie es Katzen eigentlich von Natur aus gegeben ist, via Gesten und Mimik zu artikulieren.

Wie also bereits erwähnt, beruht die Kommunikation der lieben Vierbeiner eher auf Gestik und Mimik. Und da hat es das arme Tier auch wieder nicht leicht, müssen die Menschen auch immer alles missverstehen… Aber mal etwas zu unserer Verteidigung. Wir Menschen neigen eben dazu Zeichen stereotyp zu deuten. Eine Katze die um die dir Beine schmiert oder ihren Kopf ständig in deine Handfläche drückt, will gestreichelt werden. Eine Katze die mit dem Schwanz wackelt, ist angepisst, etc. Aber denkste. Wie auch bei Menschen, gibt es diejenigen Exemplare unter Katzen, die etwas signalisieren aber was ganz anderes meinen. Oder aber sie können sich einfach nicht entscheiden, was sie eigentlich wollen.

Ich kenne ein solches Exemplar. Eine zwischenzeitliche Mitbewohnerin meiner Family. Sie schmierte einem so heftig um die Beine, dass man Gefahr lief über sie zu stolpern. Wenn man sich nach etlichen Fluganfällen „erbarmte“ und sie streicheln wollte, hatte man blitzschnelle ihre Krallen in der Hand. Autsch! Kaum, dass sie das gemacht hatte, fing sie wieder an zu schmieren. Hm… Will se nu oder nich? Hat man also noch einen Versuch gewagt, so nach dem Motto „Jeder hat eine zweite Chance“ verdient, hat man wieder eine gefaunzt bekommen. Nun denn, aus Fehlern wird man klug… …und das arme Tier bekam fortan weniger Streicheleinheiten.

Auch das Thema Essen ist ein eher heikles. Katzen sind wählerisch. Da kann es schon mal vorkommen, dass man es sich mit dem lieben Fellknäuel verscherzt, weil man es doch tatsächlich gewagt hat, das falsche Futter auszusuchen. Ohweh… Es kann schon eine Weile dauern bis sie bereit sind diesen Fauxpas zu verzeihen. Logisch, anderenfalls würde man wohl immer wieder so doof sein, ihnen dieses Futter unterjubeln zu wollen. Es sei ihnen also verziehen. Schwieriger wird es da schon, wenn das einstige Lieblingsfutter plötzlich zum absoluten Ekelobjekt wird. Aber auch das sei den lieben Vierbeinerner natürlich zugestanden. Wer mag schon immer das Gleiche essen…

Bei anderen Dingen hingegen ist die Katze ein Gewohnheitstier. Rituale sind hoch im Kurs. Und wehe da kommt jemand und meint sie durchbrechen zu können. Deshalb gestaltet sich beispielsweise der Fütterungsakt bei so eigenwillige Katzen wie denen meiner Verwandten eher schwierig. Der liebe Herr Kater würde verhungern, wenn sein Mensch mal in den Urlaub fahren sollte. Denn der liebe Herr nimmt sein Essen nicht von jedem an. Von mir zum Beispiel nicht. Als ich bei meinem letzten Besuch die Güte besaß ihn zu füttern, nachdem er mich mit weinerlichen Augen anschaute und mir mit einem Dauer-„Mack“ seinen Hunger klagte, zog er es vor die Diva zu spielen. Essen aus meiner Hand war dem feinen Herren nicht gut genug. Stattdessen tänzelte er zunächst um den vollen Napf, um ihn dann den Arsch zuzudrehen und weitere „Mack“-Ausrufe zu starten. Solange bis sein Mensch kam und den Napf an sich nahm. Natürlich nicht um einen neuen Beutel Futter einzufüllen, sondern um ihn abermals auf den Boden zu stellen. Und ihr werdet es nicht glauben, aber Herr Mack fraß…

Wie ihr unschwer erkennen könnt, so ein Katzenleben ist tatsächlich sehr nervenaufreibend. Der Mensch macht es dem armen Tier aber auch wirklich nicht leicht. Bei all dem Eigenwillen kann das liebe Tier mit seinen Aktionen natürlich auch sehr zur Belustigung des Menschen beitragen. Ich für meinen Teil finde die Wortschöpfung „Mack“ jedenfalls so kreativ, dass ich sie in meinen eigenen Wortschatz übernommen habe. Und auch so besitzen die lieben Vierbeiner doch wahnsinnig viel komödiantisches Potenzial. Manche springen dir auf den Buckel, wenn es mit dem Essen zu lange dauert, wieder andere rammeln ihren Kopf einfach mal selbst in die Trockenfutterpackung. Denn natürlich schmeckt das Futter aus der Packung viel besser, als aus dem Napf. Noch amüsanter wird es allerdings, wenn der liebe Vierbeiner auf Drogen ist. So geschehen mit meinem Lieblingskater. Eines Abends, ich saß nichtsahnend auf der Eckbank meiner Großeltern und schlürfte einen Baldriantee für die gute Nacht, sprang er neben mich. Das allein war keineswegs besorgniserregend, machte er das doch immer. Aber er war Zeit seines Lebens ein sehr ruhiger und anständiger Kater. Bedeutet, er sprang nicht einfach auf den Tisch. Angesichts meines Baldriantees verlor er jedoch jede Hemmung. Er maunzte und sprang und war gar nicht mehr zu beruhigen. Bis wir ihm einen kleinen Schluck des begehrten Gebräus in seinen Napf gossen. Das Schauspiel was sich uns dann bot, werde ich nicht vergessen: Er aalte sich darin, rammelte seinen kleinen Kopf immer wieder in den Napf und hatte schlussendlich glückselige, aber völlig bekifft aussehende Augen. Auch das noch, eine teeabhängige Katze…

Harmlos! Aber welchen Schabernack die werten Stubentiger auch treiben, man kann ihnen einfach nicht lange böse sein. Denn wir wissen ja, so ein Katzenleben ist nicht einfach. Miau!

Die Sache mit dem Abschied

Abschiednehmen ist nie leicht. Oder vielleicht doch, wenn man sich zum Beispiel gemeinsam mit einem Herzensmenschen auf eine Reise begibt und sich für eine Zeitlang von seiner gewohnten Umgebung verabschiedet. Oder wenn man sich von etwas trennt, was einem ohnehin nicht gut tut. Einfach ist so ein Abschied dennoch nicht, denn der Mensch ist nun mal ein Gewohnheitstier. Ein überstürzter Abschied hinterlässt mitweilen sogar ein sehr eigenartiges Gefühl.

Ich zum Beispiel sitze gerade auf einem Bahnhof fest und habe einen solchen hektischen Abschied hinter mir. Gerade noch saß ich mit meinem Freund im Auto, schaute mir die vorbeifliegende Landschaft an und hing meinen Gedanken hinterher. Sicherlich anderen als er. Denn während er auf dem Weg zu einem Festival ist, habe ich meine Reise angetreten, um einen Teil meiner Familie zu besuchen. Auf für mich halber Strecke ist bereits sein Ziel. Von hieraus sollte es also für mich mit dem Zug weitergehen. Durch einen Stau waren wir spät dran. Aber es hätte klappen können.

Am Bahnhof abgesetzt, verabschiedete ich mich also in aller Eile, um meinen Anschlusszug noch zu ergattern. Nur ein flüchtiger Kuss und los. Schon im Fortgehen bzw. –rennen überkam mich ein sehr eigenartiges Gefühl… Und dann? Der Zug fuhr mir vor der Nase weg. Mist! Und als ob das nicht blöd genug wäre, drängte sich nun auch noch das eigenartige Gefühl in den Vordergrund. Ein Gefühl, als wären wir im Streit auseinander gegangen. Nanu!?

Während ich nun die nächste Stunde über den trostlosen Bahnhof „schlendere“, denke ich darüber nach, woher dieses Gefühl so plötzlich und unerwartet kam. Und das obwohl es doch nur ein ganz kurzer Abschied ist, denn schließlich können wir uns schon in zwei Tagen wieder in die Arme schließen.

Ich glaube solch eine emotionale Reaktion ist, wie so oft im Leben, tief verankert. Bei mir ist es wohl etwas, was mir meine Mutter schon früh immer wieder eingebläut hat: Niemals im Streit auseinandergehen! Immer ordentlich Verabschieden! Man weiß ja nie… Ja, Recht hat sie ja, aber was weiß man denn eigentlich nie? Letzteres klingt ja fast schon berdohlich. Und genau das ist es wohl, was gerade wie eine unerwünschte Internetwerbung in mir aufgeploppt ist, nun unermüdlich wie ein Flummi in mir auf und abspringt und meinen Gefühlshaushalt auf Touren bringt.

Ich versuche mich also an andere Abschiede zu erinnern. Ob es mir da auch so erging? Von der Schulzeit konnte ich mich jedenfalls leicht verabschieden. Schließlich wartete da eine neuer, spannender, weil selbstbestimmterer Lebensabschnitt auf mich. Aber gut, es war eben kein Abschied von einem Herzensmensch. Und er war lange vorher abzusehen, so dass ich mich gebührend darauf vorbereiten konnte. Der Abschied zu einer einmonatigen Weiterbildung in Edingburg war beispielsweise durchwachsen. Leicht, weil ich gespannt war, was mich erwarten würde. Schwer aus Respekt vor dem Neuen. Der Abschied von meinem Opa, nach dem Besuch im Krankenhaus, war da schon schwieriger. Oder auch der von Freunden, von denen man weiß, dass es ihnen gerade nicht gut geht. Diese Abschiede waren und sind stets mit intensiven Gefühlen verbunden.

Generell bin ich wohl einer der Menschen, der nie dicke Freundschaft mit Abschieden schließen wird. Selbst wenn es solche sind, die Not tun. Es braucht seine Zeit, aber dann fühlt es sich auch richtig an. Tja, und hier liegt wohl der Hase im Pfeffer begraben: Ist ein Abschied ein eigener Entschluss, hat man sich darauf vorbereiten können, kann man den Zeitpunkt selbst festlegen und sich dafür soviel Zeit nehmen, wie man braucht, ist es einfacher Abschied zu nehmen.

Sind es also Art & Weise sowie Umstände, die ein „Adieu“ erschweren können? Oder stecken dahinter andere Ängste, die sich in so fremdbestimmten Situationen ihren Weg an die Gefühlsoberfläche bahnen?

Der Teufel liegt wohl auch hier im Detail. Meint, dass es wohl von Person zu Person unterschiedlich ist. Dass es, wie so oft im Leben, auf vergangene Erfahrungen mit dem Thema Abschied ankommt. Und dennoch glaube ich, dass uns Menschen hier eines eint, wenn auch in unterschiedlichen Ausprägungen. Nämlich die Verlustangst. Die Befürchtung, dass sich dadurch etwas verändern könnte. Die Furcht, dass man etwas Liebgewonnenes verliert. Die Sache mit dem „Abschiedsdrama“ ist wohl also einfach nur menschlich.

Und dennoch, man sollte sich diesem Gefühl wohl nicht all zu sehr hingeben. Denn Angst lähmt. Klar, ein bisschen „Trennungsschmerz“ ist nicht von der Hand zu weisen, zeigt er doch einfach nur die Bedeutung der jeweiligen Person oder Sache. Aber dann… Schicht im Gefühlschaos-Schacht!

Ich schüttele meine Gedanken ab, suche meinen Zug und freue mich auf die bevorstehende Fahrt durch eine wirklich traumhafte Landschaft. Und während ich nun auf den herrlich grünen Teppich schaue, der an mir vorbeischwebt, verfliegt auch ganz langsam das dumpfe Gefühl. Tja und dann freue ich mich ganz einfach auf’s Wiedersehen in zwei Tagen. Auf das dies entspannter wird, als der Abschied.

In diesem Sinne: Ein Hoch auf die Wiedersehensfreude! Es lebe die Reunion!

Diskretionszone

So ein Arztbesuch ist nicht lustig, so ein Arztbesuch der ist…

„Diskretion. Bitte halten Sie Abstand!“ „Diskretion. Bitte hier Warten!“ So oder so ähnlich lauten diverse Spruchtafeln und selbstausgedruckte, feinsäuberlich laminierte Zettel sobald man sich der Anmeldung einer Arztpraxis nähert. Noch schöner ist es, wenn dieser Bereich gleich zu einer Art Gefahrenzone ausgerufen wird: „Diskretionszone“. Eigentlich wollte ich mir nur ein paar Impfungen abholen und nicht noch einen Virus. Dank des Warnhinweises aber, schleicht sich sofort das Gefühl von Gefährdung ein. Man kann sie förmlich sehen, die nach deiner Gesundheit gierenden Viren und Bakterien. Bloß gut, dass ich nicht hypochondrisch veranlagt bin und mein Immunsystem nicht so leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen ist. Aber so Unrecht hat der menschliche Instinkt mit den einsetzenden Ausnahmezustandsszenarien vielleicht gar nicht. Immerhin befindet man sich hier möglicherweise mitten in einem Virenherd. Der Begriff ‚Diskretionszone’ ist somit zwar etwas dramatisiert, verschafft aber dem menschlichen Geist sogleich den Turbobooster in Sachen Obacht. Dieser wiederum sendet sofort das Signal ‚Abwehr’ an sämtliche Körperfunktionen und eine mögliche Infektion kann gerade noch abgewehrt werden. Aber zurück zur erbetenen Diskretion.

Oft findet man zusammen mit diesen ‚Abwehr’-Schildern eine farbenfrohe (oft rot, denn rot signalisiert ebenfalls ‚Obacht’ oder ‚Gefahr’) Abstandslinie auf dem Boden. Für Diejenigen die nicht lesen können (aus welchen Gründen auch immer, z.B. weil sie ihre Brille vergessen haben oder in ihrem desolaten Zustand die Augen nicht mehr richtig aufbekommen, etc. pepe). Oder schlicht und ergreifend zur Verdeutlichung der auf den Zetteln dargestellten Sachlage. Welche Sanktionen es nach sich zieht, wenn man Schilder und Markierungen missachtet, ist nicht überliefert. Von tödlichen Blicken der ohnehin oft mäßig gut gelaunten Arzthelferin (es sei ihnen nicht verübelt angesichts der sich ihnen gegenüber befindlichen Gefahrenzone) bis zur Selbstschussanlage wäre theoretisch alles möglich. Also was macht der Mensch: Lieber stehen bleiben. Man weiß ja nie…

Brav quetschen sich also alle Kranken, Kränkelnden und ich hinter die Abstandsmarkierung und bilden eine Reihe. Zu Grippewellenzeiten wie diesen kein leichtes Unterfangen. Die Schlange wird länger. Man muss näher rücken, um als Letzter in der Reihe nicht die sich ständig neu öffnende Praxistür in den Rücken gerammt zu bekommen und sich anschließend wegen eines akuten Rückenleidens auch noch zum Physiotherapeuten schleppen zu müssen. Immerhin ist so ein Anmeldebereich nicht unendlich groß. Mit dieser Menschenschlange wäre also die Diskretion des an der Anmeldung Stehenden physisch gegeben, die der Wartenden wohl eher nicht. Und genau aus diesem Grund (und natürlich aus dem eben erwähnten Platzmangel) wird langsam aber sicher die Symmetrie der Wartepolonaise unterwandert. Einzelne Patienten tanzen aus der Reihe und die eben noch disziplinierte, an eine Grundschulklasse auf Wandertag erinnernde Schlange verwandelt sich in zu einer wild wabernden, kleinen Herde. Deren Mitglieder ungeduldig mit den Hufen scharren, wild auf ihren Handydisplay herumschieben, ihre Krankenkassenkarte durch ständiges Kneten fast in einen anderen Aggregatzustand zu versetzen oder einfach nur genervt gucken. Einige (meist diejenigen, die in Begleitung kommen) scheinen es aufgrund der sich lösenden Akkuratesse mit der Diskretion nicht mehr so genau zu nehmen. Neben ihren eigenen Leiden – Frau Hinz hat einen hartnäckigen Herpes und Herrn Kunz’ Blutdrucktabletten gehen zur Neige – erfährt man allerlei pikante Details aus deren Privatleben. Ob man will oder nicht. Besser gesagt aus dem Privatleben ihrer Bekannten. Ob die wohl immer noch mit Frau Hinz, Herrn Kunz und deren Begleitern befreundet wären, wenn sie wüssten, dass hier gerade die „falsche“ Kindererziehung auseinander genommen und ein Hang zum Alkohol in die breite Öffentlichkeit getragen wird? Tratsch nennt man das wohl. Als ob es davon nicht schon genug in den sich stapelnden bunten Illustrierten auf den Tischen im Wartebereich gäbe. Aber gut, bis dahin haben es Frau Hinz und Herr Kunz plus Begleitung ja noch nicht geschafft. Für mich steht jedoch fest: Das nächste Mal nehme ich meine Kopfhörer mit und beschalle mich mit Musik!

Während also Frau Hinz und Herr Kunz kein Problem mit der Offenlegung ihrer Krankenakte haben, versuchen die endlich am Tresen Angelangten so lautlos wie möglich ihr Leiden zu schildern. Blöd nur, wenn die Arzthelferin das Gewisper nicht richtig versteht und die kleinen und großen Attraktionen der körperlichen Befindlichkeit des Patienten noch einmal lauter wiederholt. Zum Abgleich. Immer begleitet mit einem alarmierten Blick des Patienten hinter die Diskretionslinie, dass auch ja niemand etwas mitbekommen hat. Und hat der Leidende es dann endlich geschafft unter Wahrung seiner Krankengeheimnisse in den Wartebereich und das Behandlungszimmer zu kommen, wird er zum Glück nicht mehr Zeuge der Aufhebung seiner Intimsphäre seitens des Personals.

Ja, während die Patienten (bis auf wenige Ausnahmen) allesamt bemüht sind der „Diskretionsbitte“ nachzukommen, scheint diese vor dem Personal halt zu machen. Mit fast ohrenbetäubender Lautstärke erläutern sie Anrufenden ihre Beschwerden, Befunde, etc. am Telefon. Herr Mustermann muss noch einmal für eine nähere Defäkations-Untersuchung (Stuhlgangs) kommen, Frau Beispiel hat sich wohl mit Tripper angesteckt. Na herzlichen Glückwunsch!

Und während die Wartepolonaise munter in den Hausflurbereich übergeht und die Kaffeemaschine beruhigend im Hintergrund vor sich hin blubbert, schließen sich der Arzt aus Behandlungszimmer 1 und der Arzt aus Behandlungszimmer 2 in der Ecke des Flures kurz, wie man Herr Beispiel aus Behandlungszimmer 1 am besten mitteilt, dass er inkontinent ist und endlich eine Pflegestufe beantragen sollte.

Als sich Herr Beispiel wenige Minuten später seinen Weg vom Behandlungszimmer, über den vollgestopften Anmeldebereich bahnt, beobachte ich, wie sich die Blicke aller Anwesenden an seine Hose heften. Und die Diskretion lacht sich hämisch ins Fäustchen…

Vorsicht, Ansteckungsgefahr!

Ich habe ein neues Hobby! Ich irritiere und animiere Menschen. Mit einem Lächeln. Ja, einmal angefangen, kann man gar nicht genug davon bekommen. Es ist wie eine Glücksdroge. Oder wie eine ansteckende Krankheit, die zwar eine gewisse Inkubationszeit hat, dann aber ganz plötzlich beim neuen Wirt ausbricht.

Ja, es ist schon faszinierend, was man mit einem einfachen Lächeln alles bewirken kann. Das Wetter ist schlecht, die Menschen rennen griesgrämig von A nach B und mittendrin ich. Mit einem Lächeln auf den Lippen. Weil ich zwischen der dicken Wolkendecke etwas Blau entdeckt habe, weil ich gerade zufrieden bin, weil ich an einen tollen Menschen denke, weil ich gute Musik höre, die mich von innen kitzelt, mich wie eine Woge der Zufriedenheit durch die anonyme Großstadt trägt und mich von innen heraus strahlen lässt. In Form dieses Lachens. Und als ich mir dessen bewusst werde, wird das Lachen nur noch breiter. Es ist nicht so ein schüchtern aufgesetztes, weil man sich sagt „Jetzt geh ich mal freundlich durch die Gegend“. Das funktioniert meistens nicht. Nein, es ist eines was sich auf dem ganzen Gesicht ausbreitet. Was die Augen leuchten lässt und die Mundwinkel wie an Gummischnüren nach oben zieht. Was mich regelrecht durch die Gegend schweben lässt. Und es lässt mich die Leute anschauen. Und selbst wenn diese auf den Boden starren, muss dieses Lächeln etwas Magisches haben, denn sie heben den Kopf und schauen zurück. Zunächst etwas irritiert. Blicken sich um, ob hinter ihnen jemand läuft, den ich meinen könnte. Und wenn sie sich dann vergewissert haben, dass sie mit ihrer Vermutung falsch lagen, heben sich auch ihre Mundwinkel. Mal ganz langsam und zaghaft, mal schneller. Mal zurückhaltend, mal offen. Und für einen kurzen Augenblick teilen sich hier zwei völlig Unbekannte einen unglaublich schönen Moment. Lassen sich für eine kurzen Augenblick teilhaben an ihrem Leben im anonymen Moloch Großstadt.

Lächeln ist also ansteckend, sofern es wirklich von Herzen kommt!

Und genauso ist es mit dem Lachen. Kennt ihr so Momente, wo man mit Freunden zusammensitzt und sich plötzlich mitten in einem Lachflash befindet. Meist ist es nur ein Wort, eine Erinnerung oder ein alberner Moment und schon prustet man gemeinsam los und es gibt kein Halten mehr. Ein herrliches Gefühl. Ich erinnere mich an Tage an denen ich mit einer Freundin durch die Stadt lief oder fuhr und wir ununterbrochen Lieder wie „Auf der Mauer, auf der Lauer,…“ sangen oder Kurt Krömer und seine Abhandlung der Eintagsfliege bzw. seiner Pöbelattacken a la „Do Piepmatz“ imitierten. Die Gesichter derer, die uns über den Weg liefen werde ich nicht vergessen. Manche schauten uns nur an als würden sie sofort die Männer mit den weißen Jacken rufen wollen, andere freuten sich angesteckt von unserer guten Laune einfach mit und lächelten.

Schwieriger wird es, wenn man sich in einer Situation befindet, in der Lachen unangebracht ist. Ich erinnere mich da an ein Seminar, in dem ich neben einer Freundin saß. Ich weiß nicht mehr worum es ging, aber da war plötzlich dieses Kitzeln im Bauch. Dann ein Blick und plötzlich war das Kitzeln einfach nicht mehr zu unterdrücken. Wir mussten kichern. Hinter vorgehaltener Hand und mit dem Versuch es zu unterdrücken wurde es nur immer mehr. Ich wundere mich noch heute, dass wir nicht explodiert sind. Aber noch heute breitet sich ein Grinsen auf meinem Gesicht aus, wenn ich daran denke.

Manchmal ist es aber auch nur eine ansteckende Lache, die das eigene Zwerchfell kitzelt und einen ebenfalls zum Lachen bringt. Oh ja, da gibt es ganz außerordentliche Exemplare. Manche glucksen, andere rattern wie eine Kanone, wieder andere kichern spitzbübisch vor sich hin. Da bekommt Lachyoga eine ganz andere Bedeutung. Fast wie eine Massage, nur eben für den Geist.

Fakt ist, wenn man sich in einer Situation wohl fühlt, eine Bindung zum Lachenden hat oder bereit ist eine kurze Bindung zu einem anonym Lächelnden einzugehen, kann Lachen eine ohnehin schöne Bindung intensivieren, einen wahnsinnig intimen Moment schaffen, etc. Lachen kann (Herzens-)Türen öffnen und ist dadurch nicht nur gut für die eigene Seele. Es kann die eigene Freude sogar noch dupli- bzw. sogar multiplizieren. Denn das eigene Glückgefühl wird nur noch verstärkt und intensiviert, wenn das Gegenüber mitlacht oder lächelt.

In diesem Sinne: Für mehr Lächeln und Lachen in Zeiten der Anonymität.

Kompli…was?

Letztens habe ich einer mir völlig fremden Frau auf der Damentoilette eines Cafes ein Kompliment gemacht. Einfach so. Als sie sich gerade aus einer Jeans schälte und in ein rotes Kleid stieg, was wirklich schön an ihr aussah. Doch das einzige was ich von ihr für das Kompliment kassierte, war ein herablassender Blick. Nicht, dass ich ein Gegenkompliment erwartet habe. Nicht im Geringsten. Denn ich halte es mit den Komplimenten, wie mit dem Schenken. Ich schenke nicht um etwas zurück zu bekommen, sondern wenn mir danach ist. Wenn ich Jemandem eine Freude machen möchte und kann. Denn dann kommt es von Herzen. Und darauf kommt es doch an.

Ich habe also nicht erwartet, dass mir die junge Dame um den Hals fällt oder gar zurück „komplimentiert“. Und auch ihren Blick nahm ich ihr nicht einmal übel, er brachte mich lediglich zum Nachdenken. Und desto mehr ich darüber nachdachte und mich an Alltagssituationen unter Freunden, Fremden, etc. erinnerte, desto mehr wurde ich mir des „Verfalls“ von wahren Komplimenten bewusst. Nicht nur, dass immer weniger verteilt werden, sie werde zudem oft auch nicht als wohlwollend auf- und angenommen.

Aber warum fällt es vielen so schwer Komplimente zu machen und vor allem auch entgegen zu nehmen? Eigene Unzufriedenheit, der fehlende Blick für das Schöne im Leben (und damit ist nicht nur visuelle Schönheit gemeint), Skepsis an der Ernsthaftigkeit des Kompliments, ein Überdruss an virtuellen Komplimenten?

Ja, Perfektionismus, wenig Selbstvertrauen und eine innere Unzufriedenheit können Schuld daran sein, dass man blind bzw. taub für eine derart schöne Rückspiegelung wird. Da kann ein Kompliment auch mal in ein verbales Ping Pong ausarten. „Du bist schön.“ – „Findest du? Aber ich hab doch…“ – „Nein, finde ich gar nicht. Du siehst wirklich schön aus.“ – „Wirklich? Aber ich müsste/könnte/sollte…“ Herrgott nochmal, warum freust du dich nicht einfach? Fishing for Compliments oder doch einfach nur fehlendes Selbstbewusstsein? Wohl von Fall zu Fall unterschiedlich.

Ich kann mich jedefalls an Zeiten erinnern, da ging es mir genauso. Ich bekam ein Kompliment und alles was ich erwiderte war etwas, dass das Kompliment sofort widerlegte, zu Nichte machte, etc. Ich hätte es wohl selbst nicht bemerkt, wenn mich nicht irgendwann jemand darauf hingewiesen hätte. Jemand, der mir gerade ein Kompliment gemacht hatte, weil er mich zum ersten Mal in einem Kleid sah und fand, dass es meine Schönheit unterstreiche. Anstatt mich darüber zu freuen, dass er mich als Frau wahrnahm und mir zudem gerade gesagt hatte, dass er mich für ein attraktives Exemplar dieser Gattung hielt, war es mir peinlich. Ich fühlte mich unwohl. Glaubte ihm nicht. Und deshalb reagierte ich wie üblich mit einem „aber“. Dank seiner Offenheit in Form eines verbalen Zaunpfahls – „Frau Punktpunktpunkt, nun nehmen sie das Kompliment doch einfach mal an und machen es nicht gleich wieder zunichte!“ – wurde ich sensibilisiert. Das hatte gesessen. Und mit jedem Mal, in dem ich folglich ein Kompliment erhielt und Widerworte geben wollte, blieben sie mir quasi im Hals stecken. Gott sei Dank, denn wie schön ist es doch ein Kompliment als das aufzufassen, was es ist: Etwas Wohlwollendes.

Genau wie mit dem Aussehen verhielt es sich mit Leistungen. Da ich selbst nie zufrieden war und Lob nicht gewohnt war, gingen Komplimente für gute Arbeit ungehört an mir vorbei. Kein Wunder, dass ich gar nicht mehr aus dem Staunen heraus kam, als mir eine Bekannte, die ich gerade erst kennengelernt hatte, ein paar Ohrringe schenkte, als ich mein Studium mit super Schnitt abschloss. Alles was sie auf mein verwundertes Gesicht erwiderte war: „Wenn du dich schon selbst nicht für deine Leistung freuen kannst, dann lass es mich tun. Ich freu mich nämlich für dich!“ Auch dieser Vorfall hat etwas in meiner Wahrnehmung verändert.

Heute gehe ich anders mit Komplimenten um. Ich bin nich sofort skeptisch und denke, dass es gar nicht ernst gemeint ist. Ich freue mich darüber. Und ich kann auch welche verteilen. Ich kann einer Freundin sagen, dass sie heute wirklich schön aussieht, dass Jemand mich mit seinem Tun sehr berührt, etc. pepe. Auch wenn ich dafür hin und wieder nur einen skeptischen Blick kassiere. Im Besten Fall aber zaubere ich ein Lächeln auf das Gesicht meines Gegenübers und dass ist doch eines der größten Geschenke überhaupt.

Ein anderer Grund für den Verfall echter Komplimente könnten zudem die neuen Kommunikationsmittel und -wege sein. Der Überfluss an Komplimenten in Form von Likes, etc. der ein wahres, persönlich ausgesprochenes Kompliment völlig untergehen lässt. Wie schade, denn im Prinzip ist es doch so: Viele lechzen heute regelrecht nach Komplimenten. Instagram, Facebook, etc. sind voll von aufwendig geschossenen Fotos, um sich selbst ins beste Licht zu rücken. Ein bisschen Bauch einziehen hier, ein bisschen Po raus da, einmal Muskeln anspannen, ein bisschen Kussmund, ein Hauch Photoshop oder Filter, et voila: Hier sehen sie Mister & Misses Perfect. Und dann warten sie. Auf die Likes und die Kommentare, in denen man sich gegenseitig belobhudelt. Ohne sie kein Selbstbewusstsein. Klar, dass ein wahres Kompliment da kaum noch wahrgenommen wird. Schließlich steht das nirgendwo Schwarz auf Weiß. Da ist kein Daumen der nach oben zeigt. Man muss es hören und verstehen.

