Wie Zicken ticken ODER zickig, aber zackig

Es gibt Worte, die werden nur bestimmten Menschen oder Personengruppen zugeordnet. Ungerechter Weise. Und oft mit falschem Hintergrund. Eines dieser Worte ist ‚zickig’. Ist euch schonmal aufgefallen, dass das Adjektiv ‚zickig’ oft nur im Zusammenhang mit Frauen oder homosexuellen Männern verwendet wird? Hört mal genau hin! Im Gegenzug gibt es jedoch kein adäquates Wort, was diese Eigenschaft bei Männern thematisiert.

‚Zickig’ bedeutet laut Duden „überspannt, eigensinnig, launisch“, mitunter auch „ziemlich prüde und verklemmt“. ‚Zickt jemand oder auch etwas’ bzw. ‚macht jemand oder etwas Zicken’, meint das laut Definition eine unangemessene, schwierige Reaktion auf Etwas. Fragwürdig ist dabei die Tatsache, dass das Wort ‚zickig’ selbst in diversen Nachschlagewerken oft auch nur in Kombination mit dem weiblichen Geschlecht verwendet wird. Klar, ‚zickig’ kommt von ‚Zicke’, die ist nunmal per se weiblich und es macht ihr Wesen aus zu ‚meckern’. Aber es sind eben nicht nur Frauen die zickig sein können. Ganz im Gegenteil, ich kenne ein paar wirkliche Paradebeispiele männlicher Zicken. Und diese sind nicht homosexuell.

Viel schlimmer als die so selbstverständliche Kombination des Wortes ‚zickig’ mit dem weiblichen Geschlecht ist jedoch die Tatsache, dass das Wort oft falsch verwendet wird. So wird nämlich all zu schnell alles als zickig abgestempelt, was weiblich ist und die Meinung sagt.  Auch wenn keinerlei Zickigkeit vorliegt. Frauen sind also bei etlichen Männern (und natürlich auch untereinander) per se zickig, allerspätestens sobald sie ihren Mund auf machen, etwas auszusetzen haben und ihren Gedanken Luft machen. Aber – und hier liegt das große Missverständnis – der Ton macht die Musik!!!

Ich will gar nicht abstreiten, dass es Zicken gibt. Im Gegenteil, da gibt es eine ganze Horde von. Aber eine richtige Zicke ist schon ein Zacken schärfer als nur eine Frau die ihre Meinung sagt. Eine richtige Zicke offenbart ihr Wesen oft ziemlich schnell. Nach dem Motto: zickig, aber zackig. Indem sie an allem etwas auszusetzen hat, schnell pikiert ist, wenn man nicht nach ihrer Pfeife tanzt, etc. Und das eben mit einem unmissverständlichen Tonfall kundtut. Wenn also eine Dame einen meckernden bis keifenden Tonfall anschlägt, gar ins Hysterische abrutscht oder einfach nur nach dem Motto „Püh“ redet oder handelt, dann kann durchaus von zickigem Verhalten gesprochen werden. Wenn sie dieses Verhalten dann auch noch regelmäßig an den Tag legt, kann man sogar einen Schritt weiter gehen und von einer Zicke sprechen. Wenn eine Frau jedoch einfach nur ihre Meinung kundtut – meinetwegen auch etwas energischer, finde ich es übereilt von einer Zicke oder zickigem Verhalten zu sprechen. Vielleicht sollten die Herren (und Damen) der Schöpfung, die ihr Gegenüber all zu schnell in diese Kategorie einsortieren, lieber einmal genauer hinhören.

Ich bin jemand der Sorte diplomatisch und harmonisch. Sinnloses rumzetern nur um des Zeterns oder Zierens wegen ist nicht meins. Dennoch schrecke ich bei Bedarf nicht davor zurück meine Meinung zu vertreten oder Bedenken zu äußern, wenn ich bei einem Sachverhalt, in einer Situation oder mit dem Verhalten einer anderen Person nicht einverstanden bin. Dann ergreife ich, je nachdem wie es die Situation erfordert, auf diplomatisch-ruhige oder auch energisch-dahinterstehende Art und Weise das Wort und sage, was ich zu sagen habe. Bis jetzt hatte ich das Glück noch nicht auf einen der männlichen (oder weiblichen) Anwärter zu stoßen, die das Kundtun der eigenen Meinung als bedrohlich empfinden und deshalb sofort als zickige Verhaltensweise aburteilen. Da bin ich wohl an die Gattung umsichtiges Gegenüber geraten. Aber es gibt ja bekanntlich immer ein erstes Mal…

