Oversexed & Underfucked – Wie viel Sex ist zuviel Sex?

Sex ist eines der schönsten Dinge der Welt, heißt es. Richtig, sage ich. Aber nur, wenn man ihn auch hat. Was damit gemeint ist?

Ein Bespiel: Letztens an einem Sonntagmorgen. Ich liege in meinem Bett und überlege mir, was ich so mit dem Tag anfangen möchte. Meine Gedanken kreisen und der Blick aus dem Fenster sagt: Im Bett bleiben. Mein Gefühl sagt: Im Bett bleiben ist aber nur spannend, wenn man nicht allein im Bett bleiben muss… Und als wenn meine Obermieterin auf dieses mentale Stichwort gewartet hätte, tönen von oben her komische Geräusche. Als würde jemand den Boden schleifen. Aber halt, da gesellen sich noch ein paar andere Geräusche dazu. Menschliche „Ahs“ und „Ohs“. Die haben Sex. Ich bin sprachlos. Also nicht, dass Sex haben so ungewöhnlich wäre. Und nicht, dass ich ihr und ihrem Gespielen die körperliche Ertüchtigung nicht gönne, aber bitte nicht, wenn ich keinen habe. Unglaublich…

Ich nehme es zum Anlass mal genauer über das Thema nachzudenken. Denn mir fällt auf: Das Thema ‚Sex‘ kommt in der letzten Zeit sehr häufig auf den Tisch. Kaum eine Party wo nicht irgendwer darüber spricht. Allerdings komplett unpersonalisiert. Alle tönen sie laut, nur auf sich selbst bezogen werden sie schweigsam. Warum ist das so habe ich mich gefragt?

Vielleicht liegt es an der Übersexualisierung unseres Alltags? Denn in den Medien wird Sexualität und Intimität immer tabuloser zelebriert. Wir wissen wie „One Night in Paris“ war, dass Patrick Nuo an Sexsucht litt und dürfen uns ständig elektronisch oder menschlich verfeinerte Astralkörper von Michaela Schäffer & Co. ansehen. Uns wurde verklickert, dass eine ausgefallene Intimrasur das Sexleben aufpeppen kann, wir erfahren über immer neue Spielarten bis hin zu Abartigkeiten und I-Phones werden nicht selten zu Pornophones. Prima! In der Sexualkultur der Gegenwart scheinen Technik, Absurdität und Event an vorderster Stelle zu stehen. Was dabei ein wenig abhanden zu kommen scheint, ist die Basis aller erotischen Begegnung: Hingabe und ein ehrlicher, entspannter Austausch. Wir werden also ständig und überall mit dem Thema Intimität, Körperlichkeit und Sex konfrontiert. Sex findet scheinbar immer und überall statt. Nur eben oft nicht in der Realität…

‚Oversexed and underfucked‘, so der von Ariadne von Schirach geprägte Begriff für die diese Entwicklung. Und davon sind nicht nur Singles, sondern auch Paare betroffen. Vielleicht sogar noch schlimmer als ein Single. Denn im Fernsehen tummeln sie sich zu Hauff, die schönen Pärchen – flacher Bauch, vollbusig, straffe Haut, eben einfach sexy. Auch aus den Magazinen lächeln sie, die glücklichen Pärchen, die erzählen wie oft und wie gut es bei ihnen im Bett läuft. Man könnte den Eindruck bekommen sie täten nichts anderes den ganzen Tag. Und die Verschiebung von Realität und vorgeschobener Realität beginnt nicht erst beim Sex, sondern bereits bei der bloßen Körperlichkeit. Wer geht heute noch problemlos nackt in die Sauna ohne sich in diverse Handtücher zu verhüllen? Wer zieht sich noch arglos vor anderen um?  Wer fühlt sich nackt wirklich schön, wenn Ansprüche ans Aussehen von Brüsten, Hinterteilen, Schamlippen und Oberschenkeln immer verzerrter und lebensferner werden Kaum einer. Man tut offen, ist es aber oftmals nicht und brütet dann im stillen Kämmerlein den Frust aus. Ein weiteres, damit einhergehendes Phänomen: Die Medien publizieren „Nur attraktive Frauen und Männer haben Sex.“. Dass setzt jedoch nicht nur diejenigen unter Druck, die meinen nicht attraktiv genug zu sein, sondern auch diejenigen, die als attraktiv gelten.