Und auch anders herum ermöglicht die virtuelle Welt einen verschwenderischen Umgang mit „Komplimenten“. So ein Klick ist schnell getan, ob der Absender das auch wirklich so meint, ist eine andere Sache und zeigt sich oft daran, wie schnelle Komplimente in Form von Likes wieder gelöscht werden, wenn der andere nicht erwartungsgemäß darauf reagiert. Ein Kompliment wirklich auszusprechen ist um einiges schwieriger, verlangt sogar einiges an Mut, wenn man das Gegenüber noch gar nicht kennt. Und deshalb lassen es viele einfach und bleiben beim schnellen Klicken.

Vielleicht ist das auch der Grund weshalb ich nicht auf derlei Portalen zu finden bin. Denn ich habe den Sinn und Zweck eines ehrlichen Kompliments zu Schätzen gelernt und das wiegt doch um einiges mehr als etliche Likes.

In diesem Sinne: Für weniger leicht dahingeklickte Likes. Für mehr echt gemeinte Komplimente.

No risk BUT fun

Vor Kurzem hatte ich ein Gespräch über menschliches Handeln. Menschliches Handeln in Bezug auf die eigenen Gefühle und die von anderen. Kurzum: menschliches Handeln in der Phase des Kennen- und Liebenlernens.

Und schnell kamen wir zu der Frage: Was ist los in der Welt? Warum bekommen immer mehr Menschen schiss vor ihrer eigenen Courage. Detaillierter gesagt: Schiss vor ihren eigenen Gefühlen. Warum verlässt viele der Mut genau an der Stelle, wo etwas Aufrichtiges beginnt?

Da treffen sich zwei Menschen, sind fasziniert voneinander. Lernen sich kennen. Vielleicht ein wenig  schnell, weil die Faszination sie all ihre Ängste über Board werfen lässt. Sie genießen den Moment. Und dann ganz plötzlich und unverhofft schlägt er zu, der kleine Teufel Furcht. Dann verlässt sie der Mut und das eben noch positiv Empfundene lähmt. Meist nur einen von beiden. Und deshalb bitter für den anderen. Der nun dasitzt und sich fragt: Was ist passiert? Eben sagtest du noch „Alles wird gut“. Und plötzlich? Keine Nachricht, keine Antwort. Kein Interesse?

Mein Gesprächspartner war der Meinung, dass viele Menschen ihr eigenes Tun null reflektieren und ihnen deshalb auch nicht auffällt, dass sie andere Menschen damit möglicherweise verletzten. Sie wollen Spaß. Spaß aber keine Verpflichtung. No risk but fun. Und so schieben sie ihre Ängste und Macken als Entschuldigung und Erklärung für das plötzliche Ende vor. Denn so müssen sie sich nicht mit sich auseinandersetzen. Das ist wiederum der Grund, weshalb sie auch gar nicht auf die Idee kommen, ihr eigenes Handeln zu hinterfragen. Dadurch fällt ihnen natürlich auch nicht auf, dass Wertschätzung und Respekt dem anderen gegenüber nicht zu ihrem Repertoire gehört. Bzw. es sei ihnen scheißegal….

Meine Idee, dass diese Menschen vielleicht auch einfach nur Schiss vor ihren eignen Gefühlen und Veränderung haben könnten, stellte mein Gesprächspartner mit dem Satz „Ich glaube du schätzt das Denken vieler Menschen viel zu komplex ein!“ in Frage. Und ich kam ins Grübeln. Denn sollte das tatsächlich so sein, wäre das ziemlich trostlos. Und deshalb möchte ich auch einfach nicht an diese Variante glauben. Oder sagen wir: Nicht alle über diesen Kamm scheren. Ich stimme ihm in sofern zu, dass es sicherlich derart egomane Menschen gibt. Aber ich möchte auch daran glauben, dass es andere Gründe für derlei Verhalten gibt. Einfach weil ich nicht daran glauben möchte, dass unsere Gesellschaft schon so weit „verkommen“ ist. Und auch weil die andere Denkweise bedeuten würde, dass es keine Hoffnung mehr gibt. Ich möchte aber die Hoffnung darin nicht verlieren, dass ein Mensch sich ändern kann. Dass er nicht nur Geisel seiner Vergangenheit, sondern auch Creator seiner Gegenwart und Zukunft sein kann.

Neben der Egomanie ist es wohl oft auch einfach nur mangelndes Interesse, was die Personen von einen auf den anderen Moment zum Rückzug bewegt. Immerhin ist unsere Gesellschaft heute zu großen Teilen so beliebig und offen, dass Jedermann wild auswechselbar ist. Verlust wird nicht als solcher empfunden. Jedenfalls nicht der eines gerade kennengelernten Menschens. Denn man lässt es ja gar nicht erst soweit kommen, dass es ein Verlust werden könnte. Man lässt sich wild und ungestüm auf Dinge ein, weil man weiß, dass man sie ohnehin gleich wieder beendet. In diesen Fällen ist es für den Gegenpart natürlich umso schmerzlicher sich eingestehen zu müssen, dass all die Worte und Taten nur so dahingesagt waren.

Möglicherweise ist es also auch eine plötzlich emporsteigende Angst, die dem sich anbahnenden Glück einen Strich durch die Rechnung macht. Zumindest möchte ich das, so gutgläubig das auch klingt, glauben. Ein Fünkchen Vergangenheit, die einem der sich Annähernden in derartige Unruhe versetzt, dass er/sie lieber die Segel streicht und die eben noch herrschende Entspanntheit und Nähe in Distanz umwandelt. Der nicht gewillt ist seine Vergangenheit Vergangenheit sein zu lassen. Der nicht bereit ist dem Menschen gegenüber eine Chance zu geben, auch wenn er/sie doch eigentlich spürt, dass es gut werden könnte. Aber gut werden bedeutet eben immer auch etwas verlieren zu können. Und das ist es wohl, was sie ängstigt. Ihr Gesicht zu verlieren, sich zu verlieren, etwas zu verlieren, was ihnen ans Herz gewachsen ist.

Und manchmal entscheiden diese Menschen dann, wahrscheinlich oft auch unbewusst und deshalb vielleicht auch etwas vorschnell, dass der andere nicht ausreicht. Geben der „Sache“ keine Chance sich zu entwickeln. Lassen sich von Kleinigkeiten abschrecken und  entscheiden sich stattdessen weiter nach dem Perfekten zu suchen, was es ohnehin nicht gibt. Jedenfalls nicht sofort und dauerhaft. Ist ja auch einfacher, als vielleicht auch einmal auf sich selbst zu schauen. Eigenheiten, Verrücktheiten und die eigene Vergangenheit sind ja nichts Schlimmes, solange man sie sich nicht zum Lebensmittelpunkt macht, sich darüber definiert und sie dadurch zu Gegenwart und auch zur Zukunft macht. Und dennoch tun sie dies in genau diesen Momenten. Aber warum entscheiden sich so viele Menschen für diesen Weg? Anstatt ein wenig zu reflektieren, sich mit ihren eigenen Ängsten auseinanderzusetzen und sich die Chance auf eine andere Gegenwart und Zukunft zu geben? Ja, ihre Vergangenheit macht ihnen Angst und doch entscheiden sie sich immer wieder für sie.

Und so nachvollziehbar und menschlich diese Verhaltensweisen auf der einen Seite auch sind, desto unbegreiflicher sind sie auf der anderen. Denn wo bleibt der Mut? Wo bleibt das Bedürfnis oder die Bereitschaft nach/für Veränderung? Nach wahren Gefühlen? Was kann schon passieren? Ja, man kann verletzt werden, aber man lebt!

Ich für meinen Teil finde es bedauerlich, dass es immer weniger Menschen gibt, die bereit sind etwas zu riskieren. Die lieber von Bekanntschaft zu Bekanntschaft hüpfen um einfach nichts in ihrem Leben ändern zu müssen, um nicht verletzt zu werden und sich nicht mit sich selbst auseinandersetzen zu müssen, als sich auf etwas wirklich Emotionales einzulassen. Weil es ihnen Angst macht? Weil sie denken etwas von ihrer Freiheit einzubüßen? Weil da ja noch etwas Besseres kommen könnte? Die auf der Suche nach Zweisamkeit, etwas Beständigkeit und Sicherheit sind, diese aber sofort im Keim ersticken, wenn sie auch nur aufzuleuchten beginnt. Weil Beständigkeit und Verlässlichkeit in der heutigen Zeit oft mit einer Art emotionalem Gefängnis gleichgesetzt wird. Aber warum?

Wenn all diese Mutmaßungen auch nur ein stückweit richtig sind, erstaunt es mich natürlich wenig, dass alte Werte wie Bindung und Verlässlichkeit immer weniger Bedeutung haben. Dass diese Werte immer mehr Angst machen und dazu führen, dass viele der Mut verlässt. Der Mut für etwas Wahres, Echtes, Festes.

Und auch wenn es naiv erscheint, denn selbst wenn jemand diese Verhaltensweisen an sich erkennt, muss es noch lange nicht heißen, dass er/sie sich ihnen stellt: Ich möchte daran glauben, dass es noch Menschen gibt, die bereit sind sich mit ihren eigenen Emotionen auseinanderzusetzen um so den Weg für eine Zukunft zu schaffen. In diesem Sinne: Es lebe das Fühlen und der Mut dieses auch zuzulassen. Denn wie heißt es so schön NO RISK, NO FUN.

WIR werden Weltmeister

Es ist mal wieder soweit, dass Finale der Fußballweltmeisterschaft steht vor der Tür und fördert bei so manchem Erdenbewohner merkwürdige Verhaltens- oder sollte ich besser sagen Denkweisen zu Tage. Denn angesichts der Tatsache, dass die Deutsche Nationalmannschaft im Finale steht, hat sich das nun seit einem Monat andauernde Fußballfieber bei einem Großteil der deutschen Fans zum Fußballirrsinn entwickelt. Zumindest bekommt man hin und wieder den Eindruck, wenn man diverse Leute beim Fußball gucken beobachtet und sich anhört, was sie dazu zu sagen haben.

Was mir bei all meiner neu gewonnen Liebe zum Spiel und aller aufgebrachter Toleranz für den Fußballwahnsinn nicht in den Kopf gehen will, ist die Tatsache, dass eben dieser bei dem einen oder anderen Fan mit Realitätsverlust einherzugehen scheint. Und damit meine ich nicht, dass sich plötzlich auch der unmusikalischste Mensch zum hymnenschmetternden Chorsänger emporschwingt oder das Privatleben nur noch aus einer Mattscheibe, einem kühlen Bier und einer Tüte Chips besteht. Nein, ich meine den WIR-Wahnsinn.

„WIR werden Weltmeister!“

Halt mal. Da ist irgendeine Gehirnwindung falsch gepolt. WIR werden hier gar nix, denn WIR stehen da gar nicht auf dem Platz. Genauso verhält es sich mit: „WIR haben gut gespielt“, „WIR haben den besten Torwart.“, etc. pepe. Wieso WIR? Habe ich da was nicht mitbekommen? War ich so in meine Rechnungen vertieft, wer wie spielen muss, um eine Runde weiterzukommen, dass ich nicht gesehen habe, dass WIR alle ebenfalls über den Platz gelaufen sind, das Tor geschossen haben und den Elfmeter gehalten haben?

Anders verhält es sich mit Niederlagen. Dann heißt es auf einmal „DIE haben schlecht gespielt.“, „Was machen DIE denn da?“, „DER Löw ist Schuld“ oder „DER hat heute aber nicht gerade seinen besten Tag.“, … Aha. Nun sind es also nicht mehr WIR, sondern DIE oder DER. Schlimm genug, dass WIR, die wir nur auf der Couch, der Bierbank oder was auch immer hocken und genüsslich ein kaltes Getränk schlürfen, die Dreistigkeit besitzen zu urteilen. Natürlich kann man objektiv und anhand bestimmter Reglements so etwas feststellen wie einen zähen Spielfluss oder whatever. Aber was heißt denn hier „schlecht gespielt“, etc.? Es handelt sich hier um die Weltspitze. Gibt es da ein „schlecht“ überhaupt?

Aber keine Sorge, liebe „WIR- & DIE-Verwender“, das macht euch nicht zu „schlechteren“ Menschen. Im Gegenteil, dieses Phänomen ist „ganz normal“ und hat psychologische Ursachen. Es handelt sich hier um einen so genannten social bias. Eine kognitive Verzerrung. Solche kognitiven Verzerrungen liegen vielen unserer Entscheidungen und Ansichten zugrunde. Sie ermöglichen unserem Gehirn eine gewisse Effizienz. Schließlich ist der Mensch bestrebt sich und seine Umwelt in eine Ordnung zu bringen. Dafür gruppiert er sich. Eine Orientierungshilfe sozusagen. Deshalb sind WIR ja auch Deutschland… Auf der anderen Seite können diese kognitiven Verzerrungen aber eben auch zur Selbsttäuschung führen. WIR sind eben nicht Deutschland, auch wenn jeder einzelene wohl auch Erhebungen und Vertiefungen besitzt, an manchen Stellen karg bewachsen, an den anderen wild bewuchert ist, etc.

So ist es wohl einfach nur menschlich, dass sich der Erdenbewohner lieber mit Siegern als Verlierern identifiziert. Klar, denn der Mensch ist ja immer bestrebt seine Selbstwahrnehmung positiv aufzuwerten. Da kann es also schon mal vorkommen, dass WIR Weltmeister werden; dass WIR Papst sind; … Genauso menschlich und psychologisch erklärbar ist es, die Schuld für eigenes Scheitern gern bei Jemand anderen suchen oder äußere Umständen dafür verantwortlich zu machen. Scheitert jedoch jemand anderes, ist er selbst dafür verantwortlich. In Fachkreisen auch defensive attribution genannt. Nicht verwunderlich also, dass DIE schlecht spielen.

Na dann hoffen WIR mal, dass die Deutsche Fußballnationalmannschaft morgen gewinnt, damit nicht zu allem Überfluss auch noch der negativity effect (negative Informationen/Ereignisse wirken immer stärker als Positive) eintritt und ein komplettes Land desillusioniert. Denn dann wären WIR wohl nicht Weltmeister, sondern DIE wären kurz vor dem Ziel gescheitert.

Der Nächste bitte…

„Du bist noch Single? Warum? Du hast doch sicher keine Probleme einen Mann kennen zu lernen…?!“ So ungefähr der Wortlaut, der einer guten Freundin immer wieder fassungslos entgegen gebracht wird, wenn das Gespräch darauf kommt, dass sie schon eine ganze Weile Single ist. Ihre Reaktion: Sie könnte kotzen. Warum?

Dazu sollte man die Frage stellen: Wer stellt ihr solch eine Frage? Die Antwort lautet: Männer. Unbefriedigende Antwort? Ok, dann noch näher ins Detail. Welche Art von Männern stellen ihr so eine Frage? Die Antwort… Entschuldigung, ich muss erstmal kurz ausrasten, wieder runterkommen, und… Ja, es geht wieder. Jetzt kann ich antworten: Männer, die sie daten. Viel pikanter aber: Männer die sie daten und bereits eine Freundin haben oder sie nach zwei bis vier Wochen wieder stehen lassen, weil ihnen einfällt, dass sie gerade doch eher keine Beziehung haben wollen, oder meine Freundin es nicht „wert“ ist…. So liebe Männer, ich hoffe ihr erkennt an diesem Punkt, dass ihr euch die Frage mit eurem Verhalten oder Dasein eigentlich selbst beantworten könntet.

Klar, „die Liebe ist ein seltsames Spiel“. Und man kann Liebe oder auch erstmal Interesse eben einfach nicht erzwingen. Aber ich finde es erschreckend, dass scheinbar vor allem Männer daten, die eigentlich besetzt sind und auch nicht vorhaben ihre Freundin zu wechseln, oder eben Männer die zwar physisch frei sind, aber eben psychisch noch lange nicht bereit… Ja, dann sind die Voraussetzungen von Vornherein schon einmal unfair. Und wer muss am Ende dran glauben? Meine „arme“ Freundin. Denn so langsam beschleicht sie das ungute Gefühl, dass es etwas mit ihr zu tun haben muss. Nicht zuletzt, weil die Männer, die ihr erklären, dass sie doch noch nicht bereit sind für eine Beziehung, nach ein paar Wochen fröhlich gebunden mit einer Anderen durchs Leben scharwenzeln.

Wie sagte einmal jemand zu mir: „Das Aussehen ist die Eintrittskarte, Charakter der Aufenthalt.“ Da frage ich mich doch: Was sehen all diese Männer in ihr? Ne schnelle Nummer? Ne Affäre zwischendurch? Und ist das letztlich der Grund, weshalb es immer wieder schief geht? Denn ja, meine Freundin ist sehr gut darin, einen auf locker zu machen. Den Typen zu suggerieren, dass sie erstmal auf alles gefasst ist, dass sie noch nichts festzurren will. Wie soll man auch, nach zwei bis drei Treffen. Und dennoch bin ich der Meinung, dass vielleicht gerade dort der Hase im Pfeffer begraben liegt. Sie suggeriert. Denken und fühlen tut sie etwas anderes. Denn ganz tief in ihr drinnen ist wohl der Wunsch nach einer festen Partnerschaft, nach einem Mann, den sie endlich von den Socken haut, viel zu groß um ihn gekonnt zu verbergen. Kann es also sein, dass die Herren der Schöpfung genau an diesem Punkt das Interesse verlieren? Weil ihnen bewusst wird, dass sie nicht auf das schnelle Abenteuer aus ist und nicht so cool ist, wie sie zunächst scheint. Sondern sich im Grunde ihres Herzens einen Mann wünscht der nicht nach einem Monat wieder das Interesse verliert? Bekommen sie es dann mit der Angst zu tun? Ist sie mit ihrem Verhalten vielleicht sogar selbst schuld, weil sie sich, wenn sie auch nur den Ansatz des Gefühls bekommt schon wieder in eine solche Geschichte hineingeraten zu sein, verschließt oder sogar ein wenig widerborstig wird? Strahlt sie dann etwas Angsteinflößendes aus? Oder sind es eher zu viele Erwartungen und eine gewisse Bedürftigkeit, die sie ausstrahlt? Was nicht heißen soll, dass sie ein bedürftiger Fall ist, der sich bei jedem Mann gleich eine Beziehung vorstellen kann. Ganz im Gegenteil. Natürlich hat auch sie ihre Vorstellungen und ist dann eben lieber Single, als sich irgendjemand ans Bein zu binden. Aber sie besitzt scheinbar eben trotz allem das Gespür, genau immer die Männer näher kennen lernen zu wollen, die am Ende nur eine weitere NoGo-Kerbe im Holz und meine Freundin in ihrem Singledasein hinterlassen.

Das Problem an der Sache ist nun: Keiner der Männer würde offen und ehrlich sagen woran es liegt, dass sie sich letztlich gegen sie entscheiden. Dass sie es nicht „wert“ ist (unglaublich, aber ja, dieses Wort fiel ihr gegenüber tatsächlich mal). Dass sie sie nicht von den Socken haut. Das bedeutet, dass sie wohl auch an ihrem Verhalten nichts ändern kann. Und das wiederum lässt den traurigen Schluss zu, dass sich daran auch nichts ändern wird… Einmal Single, immer Single? The same procedure as every time? Neeeiiiiin, so wollen wir gar nicht erst anfangen!!! Denn auch wenn ich verstehen kann, dass das ständige gedate irgendwann auf die Nerven geht, es ist wohl besser sich an dieser Stelle zu sagen: „Dann hat es eben einfach nicht gepasst.“ Und auch wenn es heißt „Je früher, desto besser“, sollte man hier vielleicht eher sagen „Gut Ding will Weile haben“.

In diesem Sinne: Keine Müdigkeit vortäuschen! Go for it! Irgendwann scheppert’s dann dafür gewaltig!

Erbarmungslose Technik

Wie pflegte immer mein Vater zu sagen, wenn sich jemand in unserer Familie über die fehlende Funktionsfähigkeit eines technischen Geräts – meist eines Computers – beschwerte: „Der Computer ist nur so schlau, wie der, der ihn bedient.“ Na schön auch…

Man könnte diese Aussage nun total persönlich nehmen und sich mangelnde Intelligenz unterstellen lassen, aber soweit möchte ich gar nicht gehen. Denn ich gebe es ja zu: Ich kann einen Computer bedienen, mehr aber auch nicht. Beginnt er zu Zicken, schaue ich sprichwörtlich in die Röhre. Technik kann aber auch so erbarmungslos sein. Ja, ich habe schon nettere und komplikationslosere Bekanntschaften gemacht.

Ein gutes Beispiel für derart lästige Bekanntschaften ist das Internet. Natürlich nicht in seiner Gänze!!! Um Gottes Willen… Ich ohne Internet? Das wäre als würde man mir irgendwelche Körperteile entfernen. Ich brauche es. Zum arbeiten und auch sonst. Und dennoch führe ich seit geraumer Zeit eine Art Hassliebe mit ihm. Warum?

Seit neusten wird man nicht nur via Mail mit Spam zugemüllt, sondern auch noch beim generellen Surfen oder Recherchieren im Internet. Urplötzlich öffnen sich mehrere Seiten im Hintergrund oder man kann den eigentlichen Inhalt einer Seite nicht mehr lesen, weil er zugepflastert ist mit diversen Kaufanzeigen. Lasst mich doch in Ruhe mit eurem Konsumscheiß! Tja, aber auch alles Fluchen und Wegklicken half nichts, mein Computer oder wen auch immer ich dafür verantwortlich machen soll, hatte kein Erbarmen. Ich fuhr ihn runter und wieder hoch, klickte weg und weg und jedes Mal die selbe Scheiße. Computernerds mögen jetzt in schallendes Gelächter ausbrechen. Aber dann brecht ruhig. Ich für meinen Teil war überfordert. Fühlte mich ähnlich wie bei einer Bekanntschaft, die einem nicht mehr von der Pelle rückt, obwohl man ihr auf nette Weise immer wieder signalisiert, dass man nicht möchte. Nun ja… Bis dann der Geduldsfaden reißt und man härte Geschütze auffährt. In meinem Fall versuchte ich das Netz mit seinen eigenen Waffen zu schlagen. Denn ja, auch wenn ich bei solchem Kikifax hilflos bin, ich bin zum Glück nicht auf den Kopf gefallen und deshalb nicht wehrlos. Ja, und hierfür liebe ich das Internet und die Technik wieder. Man kann ihm jede Frage stellen und bekommt immer eine Antwort. Mit etwas Geduld sogar eine hilfreiche. An dieser Stelle sei also den berühmtberüchtigten Foren und Videochannel ein dankbares, erleichtertes „Juchhe“ entgegengebracht.

Dank Ihnen habe mich also belesen und erfahren, dass es sich bei meinem konsumorientierten Stalker um einen gemeingefährlichen Virus handelt. Einer, der sich mit irgendwelchen „notwendigen“ Updates (ich glaube ja nicht daran, dass sie wirklich notwendig sind, aber mein Computer teilt mir dies netterweise immer so nebenbei mit, jedoch ohne zu fragen ob ich diese Updates auch wirklich haben will, nein er installiert einfach fröhlich los) wie ein blinder Passagier eingenistet hatte. Super! Nun wusste ich also schon mal, mit wem ich es zu tun hatte. Aber das stellte mich vor das nächste Problem. Wie wird man dieses fiese Teil wieder los? Eine genaue Anweisung, wie ich diesen unliebsamen Wegbegleiter wieder loswerden würde, musste her. Und dank netter Menschen, die so Technikbekloppten wie mir jeden Schritt via Video genaustens vormachen, habe ich es tatsächlich geschafft, den Feind in die Knie zu zwingen. Ich jubilierte!

Doch ich hatte die Rechnung ohne meinen technischen Stalker gemacht. Der heuchelte mir nämlich nur Ruhe vor, plante aber wahrscheinlich insgeheim schon den nächsten Angriff. Denn bereits ein paar Wochen später schlich er sich schon wieder auf meinen Bildschirm und damit in meine heimischen vier Wände. So langsam wurde es mir echt zu bunt. Das ist Verletzung der Privatsphäre. Man sollte meinen, dass ich nun, da ich ja bereits einmal recherchiert hatte, wie ich ihn wieder loswerden kann, schneller handeln und ihn vertreiben konnte. Aber denkste… Erstens sah mein ohnehin überfülltes Hirn wohl keine Notwendigkeit die angeeigneten Informationen zu speichern, ich glotze also wieder dumm in die Röhre. Viel schlimmer aber war, dass der Stalker dazu gelernt hatte. Nachdem ich mein verdrängtes Wissen schnell wieder aufgefrischt hatte und mich fix mit der selben Taktik wie damals von dem ungebetenen Parasit trennen wollte, musste ich feststellen, dass er an Dreistigkeit zugelegt hatte. Es half nix. Er blieb. Und ich tobte. Denn ich kann mir wahrlich einen besseren Zeitvertreib vorstellen, als mir Informationen anzueignen, wie man diesen fiesen Möp wieder los wird. Aber es half ja alles nichts und der netten Internethelfer sei Dank, wurde ich ihn auch dieses Mal los. Doch die Euphorie über den gelungenen Schachzug wollte sich dieses Mal einfach nicht einstellen. Warum?

Ich habe die Befürchtung, dass dies eine Never-Ending-Story wird. Miss Sophie im Kampf gegen die Technik. Mal sehen wann wir zum dritten Mal gemeinsam in den Boxring steigen… Sollte die Aussage meines Vater jedoch stimmen, ich erinnere nochmal „Das Gerät ist immer nur so schlau, wie der, der es bedient.“, sollten meine Siegchancen gar nicht schlecht stehen. Denn eines sage ich dir Freundchen: Mich kriegst du nicht klein. Und das ist eine Kampfansage. Hau!

Das Spiel ist eröffnet…

Mann trifft Frau. Frau trifft Mann. Ein Blick, ein Wort, ein Knistern. Interesse. Und eh man sich versieht, befindet man sich mittendrin im Spiel ‚Top oder Flop’. Wer die Spielregeln beherrscht kommt weit, wer nicht, hat Pech gehabt und fliegt schon in den ersten Runden aus dem Rennen.

Tag ein Tag aus sieht man sie, die Datenden. Und wenn man sie so beobachtet fragt man sich: In welchem Stadium des Spiels stehen die Beiden wohl gerade? Wer macht hier die Spielregeln und wer versucht sie zu befolgen? Werden sie Beide als Sieger hervorgehen, weil sie die Regeln beherrschen und umsetzen können? Werden sie siegen, weil sie bereit sind die Spielregeln zu durchbrechen und ihre eigenen aufzusetzen? Oder wird einer auf der Strecke bleiben, weil er nicht gewillt oder talentiert genug ist für dieses Spiel?

Wie wird immer und überall gesagt: „Du musst dich rar machen, dann wirst du interessant.“ Summa summarum bedeutet das, dass man sich verstellen muss. Beherrscht man das Spiel der Illusion, kann seine eigenen Wünsche, Bedürfnisse und Emotionen gut in Zaum halten, sich rar machen und den/die Unnahbare spielen, wird man vom Spielpartner zum Ziel deklariert. Und mit etwas Glück laufen beide Spielpartner zeitgleich im Ziel ein. Beherrscht man es nicht, sondern signalisiert offen und ehrliches Interesse, zeigt sein wahres Ich, bleibt man leider oft genug auf dem Spielfeld zurück. Oft jedoch ohne, dass der andere Spielpartner das Spiel offen und ehrlich beendet. Stattdessen wird der Spielpartner auf die Abschussrampe oder ins ‚Time-Out’ verbannt. Der Köder ist ins Leere gelaufen. Zurück bleibt ein verletzter Spielkandidat mit Fragen über Fragen. Ein Spielkandidat, der mitunter vielleicht dem Spieltod geweiht ist, denn jedes verlorene Spiel wird ihn in seinem Grundfesten erschüttern. Und statt beim nächsten Mal eine andere Spielstrategie zu fahren, wird der Spieler noch verunsicherter sein und ohne es zu merken in die selben Fallen tappen wie eh und je. Und dann heißt es wieder: „RIEN NE VA PLUS!“

Aber warum werden Menschen, die dieses Spiel nicht beherrschen ganz plötzlich wieder uninteressant? Warum will man niemanden gewinnen, der weiß was er will und sein Ziel offen und ehrlich verfolgt? Was ist es, was den Jagdtrieb am Leben erhält? Warum spielen wir überhaupt? Ja, warum meinem Menschen, die eigentlich Interesse aneinander haben, miteinander spielen zu müssen? Und warum jagen und verlieben sich Menschen lieber (erstmal) in eine Illusion als in das Wahrhaftige? Wo bleibt denn da die immer gepredigte Selbstreflektion und emotionale Intelligenz?

Haben wir Angst eine klare Entscheidung zu treffen? Versuchen wir uns alle Türen offen zu halten? Sind wir auf der Suche nach dem Perfekten, was es ohnehin nicht gibt? Oder wollen wir einfach immer nur das, was wir (scheinbar) nicht bekommen können?