Und so wurde letztens auch ich Opfer dieser all zu schnellen, unbewussten Verurteilung ‚zickig’ zu sein, als ich mich innerhalb einer Diskussion über die Möglichkeiten und Grenzen das eigene Denken zu durchbrechen, vertraute aber störende Strukturen abzulegen und anders zu Handeln als gewohnt, hinreißen ließ inbrünstig aber sanft für meine Meinung Partei zu ergreifen. Als ich merkte, dass mein Gegenüber gar kein Interesse daran hatte sich auch mal einen anderen Standpunkt als den eigenen anzuhören (oder auch einfach gerade mental nicht in der Lage dazu war), ich damit eher noch den Wahnsinn provozierte, schloss ich meine Argumentation ab und legte eine Ruhepause ein. Um meinem Gegenüber und den Gedanken etwas Raum zu lassen und auch selbst darüber nachzudenken. Prompt hatte ich eine Beschwerde wegen Zickigkeit am Hals. Zunächst belustigte es mich eher, weil ich mir dachte: Na wenn das friedsame Darlegen von Gedanken bereits zickig ist, was ist dann erst los, wenn er mal mit einer wirklichen Zicke konfrontiert wird? Ich fragte also erst einmal nach, wie er auf die Idee kam, ich sei zickig. Ich fühlte mich absolut unzickig, denn es ging mir nicht darum mit aller Gewalt meinen Willen durchzudrücken, sondern lediglich darum meine Meinung darzulegen. Nein, Stänkermodus konnte man meine Verfassung absolut nicht nennen. Eher ein Verständigungsmodus. Um Harmonie herzustellen. Doch mein Gegenüber blieb hartnäckig bei seiner Behauptung ich sei zickig und verpasste mir zur Untermauerung seiner Ernsthaftigkeit sogleich den Spitznamen „Zicki“. Na hervorragend, nach diesem Spitznamen habe ich mich schon immer gesehnt. Ich versuchte es andersherum und erklärte, dass ‚zickig’ meiner Meinung nach eine Frage der Artikulation ist: Der Ton macht die Musik! Und meiner war ganz beherrscht. Inzwischen hatte ich sogar ein Grinsen im Unterton. Doch auch jetzt kein Abrücken in Sicht. Eher dringliches Beharren. Wollte mein Gegenüber vielleicht eine Zicke und redet deshalb so eisern darauf herum? Und was war das? Ein bockiger Unterton bei ihm? Hm, da stellt sich doch die Frage wer hier zickig ist…

Frauen wie Männer, das Zicken-Potenzial schlummert wohl in uns allen. Und es ist wohl auch eine Frage des Gegenübers, wie schnell und ob diese Befähigung in uns herausgekitzelt wird.

6 Antworten auf “Wie Zicken ticken ODER zickig, aber zackig”

  1. Jemanden während einer laufenden Diskussion als Zicke zu betiteln, ist ein klassisches Totschlagargument, wenn einem richtige Argumente fehlen. Im Grunde kann man dieses Verhalten auch gut bei den klassischen Politdiskussionen im TV miterleben. Erst wird eine Weile diskutiert. Sobald sich dann eine Person ein eine Ecke manövriert hat, kommen von dieser Person dann plötzlich keine echten Argumente mehr. Stattdessen wird nun auf persönlicher Ebene angegriffen um dem Gegenüber sozusagen die soziale Ebene abzugraben. Ist jemand nämlich erstmal als Zicke o.ä. diffamiert, wird die Person von den Zuhörern nicht mehr so ernst genommen und ihre Argumente verpuffen im Nichts – ganz gleich wie ausgewogen und korrekt sie sein mögen.

    Anders ausgedrückt: Ich empfinde derartiges Verhalten als ein direktes Zeichen für argumentatorische Unterlegenheit bzw. schlechten Diskussionsstil. Jemand der gute Argumente hat, hat es nicht nötig sein Gegenüber persönlich zu bewerten.

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