Druckaufbau, an allen Ecken und Enden. Ansprüche, die nicht erfüllt werden können. Viele denken sie müssen sonst etwas leisten. Denken, sie müssen aussehen wie ein Pornostar. Kein Wunder also, dass der eine oder andere schiss davor bekommt. Versagensängste und Schamgefühl erhalten den Einzug in die Betten, etc. Enttäuschungen vorprogrammiert. Und anstatt dann einfach Sex zu haben, verkneifen sie es sich. Oder sie haben welchen, sind aber so gestresst, dass sie nicht loslassen können. Weil sie ständig daran denken, dass sie es tun müssen. Weil etwas nicht mit ihnen Ordnung sein könnte, wenn sie nicht jeden Tag Lust verspüren. Wenn sie nicht immer das halbe Kamasutra durchzuexerzieren wollen. Wenn nicht jedes Körperteil so makellos aussieht wie in den Hochglanzzeitschriften und Dauerwerbesendungen. Und dann kommt der Frust statt die Lust. Denn die Erwartung, die sie an sich selbst gestellt haben, bleibt eine Erwartung. Dabei heißt es doch nicht umsonst: „Übung macht den Meister.“

Noch vor ein bis zwei Jahren trafen sich ganze Frauencliquen zum gemeinsamen Zelebrieren von „Sex & The City“, einschließlich Austausch eigener Erfahrungen. Vor ein paar Jahren noch klopften sich Männer auf die Schulter, wenn sie tolle Frau erobern konnten (und damit meine ich nicht nur fürs Bett). Unlängst scheint diese Welle abgeebbt. Oder wer traut sich heute noch seine Freundin oder seinen Freund direkt zu fragen: Was geht bei dir so? Bist du mit dir und deinem Sexleben zufrieden? Nicht, dass jetzt hier ein falscher Eindruck entsteht. Sexualität ist natürlich eine intime Sache! Und wer möchte sich schon gern unter die Bettdecke gucken lassen? Das ist damit aber auch nicht gemeint. Natürlich muss man mit seiner Sexualität nicht hausieren gehen. Und natürlich will man auch gar nicht von jedem Freund wissen was und wie er es so hinter verschlossenen Türen treibt. Das auffallende ist aber eben: Eigentlich reden ja alle darüber. Da werden Geschichten von Bekannten eines Bekannten eines Bekannten erzählt. Da wird über die neusten Pornos und Pornosternchen getratscht. Da wird auf Sexmessen gerannt. Aber man selbst hält sich bedeckt. Mitunter scheint manchen Menschen ihr Sexleben sogar so peinlich zu sein, dass sie Liebschaften vertuschen und verschweigen. Aus Angst man könnte darüber reden, sich lustig machen oder Details in Erfahrung bringen wollen. Und dann sind sie oft nicht nur total angespannt und können das Toben durch die Betten kaum bis gar nicht genießen, sondern sie verletzten damit oft auch ihr gegenüber. Denn was soll man schon davon halten, wenn man wie Staub unter den Teppich gekehrt wird?

Kein Wunder also, dass die Sexualisierung des Alltags zu einem Überdruss führt. Dass auch wenn die Öffentlichkeit immer enthemmter wird, privat eine Rückkehr zur ‚Prüderie‘ stattfindet. Um sich nicht messen zu müssen. Um sich nicht in die Karten schauen zu lassen. Um möglichen Fragen aus dem Weg zu gehen. Aber wenn das der Weg zu mehr Aktivität, Losgelöstheit, Entspannung und Spaß in den Betten der Nation ist, sei es jedem gegönnt. Außerdem ist ja Im Dunkeln bekanntlich gut Munkeln.

In diesem Sinne: In die Betten, fertig, los…

Der drohende Verfall

Hilfe, ich werde 30. Eigentlich habe ich damit gar kein Problem. Aber irgendwie scheinen viele andere ein Problem damit zu haben. Zumindest werde ich andauernd auf den nun drohenden Verfall angesprochen. Man suggeriert mir, dass mein Leben nun bergab geht. Da es nun aus ist mit der Schönheit und damit auch mit dem Interesse des männlichen Geschlechts an meiner Person. Dass ich nun alt und unattraktiv werde. Interessant, dass sie sich das so auf die äußerliche Präsenz festhaken. Ob sie wirklich Angst davor haben, dass ich mit überschreiten der „magischen Grenze“ nicht mehr ansehbar bin? Dass sie sich vielleicht nicht mehr mit mir in der Öffentlichkeit zeigen können, weil sich transformationsgleich sofort tiefe Furchen in mein Gesicht ziehen werden, Altersflecken aufblinken, die Haut schrumpelig wird und ich mich nun kleiden werde wie eine Nonne? Warum diese Angst? Warum nicht die Hoffnung, dass ich noch schöner und weiser werde?