Ein Schritt vor, drei Schritte zurück! Aber kann es wirklich nur auf diese Art und Weise funktionieren das Interesse aneinander aufrecht zu erhalten, das Spiel erfolgreich zu beenden? Eine traurige Vorstellung! Eine Vorstellung an die ich nicht glauben möchte. Ich möchte daran glauben, dass es auch Menschen gibt, die ganz ohne Illuionsspiel zueinander finden. Ich möchte daran glauben, dass es Spieler gibt, die sich Regelverstöße verzeihen. Die beim versehentlichen Regelverstoß ihres Spielpartners nicht gleich die Flinte ins Korn werfen und sich einen neuen Spielpartner suchen. Ich möchte daran glauben, dass man das Spiel umgehen kann oder seine eigenen Spielregeln aufstellen kann, um gemeinsam ins Ziel einzulaufen und sich den Hauptgewinn zu teilen. Denn desto mehr ich dieses Spiel betrachte, desto nachdenklicher stimmt es mich. Man spielt hier mit Menschen, mit Emotionen…

Tanzen will gelernt sein

Als ich letztens in einem Club so vor mich hintanzte und nach einigen Minuten völliger mentaler Abwesenheit wieder zu mir kam, fiel mein Blick auf einen sehr auffälligen Tänzer. Ich bekam es mit der Angst zu tun. Warum? Er boxte lustig vor sich hin. Ja, hätte man all die Menschen um ihn herum ausgeblendet oder wegretuschiert, und mich, die ich direkt vor ihm Stand via Photoshop in einen Boxsack verwandelt, wäre er schlicht und ergreifend als Boxer durchgegangen. Unwillkürlich begann ich seinen Schlägen auszuweichen, was nicht gerade einfach war, angesichts der gut gefüllten Tanzfläche. Und da gab es ein weiteres Problem. Desto mehr ich mich von dem Boxer entfernte, desto mehr geriet ich in die Fänge des Haare-Schmeißers. Und ehrlich gesagt, ich weiß nicht was besser ist: Einen Fausthieb abbekommen, oder curliges, arschlanges, schwitziges Haar? Ich glaube sogar Letzteres peitscht mehr.

Ich sah an mir herunter, wie ich nun angesichts der mich umgebenden Bedrohungen immer schmaler wurde, meine Bewegungen immer mehr einschränkte. So macht Tanzen keinen Spaß und noch dazu musste ich hier um meine körperliche Unversehrtheit bangen. Ich zog es also vor die Tanzfläche erst einmal zu verlassen und positionierte mich zu meinen Begleitern an den Rand. Atemlos berichtete ich von der Gefahr, der ich gerade noch entkommen konnte und schwubs hatte ich das Thema des Abends losgetreten. Denn nun fielen uns immer mehr eigenartige Tanzstile auf.

Neben den Boxern (und vielen weiteren Sportlern wie z.B. Basketballern, Tischtennisspielern, Volleyballern, etc.) und den Haare-Schmeißern gibt es noch die Rücken-Verbieger. Jene Tanzenden, die aussehen, als würden sie Limbo tanzen. Nur eben ohne Stange. Bei ihrem Anblick ist man drauf und dran den Notarzt zu rufen. Aus Angst, sie könnten ihr Gleichgewicht verlieren und sich den Rücken brechen oder mit den Kopf aufschlagen. Wie machen sie das nur? Wenn ich mich so nach hinten verbiegen würde, würde ich nie im Leben wieder nach oben kommen. Geschweige den die Füße heben können, um dem Ganzen wenigstens einen gewissen Flair von Tanzschritten einzuverleiben. Nun gut, vielleicht bin ich einfach nicht gelenkig genug oder werde alt. Bzw. bei  genauem Hinsehen bekomme es auch die wertenden Damen und Herren dieser Tanz-Kategorie nicht wirklich hin. Das lässt es wohl auch so schräg aussehen. Alles in Allem versprüht dieser Tanzstil keinerlei Geschmeidigkeit, Ansehnlichkeit oder gar Erotik. Es sieht schlicht und ergreifend schauerlich aus.

Eine weitere Kategorie der Spezies „ausfälliger Tänzer“ sind diejenigen, die einfach sämtliche Gliedmaßen wild und unrhythmisch um sich schmeißen. Sie wirken, als hätten sie gerade einen Anfall und auch bei ihnen möchte man hin und wieder einfach nur einen Arzt dazurufen oder flüchten. Abbekommen möchte ich ihre Körperteile jedenfalls nicht.

Neben all diesen extrovertiert Tanzenden gibt es auch noch die Introvertierten. Unter anderem diejenigen, die aussehen als hätten sie einen Besenstil verschluckt. Kerzengrade und steif stehen sie da auf der Tanzfläche und versuchen sich zu Bewegen, ohne sich zu viel zu Bewegen. Eigenartig. Hier beschleicht mich immer der Wunsch ihnen den Stock aus dem Allerwertesten zu ziehen. Wenn ihn ihnen dafür nicht an ebendiesen greifen müsste – was mir dann für den ersten Kontakt doch etwas zu intim ist – würde ich es vielleicht sogar tun. Denn ich stelle mit so ein Stück Holz ziemlich unbequem vor. Das drückt doch bestimmt…

Des Weiteren gibt es die Gattung „Hilfe, ich hab’ Angst!“. Meistens Damen, die versuchen sich so klein und Platz sparend wie möglich zu machen. Kommt ihnen ein anderer Tänzer oder eine andere Tänzerin nur ansatzweise näher, schrecken sie zurück wie ein scheues Reh und brauchen eine gewissen Zeit um sich von ihrem Schreck wieder zu erholen. Ihr Gegenstück sind diejenigen (auch meist Damen), die einen mit größter Freude und Euphorie ihre für die Tanzfläche viel zu großen Taschen oder Arme in die Rippen hauen. Vielleicht könnte man sie auch zu den Boxern zählen. Oder aber als Platzhirsche bzw. –rehe bezeichnen.

Und dann gibt es noch die Sorte „Ich habe zu tief ins Glas geschaut“. Eine sehr anstrengende Gattung. Wenn sie nicht gerade dabei sind ihr Getränk quer über die Tanzfläche zu spritzen und die Klamotten aller anderen mit lustigen Flecken aufzupimpen, oder gar gleich ihr gesamtes Getränk samt Behältnis klirrend und splitternd über den ganzen Boden zu verteilen und jedem anderen Tanzenden damit das Tanzen zu vermiesen – denn Tanzen mit Scherben am Schuh macht wirklich keinen Spaß – fallen sie fast auf dich herauf und lallen dir dabei auch noch sinnlose Dinge in die Visage. Vielen Dank für den Atemtest. Allein durch den dadurch anhaften Alkohol-Hauch an mir, würde ich in jeder Polizeikontrolle herausgezogen werden.

Summa summarum: Faszinierend, so ein Blick über die Tanzfläche. Da vereinen sich Welten: Die von Sportlern, Tieren, Selbstdarstellern, etc. Und wie ich so schaute, begann ich wieder mit den Hüften zu wackeln. Mein Blick fiel an mir herunter und mich beschlich das Gefühl, dass auch ich immer die selben Moves mache. Ich schaute noch einmal genauer an mir herunter. Diesmal etwas panischer. Aus Angst ich müsste mich nun gleich selbst in eine der gerade beobachteten Gattungen einzusortieren. Erleichtert stellte ich fest, dass ich jedoch in keine der Gruppen passte. Oder doch? Wie hatte vorhin noch meine Freundin zu mir gesagt: Du bewegst dich geschmeidig wie eine Schlage. Hilfe, ein Tier??? Ich versuchte mich zu beruhigen: Solange es nur die Geschmeidigkeit und nicht die Bissigkeit ist, ist ja alles gut :)

Also ein Hoch auf das Tanzbein. Lassen wir es s(ch)wingen…

Weihnachten, der ganz normale Wahnsinn

Weihnachten und/oder Silvester in Familie… A Wahnsinn! Filme wie „Die Familie Stone“, „Der Grinch“, „Die Weihnachtsgans Auguste“ oder „Ein Herz und eine Seele“ veranschaulichen mehr als deutlich, dass Weihnachten und Silvester in Familie nur all zu oft den innerfamiliären Wahnsinn zu Tage fördern. Da passieren die kuriosesten Dinge. All die aufgestauten Emotionen und Erlebnisse des letzten Jahres bahnen sich ihren Weg ins familiäre Wohnzimmer und lassen infolge dessen so manches  Heim wie eine Irrenanstalt anmuten.

Auch meine Familie ist nicht davor gefeit. Für gewöhnlich sind es aber so einfache Dinge wie das Verstecken des Jesuskindes aus der aufgestellten Krippe, das Ansprechen eines falschen Themas oder das Abfackeln des Tannenbaums, was den Wahnsinn ausbrechen lässt. Und das erstaunlicher Weise à la „Und täglich grüßt das Murmeltier“ jedes Jahr aufs Neue. Dieses Jahr allerdings passierten wirklich wundersame Dinge in meiner Familie. Ich hätte eine Kamera aufstellen sollen. Filmreif! Aber von vorn…

Kennt ihr die beiden Opi’s aus der Muppetshow? Die, die immer auf dem Balkon hocken und sich gegenseitig behacken? Ich auch. Und zwar die Originale. Diejenigen, die wohl als Inspiration und Anstoß zur Kreation dieser beiden Figuren gelten können. So, und nun stellt euch die „Muppetshow“ kombiniert mit „Requiem for a Dream“ vor. So ungefähr kann man sich die familiären Stunden meiner Familie zu diesem Weihnachtsfest vorstellen: Erst erfand man eine neue Droge. Genauer gesagt eine neue Lachdroge. Ja, bei uns trinkt man nicht mehr. Nein, man inhaliert Glitzer und konsumiert nicht-fleischbeschaute Enten. Und dann behackte man sich wie die zwei Opi’s von der Muppetshow.

Alles begann mit Glitzerpapier… Man saß besinnlich bei Kerzeschein zusammen, kniffelte, unterhielt sich über Gott und die Welt und ganz plötzlich ging die Post ab. Ich wusste nicht wie mir geschah, denn um mich herum begann es zu glucksen und zu kichern. Ohne für mich erkennbaren Grund. Aber den gab es natürlich. Nämlich das Glitzerpapier. Meine Familie hatte ein wenig zu sehr den Glitzerstaub diverser Geschenkverpackungen inhaliert. In Kombination mit dem vorherigen Verzehr von nicht-fleischbeschauten Enten wirkt die Droge sogar doppelt so stark.

Zum Verständnis ein kurzer Einschub. Nicht-fleischbeschaute Enten sind solche, die keiner Lebensmittelprüfung unterzogen wurden. Denn wie mir mitgeteilt wurde ist dies ein Beruf den Veterinärmediziner ausüben können und der sich via Ausschreibung tatsächlich ‚Sachbearbeiter für Fleischbeschau‘ nennt. Interessant. Nun macht der Körperkult nicht einmal vor Tieren halt ;P Aber zurück zu den ominösen Vorgängen in meiner Familie.

Da saß ich also zwischen kichernden, glucksenden Familienmitgliedern. Und auch sonst fand ich das Verhalten etwas absonderlich. Denn ja, die Droge hat auch Nebenwirkungen: Von Sprachstörungen, über Stimmungsschwankungen und Übersprungshandlungen, hin zu einem ziemlich heftigen Absturz. Das dopen mit Glizterstaub ist also eine zwielichtige Sache. Da wurde gestottert, sich umständlich erklärt, aneinander vorbeigeredet und genauso plötzlich wie die Droge wirkte, ließ ihre Wirkung auch wieder nach und es kehrte bedrückende Stille ein.

Zur Veranschaulichung dessen, hier die Gesprächsaufzeichnung der letzten Rauschminuten, die während des Spielens entstanden.

Muppet#1 würfelt vier Vieren und freut sich euphorisch: „Das is ja nen Ding!“ Muppet#2 unterbricht den eigenen Lachkrampf für ein Brummen. Muppet#1 ist entrüstet über die nicht geteilte Euphorie und beschwert sich: „Immer diese Gleichgütigkeit!“ Daraufhin lässt sich Muppet#2 doch auf einen Kommentar herab: „Is doch egal!“ Hau! Na wenn das mal nicht ein Dialog ist. Gekonntes Aneinandervorbeireden würde ich sagen. Aber es geht auch anders, denn Muppet#1 hält die plötzliche Zurückhaltung für den Nachlass der Droge und bietet Muppet#2 Nachschub an: „Soll ich noch ein bisschen stauben?“, reibt dabei die Glitzergeschenktüte über den Tisch. Muppet#2 zeigt jedoch noch immer keine Stimmungsaufhellung. Also legt Muppet#1 noch einmal nach, kramt das Goldpapier heraus: „Das ist diesmal Goldstaub!“ Wouw! Das Premiumdope wird ausgepackt, denke ich mir. Aber so wahllos verteilt ist einfach nicht angemessen. Das denkt sich wohl auch Muppet#2, springt auf und verschwindet auf dem Klo. Muppet#1 fängt unterdessen wie wild an zu rechnen, im Kreis. Und ich? Ich sitze da und wünsche mir alltägliche Drogen zurück. So’n Gläschen Wein wär’ doch jetzt nicht schlecht!?

Und welche Drogen konsumiert ihr so zu Weihnachten?

Weil wir es können…

Konsum. Verschwendung. Sinnlose Zerstörung. Und warum das alles? Weil wir es können??? So sollte man meinen, wenn man die eine oder andere Stelle unserer Gesellschaft mal genauer betrachtet.

Schlimm genug, dass es bei so manchem Erdenbewohner immer die neuste Technik sein muss, jeden Monat neue Klamotten im Schrank hängen müssen, etc. Wirklich erschreckend ist aber, dass z.B. jeden Tag tonnenweise Lebensmittel einfach so weggeschmissen werden, weil man sie nicht verkauft bekommt. Weil mehr produziert, als gebraucht wird. Und auch privat, hat man sicherlich schon den einen oder anderen Konsumgüter weggeworfen, den einen oder anderen Speiserest in den Müll verschwinden lassen, anstatt ihn noch zu verwerten. Die Gründe dafür sind unzählbar. Bei manchen ist es vielleicht nur eine überpenible Vorstellung von Hygiene oder die Panik vor Krankheiten oder nicht mithalten zu können. Bei manchen ist es aber leider tatsächlich der Überfluss. Die Lust am Konsum. Denn wir haben’s ja…

Doch warum das Ganze?

Wir wollen immer mehr, immer höher, immer weiter. Um mitzuhalten, um das Gefühl von Leere zu füllen, etc. Auch hier könnten die Gründe nicht unterschiedlicher sein. Um letztlich nicht am eigenen Konsum zu ersticken, müssen wir uns auf der anderen Seite bestimmter Dinge entledigen. Um die entstandene Leerstelle sogleich mit etwas Neuem zu füllen.

Getoppt wird das Dasein der Wegwerfgesellschaft durch die Lust an Zerstörung. Ohne Sinn und Verstand. Mutwillig. Der Schaulust wegen. So z.B. in TV-Sendungen, deren Essenz es tatsächlich ist, Dinge – und mit ihnen auch Personen und Existenzen – zu zerstören oder wenigstens zu deformieren. Ein treffendes Beispiel ist die Sendung „Elton zockt“. Dieses Format spielt mit dem Streben des Menschen nach mehr. Gewinnt der Kandidat ist er um einige tausend Euro reicher. Verliert er, muss er bei der Vernichtung eines ihm geliebten Gegenstandes zuschauen. Und mit ihm das Publikum vor den Bildschirmen. Da werden also Instrumente, Fahrzeuge, etc. zerlegt. Einfach so. Aus Spaß an der Zerstörung von Konsumgütern. Aus Begeisterung für Erniedrigung, Schockierung und das Vorführen von Überschätzung. Aus Freude daran zu demonstrieren, wie nah Konsum und Verschwendung beieinander liegen. Einfach unfassbar! Wenn man die verzockten Gegenstände wenigstens spenden, an jemand anderen verschenken oder verlosen würde… Aber nein, es muss zerstört werden. Um Macht zu demonstrieren und das Scheitern zu symbolisieren. Denn wir können’s ja…

Da fragt man sich doch: Was ist aus unserer Gesellschaft geworden? Geht es uns zu gut? Und vor allem: Wo soll das Ganze noch hinführen?

Natürlich zurück zum Menschen. Wenn das Wegwerfen und sinnlose Ruinieren von Konsumgütern nicht mehr ausreicht, muss man sich eben gegenseitig selbst zerstören. Wie nah wir diesem Zustand sind, zeigt nicht nur ein neuer erschreckender Trend namens „KnockOut Games“. Hier werden wahllos Passanten mit einem einzigen harten Schlag niedergestreckt. Nur um den Kick von Macht und Destruktion zu spüren. Nur um die eigene Leere und unzulänglichkeit zu füllen. Genauso schlimm ist der Einzug vom „Konsumieren und Wegwerfen“ von Menschen und Emotionen. Weil wir nie zufrieden sind. Weil wir Angst haben. Weil wir gelernt haben, die emotionale Leere mit etwas anderem zu füllen. Weil wir denken etwas zu verpassen. Weil der Hinterkopf sagt, dass da noch etwas Besseres kommen könnte. Aber was ist, wenn wir das Beste im eigenen Konsumwahn einfach schlichtweg übersehen? Wenn da nichts Besseres kommt?

Wir sollten also den Blick wieder mehr auf das richten, was uns lieb und teuer ist. Und es für kein Geld der Welt verschwenden, zerstören oder eintauschen! Weil wir es können!!!

Wie Zicken ticken ODER zickig, aber zackig

Es gibt Worte, die werden nur bestimmten Menschen oder Personengruppen zugeordnet. Ungerechter Weise. Und oft mit falschem Hintergrund. Eines dieser Worte ist ‚zickig’. Ist euch schonmal aufgefallen, dass das Adjektiv ‚zickig’ oft nur im Zusammenhang mit Frauen oder homosexuellen Männern verwendet wird? Hört mal genau hin! Im Gegenzug gibt es jedoch kein adäquates Wort, was diese Eigenschaft bei Männern thematisiert.

‚Zickig’ bedeutet laut Duden „überspannt, eigensinnig, launisch“, mitunter auch „ziemlich prüde und verklemmt“. ‚Zickt jemand oder auch etwas’ bzw. ‚macht jemand oder etwas Zicken’, meint das laut Definition eine unangemessene, schwierige Reaktion auf Etwas. Fragwürdig ist dabei die Tatsache, dass das Wort ‚zickig’ selbst in diversen Nachschlagewerken oft auch nur in Kombination mit dem weiblichen Geschlecht verwendet wird. Klar, ‚zickig’ kommt von ‚Zicke’, die ist nunmal per se weiblich und es macht ihr Wesen aus zu ‚meckern’. Aber es sind eben nicht nur Frauen die zickig sein können. Ganz im Gegenteil, ich kenne ein paar wirkliche Paradebeispiele männlicher Zicken. Und diese sind nicht homosexuell.

Viel schlimmer als die so selbstverständliche Kombination des Wortes ‚zickig’ mit dem weiblichen Geschlecht ist jedoch die Tatsache, dass das Wort oft falsch verwendet wird. So wird nämlich all zu schnell alles als zickig abgestempelt, was weiblich ist und die Meinung sagt.  Auch wenn keinerlei Zickigkeit vorliegt. Frauen sind also bei etlichen Männern (und natürlich auch untereinander) per se zickig, allerspätestens sobald sie ihren Mund auf machen, etwas auszusetzen haben und ihren Gedanken Luft machen. Aber – und hier liegt das große Missverständnis – der Ton macht die Musik!!!

Ich will gar nicht abstreiten, dass es Zicken gibt. Im Gegenteil, da gibt es eine ganze Horde von. Aber eine richtige Zicke ist schon ein Zacken schärfer als nur eine Frau die ihre Meinung sagt. Eine richtige Zicke offenbart ihr Wesen oft ziemlich schnell. Nach dem Motto: zickig, aber zackig. Indem sie an allem etwas auszusetzen hat, schnell pikiert ist, wenn man nicht nach ihrer Pfeife tanzt, etc. Und das eben mit einem unmissverständlichen Tonfall kundtut. Wenn also eine Dame einen meckernden bis keifenden Tonfall anschlägt, gar ins Hysterische abrutscht oder einfach nur nach dem Motto „Püh“ redet oder handelt, dann kann durchaus von zickigem Verhalten gesprochen werden. Wenn sie dieses Verhalten dann auch noch regelmäßig an den Tag legt, kann man sogar einen Schritt weiter gehen und von einer Zicke sprechen. Wenn eine Frau jedoch einfach nur ihre Meinung kundtut – meinetwegen auch etwas energischer, finde ich es übereilt von einer Zicke oder zickigem Verhalten zu sprechen. Vielleicht sollten die Herren (und Damen) der Schöpfung, die ihr Gegenüber all zu schnell in diese Kategorie einsortieren, lieber einmal genauer hinhören.

Ich bin jemand der Sorte diplomatisch und harmonisch. Sinnloses rumzetern nur um des Zeterns oder Zierens wegen ist nicht meins. Dennoch schrecke ich bei Bedarf nicht davor zurück meine Meinung zu vertreten oder Bedenken zu äußern, wenn ich bei einem Sachverhalt, in einer Situation oder mit dem Verhalten einer anderen Person nicht einverstanden bin. Dann ergreife ich, je nachdem wie es die Situation erfordert, auf diplomatisch-ruhige oder auch energisch-dahinterstehende Art und Weise das Wort und sage, was ich zu sagen habe. Bis jetzt hatte ich das Glück noch nicht auf einen der männlichen (oder weiblichen) Anwärter zu stoßen, die das Kundtun der eigenen Meinung als bedrohlich empfinden und deshalb sofort als zickige Verhaltensweise aburteilen. Da bin ich wohl an die Gattung umsichtiges Gegenüber geraten. Aber es gibt ja bekanntlich immer ein erstes Mal…

Und so wurde letztens auch ich Opfer dieser all zu schnellen, unbewussten Verurteilung ‚zickig’ zu sein, als ich mich innerhalb einer Diskussion über die Möglichkeiten und Grenzen das eigene Denken zu durchbrechen, vertraute aber störende Strukturen abzulegen und anders zu Handeln als gewohnt, hinreißen ließ inbrünstig aber sanft für meine Meinung Partei zu ergreifen. Als ich merkte, dass mein Gegenüber gar kein Interesse daran hatte sich auch mal einen anderen Standpunkt als den eigenen anzuhören (oder auch einfach gerade mental nicht in der Lage dazu war), ich damit eher noch den Wahnsinn provozierte, schloss ich meine Argumentation ab und legte eine Ruhepause ein. Um meinem Gegenüber und den Gedanken etwas Raum zu lassen und auch selbst darüber nachzudenken. Prompt hatte ich eine Beschwerde wegen Zickigkeit am Hals. Zunächst belustigte es mich eher, weil ich mir dachte: Na wenn das friedsame Darlegen von Gedanken bereits zickig ist, was ist dann erst los, wenn er mal mit einer wirklichen Zicke konfrontiert wird? Ich fragte also erst einmal nach, wie er auf die Idee kam, ich sei zickig. Ich fühlte mich absolut unzickig, denn es ging mir nicht darum mit aller Gewalt meinen Willen durchzudrücken, sondern lediglich darum meine Meinung darzulegen. Nein, Stänkermodus konnte man meine Verfassung absolut nicht nennen. Eher ein Verständigungsmodus. Um Harmonie herzustellen. Doch mein Gegenüber blieb hartnäckig bei seiner Behauptung ich sei zickig und verpasste mir zur Untermauerung seiner Ernsthaftigkeit sogleich den Spitznamen „Zicki“. Na hervorragend, nach diesem Spitznamen habe ich mich schon immer gesehnt. Ich versuchte es andersherum und erklärte, dass ‚zickig’ meiner Meinung nach eine Frage der Artikulation ist: Der Ton macht die Musik! Und meiner war ganz beherrscht. Inzwischen hatte ich sogar ein Grinsen im Unterton. Doch auch jetzt kein Abrücken in Sicht. Eher dringliches Beharren. Wollte mein Gegenüber vielleicht eine Zicke und redet deshalb so eisern darauf herum? Und was war das? Ein bockiger Unterton bei ihm? Hm, da stellt sich doch die Frage wer hier zickig ist…

Frauen wie Männer, das Zicken-Potenzial schlummert wohl in uns allen. Und es ist wohl auch eine Frage des Gegenübers, wie schnell und ob diese Befähigung in uns herausgekitzelt wird.

Das arme Vieh

Der Mensch ist ein sehr wissbegieriges und neugieriges Wesen. Ein experimentierfreudiges obendrein. Das sind wohl auch die Gründe dafür, weshalb der Mensch das geworden ist, was er ist. Und weshalb die Gesellschaft so existiert, wie sie existiert. Und es sind die Motive, weshalb sich der Mensch herausnimmt über andere Lebewesen zu herrschen. Sie für seinen Wissensdurst und seine Experimentierfreude zu „missbrauchen“.

Und das beginnt nicht erst im Labor, bei der Gentechnik, in der Kosmetikindustrie, etc. Nein, es beginnt bereits auf der heimischen Couch. Da gibt es z.B. Menschen dir ihrer Katze im Schlaf die Zunge aus dem Maul ziehen, um zu testen wann sich das arme Tier aus der Ruhe bringen lässt. Lustig oder gemein? Da gibt es Menschen, die ihrem Vierbeinern schreckliche Textilien auf dem Leib schneidern lassen, nur um ihren Wohlstand zu demonstrieren. Nicht weiter schlimm oder Quälerei? Und da gibt Menschen, die im Dienste der Wissenschaft Fernsehsendungen machen und ansehen, in denen Tiere vorgeführt werden.

Ja, Tiere im Fernsehen sind eine Sache für sich. Und ich spreche hier nicht von Dokumentationen, in denen Tiere z.B. in ihrer natürlichen Umgebung gezeigt werden. Ich spreche von Fernsehsendungen, in denen man Tiere zu Anschauungszwecken ins Studio holt. Es sei mal dahin gestellt, ob man den Tieren damit Leid zufügt, oder ob sie es gar nicht als so schlimm empfinden. Das wird wohl niemand eindeutig belegen können, denn das Tier vermag es dem Menschen wohl nicht eindeutig genug vermitteln zu können. Bzw. schreibt sich der Mensch ja auch hier die Fähigkeit zu, es aufgrund von Tests, etc. belegen zu können. Er spielt mal wieder allwissend. Fakt ist aber, es wird nie einen unumstößlichen Beweis dafür oder dagegen geben. Aber zurück zum Thema. Ungeachtet dessen, ob es für ein Tier Stress bedeutet sich in einem Studio aufhalten zu müssen: Muss man denn so ein armes Tier auch noch zu Anschauungszwecken verwirren? Ich für meinen Teil sehe das sehr zwiespältig und habe damit letztens zur Erheiterung einiger Freunde beigetragen, als ich voller Inbrunst Partei für ein im Fernsehen vorgeführtes Reh ergriff.

In einer Ratesendung des deutschen Privatfernsehens ging es um Rotwild, ihr Brunftverhalten und dessen Sound. Zu Anschauungszwecken hatte man einem feingliedrigen, großäugigen Reh ein Gatter ins Studio gestellt, in dem es zugegebener Maßen friedlich graste. Was schon mal absolut bewundernswert ist, wenn man bedenkt, dass es dort von hunderten Live-Zuschauern begafft und von grellem Licht in Szene gesetzt wurde. Zumindest machte es äußerlich den Anschein als würde es in sich ruhen. Denn wer weiß, ob das kleine Herzchen nicht bereits bis zum Anschlag raste. Sollte das kleine Herzchen bis jetzt tatsächlich noch im Ruhezustand gewesen sein, würde sich das gleich ändern… Der Herr, der das Reh angeschleppt hatte, hatte auch eine Tröte bei sich. Eine Tröte die bei richtigem Gebrauch den Brunftschrei eines Hirsches imitieren sollte. Und er trötete fröhlich vor sich hin. Auch die an der Sendung beteiligte Prominenz gab ihr Bestes. Und das arme Reh? Erst wackelte es nur aufgeregt mit seinen Ohren, dann trabte es völlig beunruhigt durchs Gatter und schaute mit einem Wahnsinnsblick hin und her. Und ich? Ich echauffierte mich lautstark wie gemein es doch ist, das arme Reh so zu verwirren und spitz zu machen. Erst tröten da alle und suggerieren dem armen Vieh, dass es gleich begattet wird und dann? Nix und dann! Das ist doch frustrierend für das arme Reh. Zieht man mal hinzu, dass weibliche Tiere den Paarungsakt oft nicht nur voller Freude absolvieren, sondern durch das Balzverhalten ihrer brunftigen männlichen Artgenossen wohl auch in eine Art Stress versetzt werden, wird das Szenario noch absurder. Dann ist das Reh in der Fernsehsendung nicht nur spitz sondern auch noch panisch. Spitzpanisch. Und genau diesen Eindruck machte das anfangs so ruhige Tier dann auch. Die großen friedlichen Kulleraugen waren plötzlich noch größer und irrten wahnsinnig blickend hin und her. Der feingliedrig, sich so geschmeidig bewegende Körper wackelte plötzlich aufgeregt und drohte zu kollabieren. Das Reh rannte von einem Gatterende zum nächsten. Flucht war ja nicht möglich…

Und all das zu Unterhaltungszwecken… Ich, empathisch wie ich nun mal bin, fühlte auf jeden Fall mit dem armen Reh mit. Was würde denn der Mensch sagen, wenn da ein Tier daherkäme, an ihm herummachen würde und sich dann mit seinen Artgenossen darüber freuen würde, dass es funktioniert und ihn dann aber unbefriedigt zurücklassen? Jap… Das will doch auch keiner. Also meine Damen und Herren vom und vorm Fernsehen: Muss das sein? Ist das noch lustig? Oder ist es gar nicht so schlimm (für das Reh) wie ich denke?

An und für sich sind Neugierde und Interesse an Wissen und Information ja eine sehr gute Sache. Eigenschaften, die ich durchaus beführworte. Denn Stillstand ist ist nicht gerade erstrebenswert. Und Interesse an etwas zu haben, bedeutet Leidenschaft. Und leidesnchaftliche Menschens sind oft glücklichere Menschen. Die Frage die aber bleibt ist: Muss man andere Lebewesen in ihrer Leidenschaft beirren um seine eigene zu befridigen? Hm….

Schau mir in die Augen Kleines/r

An und für sich ist der Blick in die Augen eines anderen Menschen eine feine Sache. Schließlich kann man viel in den Augen eines Menschen ablesen. Mehr sogar, als man selbst immer zu glauben scheint. Ja, so Augen können Bände sprechen. Nicht nur, dass der Blick und alles was in ihm liegt etwas über den Menschen und dessen Geschichte erzählen kann. Nein, viel interessanter ist die Tatsache, dass die verschiedenen Augenfarben ebenfalls etwas über den Charakter verraten sollen. Ja, googelt doch mal, da findet man spannende Einordnungen.

So werden Menschen mit braunen Augen z.B. Eigenschaften wie Ehrlichkeit, Humor und Treue zugeschrieben. Außerdem gelten sie als gute Zuhörer und angenehme Gesprächspartner. ‚Besitzern’ grüner Augen sagt man nach, sie seien eher passive Charaktere, die sich sehr gern zurückziehen, genügsam sind, ungern Entscheidungen treffen und deshalb viel grübeln. ‚Träger’ blauer Augen hingegen gelten als leidenschaftlich und sollen oft einen romantischen Charakter haben. Als gefährlich wiederum werden blaugrüne Augen empfunden, blaugraue Augen stehen dafür für Heiterkeit und gute Laune. Allerdings soll das oft vorgespielt sein, da Menschen mit blaugrauen Augen oft unglücklich sind. So die ‚Vorurteile’ zu diversen Augenfarben. Lustig ist jedoch, dass unterschiedliche Augenfarben auch unterschiedliche Reaktionen hervorrufen können.

Ich für meinen Teil habe blaue Augen. Und ich halte mich für einen wenig furchteinflößenden Menschen. Je nach Stimmung sind meine Augen etwas getrübt und verraten, dass da schon einiges erlebt wurde, oder aber sie funkeln, sprühen und lachen und zeigen, dass ich den Moment gerade sehr genieße. Mit einer geänderten Farbe jedoch erzählen sie scheinbar ganz andere Dinge…

…sie verbreiten Angst, Schrecken und Erfurcht. Zumindest wenn sie Schwarz sind. Aber von vorn:

Angesichts der bevorstehenden Halloweenparty habe ich mir dieses Jahr zum ersten Mal wirklich Gedanken um eine Kostümierung gemacht. Nach stundenlangem Stöbern, hin und her überlegen, abwägen und Budgetieren ist der Entschluss gefallen. Eine Mumie soll es sein. Eine Mumie mit leerem Blick. Schließlich weilt sie ja nicht mehr unter den Lebenden. Da mein Blick aber eben alles andere als untot ist, beschließe ich ihn durch ein paar einfache schwarze Kontaktlinsen dem Kostüm entsprechend anzugleichen. Und da ich noch nie zuvor in meinem Leben Kontaktlinsen getragen habe, beschließe ich sie Probe zu tragen. Ein Fest, wie ich feststellen sollte…

Bereits als ich das Haus verlasse der erste Zwischenfall. Eine Horde Kinder hat es sich vor der Tür gemütlich gemacht um zu klingeln und nach Süßem zu verlangen. Als ich die Tür öffne brüllt mir also ein Chor schnattriger Stimmen entgegen: „Süßes oder Saures.“ Ich hebe einfach nur meinen Blick und noch ehe ich etwas sagen kann, fangen einige der eben noch so vorwitzigen Kinder an zu kreischen, andere machen große, ehrfürchtige Augen und gehen drei Schritte zurück. Da ich sonst nie solche Reaktionen unter Kindern hervorrufe, schreibe ich es mal meinem dunklen Blick zu und mache mich lieber schnell vom Acker, bevor hier noch jemand ein Trauma erleidet.

Die nächste Begegnung dieser Arte wartet ein paar Straßenecken weiter. Dieses Mal ist es eine Horde Teenies, die zwar nicht verkleidet, aber mit Totenkopf- und Vampirgesichtern geschminkt, über den Gehsteig wankt. Denen hat man wohl eher Saures anstatt Süßes gegeben. Oder Beides, damit das Saure schneller ins Blut übergeht. Dürfen die überhaupt schon trinken? Tstststs. Egal, zurück zum Eigentlichen. Um sie nicht in ihren angeregt-angeheiterten Gesprächen zu unterbrechen (und ja, ich gebe es zu, auch weil ich keine Klingel besitze), schlängele ich mich mit dem Rad so gut es geht an ihnen vorbei. Quittiert wird das ganze Unterfangen mit der hysterischen Stimme eines Mädchen: „He macht mal Platz, da will ein Mensch vorbei.“ Wie süß, denke ich mir. Sie haben bereits schon so viel getrunken, dass sie mit der Schminke in ihrem Gesicht verwachsen sind. Sie hält sich wohl für einen Vampir. Und Vampire kann ja bekanntlich kaum etwas umhauen. Außer Knoblauch und Holzpflock vielleicht. Oder? Habe ich beides eh nicht dabei. Aber ich habe meinen Blick. Ich hebe also meinen Blick und bedanke mich ganz höflich und harmlos fürs Platz machen. Und ich löse folgende Reaktion aus. Das Mädchen macht einen entsetzten Sprung zurück. Ups! War ich das? Sorry, ich konnte ja nicht ahnen, dass Vampire inzwischen auch Angst vor dämonischen Augenaufschlägen haben. Und während ich im Vorbeifahren in mich hineinkichere, höre sie entsetzt nach Luft japsen:  „Habt ihr der ihre Augen gesehen?“ Doch sie scheint allein mit ihrer Angst. Ein Junge beruhigte sie: „Komm ma runter und trink das nächste ma n Schluck weniger.“

Die Krönung des Ganzen kommt aber noch. Ich sitze gemütlich mit ein paar Freunden in einem irischen Pub und genieße den Abend. Das Licht ist schummrig, so dass man meine Augen wohl auch gar nicht wirklich sieht. Zum Glück, denn beim Weg auf die Toilette bzw. zurück zum Tisch provoziere ich Tote und Verletzte. Natürlich nicht absichtlich! Unbekümmert verlasse ich das Frauenklo. Es ist im Keller und man muss eine lange Treppe nach oben steigen. Vor mir läuft ein junger Mann in Anzug. Er dreht sich um. Beim Blick in meine Augen stolpert er und fällt fast die Treppe herunter. Du liebe Güte! Vor lauter Schreck reiße ich meine Augen noch weiter auf. Und er? Er strauchelt abermals und muss sich am Geländer festhalten. Betreten blicke ich zu Boden. Ich wusste nicht, dass mein dämonischer Blick das Potenzial besitzt Männer aus den Latschen zu heben… Wenn das sonst mal der Fall wäre, hehe. Und da keimt eine Idee in mir auf…

…da stehen doch demnächst noch wichtige Vertragsgespräche an. Vielleicht sollte ich…

Neurose Weiblichkeit

Wann ist eine Frau eine Frau? Wann wirkt eine Frau feminin? Wann finden Männer eine Frau attraktiv? Was macht eine Frau aus? Und vor allem, wann empfindet sich eine Frau selbst als Frau?

Lässt man Männer über ihre Männlichkeit referieren blühen sie auf. Sie bekommen rosige Wangen, gute Laune, stellen Vergleiche an und schießen gar ein paar Zentimeter in die Höhe. Da erkennen manche in der Gunst des Augenblicks ihre angeblich unverwechselbare Ähnlichkeit mit Collin Firth, ihr bierbäuchiger Sixpack ist außergewöhnlich und sie versprühen mehr Charme und Witz als manch alteingesessener Entertainer. Sie sind einfach stolz darauf, ein Mann zu sein.

Spricht man im Gegenzug Frauen auf ihre Weiblichkeit an, werden viele von ihnen nervös, fangen an zu drucksen und reden sich um Kopf und Kragen. Ein wahrer Aufzählmodus beginnt. Nicht jedoch über all die Dinge, die sie an sich und ihrem Körper für weiblich und attraktiv halten, sondern über die unzähligen Körperstellen, Angewohnheiten und Eigenschaften, die sie teilweise zwar für weiblich, kurioserweise deshalb aber auch für unschön befinden. Dann fällt ihnen ein, dass ihr Hintern zu dick ist, ihr Busen zu klein, sie mal wieder eine ordentliche Frisur bräuchten, die letzte Rasur lieber gestern als heute hätte stattfinden sollen und ihre Fingernägel auch schon bessere Zeiten erlebt haben. Ihren Charakter blenden sie dabei oft völlig aus. Und desto länger man Frauen in diesem Aufzählmodus verweilen lässt, desto schwerer stürzt man sie in eine mittelschwere Krise.

Halt! Da stimmt doch was nicht…

Klar, ein bisschen neurotisch sind vielleicht alle Frauen, was ihren Körper betrifft. Und ein Müh neuropatisch sind sicherlich auch die Männer, wenn es um ihr Antlitz geht. Aber wenn man machen Frauen so zuhört könnte man fast denken, bei „Weiblichkeit“ handele es sich um eine Krankheit mit ernstzunehmenden Folgen. Und das schlimme daran ist: Sie ist auch noch ansteckend. Fängt ein weibliches Wesen an lautstark darüber zu referieren, greift der Virus wie eine Seuche um sich und infiziert alle anwesenden Frauen. Die eine mehr, die andere weniger. Immun jedoch? Eine solche Frau habe ich noch nicht persönlich kennengelernt, bin aber wie immer jederzeit bereit meine Meinung zu revidieren, wenn sich mir das Gegenteil beweist.

Bei alledem drängt sich die Frage nach dem „Warum“ auf. Warum tun wir Frauen das? Warum erleben viele Frauen ihre Weiblichkeit als eine Bedrohung? Warum ist Weiblichkeit etwas, was man bekämpft? Oder anders herum: Warum ist Weiblichkeit etwas, was man sich erarbeiten, erobern, ja fast schon verdienen muss? Warum ist Weiblichkeit etwas, was man lernt sich aufzumalen und abzuschminken wie eine Maske, anstatt sie wie eine schützende Haut mit Wohlbefinden zu tragen?

Weil Weiblichkeit oft mit körperlicher Attraktivität und Schönheit gleichgesetzt wird. Weil Weiblichkeit häufig anhand bestimmter Maße, Proportionen und Kleidergrößen festgemacht wird. Gibt man z.B. bei google „Weiblichkeit“ ein, bekommt man zunächst ein paar Bilder weiblicher Körper und Geschlechtsorgane präsentiert. Es folgen Seiten mit Ratgebern, Tipps und Seminaren wie man zum „Vollweib“ wird, wie man seine körperliche Weiblichkeit unterstreichen kann, wie man „mehr Weiblichkeit“ ausstrahlt. Na herzlichen Dank. Denn laut Definition handelt es sich bei Weiblichkeit eben nicht um weibliche Körpermerkmale sondern umfasst der Frau zugeschriebene kulturelle und gesellschaftliche Eigenschaften. Eigenschaften!!! Wer Femininität also mit Körperlichkeit gleichsetzt untergräbt das Weibliche regelrecht. In diesem Sinne sollten wir (auch wir Frauen selbst) dringend unsere „Vorurteile“ und Maßstäbe unserem Geschlecht gegenüber überdenken. Ferner werden die Begrifflichkeiten „Frau sein“ und „Frau werden“ oft schon frühzeitig mit etwas negativen besetzt. Ein blöder Spruch über zu kleine oder zu große Brüste, das Einsetzen der Menstruation oder aufkommende Zickerein. Das Verbot sich zu schminken, geifernde Blicke auf Familienfeiern, etc. Frau lernt also mitunter schon früh, dass körperliche Weiblichkeit etwas ist, was man eventuell verstecken sollte, was man gut portionieren muss, worüber sie definiert wird. Die Frage nach Weiblichkeit ist also immer auch eine Frage nach der eigenen Identität!

Ich habe mir deshalb selbst einmal die Frage gestellt, was ich als weiblich empfinde? Interessanter Weise ist es weder die Form eines Körpers, noch die Größe eines Busens oder eines Hinterns. Natürlich ist Weiblichkeit ein stückweit auch an all diesen Dingen festzumachen. Immerhin sind dies bereits die Merkmale, die eine Frau optisch von einem Mann unterscheiden können. In erster Linie sind es für mich aber ganze andere Dinge, die Femininität ausstrahlen: Sinnlichkeit, Genussfähigkeit und Hingabe. Persönlichkeit und auch die Fähigkeit Spaß haben zu können und sich wohl zu fühlen. Und wann fühlt man sich als Frau wirklich wohl? Wenn man von etwas hingerissen ist. Wenn man sich voll und ganz, mit allem was man ist und hat, in etwas hineinstürzen kann. Wenn man sich fallen lassen kann. Sprich, wenn man sich aufgehoben fühlt und merkt/weiß, so wie man ist richtig zu sein.

Fakt ist also: Eine Frau kann noch so schön sein, wenn sie sich selbst nicht wohl fühlt und eben diese Hingerissenheit, Hingabe und Lust nicht spürt, wirkt sie mitunter nicht weiblich. Dann fehlt ihr dieses weiche, sensible. An dessen Stelle treten dann oft Verbissenheit den Körper in bestimmte Formen zu pressen, Unsicherheiten und vieles mehr. Und das lässt sie hart und unnahbar erscheinen. Was wiederum Attribute sind, die man nicht mit Weiblichkeit verbindet.

Frauen und ihre Weiblichkeit sind also oft nicht nur für Männer, sondern in erster Linie auch für Frauen selbst ein Mysterium. Anstatt nun dieses Geheimnis ergründen zu wollen, sollten wir alle gemeinsam anfangen Frauen einfach so zu lieben wie sie eben sind: Weiblich. Denn Liebe macht glücklich. Und nichts ist schöner, weiblicher und anziehender als eine glückliche Frau!

Oversexed & Underfucked – Wie viel Sex ist zuviel Sex?

Sex ist eines der schönsten Dinge der Welt, heißt es. Richtig, sage ich. Aber nur, wenn man ihn auch hat. Was damit gemeint ist?

Ein Bespiel: Letztens an einem Sonntagmorgen. Ich liege in meinem Bett und überlege mir, was ich so mit dem Tag anfangen möchte. Meine Gedanken kreisen und der Blick aus dem Fenster sagt: Im Bett bleiben. Mein Gefühl sagt: Im Bett bleiben ist aber nur spannend, wenn man nicht allein im Bett bleiben muss… Und als wenn meine Obermieterin auf dieses mentale Stichwort gewartet hätte, tönen von oben her komische Geräusche. Als würde jemand den Boden schleifen. Aber halt, da gesellen sich noch ein paar andere Geräusche dazu. Menschliche „Ahs“ und „Ohs“. Die haben Sex. Ich bin sprachlos. Also nicht, dass Sex haben so ungewöhnlich wäre. Und nicht, dass ich ihr und ihrem Gespielen die körperliche Ertüchtigung nicht gönne, aber bitte nicht, wenn ich keinen habe. Unglaublich…

Ich nehme es zum Anlass mal genauer über das Thema nachzudenken. Denn mir fällt auf: Das Thema ‚Sex‘ kommt in der letzten Zeit sehr häufig auf den Tisch. Kaum eine Party wo nicht irgendwer darüber spricht. Allerdings komplett unpersonalisiert. Alle tönen sie laut, nur auf sich selbst bezogen werden sie schweigsam. Warum ist das so habe ich mich gefragt?

Vielleicht liegt es an der Übersexualisierung unseres Alltags? Denn in den Medien wird Sexualität und Intimität immer tabuloser zelebriert. Wir wissen wie „One Night in Paris“ war, dass Patrick Nuo an Sexsucht litt und dürfen uns ständig elektronisch oder menschlich verfeinerte Astralkörper von Michaela Schäffer & Co. ansehen. Uns wurde verklickert, dass eine ausgefallene Intimrasur das Sexleben aufpeppen kann, wir erfahren über immer neue Spielarten bis hin zu Abartigkeiten und I-Phones werden nicht selten zu Pornophones. Prima! In der Sexualkultur der Gegenwart scheinen Technik, Absurdität und Event an vorderster Stelle zu stehen. Was dabei ein wenig abhanden zu kommen scheint, ist die Basis aller erotischen Begegnung: Hingabe und ein ehrlicher, entspannter Austausch. Wir werden also ständig und überall mit dem Thema Intimität, Körperlichkeit und Sex konfrontiert. Sex findet scheinbar immer und überall statt. Nur eben oft nicht in der Realität…

‚Oversexed and underfucked‘, so der von Ariadne von Schirach geprägte Begriff für die diese Entwicklung. Und davon sind nicht nur Singles, sondern auch Paare betroffen. Vielleicht sogar noch schlimmer als ein Single. Denn im Fernsehen tummeln sie sich zu Hauff, die schönen Pärchen – flacher Bauch, vollbusig, straffe Haut, eben einfach sexy. Auch aus den Magazinen lächeln sie, die glücklichen Pärchen, die erzählen wie oft und wie gut es bei ihnen im Bett läuft. Man könnte den Eindruck bekommen sie täten nichts anderes den ganzen Tag. Und die Verschiebung von Realität und vorgeschobener Realität beginnt nicht erst beim Sex, sondern bereits bei der bloßen Körperlichkeit. Wer geht heute noch problemlos nackt in die Sauna ohne sich in diverse Handtücher zu verhüllen? Wer zieht sich noch arglos vor anderen um?  Wer fühlt sich nackt wirklich schön, wenn Ansprüche ans Aussehen von Brüsten, Hinterteilen, Schamlippen und Oberschenkeln immer verzerrter und lebensferner werden Kaum einer. Man tut offen, ist es aber oftmals nicht und brütet dann im stillen Kämmerlein den Frust aus. Ein weiteres, damit einhergehendes Phänomen: Die Medien publizieren „Nur attraktive Frauen und Männer haben Sex.“. Dass setzt jedoch nicht nur diejenigen unter Druck, die meinen nicht attraktiv genug zu sein, sondern auch diejenigen, die als attraktiv gelten.

Druckaufbau, an allen Ecken und Enden. Ansprüche, die nicht erfüllt werden können. Viele denken sie müssen sonst etwas leisten. Denken, sie müssen aussehen wie ein Pornostar. Kein Wunder also, dass der eine oder andere schiss davor bekommt. Versagensängste und Schamgefühl erhalten den Einzug in die Betten, etc. Enttäuschungen vorprogrammiert. Und anstatt dann einfach Sex zu haben, verkneifen sie es sich. Oder sie haben welchen, sind aber so gestresst, dass sie nicht loslassen können. Weil sie ständig daran denken, dass sie es tun müssen. Weil etwas nicht mit ihnen Ordnung sein könnte, wenn sie nicht jeden Tag Lust verspüren. Wenn sie nicht immer das halbe Kamasutra durchzuexerzieren wollen. Wenn nicht jedes Körperteil so makellos aussieht wie in den Hochglanzzeitschriften und Dauerwerbesendungen. Und dann kommt der Frust statt die Lust. Denn die Erwartung, die sie an sich selbst gestellt haben, bleibt eine Erwartung. Dabei heißt es doch nicht umsonst: „Übung macht den Meister.“

Noch vor ein bis zwei Jahren trafen sich ganze Frauencliquen zum gemeinsamen Zelebrieren von „Sex & The City“, einschließlich Austausch eigener Erfahrungen. Vor ein paar Jahren noch klopften sich Männer auf die Schulter, wenn sie tolle Frau erobern konnten (und damit meine ich nicht nur fürs Bett). Unlängst scheint diese Welle abgeebbt. Oder wer traut sich heute noch seine Freundin oder seinen Freund direkt zu fragen: Was geht bei dir so? Bist du mit dir und deinem Sexleben zufrieden? Nicht, dass jetzt hier ein falscher Eindruck entsteht. Sexualität ist natürlich eine intime Sache! Und wer möchte sich schon gern unter die Bettdecke gucken lassen? Das ist damit aber auch nicht gemeint. Natürlich muss man mit seiner Sexualität nicht hausieren gehen. Und natürlich will man auch gar nicht von jedem Freund wissen was und wie er es so hinter verschlossenen Türen treibt. Das auffallende ist aber eben: Eigentlich reden ja alle darüber. Da werden Geschichten von Bekannten eines Bekannten eines Bekannten erzählt. Da wird über die neusten Pornos und Pornosternchen getratscht. Da wird auf Sexmessen gerannt. Aber man selbst hält sich bedeckt. Mitunter scheint manchen Menschen ihr Sexleben sogar so peinlich zu sein, dass sie Liebschaften vertuschen und verschweigen. Aus Angst man könnte darüber reden, sich lustig machen oder Details in Erfahrung bringen wollen. Und dann sind sie oft nicht nur total angespannt und können das Toben durch die Betten kaum bis gar nicht genießen, sondern sie verletzten damit oft auch ihr gegenüber. Denn was soll man schon davon halten, wenn man wie Staub unter den Teppich gekehrt wird?

Kein Wunder also, dass die Sexualisierung des Alltags zu einem Überdruss führt. Dass auch wenn die Öffentlichkeit immer enthemmter wird, privat eine Rückkehr zur ‚Prüderie‘ stattfindet. Um sich nicht messen zu müssen. Um sich nicht in die Karten schauen zu lassen. Um möglichen Fragen aus dem Weg zu gehen. Aber wenn das der Weg zu mehr Aktivität, Losgelöstheit, Entspannung und Spaß in den Betten der Nation ist, sei es jedem gegönnt. Außerdem ist ja Im Dunkeln bekanntlich gut Munkeln.

In diesem Sinne: In die Betten, fertig, los…

Drama Baby Drama

Wer sagt, dass nur Frauen Drama-Queens sind? Ich halte dagegen. Alle wirklich bedeutsamen Drama-Queens die mir bis jetzt in meinem Leben so über den Weg gelaufen sind, waren/sind männlich (Ich betone „mir“ und nehme gern Geschichten zum anderen Geschlecht entgegen). Unglaubliches, was einem da so geboten wird. Dramady lässt grüßen. Ja, inzwischen fühle ich mich streckenweise wirklich so, als wäre ich unfreiwilliger Gast in einer Daily Soap. Nichtmal Statist, sondern Gast. Nein, auch nicht wirklich Gast, sondern hin und wieder (und öfter als mir lieb ist) zweite Hauptfigur. Aber eben unfreiwillig. Oder auch ein bisschen so wie bei der versteckten Kamera, wo man irgendwie hofft und ahnt im falschen Film zu sein. Nur leider bleibt hier oft das erleichterte Aufatmen aus, wenn einem das gegenüber zeigt wo die versteckten Kameras hängen. Es ist eben keine versteckte Kamera da. Ich kenne reale Drama-Queens mit großem Potenzial. Doch ja, sie spielen ihre Rollen perfekt. Willkommen in der neuen Daily Soap von XY. Ganz unter uns, in guten und in schlechten Zeiten und das ist alles was zählt.

Und das führt bei mir zuweilen zu Unmut. Wie oft habe ich in der letzten Zeit gedacht: „Ich glaube es hackt!“. Ich kann es nicht mehr zählen. Wie oft habe ich gedacht: „Das ist jetzt nicht dein erst!“. Ebenfalls unzählbar. Wie oft habe ich gehofft: „Das ist nur ein schlechter Albtraum, du wachst gleich auf!“. Auch mehr als mir lieb ist. Und immer wieder musste ich feststellen: Ich träume leider nicht, aber es hackt, weil es allen Ernstes deren Ernst war/ist!

Da gibt es gestandene Männer, die Tatsachen verdrehen, weil sie zu feige sind einen Fehler einzugestehen. Aber wenn es das nur wäre. Das Unglaublichste daran ist, dass sie sich ihre Parallelstory selbst so plausibel erzählen können, dass sie wirklich daran glauben. Ja, es grenzt schon fast an Gehirnwäsche. In sofern kann man ihnen ja nicht einmal richtig böse sein, denn sie wurden ja manipuliert. Eigentlich sind sie also das Opfer was beweint werden muss. Und das tun sie dann auch, mit voller Kraft. Entschuldigt, wenn ich nicht mitweine. Das hat nichts mit mangelnder Empathie zu tun. So viele Tränen wie bei all den Dramen nötig wären, produziert meine Tränendrüse leider einfach nicht. Sie ist langsam überfordert.

Und dann gibt es da Männer, die texten dir einen ganzen Abend eine Bibel (ein besonders dickes Buch mit hauchdünnen Seiten und kleinem Text) an die Backe und rühmen sich damit, dass sie ein so guter Freund sind, weil sie sich nicht davor scheuen auch mal die unangenehme Wahrheit auszusprechen. Aber wenn man selbst dann mal mit der Wahrheit herausrückt ist der Spaß vorbei. Und seien es nur zwei Worte wie: „Du übertreibst!“ Das geht ja mal gar nicht. Dann sind sie eingeschnappt und ziehen es vor einen die nächsten Tage, Wochen und Monate zu meiden. Wenn nicht sogar zu schneiden. Wahrheiten verteilen ja, Wahrheiten einstecken nein. Und auch wenn die Sache für dich damit gegessen ist, richtige Drama-Queens vergessen nie. Sie sind nachtragend. Oder sollte ich eher sagen sie folgen den Gesetzen einer Daily Soap: „Die Kuh muss gemolken werden. Immer wieder und wieder.“? Fakt ist: Fortan kannst du sie ansprechen und sie hören dich nicht. Plötzlich taub. Du kannst vor ihnen stehen und sie begrüßen oder verabschieden, aber sie sehen dich nicht. Plötzlich erblindet. Die Armen. Sie können einem regelrecht Leid tun, aber auch das ist nun mal so in einer Daily Soap. Da muss man Dinge durchmachen, die andere ihr ganzes Leben lang nicht erleben. Da ist ein bisschen taub und blind wohl noch das Harmloseste.

Und auch in Beziehungen sind es mitunter nicht die Frauen (denen ja oft Zickigkeit und das Verbreiten von Stress unterstellt wird), die unbeirrt Drama produzieren. Nein, Männer sind durchaus auch in der Lage diesen Part zu übernehmen. Ich für meinen Teil kenne solch männliche Mimen. Das sind z.B. Männer die an dem Punkt, an dem eine Beziehung eine Beziehung wird, ein bisschen (oder auch ein bisschen mehr) Drama produzieren, weil sie mit dem Status Beziehung nicht umgehen können. Weil sie sich in einer Weise in ihrer Freiheit beschränkt fühlen, auf der anderen Seite aber auch gar nicht frei sein wollen. Was ich damit meine? Eine wirklich feste Beziehung entsteht meist ab dem Punkt, an dem die erste Verliebtheit verschwindet. An dem die Sinuskurve nicht mehr nach oben steigt, sondern auf einem gleich bleibenden Level mit kleinen Auswucherungen nach oben oder unten verläuft. Man könnte es auch als vertrautes Miteinander bezeichnen. Oder als beständig. Und hier gibt es eben Männer, die diesen Zustand nicht ertragen. Sie brauchen das ‚Aufwärts’. Und wenn das ‚Aufwärts’ nicht mehr gegeben ist, müssen sie eben ein ‚Abwärts’ provozieren, damit es dann wieder aufwärts gehen kann. Da wird begonnen mit ‚Ich bin nicht gut für dich’, über Endlosmonologe zur eigenen Unzulänglichkeit, bis hin zu wirklich drastischen Maßnahmen wie dem andeuten, dass man Angst hätte fremd zu gehen oder sogar fremdgeht. Was für eine Verschwendung von Energien. Oder auch einfach nur ein Zeichen von beziehungsunfähig, nicht genug verliebt, etc. Entweder man will zusammen sein oder eben nicht. Das verbale Aufbauschen ist aber nur ein Zeichen für die eigene Unentschlossenheit. So nach dem Motto:  „Bitte trenn du dich, ich kann es nicht/ich will nicht der Arsch sein.“ Drama Baby Drama…

Leider verlieren unsere Queens bei all dem Drama oft den Blick für ihr Umfeld und das Wesentliche. Bedeutet: Autsch, das tut doch weh! Aber sie merken einfach nicht, dass sie andere mit ihrem Verhalten verletzen. Viel zu sehr stecken sie in ihrer Dramödie fest.

Wenn man all diese – und das sind bei weitem nicht die einzigen Erlebnisse und Beobachtungen, die ich machen durfte/musste – Erfahrungen zusammen nimmt, sollte ich vielleicht ernsthaft darüber nachdenken meinen eigenen Film zu drehen. Er könnte heißen „Die Unsichtbare“, „Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Männer in Bedrängnis“ oder auch „Die mit der Wand spricht“. Oder ich frage demnächst mal beim Fernsehen an, ob Interesse an einer neuen Castingshow (natürlich dürfen auch Frauen teilnehmen) besteht: „Germanys next Drama-Queen“ oder auch „Deutschland sucht die Drama-Queen“. Eine Bedingung: Ich als unfreiwilliger Experte sitze in der Jury. Irgendwofür muss sich das ganze Drama ja lohnen!

Zu später Stunde…

Wenn die Dunkelheit Einzug erhält und die Umgebung nur noch schemenhaft wiedergibt. Wenn ein paar Gläschen Bier oder Wein die trockenen Kehlen hinuntergeflossen sind. Dann passieren merkwürdige Dinge. Menschen beginnen sich komisch zu verhalten, wieder anderen lockert es die Zunge und das Mundwerk beginnt zu mahlen. Wenn man dann seine Augen aufreißt und die Ohren spitzt, hat man einiges zu lachen.

So saß ich letztens mit ein paar Freunden bei Dämmerung am See, als wir neben uns einen Mann ausmachten. An und für sich keinesfalls außergewöhnlich. Doch er stand dort ohne Unterhose, aber in T-Shirt und wiegte sich langsam vor uns zurück. Immer wieder. Über eine Stunde lang. Während ich amüsiert war, stieg in meiner Freundin leichtes Unbehagen auf. Was tat er da nur? Die Aufforderung sie solle ihn doch einfach fragen, löste Entrüstung aus. Wer weiß wie er dann reagieren würde. Also fragten wir nicht und ließen ihn schaukeln. In seiner spärlichen Bekleidung.