Nun ja…. Ich sehe das also etwas anders

In der Tat hört man ja immer wieder, dass Frauen mit dem Alter unattraktiver werden, Männer hingegen attraktiver. Was für eine Gemeinheit. Ich bin dagegen. Doch keine Panik. Genauso sagt man auch: Man ist immer so alt wie man sich fühlt. Gut, das kann auch ordentlich in die Hose gehen. Also wenn man’s übertreibt. Aber ich neige nicht zu Übertreibungen – oder sollte ich lieber sagen Untertreibungen – dieser Art :)

Noch mache ich mir also keine Sorgen über den augenblicklichen Schönheitsverfall sobald die Transformation von der 2… in die 3… abgeschlossen ist. Denn auch wenn mir da gerade einige etwas anderes einreden wollen, ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es mit Dreißig verfrüht ist vom drohenden körperlichen Verfall zu sprechen. Immerhin gibt es auch Studien – es sei jedem selbst überlassen wie viel Wert man den Ergebnissen beimisst – die belegen, dass Frauen gerade mit Anfang dreißig am attraktivsten wirken, da sie das gewisse Etwas ausstrahlen. Da sie viel mehr wissen, wer sie sind und was sie wollen als noch mit Anfang zwanzig. Das mag natürlich je nach Frau unterschiedlich sein. Und klar einen gewissen körperlichen „Verfall“ kann man wohl nicht von der Hand weisen. Natürlich ist eine Zwanzigjährige knackiger als eine Dreißigjährige. Aber auch das muss nicht so sein. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. Dafür kennt eine Dreißigjährige vielleicht viel mehr ihre Weiblichkeit, ihren Körper, Vorlieben etc. und strahlt das eben auch auf eine natürlich erotische Weise aus. Nicht, dass ich jetzt hier den Anfang Zwanzigjährigen eine erotische Ausstrahlung absprechen möchte oder gar behaupten möchte, dass sie noch nicht wissen wer sie sind. Auch hier bleibt es von Fall zu Fall individuell zu prüfen. Immerhin gibt es auch genug Dreißigjährige, die nicht wissen wer sie sind und was sie wollen. Genauso viele wohl auch unter den Vierzig-, Fünfzig-, …-jährigen. Wie dem auch sei, es bleibt wohl Ansichtssache. Dennoch, um es noch einmal zu wiederholen, mache ich mir in Bezug auf meine Person noch keine Gedanken. Wenn ich mich mit Anfang zwanzig betrachte und jetzt mit Ende zwanzig will ich doch mal behaupten, dass ich schöner geworden bin ;) Also die Grundsubstanz hat sich natürlich nicht verändert. Aber ich weiß inzwischen was „Mode“ heißt, habe einen Stil entwickelt. Kurzum ich bin kein „Schlumpf“ mehr. Ich wirke anders. Auch wenn mir das gewisse Damen an der Supermarktkasse oder diverse Schränke an Clubeingängen nicht zugestehen wollen. Ja, man fragt mich hin und wieder nach meinem Ausweis. Vielleicht wollen sie ja auch nur wissen wie ich heiße und wo ich wohne ;) Wenn nicht ist dies wohl ein weiteres Zeichen, dass man mit bald Dreißig nicht gleich in einen panischen Schockzustand verfallen muss, aus Angst man werde nun augenblicklich unattraktiv. Für Maulwürfe gehe ich also locker als zehn Jahre jünger durch. Auch wenn ich das ehrlich gesagt etwas bedenklich finde. Ich mag gar kein „Schlumpf“ mehr sein…

Hau ich habe gesprochen. Ihr könnt mir keine Angst machen :) Jedenfalls nicht damit. Ich werde noch schöner und weiser :D Und ich gebe die Hoffnung nicht auf, auch das andere Geschlecht noch davon überzeugen zu können.

Viel eindringlicher finde ich die mit solchen Anlässen einhergehenden Fragen über das Leben allgemein. Warum sorgen runde Geburtstage immer für soviel Verwirrung? Warum meinen wir, dass sich gerade danach etwas ändern wird? Warum machen wir uns plötzlich Gedanken darüber was wir alles geschafft haben und setzten es in Relation zu dem was wir erreichen wollten? Und was heißt im Zuge dessen: „Nun geht es bergab.“ Inwiefern? Womit? Wobei? Im Grunde ist das ganze Leben doch eine Berg- und Talfahrt. Und wer sagt denn, dass bergab schlimm ist? Bergab geht’s schließlich leichter als bergauf ;)