Eine andere Begebenheit der freizügigen Art ereilte mich ebenfalls vor wenigen Wochen. Es sind also nicht nur die Naturfreunde, die ihrer Freizügigkeit zu dämmriger Stunde frönen. Nein es gibt genauso solche Großstädter. Männer, die bei heißen Temperaturen fast nackt durch die Stadt  flanieren sind ja keine Seltenheit mehr. Aber eine Frau, die lediglich mit einem Tanga bekleidet durch die Straßen schlendert, ist mir persönlich bis vor wenigen Wochen noch nicht unter gekommen. Zunächst dachte ich mich verguckt zu haben. Dann suchte ich ihren blanken Oberkörper nach politischen Parolen ab. Könnte ja sein, dass sie eine der Damen ist, die mit allem kämpfen und demonstrieren was sie haben, ganz nach dem Motto „Sex sells“. Aber ich hatte mich weder verguckt, noch konnte ich Claims auf ihr entdecken. Es handelte sich also lediglich um eine persönliche Gesinnung. Na dann, wohl bekomm’s!

Das also zwei Beispiele für Möglichkeiten, die späte Stunde für seine Wunderlichkeiten zu nutzen. Wobei ich mir sicher bin, dass besagte Personen auch am helllichten Tag so agieren würden. Der kleine aber feine Unterschied ist jedoch die Dunkelheit. Sie verleiht dem Moment etwas Skurriles. Sie erlaubt es den Beobachtern nicht genau zu erkennen was vor sich geht. Und das löst in dem Einen oder Anderen Verwunderung, Belustigung oder eben auch Panik aus.

Die andere, oft beobachtete Entwicklung zu später Stunde und mit wachsendem Alkoholpegel ist das Emporschießen quer sitzender Gedanken. Jene, die unter normalen Umständen vielleicht nie das Licht des Tages erblickt hätten. Gut, das tun sie ja in diesem Fall auch nicht, aber zumindest das Licht der Nacht… Wer jetzt jedoch denkt, Männer unterhalten sich dann über Frauen und Frauen über Männer… falsch gedacht. Natürlich kann auch das vorkommen, ist es doch immer wieder spaßig das jeweils nicht verständliche Geschlecht abermals genauer unter die Lupe zu nehmen. Aber solche Gespräche meine ich nicht. Viel interessanter sind doch die Themen und die Gespräche bei denen man denkt: Wie kommen sie nur auf diese Themen? Welcher Geistes-Floh ist denn da durchs Hirn gehopst?

Ja, da kann es schon mal vorkommen, dass man mehrere Stunden über „Xanthippe“ und „Raßmulde“ philosophiert. Was man da bereden kann? Na so einiges! Hochwichtige Fragen wie: Welcher Name klingt hochnäsiger? Was verbindet man assoziativ mit dem jeweiligen Namen? Wer passt zu welchem Namen und warum? Man kann bei diesen Fragen durchaus in hitzige Dikussionen geraten, die einfach kein Ende finden. Vorausgesetzt natürlich man ist nicht einer Meinung. Interessant ist es aber auch Entweder-Oder-Fragen und deren Debatte zu verfolgen. Da kann sich der Eine oder Andere so richtig in Rage reden. Es ist ja aber auch wirklich wichtig einmal darüber geredet zu haben ob „Lieber Hände oder Schw*** ab?“ oder „Lieber kein Sex oder schlechter Sex?“.

Im Dunkeln ist also nicht nur gut Munkeln! Die Nacht belebt Körper und Geist. Ja, die Dunkelheit fördert die Kreativität geistiger Ergüsse und das Bedürfnis diese zur Sprache zu bringen, ebenso wie der geistigen Verfassung auch körperlich Ausdruck zu verleihen. Bleibt nur die Frage: Warum ist das so? Trauen wir uns erst unter dem Deckmantel von Dunkelheit und Alkohol zu unserem Innersten zu stehen? Oder ist es wirklich der Reiz der Nacht. Der Gedanke von Schattenwelten, vom Schemenhaften, vom Verborgenen?

Solltet ihr also mal auf einer langweiligen Party verweilen… Werft doch mal eine eigenartige Frage in den nächtlichen Raum. Wer weiß, was euch für ein spannendes Schauspiel dargeboten wird!

Guck mal, wer da krabbelt…

Ich halte mich durchaus für einen vernunftbegabten Menschen, der auch bei Konfrontationen mit unangenehmen Zeitgenossen die Ruhe bewahrt. Es gibt aber Lebewesen, die mich in sekundenschnelle zu einem aufgeschreckten Nervenbündel am Rande der Panik mutieren lassen. Die mich dazu bringen, jegliche gut durchdachte Handlungsweisen über Board zu werfen und intuitiv infantil zu reagieren: Spinnen und Skorpione.

Käfer, Motten, Fliegen, Asseln, etc. kein Problem. Sie sind allenfalls nervend. Mitunter kann ich ihnen aber sogar höfliches Interesse entgegenbringen. Aber sobald ich eine Spinne sehe, gerät in mir etwas entsetzlich durcheinander. Ja, sie brachten mich schon all zu oft um den Schlaf (Ich schlafe doch nicht freiwillig mit dem Feind unter einem Dach!). Sie schaffen es, dass ich den Raum verlasse und erst wiederkehre, wenn man sie erfolgreich eliminiert hat. Ist also ein Retter in der Nähe, lasse ich mich in diesem Fall gern retten. Denn der Gedanke einer Spinne auch nur ansatzweise nahe zu kommen, löst Unbehagen in mir aus. Ach quatsch, was rede ich: Grausen. Eine Krux, denn wie soll ich sie beseitigen, wenn ich mich nicht an sie herantraue, aber kein Retter in der Not vorhanden ist? Ein durchaus nicht zu missachtendes Problem. In diesen Situationen setzt der Wahnsinn ein. In Form von peinlichen, infantilen Verhaltensweisen und abstrusen Ideen, um mich der Schreckgestalt zu entledigen. Leider muss ich gestehen, dass die meisten Artgenossen, die meinen Weg bisher kreuzten, nicht lebend davonkamen. Aber schließlich ging es hier um mein Leben.

Früher baute ich Schuhtürme. Reichlich dumm. Der Stabsauger wäre einfacher gewesen. Aber ich war eben jung. Diese Schuhtürme sahen folgendermaßen aus: Ich schnallte die flachen Römerlatschen meines Vaters um hohe Stiefel meiner Mutter. Der Schuh-im-Schuh-Turm also. Die Römerlatschen stellten sicher, dass das Tier nicht darunter hervor kriechen konnte. Der Stiefel war notwendig um sicherzustellen, dass der Arm möglichst weit geschützt war. Für den Fall, dass das Tier auf einmal losrennt und den Arm heraufzukrabbeln versucht. Zu dumm, um den Stabsaugern zu nehmen, aber präzise durchdacht. Eine andere Variante ist die Geschenkpapierrollen-Schuh-Klatsche. Diese fand oft Verwendung bei meinen Großeltern. Wenn ich hier bis in die Nacht hinein las und dann eine Spinne an der Wand entdeckte, tat ich mich schwer meine Großeltern zu so später Stunde mit dem lärmenden, alten Staubgebläse zu wecken. Noch dazu reichte der Sauger nicht bis rauf an die Decke. Not macht erfinderisch, also schnappte ich mir eine lange Geschenkpapierrolle, steckte vorn einen Pantoffel drauf und fixierte das Ganze mit Klebeband oder Pflaster. Dann stellte ich mich auf einen Stuhl, so weit wie möglich von dem Vieh entfernt. Nun hatte ich Armlänge plus Geschenkpapierrollenlänge und konnte so sicherstellen, dass ich rechtzeitig fliehen konnte, wenn das Tier doch auf mich zukrabbeln würde.

Und das tun sie. Da sind Spinnen wie Hunde. Sie riechen deine Angst. Oder wie kann man sich erklären, dass – glaubt man dem Volksmund – diese angeblich scheuen Tiere immer meine Nähe suchen? Und wenn ich Nähe sage, meine ich Nähe. Sie krabbeln nicht weg, sondern aggressiv auf mich zu. Sie krabbeln sogar an mir empor. Brrr… Eine Erinnerung bei der ich augenblicklich wieder aus dem Sitz springen könnte. Ich weiß, Spinnen sind viel, viel, viel kleiner als ich. Ich passe nicht einmal in ihr Beuteschema. Obendrein sind sie nützlich und besitzen ein wahnsinnig kreatives Talent. Ihre Netze sind einfach Kunst. Spinnen sind also eigentlich total in Ordnung, quasi der nette Kumpel von nebenan, stille Wasser. Aber wie sagt man nicht umsonst: Stille Wasser sind tief. Also grause ich mich und reagiere mit Übersprungshandlungen. Und erschrecke damit meine Mitmenschen. Jedoch lautlos. Ungewöhnlich, aber so ist das. Denn die Masse der bei diesen Lebewesen in Panik geratenden Frauen (Ja, zum Glück bin ich nicht das einzige Opfer!) gehört wohl eher den Kreisch-Verfechtern an.

So versetzt mich beispielsweise eine Freundin der Tage all zu oft in Angst und Schrecken, weil sie aus für mich und alle anderen Anwesenden unerklärlichen Grund anfängt zu schreien und wild um sich zu schlagen. Inzwischen kann ich aber bereits an der Tonalität des Schreis erkennen, ob es sich um einen großen oder kleinen Falter handelt. Und jedes Mal erleide ich erneut einen kleinen Hörsturz. Mal sehen ob ich am Ende des Sommers noch meine komplette Hörstärke besitze. Das ist der einzige Nachteil, denn ich nehme die panische Reaktion einfach hin. Ich bin ja selbst nicht besser. Bei allen anderen verursacht ein derartiges Gebaren natürlich Belustigung. „Hab dich nicht so!“, „Die tut dir doch nichts!“, etc. blabla. Die haben gut Reden. Aber genau aus diesem Grund schreie ich nicht, sondern verfalle in stille Panik, springe auf oder entferne mich in Zeitlupe, um ja nicht die Aufmerksamkeit des Viechs auf mich zu richten. Was nicht heißen soll, dass mein Verhalten weniger peinlich ist.

Ach und da war ja noch was. Skorpione. Ja, auch mit denen habe ich bereits Bekanntschaft gemacht. Vollkommen unvorbereitet. Plötzlich hing er da an der Zimmerwand meines notgedrungenen Nachtlagers, in dem wunderschönen kroatischen Fischerdorf Rovinij. Augenblicklich war es aus mit der Beherrschung. Und das, nachdem ich gerade erst einem Attentat entgangen war. Eigentlich war es der Plan zu Zelten, doch gerade als wir das Zelt aufgebaut hatten, setzte ein Unwetter ein. Das Zelt flog auf Nimmerwiedersehen davon. Und während ich dem Zelt noch hinterher schaute, krachte neben mir ein Ast herunter, verfehlte meinen Kopf nur um Millimeter. Man sollte meinen, das hätte mich aus der Fassung gebracht. Aber nein, ich blieb ganz ruhig und freute mich: Was für ein Auftakt, das glaubt mir keiner. Es konnte ja quasi nur besser werden. Dachte ich! Denn wie gesagt, plötzlich hing da dieses Viech mit Stachel an der Wand und löste die eben ausgebliebene Panik in mir aus. Während andere angesichts derartiger Krabbeltiere wie eben beschrieben in hysterisches Quietschen verfallen, erstarrte ich zur Salzsäule. Bibberte innerlich wie Espenlaub. Erst als ich den ersten Schock überwunden hatte, brachte ich mich in Zeitlupe aus dem Schussfeld und holte Hilfe. Doch auch das Entfernen des ungebetenen Gastes konnte meine Furcht nicht mindern. Denn wo einer ist, das sind auch andere. Ich kann euch sagen, ich habe schlaflose Nächte verbracht. Drei an der Zahl. Dann endlich hatte ich ein neues Zelt und konnte dem Grauen entfliehen.

Angeblich soll es ja helfen, wenn man über Dinge spricht. Deshalb zu guter letzt einen Appell an all die gesegneten Frauen und Männer, die der dunklen Macht bereits entkommen sind. Falls euch im Zusammenhang mit Spinnen, Skorpionen und/oder anderen Krabbeltieren zukünftig eine hysterische Frau um den Hals fällt und erklärt, wie schrecklich sie sich gerade fühlt, erinnert euch! Vielleicht bin ich es, vielleicht eine andere Dame. Glaubt mir, die Frau, die da um euren Hals hängt ist nicht bekloppt. In anderen Lebenslangen ist sie durchaus pflegeleicht. Und glaubt mir ebenfalls, diese Frau fühlt sich gerade nicht nur wahnsinnig klein und elend, sondern auch verdammt dämlich. Also tut ihr den Gefallen und befreit sie einfach von der dunklen Macht. Sie wird es euch danken und ihr erlebt sie handzahm wie eh und je.

So und was habe ich nun vom drüber reden bzw. schreiben? Es juckt überall. Ich würde sagen: Die Krabbeltierphobie ist mir hiermit attestiert. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Denn sie wissen nicht was sie tun

Schlagzeilen. Überall. Jeder sieht sie. Jeder liest sie. Jeder kennt sie. Auch die, die es nicht zugeben wollen. Ein Entkommen ist ja auch gar nicht möglich. Mich beispielsweise springen sie schon beim Öffnen meines Mailpostfachs geradezu an. Also lese ich sie hin und wieder und rege mich in regelmäßigen Abständen darüber auf. Natürlich nicht ernsthaft. Aber ich werde einfach den Eindruck nicht los: Sie wissen nicht was sie tun. Sie widersprechen sich. In einer Tour!

Heute ist Kaffee schädlich und sollte nicht zum täglichen Flüssigkeitsbedarf dazugezählt werden. Morgen heißt es, dass Kaffee sehr wohl als Feuchtigkeitszufuhr angerechnet werden kann. Eben ist ein Gläschen Wein am Abend gesund und gut für den Schlaf, im nächsten Moment sind tägliche Weintrinker bereits Alkoholabhängige. Heute ist er der Held schlechthin, morgen hat er den großen Absturz und ist ein freakiger Drogenabhängiger. Eben noch haben ihre Beine Streichholzformat, die sie in den Weiten Baggypants versteckt und macht macht sich Sorgen um ihren Appetit. Drei Tage später hat sie Cellulite und sollte sich lieber überlegen ob sie dieses oder jenes Kleidungstück tragen kann.

Also in gewisser Weise ist es ja fast auch schon amüsant. Zumindest mit dem notwendigen Abstand betrachtet und in diesen, sage ich mal ‚bedeutungslosen Randsphären‘, des menschlichen Seins. Aber: Diese Unentschlossenheit zieht sich durch sämtliche Bereiche des Lebens. Vom großen Ganzen bis hin zum einzelnen Individuum. Ein weiterer ‚Trend‘ unserer Gesellschaft?

Ja! Wir sind sprunghaft. Wir sind ambivalent. Wir legen uns ungern fest. Wir probieren gern ein bisschen herum. Vielleicht lernt man sogar etwas dabei. Und wenn nicht: Try and error. Try again. Und dann sitzen wir da, mit den ganzen Erkenntnissen und Erfahrungen. Und haben vielleicht doch nichts gelernt. Oder gar zu viel gelernt. Denn zu viel macht den Verstand mürbe, das Herz taub. Und dann versenken wir unser geistiges Hab und Gut im nächsten Getränk. Schließlich müssen sie schnell schwimmen lernen, die Gedanken. In der großen weiten Einheitsbrühe. Aber was macht uns so ambivalent?

Vielleicht ist es die Angst etwas zu verpassen. Die Angst eine falsche Entscheidung zu treffen und nicht mit den Konsequenzen umgehen zu können. Vielleicht ist es auch der Drang nach dem Perfekten. Doch auf der Suche danach, verlieren wir es oft aus den Augen. Lassen uns Chancen entgehen. Verpassen die kleinen Freuden, die veilleicht das große Ganze ergeben könnten. Und winden uns in Aussagen. Die sich stetig ändern. Heute hü, morgen hott. Gerade sehen sie sich verliebt an und haben ernstes Interesse aneinander, im nächsten Moment ist einer der Beiden nicht mehr bindungsbereit, wär doch lieber wieder allein. Stagnation und Unzufriedenheit im Job, aber sie suchen dennoch keinen Neuen. Das Gefühl in einer Beziehung unglücklich zu sein und trotzdem bleiben sie zusammen. Wer soll denn da mitkommen… Und da schließt sich der Kreis: Das Individuum in seinem sozialen Gefüge ist nunmal von anderen Individuen ‚abhängig‘. Schlingert einer, schlingern sie alle. Oder?

Oder ist es eher eine Typfrage? Immerhin gibt es Menschen, die fällen Entscheidungen wie andere aufs Klo rennen. Ganz selbstverständlich. Ist es vielleicht auch? Sollte es sein? Oder entscheiden sie am Ende zu schnell? Sind sie diejenigen, die man Egoisten schmipft? Weil sie nicht nach rechts und links, weder vor noch zurück schauen, sondern einfach machen? Und ihr soziales Umfeld außer acht lassen?

Wie man es auch dreht und wendet: Der ‚Trend‘ zum „Vielleicht“ ist da. Das Potenzial mitzumachen bei der Gruppe „Lieber Morgen…“ schlummert in jedem. Und was bleibt übrig? Richtig eine Entscheidung. Hahaha. Dabeisein oder nicht? Ja. Nein. Vielleicht. Hin und wieder. Mal mehr mal weniger. Und letztlich ist es wohl jedem selbst überlassen, wo man sich einreiht. Wo man zögert und wo man handelt. Wo man eine Meinung vertritt und darauf beharrt, oder wo man sich vom Gegenteil überzeugen lässt.

In diesem Sinne: Es lebe die goldene Mitte!

Menschen gibt’s…

… die gibt’s gar nicht. Oder zumindest versetzen sie einen aus den unterschiedlichsten Gründen in kleines oder großes Erstaunen. Und damit meine ich jetzt nicht die „Großen“, die die Welt retten oder Rekorde aufstellen. Nein, das fängt schon direkt neben dir an. In deiner kleinen Welt. Menschen, die persönliche Tolranzgrenzen überschreiten, weil sie in intime Bereiche vorpreschen. Ein kleiner Ausflug gefällig?

Begegnungen, Erlebnisse und Ereignisse mit Personen dieser Art sind oft jene, die im Gedächtnis hängen bleiben. An die man sich mit einem Kopfschütteln, Schmunzeln, etc. zurück erinnert. Die nie langweilig werden, wenn man sie erzählt. Die noch Stunden, Tage, Wochen, Jahre danach immer wieder Verwunderung oder einen Lacher provozieren.

Da gibt es zum Beispiel ganz flüchtige Begegnungen. Minuten oder sogar nur Sekunden die sich ins Hirn einbrennen. Die so intensiv sind, dass man sie einfach nie vergessen wird. Weil sie so bizarr, so außergewöhnlich sind. Mir sind Erfahrungen und Menschen dieser Art eigentlich immer nachts passiert und begegnet. Ein Mann, der hinter einem im Nachtbus sitzt, wahnsinnig kichert und einem den Finger in den Rücken bohrt. Gruselig… Noch prägender waren jedoch meine Erfahrungen mit fremder Sexualität ;) So saß ich mal in einem Zug. Nachts. Auf dem Weg von Berlin nach Potsdam. Und schräg gegenüber von mir machte ein Mann komische Bewegungen unter seinem Shirt. Ich dachte mir nichts dabei, bis er  mich an seiner Freude teilhaben lies. Er holte sich einen runter. Ganz öffentlich. Brrr… Und es muss damals so eine Zeit gewesen sein. Oder aber ich wirke magisch auf derlei Gefährten. Denn schon kurze Zeit später meinte der nächste seine sexuellen Freuden in aller Öffentlichkeit mit mir teilen zu müssen. Wieder des Nachts. Auf dem Weg vom Rosa-Luxemburg-Platz zum Rosenthaler Platz. Ich zu Fuß unterwegs, er an einer Hauswand gelehnt. Der Unterschied zu seinem Vorgänger: Er schien keine Lust zu haben. Da frage ich mich doch: Warum? Also ich habe ja nichts gegen sexuelle Entfaltung. Aber ich würde dann doch lieber selbst entscheiden, an welcher ich beteiligt sein möchte. Aber es gibt auch „harmlosere“, oder sollte ich eher sagen jugendschutztauglichere erstaunliche Menschen und Erfahrungen. Ein Typ beispielsweise, der einem im Club mit „Hey, hier stinkts. (Pause) Aber ich bins nicht.“ anspricht und dann Bauklötzer staunt, wenn man in schallendes Gelächter ausbricht. Schön sind auch Anmachsprüche wie: „Ich mag dein Waschmittel nicht.“ Vielen Dank für diese Information, vielleicht möchtest du mir ein neues kaufen? Ja ja… Das sind also die Momente, in denen man denkt im falschen Film zu sein. Ereignisse, die im Entstehungsmoment einfach nur seltsam, unangenehm, wenn nicht gar ein wenig angsteinflößend sind. Die aber im Nachhinein immer eine gute Geschichte bereithalten. Genauso gut kann es natürlich auch ein positives Erlebnis sein, was sich in den Hirnwindungen festsetzt. Ein strahlendes Lächeln zum Beispiel, was einem ein Fremder auf der Straße schenkt.

Oft am erstaunlichsten sind jedoch Menschen aus dem direkten Umfeld. Bekannte, Verwandte, Freunde. Weil man sie anders eingeschätzt hat. Weil sie plötzlich Haken schlagen, mit denen man nicht gerechnet hat. Weil sie mit Kleinigkeiten ganz viel bewirken können. Freude, Wut, Erstaunen, eben die ganze Palette an Befindlichkeiten. Und doch sind auch hier oft die skurrilen Erlebnisse die, die im Gedächtnis bleiben. An die man sich auch Jahre danach noch erinnert und abfeiern muss. Aber auch die herzerweichenden sind nicht von der Hand zu weisen.

Da kommt beispielsweise jemand mit einem liebevollen Mitbringsel daher. Einem Geschenk, mit dem man auf dem ersten Blick nichts anfangen kann, was den Schenker aber als wahnsinnig aufmerksam und liebend entpuppt. So bekam eine Freundin von mir z.B. einen Käse von ihrem Freund überreicht. Freudestrahlend und ganz aufgeregt war er. Und alles was sie zunächst dachte, war: Ein Käse? Was will er mir denn damit sagen? Nach näherem Betrachten und Lesen kam die Erleuchtung. Der Käse hatte einen Namen. Er trug den Namen einer Stadt. Einer Stadt, in der sie einmal gewesen und eine wunderschöne Zeit miteinander verbracht hatten. Und als er den Käse beim Einkauf so da liegen sah, musste er an seine Liebste denken und hat ihn eben mitgebracht. Hach ja, da macht mein Herz doch gleich einen freudigen Hüpfer. Es gibt sie also noch, die versteckten Romantiker.

Aber zurück zu den grotesken Momenten. Vor gar nicht langer Zeit saß ich in lustiger Runde auf einer Party. Mit mir lieb gewonnenen Menschen, die ich noch nicht all zu lange kenne. Der Alkohol floss und so fielen die Masken der Anständigkeit. Resultat war ein unmoralisches Angebot: Man bot mir einen Schlafplatz an. Also einen anderen, als ich geplant hatte. Nicht den harten Boden sondern ein Hotelzimmerbett. Jedoch mit Einschräkung. Ich sollte mich auf der einen Seite vergnügen, während man mir dabei zusehen wollte. Ich dachte ich höre nicht recht, fiel vor Lachen fast vom Stuhl. Das passte einfach nicht in mein Bild, was ich bisher von dieser Person hatte. Aber ich lasse mich gern überraschen. Sofort hatte ich also eine Liedzeile im Kopf: „Free your mind…and your ass will follow!“ Denn wer weiß was sich aufgrund der Hemmungslosigkeit sonst noch so an männlichen Phanatsien in Erfahrung bringen ließe. Viel interessanter ist jedoch die Frage: Besteht bei dieversem Herren eine Erinnerung an dieses Gespräch? Wenn ja, keine Angst, ich nehms locker. Und damit würde ich sagen, bin ich aufgenommen in der Hood!? Jaja, der böse Alkohol. Unglaublich? Denkste. Es geht noch besser. Es gibt nämlich auch diejenigen, die ihren Freunden gleich einen Dreier anbieten. So geschehen einer Freundin von mir. Nun ja, man könnte es so sehen: Es bleibt ja in der ‚Familie‘, quasi. Und man soll doch alles Mal ausprobiert haben. Ja, das sind sie, die Situationen in denen man vor Erstaunen aufpassen muss, dass die Kinnlade nicht augenblicklich an Halt verliert und unkontrolliert nach unten klappt. Situationen, in denen man bestimmte Menschen plötzlich in einem anderen Licht sieht. In denen man anerkennen muss: Geht nicht, gibts nicht.

Aber mal ganz ehrlich… Genau das sind doch auch die Momente, die das Leben lebendig machen! Situationskomik, ich liebe sie. In diesem Sinne: Ein Hoch auf Menschen, die mit Wenig ganz Viel bewirken. Ein Hoch auf die Skurrilitäten des Lebens!

Synapsenpolka

Kennt ihr diese Zustände, in denen man sich zwischen Wahnsinn und Irrsinn bewegt? In denen man durchdreht und denkt: Alle Welt ist normal, nur ich bin verrückt. Momente, in denen man das Gefühl hat, das Herz spränge einem gleich aus der Brust. Augenblicke, in denen man meint, ab sofort zum Hyperventilierer zu werden. Situationen, in denen man am liebsten aus der eigenen Haut fahren will, nur um dieses unerträgliche pulsieren des Blutes nicht ertragen zu müssen. Ich habe diesen Zustand mal Synapsenpolka getauft. Oder für die weniger metaphorisch angehauchten: Man bezeichnet es auch als geistige Überforderung. Als grenzwertige Auslastung sämtlicher Sinne. Reizüberflutung. Soll ja vorkommen.

Ich für meinen Teil verfalle in regelmäßigen Abständen in diesen Zustand. Nicht jedoch aufgrund ausufernder medialer Überschwemmung meines Geistes. Nein, es geht auch einfacher…

Zum einen immer dann, wenn der Kopf voll ist mit Ideen. Ideen, die irgendwo untergebracht werden wollen, aber keinen Anfang finden. Gedanken, die sortiert werden müssen, aber dessen Knäulbeginn einfach unauffindbar bleibt in den unendlichen Weiten der Gehirnwindungen. Visionen, die darauf drängen endlich umgesetzt zu werden, deren Realisierung aber Zeit und Raum brauchen. Und dann passiert es. Der Verstand hakt aus. Dreht Pirouetten. Hüpft auf und ab. Hämmert an die Schädeldecke. Und kitzelt ihn hervor, den ganz normalen Wahnsinn. Und dann hat man nur noch Brei im Kopf und droht zu explodieren. Zumindest wenn man nichts gegen diesen geistigen Überschwemmungszustand unternimmt.

Aber was tun, um eine Ex- oder Implosion zu verhindern? Ich habe beobachtet. Und ich bin zu dem Schluss gekommen: Die meisten Menschen absolvieren in solchen Momenten schwachsinnige Handlungen. Mit Hingabe. Essen zum Beispiel. Soll ja die Nerven beruhigen. Angeblich. Ich für meinen Teil greife eher und ganz automatisch auf Musik zurück. Das ist der Absorbationstipp schlechthin. Natürlich muss man ganz verrückt dazu Tanzen oder Singen, sonst bringt das Ganze ja nichts. Also nichts im Sinne von raus aus dem überlasteten Schädel. Am schönsten ist sowas natürlich, wenn man nicht allein am Rad drehen muss. Wenn man gemeinsam spinnen kann. Dann hat dieser ganz normale Wahnsinn sogar etwas sehr Wundervolles, gar Reizvolles. Denn das sind sie, die Momente im Leben, die einem in Erinnerung bleiben. Die verbinden. Freundschaften schaffen und nähren. Beziehungen aufpeppen und zusammenhalten. Ich erinnere mich an eine sehr überdrehten Abend vor nicht all zu langer Zeit. Ferienlagerstimmung. Zwei Menschen. Ein Ohrwurm. Ein und dieselbe Liedzeile. Immer und immer wieder. Aber damit es nicht langweilig wird, sondern schräg bleibt, in unterschiedlichsten Variationen. Von Hard Rock, über Latin, bis hin zu Schlager oder Rammstein-Versionen. Keiner verstand uns, aber uns ging es gut :) Wir lachten, bis sich die Balken bogen.

Ein anderer möglicher Auslöser für derartig wahnsinnige Zustände sind, wie sollte es auch anders sein, Gefühle. Nix neues würde ich sagen. Denn das Kapitel Gefühle könnte man wohl auch mit ‚Der widerspenstigen Zähmung‘ betiteln. Ja, so Gefühle können einem schon die Hölle heiß machen. Verrückt werden lassen, etc. Und auch hier neigt der Mensch dazu, die aktuelle Gefühlsüberforderung auszugleichen. Manche verfallen in schwachsinniges Gekicher, oder erleiden andere derartig hysterischer Aussetzer. Ich für meinen Teil beginne zu kommunizieren. Zumeist mit Menschen die gar nicht anwesend sind. Was jetzt nicht bedeutet, dass ich mit mir selbst spreche. Nein, ich beginne via moderner Kommunikationsmittel meinem aktuellen Gefühl Luft zu verschaffen und mal ordentlich auf den Putz zu hauen. Macht man ja sonst viel zu selten. Ich nenne das die Rohrspatz-Taktik. Im ersten Moment eine sehr hilfreiche Methode, die aber letztlich nicht immer mit dem gewünschten Ergebnis einhergeht. Das bedeutet, dass man sich mitunter von einer desolaten Befindlichkeit in die nächste manövriert. Aber dann hat man ja bereits Übung im beheben des Wahnsinns. Falls man ihn denn beheben möchte…

Denn wie sagte letztens ein Freund zu mir: „Wer heute nicht verrückt ist, ist nicht mehr normal.“

Temporärspleens & Permanentticks

Not macht nicht nur erfinderisch, sondern kann auch die eigenartigsten Marotten und Spleens zu Tage befördern.

Es gibt also Dinge die wir nur unter bestimmten Bedingungen oder Umständen tun. Dinge, über die andere lachen, den Kopf schütteln oder sich wundern. Merkwürdige Dinge, die nur uns gehören.

Erst letztens beobachtete ich einen älteren Herrn auf der Straße. Nicht mehr ganz schwungvoll in der Hüfte, aber dennoch versuchte er mit dieser irgendwelche Bewegungen zu machen. Ich beobachtete ihn eine Weile um herauszufinden, was er da wohl tat. Und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Er versuchte sich nur auf Linien zu bewegen. Ein seltsames Bild. Man kennt das vielleicht selbst noch aus seiner Kindheit. Aber ja, es gibt auch Menschen der älteren Semester, die dieses Spielchen in scheinbar unbeobachteten Momenten betreiben. Diese wirken dann mitunter etwas crazy. Ich wette er macht das häufiger…

Und es gibt Merkwürdigkeiten, die aus einer gewissen ‚Not‘ heraus entstehen. Kordellutscher beispielsweise. Ihr wisst nicht was das ist? Ich werde euch auf die Sprünge helfen. Ihr kennt sicher die Kapuzenpullover, die eine Kordel haben mit der man diese zuziehen kann. Ich traf also einen Freund, dessen Kordel eigenartig nass war. So, dass sie bereits feuchte Flecken auf seinem Pullover hinterließ. Als ich ihn fragte, ob er diese zufällig beim Essen in seinen Teller getaucht habe, erklärte er mir: „Ich bin so mit dem Rad durch Kreuzberg gefahren und irgendwie hatte ich nichts mehr zu trinken, also hab ich eben an der Kordel von meinem Pullover gelutscht.“ Alles klar? Ein Kordellutscher eben. Und ein Tick, den er unter normalen Umständen – er hat etwas Trinkbares bei sich – wohl nicht ausgelebt hätte. Eine harmlose Form des Wahnsinns also…

Und dann gibt es Eigenarten, die man sich im Laufe seines Lebens heranzüchtet. Die kleinen und großen Schrullen, die kaum einer kennt. Die einfach dazu beitragen die eigene Struktur zu wahren. Sich Abläufe zu vereinfachen oder zu verschönern. Diese werden erst komisch, wenn andere Personen ins Leben treten und sie bemerken.

Ich zum Beispiel sammele Gedanken. Ein Freund pflegt immer zu mir zu sagen, wenn ich den Gedankenkäfig mal öffne und sie auf die Menschheit loslasse: „Du hast doch n Vogel!“ Ja, den habe ich wohl bzw. eben einen Spleen. Früher habe ich diese Gedanken auf kleinen Post-Its gesammelt, die dann wolkenartig irgendwo klebten. Bis meine Wolken zu überdimensional wurden und ich mich dank der neuen Technik entschied, die schöne Form der Wolken und Wandverzierung aufzugeben, um stattdessen auf die langweilige, strukturierte Form eines Word-Dokuments umzuswitchen.

Und dann gibt es jene Spleens bei denen man sich der Harmlosigkeit seiner eigenen Ticks bewusst wird. Denn ich dachte immer ich bin ein verrückt, bis ich vor Kurzem jemanden an der Supermaktkasse alle Tüten auf rechts falten sah.

Sind wir nicht alle ein bisschen…

                                             … Schrulle?

Falsch verbunden – Von den Schwierigkeiten zwischenmenschlicher Kommunikation

Ich arbeite mit Worten. Man möchte also meinen, dass ich auch mit ihnen umzugehen weiß. Dass ich kommunizieren kann. Kann ich wohl auch. Aber nicht immer. So muss ich in regelmäßigen Abständen feststellen, dass meine Kommunikation hin und wieder missverständlich ist. Irritierend. Ja, ich verwirre Menschen. Und das eben nicht mit meiner bloßen, so atemberaubenden Anwesenheit (das wär’ doch mal was…). Nein, ich tue es mit Worten. Da schlummern ungeahnte ‚Talente‘ in mir… Ich sage etwas mit einer Intention und bewirke damit etwas komplett anderes. Verflixt. Aber, und jetzt kommt das i-Tüpfelchen, natürlich nicht immer. Nein, nur da wo’s wehtut. Da, wo es um Gefühle und Bedürfnisse geht.

Das Tröstliche (oder vielleicht auch Erschreckende) daran ist: Ich bin kein Einzelfall. Es herrscht geradezu eine Invasion an Menschen, die sich, wenn es um ihre eigenen Bedürfnisse geht, unklar ausdrücken. Generation „Ich weiß nicht…“. Generation „Vielleicht“. Da bleibt die Frage: Warum ist das so? Warum fällt es einem Großteil der Menschen (Denn natürlich gibt es auch diejenigen, die IMMER sagen was sie denken. Sie sind nicht missverständlich, mitunter aber auch nicht immer die angenehmsten Zeitgenossen. Wirken sie doch all zu oft ich-bezogen und wie eine fleischgewordene Machete.) so schwer, ihre Bedürfnisse, Wünsche und Vorstellungen klar zu äußern? Warum sagen sie nicht „Ich mag dich.“ sondern eiern herum? Warum sagen sie nicht „Das geht mir gerade gegen den Strich.“ sondern machen gute Miene zu bösem Spiel? Warum sagen sie nicht „Ja, ich würde mich freuen, wenn du anrufst.“ sondern gehen mit Worten wie „Ich bin gespannt.“? Es bleibt mir schleierhaft.

Haben wir verlernt zu sagen was wir wollen? Oder fällt es uns einfach nur schwer unsere Gefühle und Wünsche offen zu äußern? Warum überlassen wir unsere Zukunft all zu oft dem Zufall, anstatt eine Richtung vorzugeben? Eine Richtung nach der wir verlangen. Eine Richtung die unser Begehren stillen kann. Warum nehmen wir damit in Kauf, dass die Dinge nach denen wir am meisten greifen und die möglicherweise in Erfüllung gehen könnten, erst gar keine Chance bekommen? Lassen uns die Gelegenheiten entgehen, die unser Leben in andere Bahnen lenken könnten. Entsagen uns der Momente, die unser Leben lebenswert machen. Haben wir Angst vor Ablehnung? Ist es die Angst Bedürfnisse zu haben, die andere lächerlich finden? Ist es ein Spiel? Ist es ein Austesten? Ist es Unsicherheit? Ist es der Tatsache geschuldet, dass wir oft selbst nicht wissen was wir wollen? Oder weil es uns erst mit einer Verzögerung wie Schuppen von den Augen fällt? Ist es, weil wir uns alle Optionen offen halten wollen? Weil wir nichts von unserer Autonomie und Freiheit aufgeben wollen? Weil wir stark und unabhängig wirken wollen? Aber was wollen wirklich?

Wir fühlen ja, denken nein und sagen jein. Unbeabsichtigt. Weil wir versuchen einen Mittelweg zu finden. Weil wir vermeiden wollen in einem falschen Licht gesehen zu werden. Weil wir selbst nicht genau wissen was wir wollen, denken oder fühlen. Und dann passiert etwas. Denn das was wir wirklich fühlen und wollen wird überlagert von dem, was wir glauben fühlen und wollen zu müssen. Und wenn dann nach einer Entscheidung verlangt wird, öffnen wir den Mund und senden Worte. Worte die unseren körperlichen Signalen widersprechen.  Und dann ist es da, das Durcheinander. Der Widerspruch. Die Verwirrung. Falsch verbunden.

Aber warum? Die Welt könnte so einfach, wenn wir sie uns nicht immer wieder selbst schwer machen würden…

Naturbekifft und ewig jung

Es gibt Aussagen, die mir immer mal wieder entgegengebracht werden, und die mich einigermaßen sprachlos machen. Der Grund: Sie bieten einfach wahnsinnig viel Spielraum für eigene Interpretationsmöglichkeiten.

Eine solcher Aussagen ist: „Sag mal, hast du grad einen durchgezogen? Deine Augen sehen so glasig aus.“. Ohne Scheiß, dieser Satz ist mir in der letzten Zeit vermehrt hingeworfen worden. Hin und wieder habe ich sogar eine Erklärung für diesen Zustand meiner Augen: Schwimmen ohne Schwimmbrille und danach aufs Rad. Der Fahrtwind, denn ich bin jetzt nicht unbedingt der langsame Spazierfahrer, erledigt dann den Rest. Ab und an ist dieser Zustand aber auch einfach folgender Tatsache geschuldet: Gerade aufgestanden und der Status ‚wach’ wurde vom Hirn noch nicht an die Augen weitergeleitet. Aber ab und an habe ich auch einfach keine Erklärung. Dann ist das eben so, naturbekifft. Ich könnte natürlich auch behaupten, dass ich zum Schauspieler umsatteln will, gerade für die Rolle eine Junkies trainiere und eben wahnsinnig talentiert bin, weil ich es sogar schaffe meine Augen der Rolle angemessen wirken zu lassen. Hihi.

Somit kann ich also zunächst alle Fragenden und alle nicht Fragenden, aber dasselbe Denkenden, beruhigen (oder ich muss sie enttäuschen – je nachdem): Nein ich habe keinen Joint verzehrt. Selbst wenn ich wollte, schon mein natürliches Erscheinungsbild schreckt Dealer ab. Vielleicht ja gerade deshalb. Wenn ich immer so aussehe, als hätte ich einen durchgezischt, scheint der Bedarf ja nicht so akut. Vielmehr steht nun aber die Frage im Raum: Sollte ich mir Sorgen machen? Welche Auswirkungen könnte mein naturbekifftes Aussehen auf meine Umwelt haben? Könnte es mir z.B. bei einem Vorstellungsgespräch zum Verhängnis werden? Oder ist es besser man hält mich für bekifft, als wenn alle annehmen würden, dass ich die letzte Nacht durchgeflennt habe? Was aber wenn sie mich dann für geistig nicht ganz auf der Höhe halten? Oder könnte das sogar zum Vorteil werden, weil ich dann alle positiv überraschen kann? Wie auch immer, die Frage bleibt zudem: Was wollen mir die Leute mit dieser Aussage mitteilen? Steckt in ihrer Frage eine Sehnsucht / eine Hoffnung, dass ich Ihnen etwas abgeben könnte? Sind sie gar eifersüchtig, weil sie gern selbst bekifft wären, es aber nicht sind? Oder wollen sie mir nur schonend beibringen, dass ich gerade nicht gesellschaftsfähig aussehe? Aber dann sollen sie doch lieber mit Lösungsvorschlägen kommen… Ich habe es mir bisher jedenfalls lieber verkniffen nachzufragen. Macht mich ja auch nicht schlauer, wenn ich weiß was die werten Fragenden über meinen Zustand (den ich ja obendrein nicht einmal besitze) denken.

„Du hast dich überhaupt nicht verändert!“ oder „Wie, du bist dreißig? Ich hätte dich viel jünger geschätzt.“, sind zwei weitere der Sprachlosigkeit auswirkenden Äußerungen. Das interessante an diesen Statements sind die verschiedenen Klangfarben und Intensitäten, in denen sie an mich herangetragen werden. Da gibt es diejenigen, die es mit einer gewissen Bewunderung aussprechen. Hier soll der Satz wohl ein Kompliment sein. Aber selbst wenn, das ist ebenso unglaubwürdig wie auch frustrierend. Weshalb? Dazu komme ich gleich noch… Dann gibt es diejenigen, die es mit einem fast schon enttäuschten Unterton hervorpressen. So als hätten sie sich gewünscht, dass mir in der Zwischenzeit Flossen, Flügel oder was weiß ich was gewachsen sind. Dass mein Gehirn um etliche Prozente geschrumpft oder anschwollen ist, etc. Oder sind sie selbst einfach nur neidisch? Weil der altersbedingte Verrottungsprozess an ihnen merklicher vorübergeht, als an mir? Und dann gibt es diejenigen, die diesen Satz fast nebenbei fallen lassen. Die, die einem mal sehr viel bedeutet haben. Denen man imponieren und gefallen wollte. Hier setzt augenblicklich eine Art Trotz ein und diverse Einwandmöglichkeiten a la „Aber ich bin doch jetzt viel cooler, unabhängiger, etc.“ schießen wie PingPong-Bälle durch den Kopf. Gut dass ich aber doch – wenn eben auch scheinbar auf den ersten Blick nicht sichtbar – gealtert und gereift bin und solche Kommentare genauso schnell auch wieder in meinem Kopf verwelken, wie sie aufgekeimt sind.

Egal ob Kompliment, Neid oder was auch immer, eine Reaktion meinerseits, auf diese Aussagen zu meinem altersbedingten Veränderungsprozess bzw. nicht-Veränderungsprozess, bleibt konstant bestehen: Fragezeichen in den Augen und ein sofort rotierendes Gedankenkarussell. Wie jetzt? Innerlich, äußerlich, komplett? Gut? Schlecht? Kurz gesagt: HÄÄÄÄ?

Und jedes Mal erwäge ich, ob ich Statements dieser Art auch mal lautstark hinterfragen oder kommentieren sollte. Mache es aber nicht. Vielleicht sollte ich mir stattdessen eines dieser Sprüche-T-Sirts zulegen. Mit der Message: „Ich weiß, ich habe mich überhaupt nicht verändert.“  (Oder im Falle des ersten Beipsiels: Nein, ich bin nicht bekifft, dass ist wie Gott mich schuf.) Und dahinter dann bitte ein sich vor Lachen kugelnder Smilie. Denn… Ich habe mich natürlich verändert. Zu aller erst mal: Ich kann inzwischen selbständig denken, sprechen und lesen. Also im Vergleich zu Minus dreißig Jahren. Zweitens habe ich Stil entwickelt. Ich trage keine ausgelabberten Latzhosen und Holzfällerhemden mehr, wie noch vor 15 Jahren. Drittens habe ich gelernt, dass es so etwas wie eine Frisur gibt. Viertens bin ich um einiges größer und schwerer als noch vor dreißig Jahren, aber auch um einiges schmaler also noch vor 10 Jahren war. Und fünftens sieht man mir die Jahre bei genauerem Hinsehen durchaus an: Da bahnen sich graue Haare und Miniaturfältchen ihren Weg auf den Kopf und ins Gesicht. Da droht der körperliche Verfall, etc. Nicht, dass ich auf letzteres besonders stolz wäre. Aber mit dreißig noch für zehn bis dreizehn Jahre jünger geschätzt zu werden ist nicht unbedingt ein Gütesiegel. Mag sein, dass ich in weiteren zehn Jahren, wenn man mich dann für dreißig anstatt vierzig hält, wie ein Honigkuchenpferd darüber freue. Und auch wenn man ein paar Takte mehr mit mir wechselt, sollte man erkennen, dass ich keine 18 mehr bin und durchaus eine angemessene Entwicklung hinter mir habe. Ich bestehe darauf!

So und nun? Ich werde derlei Aussagen einfach mit einem Lächeln quittieren. Denn wie sagt man so schön „Lachen ist die beste Medizin“. Und das gilt wohl auch für fragwürdige Zustände =)

Frühlingsgefühle

„Hatschi, ich habe gesprochen!“

Die Sonne scheint wieder. Wärmt mit ihren Strahlen Gemüter, weckt Lebensgeister. Die Vögel schmettern unermüdlich ihr klangvolles Konzert aus ihren kleinen Kehlen. Die Temperaturen werden angenehmer, die Kleidung luftiger und kürzer. Die Menschen strömen in die Straßen und durch die Stadt, lachen und schnattern. Reden sich den stummen Winter von ihrer Seele. Starten erste Annäherungsversuche oder lassen ihre Liebe neu erblühen.

Mit all dieser Schönheit erwacht auch der Wahnsinn der Großstadt wieder zum Leben. Hach, was haben wir ihn vermisst…

Yeah, endlich wieder sichtbare Hundehaufen, Pollenalarm, Parcourmöglichkeiten durch herumstehende Kinderwägen, wildgewordene Jogger, volle Cafes und Grünanlagen,… Ein Pulk an Radfahrern, der sich den Weg in Schlängellinien durch Straßenverkehr bahnt. Wütend hupende Autofahrer, die aufgrund des gesteigerten zweirädrigen Verkehrsaufkommens ihre Geduld verlieren. Menschenmassen, die sich durch die Grünanlagen schieben. Den sich gerade regenerierenden Rasen wieder platt walzen. Schicken mit ihren Grillinseln Rauchsignale in den Himmel und verwandeln ihn in ein offenes Buch. Überfüllte Cafes in denen man dem Tischnachbarn schon fast auf dem Schoß sitzt und Zeuge interessanter Gespräche wird – ob man will oder nicht: Tuchfühlung ist angesagt. Planlos umherirrende und unermüdlich gurrende Ratten der Lüfte. Immer mitten rein in das nächste Fahrrad oder die nächsten Fußgänger.

Und dennoch. Man liebt diesen Wahnsinn. Muss ihn lieben, vermittelt er doch endlich wieder das Gefühl von Lebendigkeit. Die Stadt erwacht aus ihrem Winterschlaf, die Menschen in ihr aus ihrer Lethargie. Dann reißen sie die Fenster auf, um die ersten lauen Luftströme in ihr Leben zu lassen. Um den Winterstaub hinfort zu wehen. Und wundern sie sich, dass sie die Grippe überrennt, denn noch ist das Interior überheizt und der Organismus Mensch kann mit der vielen frischen Luft nicht umgehen. Dann sitzen sie da, rotzen und niesen. Trompeten vor sich hin. Doch auch das kann die Frühlingsgefühle nicht dämpfen.

Endlich, die Hormone sind auf einem Hoch, komme was da wolle…

Auch bei mir im Büro ist das große Niesen ausgebrochen. Ein regelrechter Wettstreit. Und während ich noch denke: Da mache ich nicht mit, kribbelt es in meiner Nase, kratzt es im Hals. Und bevor ich mit rauer Stimme etwas sagen kann: HATSCHI!

Die Kommunikation der Kommunikationslosen

Wir leben im so schön betitelten Kommunikationszeitalter. Was es nicht alles gibt, dass Kommunikation heute einfacher und vor allem auch schneller möglich ist. Kein verabreden wenn man sich sieht, sondern nur ein „wir simsen“ oder „wir mailen“. Kein „wollen wir unsere Nummern austauschen“, sondern ein schlichtes „Facebook?“.

All diese schönen technischen Gimmicks machen die Kommunikation aber nicht nur schneller, sondern auch unverbindlicher. Man sagt Treffen und Termine leichter wieder ab, man meldet sich nicht, etc. Was ist nur aus dem guten alten Dialog von du zu du geworden? Alles halb so wild, mag nun einer denken. Man muss eben sehr genau abwägen mit wem man in unserer so hektischen und schnelllebigen Zeit wirklich Zeit verbringen möchte. Ja, das ist in der Tat jedem selbst überlassen und sicher bin auch ich nicht davor gefeit. Aber bei manchen, so konnte ich in der letzten Zeit immer wieder feststellen, verkümmert die, ich will es mal „reale Kommunikation“ nennen, immer mehr. Ich frage mich gar manchmal, ob sie das Sprechen verlernt haben? Vielleicht bildet sich der Sprachmuskel ja mit zunehmender Technisierung der Kommunikation zurück…

So saß ich letztens, an einem miesepetrigen Sonntagnachmittag in einem gemütlichen Café, und konnte an meinem Nachbartisch ein junges Pärchen beobachten. Mein Alter, vielleicht etwas jünger. Man sollte meinen mitten im Lebend stehend, aufgeweckt und kommunikativ. Aber diese zwei Beiden hatten sich scheinbar nichts zu sagen. Denn jeder starrte und tippte unentwegt auf seinem Smartphone herum. Ich glaube in den 1 ½ Stunden, die sie dort neben mir saßen, haben sie kein einziges Wort miteinander gewechselt. Das höchste der Gefühle war die Bestellung an den Kellner. Also wenn sie dort gesessen hätten und sich unentwegt stumm in die Augen gestarrt hätten… Dann wäre da noch so etwas wie ein Funke Interesse mitgeschwungen und man hätte die Wortkargheit einer faszinierten Sprachlosigkeit zuschieben können. Aber so? Man kann sich ja nun vieles zusammenreimen, aber ich kam immer wieder zu der selben Erkenntnis: Wie traurig! Und was für eine Geldverschwendung. Also anschweigen könnten sie sich auch billiger…

Dank Smartphone, Facebook, Twitter, WhatsApp und Co. gibt es auch unter Freunden einen neuen Freizeittrend. Das gemeinsame Treffen zum Smartphoniesieren. Spieleabend, Videoabend oder gar gemeinsames Kochen und Quatschen? Sind out. In ist wer drin ist. Im Netz. Dauernd und immer abrufbar. Und so kann man seit neusten immer wieder Gruppen junger Menschen beobachten, die abends in einer Kneipe um einen Tisch herum sitzen, und alle auf ihren Smartphones herumschieben, tippen, etc. Immerhin sie haben Spaß. Zumindest ihrem lauten Lachen nach zu urteilen. Bei genauem Hinsehen muss man jedoch eingrenzen. Denn sie lachen nicht miteinander sondern für sich. Allerdings wird sich hier aber hin und wieder gegenseitig das Smartphone unter die Nase gehalten, um die neusten Errungenschaften der virtuellen Welt zu präsentieren. Da ist er also noch, der Funke leibhaftiger Kommunikation. Ein Anfang von zurück zur „realen Kommunikation“. Man will also nicht allein sein, hat sich aber dennoch nicht zu sagen? Herje… Ich will nicht behaupten, dass alle Besitzer neuer technischer Kommunikatiosgimmicks so sind. Und ich habe auch nichts gegen all diese technischen Kommunikationsmittel. Auch ich verschicke sicherlich mal eine SMS, wenn ich mit jemand anderen unterwegs bin. Aber wenn ich mich treffe, dann treffe ich mich auch. Ich bin an dem Menschen interessiert, nicht nur an seinem Antlitz. Aber diejenigen, die so sehr an ihre virtuellen und technischen Kommunikationsmittel gefesselt sind, wohl nicht. Nicht auszudenken, wenn ihr treuer Wegbegleiter mal den Geist aufgibt. In diesem Fall müssen sie sich wohl fühlen, als wenn man ihnen das Lebenselixier entzogen hat… Da kann man ja schon fast Mitleid bekommen.

Die Krönung des ganzen kommunikationslosen Kommunikationswahnsinns sind jedoch die Pärchen, WG-Partner & Familien, die sich in der selben Wohnung befinden, aber anstatt drei Schritte zu gehen und sich Dinge persönlich mitzuteilen, die moderne Technik für die zwischenmenschliche Kommunikation verwenden. Da wird sich via Skype oder WhatsApp unterhalten. „Hey Schatz, du glaubst nicht, was mir heute passiert ist…“. Da werden keine gemeinsamen Brettspiele mehr am Tisch gemacht. Nein, da sitzt einer da in seinem Kämmerlein, der andere drei Meter durch eine Wand entfernt. Und man spielt gemeinsam Online-Games. Da wird nicht mehr zusammen im Wohnzimmer gesessen und vorgelesen. Da sitzt man, wie die Hühner auf der Stange, nebeneinander auf dem Sofa. Jeder mit einem Smartphone, IPad oder ähnlichem in der Hand, abgetaucht in seine eigene Twitter-, Facebook- oder Was-auch-immer-Welt. Da kann es dann schon einmal vorkommen, dass man sich morgens auf dem Flur begegnet und denkt: Wer bist du denn?

Ich für meinen Teil frage mich: Wozu bitte lebt ihr mit einem Partner zusammen? Warum lebst du in einer WG? Oder sind diese Menschen vielleicht sogar glücklicher, als diejenigen ihrer Zeitgenossen, die sich nach „realer Kommunikation“ sehnen, sie aber nicht bekommen? Weil sie sich schneller zufrieden geben? Nämlich mit einem Wort oder einer Emoticon auf einem Bildschirm? Weil sie gar nicht bemerken, dass sie ein Mensch sind, der eigentlich ein Herdentier ist und nach Gemeinsamkeit strebt?

Wenn ich mich so betrachte: Ich jedenfalls „verzehre“ mich nach realer menschlicher Kommunikation. Nach einem Gegenüber, dem ich beim Kommunizieren in die Augen schauen kann. Dessen Mimik und Gestik ich sehen kann. Dessen Gefühle ich erahnen kann. Und die? Haben es nicht nötig. Schicken sich Smilies. Is‘ ja natürlich auch viel aussagekräftiger als sich gegenüberzusitzen, in die Augen zu schauen und zu erahnen, was der Partner, der Kumpel, die Schwester, etc. gerade so denkt und fühlt. Seufz!

Und das ist sie dann also, die Kommunikation der Kommunikationslosen. Ich habe beschlossen: Da mache ich  nicht mit. Zwischen den kleinen Anfällen technisierter Kommunikation harre ich aus und warte auf die großen Momente. Die reale Kommunikation von du zu du.

Dating 2.0 – Gruselkabinett Online (Teil1): Aller Laster Anfang…

Kennt ihr noch die kleinen Zettelchen aus Schulzeiten? Mit besagter Frage: „Willst du mit mir gehen?“ – „Ja“ „Nein“ „Vielleicht“ Tja… Manche Datingportale sind der reload davon. Mit vorgefertigten Antwortmöglichkeiten wie „Dein Foto gefällt mir“, „Ich schicke dir einen Kuss“ etc. soll man hier das Interesse des anderen Geschlechts erwecken können. Ist das euer Ernst liebe Datingportal-Erfinder? Aber von vorn….

Letztens erzählte mir eine Freundin, dass sie seit einiger Zeit bei einem Online-Datingportal angemeldet ist. Der erste Gedanke, der mir in den Kopf schoss, war: Warum? Was um alles in der Welt war geschehen? Denn nach wie vor hat das Vorhaben einen potenziellen Partner via Onlineportal kennenzulernen, zunächst erstmal einen komischen Beigeschmack. Zumindest bei mir. Ja, ich gebe es zu, da trage ich Vorurteile mit mir herum. Denn irgendwie hat es doch noch immer den Ruf des Supermarkt der Eitelkeiten, einer Spielwiese. Und so ist die erste Frage die wohl oft damit einhergeht, wenn man davon erfährt: Hat er/sie/es das nötig und warum? Und so stellte auch ich mir genau diese Frage. Ich kenne meine Freundin als einen zwar etwas schüchternen, aber durchaus aufgeschlossenen und vor allen geistig fitten Menschen. Sie ist neugierig, begeisterungsfähig,… Ich könnte diese Liste fortsetzen. Und dann sah sie an, wie sie da vor mir saß. Mit den großen, schönen Augen, der zierlichen Figur, einem verlegenen Grinsen im Gesicht. Ja, auch das konnte sich sehen lassen. Vielleicht strahlte sie einen gewissen Anspruch aus, aber war es das, was Männer in der Realität abschreckte? Oder hatte ich etwas übersehen? War sie komisch, kompliziert, etc.? Sie musste das Fragezeichen in meinem Gesicht bemerkt haben, denn sie begann zu erklären: „Online fragen mich die Männer jetzt auch ständig:  Du bist single? Warum? Du kannst doch an jeder Hand drei haben?“ Typisch Mann, dachte ich mir, geht mal wieder nur nach dem Äußeren. Ich schüttelte den Kopf. Und genau das ist wohl das Problem. Schöne Frauen werden oft nur als schön wahrgenommen. Das Dahinter interessiert gar nicht erst. Oder sagen wir, es interessiert zunächst erstmal nicht. Das „Schön“ schreckt im wahren Leben ab. Oder aber es wird gleichgesetzt mit Selbstbewusstsein und damit einhergehend, mit der Gabe, selbst  ‚einen Mann klar zu machen‘. Was für eine Krux. Denn oftmals besitzen sie diese Gabe eben nicht. Und wenn sie dann tatsächlich doch mal selbst die Initiative ergreift, wird sie oft als schnell zu haben, willig, oder was auch immer abgestempelt und bekommt mitunter auch nicht das, was sie sich im Grunde ihres Herzens wünscht: Einen festen Partner. Und so findet sie sich dann plötzlich in einem der besagten Onlineportale wieder, bietet sich an wie Ware.

„Und“, fragte ich sie nun wirklich neugierig geworden, „ist es denn online erfolgreicher als in der Realität?“ Und damit hatte ich einen Stein ins rollen gebracht. „Nein, es ist genauso frustrierend…“ Denn online schreckt das „Schön“ zwar erstmal nicht ab, ruft aber allerlei Bewunderer aufs Spielfeld, die dennoch auch nur auf die schöne Fassade anspringen, in der Hoffnung sich damit brüsten zu können. Und dann erzählte sie mir die gruseligsten Geschichten. Das schreit geradezu nach Potenzial für diverse sarkastische Anekdoten. Und so beschloss ich: Das muss ich am eigenen Leib/Geist erfahren. Immerhin bin auch ich Single und kenne den Wahnsinn „Partnersuche“. Warum also nicht den Versuch starten, mit einem Vorurteil aufzuräumen. Oder aber Es zu nähren und wachsen zu lassen ;) Und so war ich kurze Zeit später skeptische Besitzerin eines Profils bei einer Online-Datingplattform. Nach einer Woche beharrlichen Ignorierens meiner neuen Onlinepräsenz, beschloss ich nun doch mal einen Blick in meinen Account zu werfen. Mein Status nach nur einer Woche: Favorit von 6 Personen, 160 wollen mich treffen. Wou, was war denn hier los? Was für eine Ausbeute, dachte ich mir und machte mich ans Lesen der ersten Post. Aber weit gefehlt… Meine anfängliche Euphorie wurde mit Füßen getreten, zerplatzte wie ein Luftballon, nahm die Füße in die Hand und rannte davon. Kurzum, sie sollte nicht lange anhalten. Das „Grauen“ nahm seinen Lauf. Wüste Beschimpfungen, übertriebene Anmachsprüche, verkappte Dichter & Denker (die aber auch lieber verkappt bleiben sollten), etc. Wobei ich betonen möchte: Hin und wieder gab es auch Lichtblicke. Und damit meine ich Männer, die geradeaus reden können. Männer, welche die Gabe besitzen eine normale Konversation zu führen. Und ich danke diesen Lichtblick-Männern, dass ich Dank ihnen den Glauben an die Männerwelt noch nicht ganz verloren habe ;P

Nun brennt ihr sicher darauf von all den Wunderlichkeiten, die mir dort wiederfahren sind, zu erfahren. Leider muss ich euch an dieser Stelle enttäuschen, denn es sind einfach zu viele, um sie in einen einzigen Artikel reinzuquetschen. Deshalb habe ich beschlossen eine kleine Reihe daraus zu machen und euch nach und nach an all dem Wahnsinn teilhaben zu lassen.

Fortsetzung folgt…

Deutsche Sprache, schöne Sprache

Die deutsche Sprache ist nicht nur eine schwere Sprache, sondern mitunter auch eine sehr schöne Sprache. Was gibt es nicht alles für tolle Worte, für die man Sätze konstruiert, nur um sie verwenden zu können. Weil man sie so gerne ausspricht oder schreibt. Weil sie so lustig oder frech klingen. Und, und, und…

In meiner Familie hatten wir scheinbar viel mit nutzlosen oder albernen Dingen zu tun. Oder wir hatten Spaß daran Dinge als nutzlos und albern abzutun. Denn ich erinnere mich an den häufigen Gebrauch von Worten wie ‚Kikifax‘ oder ‚Tinnef‘. Bei der allgemeinen Bevölkerung wohl eher als Nutzloses, Kitsch, Kinderkram oder Schnickschnack bekannt. Prinzipiell ist ‚Kikifax‘ und ‚Tinnef‘ nichts Schlimmes. Es ist eben nur nicht wichtig genug, um sich ernsthaft damit zu beschäftigen. Deshalb habe ich auch heute wenig für ‚Tinnef‘ – im Sinne von Kitsch – übrig. Allerdings liebe ich ‚Kikifax‘ – im Sinne von Handlungen, Aufgaben, etc., die banal erscheinen, es mitunter aber gar nicht sind :D

Neben all dem Tinef & Kikifax gab auch Grund zu überschwänglicher Freude in meiner Family. Zumindest war das Wort ‚Honigkuchenpferd‘ auch im Sprachschatz inbegriffen.
Und wo wir gerade bei Äußerlichkeiten sind, meine Mam liebte folgende Wortkombination: ‚Jimmy-Glitsch-mit-schmalzigen-Haaren‘. Man kann sich wohl bildlich vorstellen was sie damit meinte. Viel spannender ist sicher, auf wen sie diese Beschreibung hin anwendete. Nun ja… auf alles was männlich war und von allseits bekannten Teeniezeitschriften grinste. Richtig: Boybandmitglieder, Solokünstler, etc. Bei ihr fast ausnahmslos Jimmy-Glitsch’s mit schmalzigen Haaren. Kein Wunder also, dass ich eine Phobie gegen diese Spezies entwickelt habe ;) Aber zum Glück gab es da hin und wieder auch einen der ’schnieke‘ war, so dass mir das männliche Geschlecht nicht ganz madig gemacht wurde ;D

Wenn wir nicht gerade mit Kikifax, Tineff oder glitschigen Jimmy’s beschäftigt waren, liebten es z.B. mein Bruder und ich zu ‚kneeren‘ (oder auch knehren/knären). Wunderbar lautmalerisch. Schon anhand des Klangs dieses kleinen Wortes sollte sich ein Bild über den Zustand, den es ausdrücken soll, vermitteln. Ja, wir liebten es dieses Wort auch tatsächlich zu kneeren und dieses Gefühl mitsamt unserer Gestik und Mimik auszudrücken. Zum Glück legte ich damals noch nicht so viel Wert darauf, kein dummes Gesicht zu machen. Denn so wird es wohl ausgesehen haben, das kneer-verzerrte Gesicht. Wie gesagt, dieses Wort war ein sehr beliebtes Wort in Konversationen zwischen mir und meinem Bruder und stellte den Beginn eines regelrechten sinnlos-Wort-aneinanderreihungs-Battle dar. Schlussendlich erfanden wir die Wortkombination ‚kneer-schniedeldeu‘, die sich festsetzte und zu einem festen Bestandteil unserer Ausdrucksweise für eine seelische Befindlichkeit wurde. Was genau diese Wortkombi bedeutet? Tja…das ist und wird immer ein Geheimnis zwischen mir und meinem Bruder bleiben. Nur soviel sei gesagt: Es war eine Art geheimer Lachcode, ein Aufmunterungsausdruck, ein ‚Ich-bin-bei-dir‘.

Und auch heute noch liebt es meine Familie, und alle die mit der Zeit dazugekommen sind, ihre eigenen, onomatopoetischen Wortkreationen zu schöpfen. So gibt es z.B. zwischen mir und einem dieser netten dazugekommenen Menschen ein weiteres, neues Codewort. ‚Stressgeschwader‘ nennt es sich und fliegt hin und wieder um diverse Deckenbeleuchtungen. Also natürlich nur metaphorisch. Gemeint sind mit diesem Wort Streithähne.

Nun könnte man sich frage warum wir all diese Worte, Wortketten und Neuschöpfungen gebrauchten und gebrauchen, wenn es doch scheinbar – zumindest teilweise – bereits Worte dafür gibt. Nun ja…. Bleiben wir beim Beispiel Streithähne. Streithähne bezeichnet eben nur die Personen, die an einem Streit beteiligt sind. Stressgeschwader hingegen drückt auch deren Interaktion mit aus, gibt eine Situation wieder, vermittelt ein Gefühl. Und es klingt nicht nur irgendwie netter. Vor allem kann man vor besagten Streithähnen über selbige sprechen, ohne das diese es mitbekommen. Vorausgesetzt sie kennen das Wort nicht. Man kann also undercover bleiben. Und zudem klingt es doch auch einfach charmanter. So nach Augenzwinkern. Nach, ach lass sie streiten, sie kriegen sich auch wieder ein.

Die neuen Wortkombinationen haben also nicht nur Zweck Situationen zu erfassen, sondern sie um die sich dort befindlichen Emotionen zu erweitern und eigene, dazu emporsteigende Gedanken, hinzuzufügen. Sie haben das Ziel, all das in einem Wort / einer Wortgruppe zu vereinen. Also etwas Ganzes kurz und treffend auszudrücken. Es hat aber auch etwas mit Sozialisation zu tun, mit dem Schaffen eines Zusammengehörigkeitsgefühls. Oder aber sie (die Wortschöpfungen) sind einfach auch / nur dem Spaß an Sprachspielereien geschuldet.

In diesem Sinne: Haltet euch nicht mit Kikifax auf, sondern freut euch wie Honigkuchenpferde, wenn ihr ein Jimmy-Glitsch-mit-schmalzigen-Haaren seht, der stressgeschwadergleich herumkneert.

Tada :)

Der drohende Verfall

Hilfe, ich werde 30. Eigentlich habe ich damit gar kein Problem. Aber irgendwie scheinen viele andere ein Problem damit zu haben. Zumindest werde ich andauernd auf den nun drohenden Verfall angesprochen. Man suggeriert mir, dass mein Leben nun bergab geht. Da es nun aus ist mit der Schönheit und damit auch mit dem Interesse des männlichen Geschlechts an meiner Person. Dass ich nun alt und unattraktiv werde. Interessant, dass sie sich das so auf die äußerliche Präsenz festhaken. Ob sie wirklich Angst davor haben, dass ich mit überschreiten der „magischen Grenze“ nicht mehr ansehbar bin? Dass sie sich vielleicht nicht mehr mit mir in der Öffentlichkeit zeigen können, weil sich transformationsgleich sofort tiefe Furchen in mein Gesicht ziehen werden, Altersflecken aufblinken, die Haut schrumpelig wird und ich mich nun kleiden werde wie eine Nonne? Warum diese Angst? Warum nicht die Hoffnung, dass ich noch schöner und weiser werde?

Nun ja…. Ich sehe das also etwas anders

In der Tat hört man ja immer wieder, dass Frauen mit dem Alter unattraktiver werden, Männer hingegen attraktiver. Was für eine Gemeinheit. Ich bin dagegen. Doch keine Panik. Genauso sagt man auch: Man ist immer so alt wie man sich fühlt. Gut, das kann auch ordentlich in die Hose gehen. Also wenn man’s übertreibt. Aber ich neige nicht zu Übertreibungen – oder sollte ich lieber sagen Untertreibungen – dieser Art :)

Noch mache ich mir also keine Sorgen über den augenblicklichen Schönheitsverfall sobald die Transformation von der 2… in die 3… abgeschlossen ist. Denn auch wenn mir da gerade einige etwas anderes einreden wollen, ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es mit Dreißig verfrüht ist vom drohenden körperlichen Verfall zu sprechen. Immerhin gibt es auch Studien – es sei jedem selbst überlassen wie viel Wert man den Ergebnissen beimisst – die belegen, dass Frauen gerade mit Anfang dreißig am attraktivsten wirken, da sie das gewisse Etwas ausstrahlen. Da sie viel mehr wissen, wer sie sind und was sie wollen als noch mit Anfang zwanzig. Das mag natürlich je nach Frau unterschiedlich sein. Und klar einen gewissen körperlichen „Verfall“ kann man wohl nicht von der Hand weisen. Natürlich ist eine Zwanzigjährige knackiger als eine Dreißigjährige. Aber auch das muss nicht so sein. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. Dafür kennt eine Dreißigjährige vielleicht viel mehr ihre Weiblichkeit, ihren Körper, Vorlieben etc. und strahlt das eben auch auf eine natürlich erotische Weise aus. Nicht, dass ich jetzt hier den Anfang Zwanzigjährigen eine erotische Ausstrahlung absprechen möchte oder gar behaupten möchte, dass sie noch nicht wissen wer sie sind. Auch hier bleibt es von Fall zu Fall individuell zu prüfen. Immerhin gibt es auch genug Dreißigjährige, die nicht wissen wer sie sind und was sie wollen. Genauso viele wohl auch unter den Vierzig-, Fünfzig-, …-jährigen. Wie dem auch sei, es bleibt wohl Ansichtssache. Dennoch, um es noch einmal zu wiederholen, mache ich mir in Bezug auf meine Person noch keine Gedanken. Wenn ich mich mit Anfang zwanzig betrachte und jetzt mit Ende zwanzig will ich doch mal behaupten, dass ich schöner geworden bin ;) Also die Grundsubstanz hat sich natürlich nicht verändert. Aber ich weiß inzwischen was „Mode“ heißt, habe einen Stil entwickelt. Kurzum ich bin kein „Schlumpf“ mehr. Ich wirke anders. Auch wenn mir das gewisse Damen an der Supermarktkasse oder diverse Schränke an Clubeingängen nicht zugestehen wollen. Ja, man fragt mich hin und wieder nach meinem Ausweis. Vielleicht wollen sie ja auch nur wissen wie ich heiße und wo ich wohne ;) Wenn nicht ist dies wohl ein weiteres Zeichen, dass man mit bald Dreißig nicht gleich in einen panischen Schockzustand verfallen muss, aus Angst man werde nun augenblicklich unattraktiv. Für Maulwürfe gehe ich also locker als zehn Jahre jünger durch. Auch wenn ich das ehrlich gesagt etwas bedenklich finde. Ich mag gar kein „Schlumpf“ mehr sein…

Hau ich habe gesprochen. Ihr könnt mir keine Angst machen :) Jedenfalls nicht damit. Ich werde noch schöner und weiser :D Und ich gebe die Hoffnung nicht auf, auch das andere Geschlecht noch davon überzeugen zu können.

Viel eindringlicher finde ich die mit solchen Anlässen einhergehenden Fragen über das Leben allgemein. Warum sorgen runde Geburtstage immer für soviel Verwirrung? Warum meinen wir, dass sich gerade danach etwas ändern wird? Warum machen wir uns plötzlich Gedanken darüber was wir alles geschafft haben und setzten es in Relation zu dem was wir erreichen wollten? Und was heißt im Zuge dessen: „Nun geht es bergab.“ Inwiefern? Womit? Wobei? Im Grunde ist das ganze Leben doch eine Berg- und Talfahrt. Und wer sagt denn, dass bergab schlimm ist? Bergab geht’s schließlich leichter als bergauf ;)

Emotionally taken…

Vor ein paar Stunden habe ich einen Emotionscrash erlebt. Ich hatte ein Drehbuch gelesen. Wie gebannt sog ich die Worte in mich auf, inhalierte sie förmlich. Und spürte wie sich da etwas um mein Herz legte. Es solange piesackte, bis es nachgab und einfach nur fühlte… Als ich das Drehbuch beendet hatte, war ich vollkommen konfus. Gefühlsmäßig neben der Spur. Als hätte ich die Geschichte, die ich da gerade konsumiert habe selbst erlebt. Auch Minuten danach zittern meine Hände, das Herz raste. Die Gedanken schwirrten und die Augen kämpften mit drohender Feuchtigkeit. Ich war emotional ergriffen. Hatte das Gefühl zu platzen.

Das erinnerte mich an ein Gespräch vor nicht all zu langer Zeit. Mein Gesprächspartner berichtete von einem Kinobesuch und wunderte sich, dass er von dem Film emotional so angetan war, dass er drauf und dran war, sich in ein Auto zu setzten, zu seinem kranken Vater zu fahren und ihm endlich mal zu sagen, dass er ihn liebt. Trotz all der Dinge die zwischen ihnen stehen. Er tat es nicht. Viel zu überrumpelt war er von dem plötzlichen Gefühlsausbruch, der da so unverblümt emporschoss. Viel zu ergriffen war er, dass er angestachelt durch einen Film seine eigenen Gefühle wahrnehmen konnte, wo es ihm im realen Leben so schwer fällt diese zu orten, zu deuten und vor allem auch zu leben. Ich dachte nicht weiter drüber nach, als er mir das erzählte. Dachte, gut möglich, mir persönlich aber schon lange nicht mehr passiert. Bis eben…

Und deshalb kam ich ins grübeln. Erinnerte mich an ähnliche Gespräche, Situationen, etc. Und musste feststellen, dass es wohl einigen so geht. Also absolut nicht verwunderlich. Immerhin ist es viel einfacher ein fremdes Schicksal an sich heran zu lassen, als sein eigenes. Also ein fiktives Schicksal. Wo man sich so richtig in die Emotionen fallen lassen kann, weil man davon ausgeht, dass sie auf Dauer bei einem selbst nichts verändern wird. Weil man in diesem Moment die Zeit hat, sich darauf einzulassen. Weil man nicht abgelenkt ist, sondern den Fokus wirklich auf die Geschichte und die Gemütsbewegungen legen kann. Und dann passiert es eben vielleicht, dass man an die fiktiven Emotionen anknüpfen kann. Weil man diese vielleicht auch kennt. Weil man sie selbst bereits lange in sich trägt, aber noch keinen Moment gefunden hat um sich damit auseinander zu setzten. Sich die Zeit vielleicht auch gar nicht gegönnt hat. Ja, und dann kann es eben sein, dass man einen Film sieht, ein Buch liest, oder auch nur ein Lied hört und schlagartig geflasht ist. Völlig überwältigt von den Gefühlen die da auf einmal emporschießen wie Pilze aus dem Boden. Ganz und gar irritiert von der Tatsache, dass diese fiktiven Emotionen doch etwas verändern, weil sie zu den eigenen werden. Weil sie den eigenen Emotionshaushalt öffnen. Das eigene Ich angreifen und damit reale Erlebnisse in den Fokus rücken. Ob weitreichender oder auch nur für diesen einen Augenblick ist wohl individuell verschieden. Je nach Typ. Je nach Emotion. Je nach Stärke der Erinnerung. Je nachdem, was man zulässt. Was man ertragen kann und will.

Tanzen wir nämlich in unserem eigenen Film, ist das mit dem fühlen, zulassen und rauslassen der Emotionen so eine Sache. Manche spüren sich vielleicht nicht einmal. Weil sie es sich nicht erlauben. Weil sie durchs Leben hasten und dem Fühlen keine Zeit einräumen. Weil sie fürchten, damit Schwäche zu zeigen. Weil sie Angst haben, sie nicht aushalten zu können. Ihnen nicht gewachsen zu sein. Bedenken hegen, dass sie unangebracht, übertrieben oder auch einfach nur unangenehm sind. Deshalb verdrängen sie all zu oft. Und verschließen sie. Packen sie ein, in Worte und Taten. Fassen sie mit Samthandschuhen an und machen sie somit unnahbar und erträglich. Und vergessen darüber was sie wirklich im Stande sind zu fühlen. An eigenen Emotionen. So können manche am Sarg eines Verwandten stehen und keine Miene verziehen. Wenn jedoch im Film jemand zu Grabe getragen wird, wird ihnen flau im Magen und sie müssen mit den Tränen kämpfen. So können manche Gefühle von Liebe und Zuneigung einfach verdrängen. Lesen sie aber ein Buch, in dem sich zwei Menschen so sehr lieben aber dennoch nicht bekommen, brechen sie in Tränen aus.

Dann erwischt es sie kalt. Nichts ahnend. Unbehelligt. Weil der alltägliche emotionale Trott aus den Angeln gehoben wird. Dann sitzen sie da und fühlen sich wie im falschen Film. Denken: Was ist denn jetzt kaputt? Sehen sich mit Gefühlen, Sehnsüchten und Gedanken konfrontiert, die sie verdrängt hatten. So schön in Watte gepackt hatten. Weil sie sonst aufhalten. Den Alltag unterbrechen und vom Weg ablenken. Aber wer sagt denn, dass das Verlassen des Weges so schlimm ist? Kann man sein Ziel nicht auch mit Umwegen erreichen?

Ist es da nicht sogar ein Segen, dass es Klänge, Bilder und Worte gibt, die uns an unsere eigenen Emotionen erinnern?! Die den Herz- und Hirntresor öffnen um gut verschlossene Erlebnisse und Begegnungen zu Tage zu fördern. Fordern Stellung zu beziehen. Für diesen einem Moment zu spüren und auszuleben. Stellvertretend. Um endlich mal wieder durchatmen zu können. Den Tresor zu leeren. Das Herz zu befreien. Und Platz zu schaffen für all die kommenden Erlebnisse, Ereignisse und Gefühle. Stellt euch nur vor es würde diese Momente nicht geben? Ich sage nur Stau. Explosion. Implosion. Extrem. Und Extreme sind wohl nie gut, oder?

Also raus mit den Gefühlen. Emotionalitly doesn’t mean weakness.

Von Elefanten…

Da bist du gut gelaunt und nichts ahnend unterwegs, willst dir mal wieder etwas richtig Schönes gönnen und dann das… Du wirst mit einer Geschichte konfrontiert, die du gerade in die unterste Schublade abgelegt hattest. Eine Sache, die du gerade in Sack und Tüten verpackt hattest. Eine Erinnerung, über die endlich das erste bisschen Gras gewachsen war. Und dann kommt da Jemand und reißt die Schublade wieder auf, rupft den Sack lieblos auseinander, trampelt die zarten Grashalme wieder nieder. Manchmal ist es nur eine kleine Bemerkung, die dir augenblicklich die Gesichtsmuskeln einfrieren lässt, aber nach einem kurzen Schockmoment überwunden ist. Aber manchmal ist es eben nicht nur eine kurze Aussage. Manche Menschen schaffen es wie wild in einer gerade verschlossenen Wunde zu bohren als hätten sie Spaß daran den Finger immer weiter und weiter hineinzudrehen. Soll ja auch nen Effekt haben nicht wahr?! Und den hat es, wenn es um verletzte Gefühle geht. Und du denkst dir. Herzlichen Glückwunsch: Der Kandidat erhält 100 Punkte. Jackpot. Guten Tag, lieber Elefant im Porzellanladen.

So geschehen erst letztens einem guten Freund von mir. Und ich war dabei :(

Kurz zur Vorgeschichte. Er hatte Jemanden kennengelernt und schnell bemerkt, dass es nicht passte. Denn die junge Frau die er da kennengelernt hatte, war eigentlich noch nicht über ihren Ex hinweg und nutze ihn nur als Ablenkung, Sprungbrett, Egobooster… Und doch traf er sich immer wieder mit ihr. Der Himmel verstehe warum, aber er mag seine Gründe gehabt haben. Irgendwann war aber auch sein Fass an emotional erträglichen Gräueltaten ihrerseits übergelaufen und er hatte den Kontakt abgebrochen. Doch wie es der Zufall so wollte lief er ihr immer wieder über den Weg und ließ sich schließlich doch wieder breitschlagen. Traf sich erneut. Um erneut festzustellen: Das tut mir nicht gut. Was habe ich doch für Stoßgebete zum Himmel geschickt, dass diese unsägliche Geschichte mit der ihm nicht gut tuenden Frau, ein Ende haben würde. Nicht, dass ich ihm keine Freundin gönne. Nein, ganz im Gegenteil. Ich wünsche ihm sogar ganz sehr, dass das Glück auch endlich an seine Tür klopft. Aber eben nicht mit dieser emotional unentschlossenen Dame. Und was für Lobeshymnen und Dankesreden habe ich geschwungen, als er es abermals schaffte sich von ihr loszusagen.

Aber er hatte wohl etwas geflunkert. Oder seine Wunschgedanken waren seinem Seelenleben um Meilen voraus. Denn plötzlich stand da auf einer Party ein Elefant –  in Form einer Freundin der jungen Dame – vor uns und sprach ihn auf eben diese Dame an. Und begann die gerade abgeschlossene Geschichte wieder hochzukochen. Und beim Anblick meines Freundes musste ich feststellen: Da war wohl doch noch mehr Emotion im Spiel als ich es ihm in diesem Moment wünschte. Denn wie ich später erfuhr, war es gar nicht er gewesen, der nach dem zweiten Anlauf den Kontakt abgebrochen hatte. Vielmehr war der Kontakt eingeschlafen. Oder noch präziser gesagt, besagte Dame meldete sich einfach nicht mehr und er ließ es geschehen, konnte sich denken warum und sah es als Chance die Geschichte endlich ein für allemal zu begraben. Die Verletzung hatte sich wohl dennoch tief in sein Herz gegraben. Nun denn, wir standen also vor dieser aufgedrehten jungen Frau, die plötzlich haltlos über ihre Freundin und ihren Ex-Ex zu tirilieren begann. Dass die beiden doch einfach wie Topf und Deckel seien. Dass sie sich doch schon seit der Grundschule kannten und immer wieder zusammen und getrennt waren. Dass da nie wirklich Jemand anderes eine Chance hatte. Dass dies doch ein Zeichen sei, dass sie einfach zusammengehören würden, bla bla bla. Während sie sich immer weiter in ihren Redeschwall vertiefte ohne zu bemerken, dass sie meinem Freund damit sämtliche Zäune auf einmal über den Schädel zog, sprach ich innerlich die schrecklichsten Verwünschungen aus. „Ah ah ah, wirst du wohl deine so süße, rot geschminkte Zuckerschnute halten, aus der gerade nur Gift spritzt!?“ Gedanklich band ich sie an einer Rakete fest, zündete sie an und wünschte einen guten Flug. Und mit ihr, ihre emotional unenschlossene Freundin. Ich überlegte krampfhaft wie ich meinen Freund aus dieser Situation „befreien“ konnte. Denn ganz offensichtlich war er selbst nicht mehr dazu in der Lage. Aber es war bereits zu spät. Ich sah seine Gute Laune, die er noch vor wenigen Sekunden hatte, quasi die Beine in die Hand nehmen und davonrennen. Ich sah wie das Leuchten in seinen Augen verschwand und sich stattdessen dieser traurige Schleier um seine Pupillen legte. Ich spürte, wie sich die gerade verdauten miesen Gefühle wie Klebstoff um sein angegriffenes Herz legten und sich festklammerten. Und ich mochte den Elefant in diesem Moment außerordentlich wenig, auch wenn er wohl keine bösen Absichten hatte und unter anderen Umständen hätte ganz nett sein können. Ich wollte, dass es meinem Freund gut ging. Ich wollte, dass auch ihn endlich mal das Glück heimsuchte und nicht ständig das Pech an seine Tür klopfte. Aber es war zu spät. Mühsam hatte er sich wieder aufgebaut und in Sekunden war dieses noch etwas wackelige Gerüst durch den besagten Elefanten im Porzellanladen wieder eingerissen worden. Und ich fragte mich einmal mehr. Warum sind manche Menschen vom Glück verfolgt und andere müssen sich so wahnsinnig anstrengen um auch nur ein Quäntchen davon abzubekommen. Das hat er nicht verdient!

Und dann durchstöberte ich mein Gefühlsleben und musste feststellen, dass es auch bei mir Personen und Ereignisse gibt, die ich sorgfältig verpackt habe. Die aber jederzeit, trotz „Akte geschlossen“ dank eines Elefanten wieder aufgerissen werden können. Denn da hängen nun einmal Erinnerungen und Gefühle dran, die bei jeder noch so kleinen Stimulans wieder akquiriert werden können. Egal ob einem dieser Mensch oder dieses Ereignis noch etwas bedeutet oder nicht. Einfach nur weil sie eine Furche hinterlassen haben über die jede ähnliche Erfahrung, jedes ähnliche Erlebnis stolpert und die Alarmglocken zündet. Und dann schrillt es von allen Seiten und alles was man tun kann ist: weg. Elefant stehen lassen, Füße in die Hand nehmen und einfach nur weg. Bevor der Elefant die zartgrüne Wiese wieder in einen Morast verwandelt.

Und so zerrte ich meinen Freund weg von diesem Elefant, pustete wie blöde, dass die Worte von eben sofort wieder seinen hübschen Kopf verlassen würden und begann abermals Stoßgebete gen Himmel zu schicken…

Der ganz große Traum

Vor ein paar Tagen hatte ich zwei voneinander unabhängige, sehr angeregte Gespräche über das Thema ‚große Träume‘ und deren Verwirklichung. Wir diskutierten Fragen wie: Wie lange hält man an einem Traum fest? Wann beginnt ein Traum Realität zu werden? Wann sollte man einen Traum begraben? Sollte man ihn jemals begraben? Begräbt man damit nicht auch ein Stückweit sich selbst? Aber wie verbissen sollte man daran arbeiten bzw. wann sollte man sich eingestehen, dass der Traum vielleicht immer ein Traum bleiben wird, weil man einfach nicht die Voraussetzungen mitbringt den Traum Wirklichkeit werden zu lassen oder in der Masse derer, die den selben Traum haben, untergeht?

Es gibt natürlich die unterschiedlichsten Träume. Von Reiserouten, über Lebenspläne bis hin zu beruflichen Träumen. Wir sind beim Thema berufliche Träume hängen geblieben, die ja mehr oder weniger eng auch mit dem Lebensplan verbunden sind. Und ich kam zu der Erkenntnis: Blöd ist es wenn man einen Traum hat, den viele haben. Noch blöder ist es, wenn man einen Traum hat, den viele haben und der von der Meinung und den Geschmäckern anderer abhängig ist. Wie zum Beispiel alle künstlerischen Tätigkeiten. Vom Schreiben, übers Malen, hin zum Singen. Betrachten wir mal das Exempel Superstar zu werden. Was tun manche doch, um das zu erreichen. Wühlen sich durch Castingshows, tauchen auf jeder Party auf um Kontakte zu knüpfen, etc. Und der eigentliche Traum? Bleibt bei alledem oft auf der Strecke. Talent ist gut, ’Promotion’ das A und O. Ja, früher wurden Talente noch entdeckt. Heute sind es oft diejenigen, die sich selbst entdecken. Das Talent ist dabei hin und wieder eher nebensächlich. Wer sich selbst gut verkaufen kann hat auch gute Karten. Wer sich hingegen bei ’Küsschen rechts, Küsschen links’, ’Schischi hier, Schischi da’, oberflächliches Geplänkel und Smaltalk nicht wohl fühlt, hat schlechte Karten. Da kann die Gabe noch so groß sein. Man wird übersehen und kann wohl nur weiter darauf hoffen, dass der gute alte Talentscout am Fenster des kleinen Künstlerkämmerleins vorbeifliegt und/oder die Gabe besitzt das jeweilige Können bereits auf hundert Meter Entfernung zu erschnuppern… Vorausgesetzt natürlich, man hat das Glück irgendwann mal auf hundert Meter Entfernung an einem Talentscout vorbei zu laufen ;)

Ich für meinen Teil, als fleischgewordenes Klischee eines menschenscheuen Wesens mit Wörtern im Kopf, die zu Papier wollen, kenne das Dilemma nur zu gut. Gerade heute muss man wohl viel Kontakten und Netzwerken um seine „Kunst“ an den Mann und die Frau zu kriegen. Da is’ nix mit stilles Kämmerlein und entdeckt werden… Eine Krux, denn es ist ja bekannt, dass Autoren, Schreiberlinge, oder wie auch immer man sie betiteln mag, sensible Seelen sind. Scheue Wesen. Lichtgestalten. Ja und genau das bin auch ich. Ein scheues Reh ;) Ich liebe es Geschichten zu erzählen und zu schreiben. Nichts anderes tue ich seit ich sprechen bzw. schreiben kann. Ob gut oder schlecht sei mal dahingestellt bzw. ist dies ja eben immer Geschmacksache. Aber eben ohne Schischi und Geplänkel. Einfach nur Schreiben und im besten Falle (denn am einfach nur Schreiben hindert einen ja heute keiner mehr) damit sein Bed & Breakfast zu finanzieren.

Stellt sich also die Frage: Wie hart sollte man für seinen Traum kämpfen? Und wann verliert man den objektiven Blick für sich und sein Können? Nehme man wieder das Beispiel der Castingshows. Über die Hälfte der Träumer sind, so muss man es leider mal festhalten, wirklich Träumer. Sie sind talentfrei. Und doch haben sie diesen großen Traum an den sie verbissen arbeiten. Alles was sie dann jedoch oft erreichen ist eine Blamage. Öffentliche Demütigung. Zumindest wenn ihre eigentliche Gabe nicht die ’Selbstdarstellung’ ist. Und ganz ehrlich, auf eine Blamage kann man doch gut und gern verzichten, oder? Kein Wunder also, dass viele wahre Künstler, die ohnehin oft mit sich und ihrem Können hadern, nie entdeckt werden. Denn sie bleiben lieber hinter verschlossenen Türen, singen unter der Dusche, schreiben anonym im Netz, etc. Vielleicht auch um ihren Traum weiter zu nähren, daran festhalten zu können. Denn was passiert, wenn der Traum auf einmal zerplatzt? Woran hält man dann fest? So einfach einen neuen Traum zu suchen ist nicht unbedingt einfach, wenn man wirklich an etwas hängt. Und wenn man bereits viel Zeit und Engagement investiert hat. Und damit meine ich nicht Schischi und Geplänkel. Und es derangiert das eigene Selbstbewusstsein wohl um Einiges, wenn man sich eingestehen soll/muss, dass der Traum geplatzt ist. Dass man die Voraussetzungen nicht mitbringt. Dass man auf dem Holzweg ist oder auch einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort war.

Um seinen (beruflichen) Traum zu leben braucht man also nicht nur Vertrauen ins eigene Können, eine realistische Einschätzung der Fähigkeiten wäre auch ganz hilfreich. Und noch eines ist wichtig, wenn man seinen großen Traum Realität werden lassen will: Sitzfleisch. Denn mühsam ernährt sich bekanntlich das Eichhörnchen. Und vielleicht hat man ja dann trotz der Scheu und Ablehnung vor/von Schischi und Geplänkel das seltene Glück entdeckt zu werden. Man hört ja doch immer wieder mal davon. Dass da Jemand auf die via Blog zur Verfügung gestellten geistigen Ergüsse und den Stil, mit dem man pflegt diese zu offenbaren, aufmerksam geworden ist. Sie für lohnens- und lesenswert erachtet hat, und mit einer Buchveröffentlichung, einem Job bei einem Verlag oder Ähnlichem der Weg zum großen Traum geebnet wurde. Dass da Jemand durch Youtube als neuer Stern am Horizont emporschießt. Dass da Jemand die Möglichkeit bekommen hat seinen Traum zu leben und das ganz ohne Schischi.

In diesem Sinne: Möchte mich nicht mal Jemand entdecken? Es muss ja nicht gleich der Pulitzerpreis sein. Und auch den Qualitätsjournalismus sehe ich nicht gleich als nächsten Schritt meiner beruflichen Laufbahn an. Aber fühlt euch Willkommen an meine Tür zu klopfen oder lasst mich ein wenn ich an eure klopfe.  =)

Einfach so (glücklich)

Es gibt Momente im Leben, da ist man einfach froh. Einfach so, ohne zu wissen warum. Sekunden – Minuten – Stunden, in denen alles stimmt. Ohne dass etwas Großartiges passiert ist. Einfach aus einer inneren Stimmung heraus. Und dem Gefühl, dass gerade in diesem einem Moment einfach alles stimmig ist. Kennt ihr? Kennt ihr nicht? Wenn nicht sei an dieser Stelle Bedauern ausgesprochen. Denn diese kleinen Momente sind es, die ein großes Glücksgefühl hervorrufen können. Wenn auch eben erstmal nur für den Augenblick. Aber denkt man mal weiter… Eine Vielzahl dieser kleinen Momente, aufgefädelt wie Perlen an einer Kette, ergeben ein noch größeres Glücksgefühl. Ja klar, man muss auch eine gewisse ‚Begabung‘ haben und den Willen. Wer nicht sehen will, wird auch nicht sehen. Man muss also mit offenen Augen durch die Welt gehen und sie einsammeln, die Glücksmomente.

Leider sind solche Momente aber auch bei ‚Begabten‘ oft viel zu selten. Oder besser gesagt: Leider registrieren wir solche Augenblicke viel zu selten. Denn zu sehr haben wir verlernt auf diese kleinen Dinge zu achten. Aus Argwohn, dass dafür gleich wieder der nächste Tiefschlag um die Ecke schleicht. Denn ja, ich gebe es ja zu, Glück und Unglück liegen oft nah beieinander. Und das Glück kann manchmal eine ganz schöne Diva sein. Statt diese Momente also zu erkennen und aufzusaugen, sich einen Glücksteppich zu weben, wird unser Gefühl all zu oft von großen Erwartungen bestimmt. Das Offensichtliche, die Einfachheit, die kleinen Dinge werden übersehen oder zumindest wird ihnen nicht die Beachtung geschenkt, die sie verdient hätten.

Gerade deshalb versuche ich mir solche Glücksmomente immer extra bewusst zu machen. Halte sie mit meiner inneren Kamera fest. Mit Worten und Gedanken. Mit Assoziationen und Empfindungen. Denn ein Foto würde eine solche Situation wohl kaum adäquat wiedergeben.

Und wenn man sich erst einmal eines solchen Augenblickes bewusst ist, kann es ein noch so trüber Tag sein, die Laune rutscht trotzdem nicht in den Keller.

Dann sitzt du in dem kleinen Cafe um die Ecke. Ein Cafe in dem du schon oft saßt. Aber du fühlt dich wohl. Entdeckst so viele Kleinigkeiten neu. Die kleinen eingestanzten Details auf der Tapete. Die liebevoll verzierten Tische. Den schummrigen Kerzenschein. Den Duft von frisch gemahlenen Kaffeebohnen. Du beobachtest Leute. Ihre Gesten. Ihre Mimik. Und dann fließen die Ideen. Durchströmen den ganzen Körper. Und erzeugen dieses Gefühl von Produktivität. Generieren den Gedanken: Ja, das ist ES. Das ist DEINS. Das bist DU.

Es kann aber auch das Lächeln eines Fremden sein. Der dir auf der Straße begegnet. Und dich aus deinen, vielleicht gerade noch trüben Gedanken reißt. Die Gesichtszüge erweckt. Und dann lachst du zurück. Und die Welt steht kurz still.

Es kann ein Lied sein, das bereits mit den ersten Klängen eine Emotion emporsprudeln lässt. Mit Lyrics bei denen du augenblicklich denkst: Das passt. Hier und jetzt. Ein Lied was man schon tausend Mal gehört hat. Aber genau in diesem Moment löst es ein Gefühl von Stimmigkeit aus.

Es kann das beruhigende Geräusch von Regen sein. Der lautmalerisch auf die Fensterscheibe trommelt, dich einlullt und leise wispert. Oder aber auch der Duft und das Gefühl eines warmen Bettes, was Geborgenheit spendet….

So einfach kann Glück also sein. Und so oft sehen wir den Wald vor lauter Bäumen nicht. Warum nur haben wir verlernt es zu erkennen? Es bei den Hörnern zu packen. Es nicht mehr gehen zu lassen. Warum streben wir immer nach dem großen Ganzen? Und nehmen uns damit die Chance es zu bekommen. Denn auch das größte Puzzle besteht aus mehreren Teilen.

Aus diesem Grunde ein Appell an unsere Herzen. Haltet es fest, dieses Gefühl. Wenn ihr es zu fassen bekommt. Damit es nicht in Vergessenheit gerät. In Zeiten, in denen man die Welt verteufelt und einfach nur auffällt was alles fehlt.

In diesem Sinne: Ein Hoch auf die kleinen Dinge – Juhu, ich bin auch klein ;) – des Lebens!

Alle Jahre wieder…

Wie sagt man so schön: „Es kommt immer anders als man denkt“. Aber es dauert doppelt so lange und zwischenzeitlich will man sich drei Mal aus dem Fenster stürzen ;) Naja… das ist natürlich etwas übertrieben, aber ich will ja gebührend und nach alter Manier ins neue Jahr starten.

Eigentlich hatte mir vorgenommen mich nicht unter all diejenigen einzureihen, die einen Abschiedtext ans alte und einen Willkommensgruß ans neue Jahr schreiben. Aber nun ja… Es kommt eben anders. Nicht nur als man denkt, sondern auch oft als mal möchte…  Und so finde ich nun meine zarten Finger auf der Tastatur wieder, wie sie flink darüber hüpfen und die Gedanken aus meinem Kopf kraftvoll in die Tasten schlagen. Denn mein Jahresumschwung war alles andere als ich erwartet habe, auch wenn ich eigentlich nichts erwartet habe…

Und so schleicht das neue Jahr nur langsam um die Ecke. Zumindest habe ich den Eindruck. Während sich kurz vor dem Jahreswechsel geradezu alle an den Supermarktkassen stapelten, fand ich heute gähnend leere Gänge vor. Während sich zwischen den Feiertagen alle in der Schwimmhalle die überschüssigen Weihnachtspfunde mühsam wegtrainierten, herrschte heute auch dort erstaunlich wenig Wellengang.

Ob sie noch alle auskoman von ihrer berauschenden Silvesterparty? Wobei wir beim Thema wären. Wie startet man richtig ins neue Jahr? Gibt es ein ’Richtig’ überhaupt? Bisher war ich es gewohnt, dass in meinem Freundes- und Bekanntenkreis bereits Wochen vor dem ’großen Tag’ geschäftiges Treiben ausbrach. Man plante. Die Location, die Gäste, die Musik, das Buffet, etc. Es wurde Alkohol in Massen angekarrt um auch ja sicherzustellen, dass Jeder und immer ein volles Glas hatte. Ja, dies scheint für viele eine Garant, dass die Party auch wirklich ein Erfolg wird. Denn durch den Schleier des Alkohols wirkt auch der größte Partyreinfall gleich weniger schlimm. So meinen wohl viele. Ich für meinen Teil habe gelernt: Es kommt immer anders ;) Und gerade deshalb habe ich davon Abstand genommen zu viel vom Jahresumschwung zu erwarten. Denn dies ist wiederum ein Garant dafür, dass es in die Hose geht. Und das scheint wohl dieses Jahr der Gro in meinem Freundes- und Bekanntenkreis gewesen zu sein. Es gab keinen Plan, es gab keine Vorfreude, es gab nix. Irgendwie lief alles anders…

Der Tag war bereits einige Stunden alt, als sich dann doch noch entschied wer mit wem, ab wann und wo das neue Jahr begehen wollte. Und in eben selber Manier endete das alte und begann das neue Jahr: ruhig und unaufgeregt. Als gäbe es gar keinen besonderen Anlass für das Beisammensein. Lediglich das Überangebot an Essen & Alkohol auf dem Tisch und das Wummern & Knallen vor dem Fenster ließen erahnen, dass es sich doch um ein etwas ereignisreicheres Datum handelte. Und dennoch. So richtig wollte sich deshalb kein Gefühl von Neuanfang einstellen. Aber ich schien nicht die Einzige zu sein… Erstaunlich wenig Feuerwerk, erstaunlich wenig Menschen auf der Straße, erstaundlich wenig Gespräche über gute Vorsätze, Pläne & Vorhaben, erstaunlich wenig Neujahrswünsche… Ob keiner feiern wollte, weil alle aufgrund des kurz zuvor angedrohten und geradeso überlebten Weltuntergangs ohnehin bereits mit ihrem Leben abgeschlossen hatten? Oder wo trieben die sich alle herum?

Zumindest fuhr ich mit dem Rad in den frühen Morgenstunden durch eine fast menschenleere Stadt. Wenn die Menschen nicht hier waren, musste es irgenwo anders dafür umso mehr geben, oder? Auch der laue Wind ließ eher auf einen der ersten Frühlingstage schließen, als auf den Beginn des Jahres. Lediglich ein paar Glasscherben und Kotzhaufen auf der Straße zeugten davon, dass sich hier vor ein paar Stunden alkoholisierte Menschen aufgehalten haben müssen. Und so begann ich mein neues Jahr nicht mit den üblichen Wünschen sondern einzig und allein mit dem Wunsch: Bitte kein Platten, bitte kein Platten! Als ich vor meine Haustür ankam frohlockte ich: Yeah, kein Platten, kein Platten. Doch ich hatte mich zu früh gefreut, denn um es noch einmal zu erwähnen: Es kommt immer anders :P

Als ich am nächsten Tag erwachte war die Welt um mich herum noch immer ruhig. Und ich fragte mich einmal mehr, was das wohl zu bedeuten hatte? War sie doch noch untergegangen, die Welt, und ich hatte es verpasst? Ich beschloss eine Runde auf meinem Rad zu drehen und das Ganze mal aus der Nähe zu betrachten. Doch Überraschung: Mein Rad hatte einen Platten.

Tja… Das fing ja gut an. Konnte also nur besser werden. Und so dachte ich mir einmal mehr: Lass ab von all den Wünschen und Plänen für das kommende Jahr, denn es kommt ohnehin anders als du denkst. Lass dich stattdessen überraschen. Denn hey, wir schreiben das Jahr 2013. Wenn das kein gutes Omen ist. Also ab geht er, der Peter… Äh nein. Ab geht sie, die miss sophie…

Anfälle von Dämlichkeit

Hin und wieder leide ich an Anfällen von Dämlichkeit. Oder eigentlich ziemlich häufig und in regelmäßigen Abständen. Bei mir resultieren diese zumeist aus einer melancholischen Stimmung heraus. Und auch oft nur aufgrund der modernen Technik und meiner Gabe zu kommunizieren. Würde man mir in diesen Momenten sämtliche Kommunikationsmittel entwenden, die Hände fesseln oder auch den Mund zukleben, wäre sicher schon der eine oder andere Fall von Dämlichkeit an mir vorübergegangen bzw. hätte ich ihn nicht aktiv ausüben können. Es tröstet mich jedoch, dass ich damit nicht allein bin. Oder sollte mich dies eher in Bestürzung versetzen?

Wie dem auch sei, wie ich aus diversen Gesprächen mit Freunden weiß, gibt viele Schwachsinnige. Vornehmlich Frauen. Ich habe schon überlegt, ob ich eventuell eine Marktlücke entdeckt habe, die es zu füllen gilt: Ein Mittel gegen Schwachsinnige (Frauen). Ein Mittel gegen Anflüge von Dämlichkeit. Ich bin aber zu der Erkenntnis gekommen, dass dagegen wohl kein Kraut gewachsen ist. Man muss also durch, durch diese Anfälle von Dämlichkeit. Was damit konkret gemeint ist?

Ein besonders treffendes Beispiel: Frauen stehen auf Ärsche. Also nicht den Arsch als Körperteil (vielleicht auch das, aber der sollte sich hier nicht angesprochen fühlen), sondern den Arsch in Person. Zwar betonen sie immer wieder, dass sie ja eigentlich einen Mann haben wollen, der sie so liebt wie sie ist, der sie auf Händen trägt, der lieb ist, etc, aber all zu oft macht ihnen ihr Hang zur Dämlichkeit einen Strich durch die Rechnung. Denn letztlich landen sie dann doch wieder bei den Typen, bei denen sie um Aufmerksamkeit, Beachtung und Ansehen kämpfen müssen. Sind wir Frauen also sadistisch? Ich will natürlich wie immer nicht behaupten, dass es diese Geschichten nicht auch genau anders herum gibt: Also Frau verarscht Mann. Leider ist mir nur eben der andere Fall öfter zu Ohren gekommen. Frauen sind und bleiben eben oft gefühlduseliger als Männer. Oder sollte ich sagen,  Frauen verspüren öfter als Männer den Drang nach Beständigkeit und verschwenden deshalb wertvolle Minuten ihres Lebens an völlig aussichtslose Geschichten?! Wie auch immer: Ich würde wirklich gern eine ‚Pille dagegen‘ entwickeln, die dagegen immun macht…

Umso feierlicher, wenn einer Frau der Absprung von der Dämlichkeit gelingt. Und genau aus diesem Grund habe ich einen Sekt aufgemacht. Und angestoßen. Auf Rike. Eine Freundin, die es endlich geschafft hat auf ihr Wohlergehen zu achten. Rike ist frisch verliebt in einen wirklich „lieben“ Typen. Und das ist das Beste was ihr passieren konnte. Denn anderenfalls wäre sie vielleicht nie von diesem unsäglichen Exemplar Mann weggekommen, an das sie die letzten Wochen und Monate ihre Energie verschwendet hat und so viele Anflüge von Dämlichkeit heraufbeschworen hat.

Mitunter glaube ich aber, dass diese unsäglichen Gefühlsautisten nicht einmal mit Absicht so sind. Sie wissen einfach selbst nicht was sie wollen. Sie hoffen auf Besseres. Warten auf das große Los, die Explosion. Und verpassen darüber vielleicht die Chance einfach nur glücklich werden zu können. Denn oftmals sind die großen Feuerwerke leider auch die Geschichten, die verbrannte Erde hinterlassen. Die einfach nicht gut tun. Die das Herz in einen Kasper verwandeln.

Aber zurück zum Paradebeispiel Rike. Sie hatte also ihr Herz, oder ihren Verstand, an einen Mann namens David gekettet. Einen Mann, dem sie immer wieder Chancen ermöglichte, die er nicht ergreifen wollte und stattdessen unter dem Deckmantel der Freundschaft all die Dinge mit ihr tat, die Freunde eben nicht tun. Man war also offiziell nur befreundet, wobei dieser Begriff bei den Beiden eben sehr dehnbar war… Da dreht sich mir der Magen um. Sex mit einem Freund? Also jedem das Seine, aber angesichts der Tatsache, dass Rike damit nicht wirklich glücklich war eben eher fragwürdig. Und deshalb fragte ich auch: „Hast du dich mal gefragt, ob er das mit jeder seiner ‚Freundinnen‘ macht?“, „Bist du es nicht leid eine unter Vielen zu sein, die sein Ego boosten?“. Und sie schaute mich betroffen an und erklärte: „Ja ich weiß auch nicht warum ich mir das antue. Aber ich… Ach ich weiß es doch auch nicht…“ Ich war gelinde gesagt geschockt. Da saß eine schöne Frau vor mir und dieser komische Kauz sollte der Einzige sein, der ihr etwas Zuneigung schenken wollte/sollte? In meinem Kopf ratterte es. Der Wunsch nach einer ‚Pille dagegen‘ schoss augenblicklich wieder in mein Hirn.

Das erstaunliche an diesen Geschichten aber ist, dass wenn Frau von ihren Anfällen von Dämlichkeit genesen ist, der Mann nachzieht. Denn just in dem Moment, als Rike kein weiterreichendes Interesse mehr an David hatte als Freundschaft, wurde dieser von Anfällen von Dämlichkeit geradezu geschüttelt. Nun beginnt er zu fühlen und zu handeln. Meint, er müsse um sie kämpfen. Glaubt, dass da doch noch mehr ist als bloße Freundschaft. Sieht seine Fälle schwimmen. Paddelt wie wild auf sie zu. Und alles was ich hoffe ist, dass sie fest in ihrem neuen Boot sitzt. Mit einem strahlenden Lächeln ihr gegenüber. So, dass sie den Sonnenschein, der sie plötzlich umgibt, gar nicht mehr bemerkt. Denn: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben! Tja und damit ist nun plötzlich David derjenige, dessen Gedanken nur noch um sie kreisen. Der sich einreden muss, dass sie eigentlich eine dumme Gans ist, nur um sich nicht eingestehen zu müssen, dass er seine Chance verpasst hat. Ich bin gespannt was er noch so anstellen wird, zu welchen Taten und Handlungen ihn die Anflüge von Dämlichkeit treiben werden… Und ich kann es nicht lassen, aber die Pille dagegen scheint mir eine rechte Goldgrube ;P

Wie man sich bettet, so liegt man

… lautet ein sehr altes und ebenso bekanntes Sprichwort, das in vielerlei Hinsicht eingesetzt werden kann. So umschreibt es metaphorisch, dass man für die Konsequenzen seines eigenen Handelns selbst verantwortlich ist. Ich jedoch hatte letztens eine sehr erheiternde Unterhaltung, die es mir nahe legte mich mal mit der offensichtlichen Bedeutung dieses Sprichwortes auseinanderzusetzen. Nämlich dem Schlafen, der Schlafsituation und dem sich daraus ergebenden Schlafkomfort.

Wie ich nämlich erfahren habe gibt es Menschen, die müssen gar nicht mehr liegen um zu schlafen, haben sie nur das richtige Schlafdress. So hieße es dann in diesem Falle wohl eher: Wie man sich kleidet so schläft man. So erfuhr ich von kuscheligen Ganzkörperschlafanzügen – bzw. Schlafoveralls, denn man muss ja wenigstens begrifflich modisch bleiben – im Leolook. Mit  Kapuze UND Ohren. Die seien so kuschelig und warm wie eine Decke, dass man damit sogar im Stehen schlafen könne. Wahnsinn! Ich kann mir Schöneres vorstellen. Also nicht nur, dass ich die Waagerechte der Senkrechten vorziehe, wenn ich mich zu Ruhe lege – es heißt ja nicht umsonst ‚legen‘. Nein, ich kann mir auch etwas Attraktiveres vorstellen als einen Ganzkörperanzug. Allein die Vorstellung eines solchen Schlafdresses löst bei mir das Bild eines Säuglings aus. Und dann auch noch mit Kapuze UND Ohren. Das wiederum beflügelt meine Phantasie und projiziert sofort diverse Szenarien von Kinderfasching in meinen Kopf. Zusammen ergibt es dann das Bild einer Meute schlafender Säuglinge in lustigen Strampelanzügen. Kein Bild was mich jetzt sofort in einen geruhsamen Schlaf versetzen könnte angesichts der Tatsache, dass diese kleinen Wesen auch irgendwann einmal wieder wach werden und dann mörderischen Terz machen. Allein also die Gedanken, die eine solche Schlafklamotte in mir auslösen, würden mich am Schlafen hindern bzw. zumindest einen erholsamen Schlaf unterbinden.

Dennoch möchte ich die Vorliebe für eine derartige Kleiderwahl nicht abwerten. Wer darauf steht (Hihi, steht!!!), der soll seinen Schlafkomfort gern damit verbessern.

Und da gibt es ja noch ganz andere Kandidaten. Die nämlich, die sich an den unmöglichsten Orten zur Ruhe betten. Wie oft hängt jemand nach einer feuchtfröhlichen Party schlafend über der Kloschüssel? Mir unbegreiflich, allein angesichts der geruchlichen Tatsache. Und selbst wenn sie wohl viel zu abgedriftet sind, um den Geruch wahrzunehmen: Spätestens nach dem Erwachen dürfte sich ihre Schlafplatzwahl rächen und in den Gebeinen bemerkbar machen. Guten Morgen Rückenschmerzen! Zumindest mit zunehmendem Alter werden besagte Gliederschmerzen das Erwachen an derartigen Schlafplätzen beschwerlicher machen. Oder sind wir durch die Angewohnheit uns auf anschmiegsame Matratzen zu betten nur verhätschelt? So hatte ich letztes Jahr beim campen mit dünner Isomatte zwar zunächst Probleme mich an all die Wurzeln und Steine in meinem Rücken zu gewöhnen, schlief aber letztendlich besser als zu Hause. Ja, dort vermisste ich die kleinen Huckel regelrecht.

Und Kinder können ja bekanntlich auch immer und überall schlafen. Jedenfalls wenn es sie denn nach einem langen Kampf dagegen wirklich mal ereilt. Dann ereilt es sie aber auch schlagartig, sofort, auf der Stelle. Und das provoziert dann die eigentümlichsten Schlaforte und Positionen hervor. Meine Geschwister waren als Kinder auch solche Kandidaten. Meine Schwester hatte neben dem nächtlichen Erzählen bzw. Schimpfen die Angewohnheit die embryonale Drehung einer Geburt nachzuspielen. Also sich während des Schlafens einmal um 180° zu drehen. An und für sich kein Problem, solange sie allein im Bett war. Durchaus problematisch jedoch in einer Almwanderhütte, bei der zwanzig Menschen wie Ölsardinen auf engstem Raum nebeneinander liegen. In einer großen Koje. Ohne Abtrennungen. Ich meine, wir waren ja daran gewöhnt während des Schlafens neben meiner Schwester hin und wieder Arme, Beine, Hände, Füße oder einen Hintern im Gesicht zu haben, wenn sie sich mal wieder drehte, aber die anderen Bergsteiger… Verstanden da nicht so viel Spaß und so wurde meine arme kleine Schwester kurzerhand auf den Boden verfrachtet. Mein Bruder hingegen hatte eine Vorliebe fürs Hängen. Ober- oder Unterkörper, eines von beiden hing oft aus dem Bett heraus. Und ich? War wohl damals schon ein langweiliger Schlafender. Oder ein Spießiger? Auf jeden Fall gibt es von mir leider nicht so lustige Geschichten. Weder geräuschvolle, noch aktionsreiche. Oder doch? Vielleicht zeichnete sich ja schon damals ab, dass ich nicht schlafen konnte. So hielt ich beispielsweise als Dreijährige nicht den verordneten Mittagsschlaf sondern verging mich stattdessen an der Großpackung Penatencreme, verteilte diese sorgfältig auf meinem Gesicht, versteckte mit hinter einem gelben Vorhang und verkündete, als meine Eltern mich wieder wecken wollten, stolz aber zu deren Entsetzen: „Dolle einetremt!“ Horroffilm lässt grüßen. Vielleicht also schon damals auch ein Zeichen, dass es mich einmal ins Filmgeschäft ziehen würde?

Das allgemeine Bäh

Wie viele traurige, hochtrabende oder auch belustigende Formulierungen gibt es für eine schlechte emotionale Befindlichkeit? Viele! Genauer gesagt sehr viele.

Man kann sich unwohl fühlen. Man kann in ein emotionales Loch gefallen sein. Man kann eine mentale Verstimmung haben, sich wie ein Häuflein Elend fühlen oder ganz modisch ein Burn-Out haben. Man kann sich einfach nur platt und/oder ausgelaugt fühlen. Man kann das Gefühl haben von einem Zug überrollt worden zu sein oder den Holzhammer gleich mehrmals über den Schädel gezogen bekommen zu haben. Man kann ein Down haben, einen Tiefpunkt erreicht haben und, und, und… Und jeder hat eine Vorstellung davon, wie es einem Menschen geht, der unter einem oder mehrerer dieser Dinge leidet. Nämlich nicht gut. Gar nicht gut.

Doch wie oft werden diese Begrifflichkeiten arglos verwendet für Zustände die zwar unangenehm und mental stressig sind, nicht jedoch wirklich schlimm/fatal – wie es ja bei einer Depression durchaus ist. Denn der Mensch neigt dazu selbst kleinste seelische Verstimmungen zu dramatisieren. Zu jammern. Ist ja auch kein schöner Zustand so ein psychisches Tief. Und ich will die miesen Gefühle die man in solchen Zeiten hat keinesfalls abwerten oder schmälern. Ganz im Gegenteil, in wirklich schwerwiegenden Fällen können derartige Gefühle ja sogar lebensbedrohlich werden. Umso bewundernswerter ist es, wenn man einen Menschen trifft, der das Eine vom Anderen zu unterscheiden weiß. Der trotz des Gefühls sich gerade eher im unteren Emotionsbereich zu befinden, nicht seinen Humor verliert und das Licht am Ende des Tunnels sieht. Wenn auch vielleicht nicht bewusst.

Genau so ist es bei einem sehr lieben Mensch aus meiner näheren Umgebung. Dieser Mensch leidet nämlich laut eigener Aussage nicht an einem der oben genannten Befindlichkeiten. Nein, die Selbstdiagnose dieses Menschen lautet: ‚allgemeines Bäh‘. Ich finde diesen Befund niedlich. Zeigt er doch, dass diese Person bei allem aktuellen Leid ihren Witz und den Bezug zur Realität nicht verloren hat. Sie leidet also an ‚allgemeinem Bäh‘. Nicht an einem konkreten Kopf-, Hals, oder Bauch-Bäh. Sondern schlicht und ergreifend an einem ‚allgemeinen Bäh‘.

Das ‚allgemeine Bäh‘ ist dabei an den gleichen Symptomen wie oben genannte Gemütszustände zu erkennen. Nur eben mit dem Zusatz des Augenzwinkerns. Mit der kleinen Zugabe des Glaubens auf baldige Besserung. Mit einer Prise Selbstironie und dem Wissen, dass es Anderen wohl schlimmer geht.

Und wenn ich so überlege leiden wohl sehr viele Menschen unter einem ‚allgemeinen Bäh‘. Die halbe Welt ist quasi voll von Menschen mit ‚allgemeinem Bäh‘. Nur sehen sie das oft nicht so.

Aber ich denke, es als ‚allgemeines Bäh‘ anzuerkennen ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Nämlich heraus aus dem ‚allgemeinen Bäh‘. Und man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: „Was hast du?“ „Allgemeines Bäh!“„Wie geht es dir damit?“ „Bäh, bäh, bäh.“ So ernst die Lage bzw. Verfassung auch ist. Allein die verbale Ausführung dieser Konstitution klingt so komisch, dass man augenblicklich schmunzeln muss. So mussten die liebe Person und ich lachen. Und so ging es besagter Person gleich einen Hauch weniger ‚Bäh‘. Denn Lachen ist ja bekanntlich die beste Medizin.

Ich werde es im Hinterkopf behalten und versuchen mir bei derartigen Gefühlszuständen eine Scheibe dieser Fühl- bzw. Ausdrucksweise abschneiden. Vielleicht ist das ‚Bäh‘ ja dann gleich viel kleiner.

 Und woran leidet ihr so?