Oversexed & Underfucked – Wie viel Sex ist zuviel Sex?

Sex ist eines der schönsten Dinge der Welt, heißt es. Richtig, sage ich. Aber nur, wenn man ihn auch hat. Was damit gemeint ist?

Ein Bespiel: Letztens an einem Sonntagmorgen. Ich liege in meinem Bett und überlege mir, was ich so mit dem Tag anfangen möchte. Meine Gedanken kreisen und der Blick aus dem Fenster sagt: Im Bett bleiben. Mein Gefühl sagt: Im Bett bleiben ist aber nur spannend, wenn man nicht allein im Bett bleiben muss… Und als wenn meine Obermieterin auf dieses mentale Stichwort gewartet hätte, tönen von oben her komische Geräusche. Als würde jemand den Boden schleifen. Aber halt, da gesellen sich noch ein paar andere Geräusche dazu. Menschliche „Ahs“ und „Ohs“. Die haben Sex. Ich bin sprachlos. Also nicht, dass Sex haben so ungewöhnlich wäre. Und nicht, dass ich ihr und ihrem Gespielen die körperliche Ertüchtigung nicht gönne, aber bitte nicht, wenn ich keinen habe. Unglaublich…

Ich nehme es zum Anlass mal genauer über das Thema nachzudenken. Denn mir fällt auf: Das Thema ‚Sex‘ kommt in der letzten Zeit sehr häufig auf den Tisch. Kaum eine Party wo nicht irgendwer darüber spricht. Allerdings komplett unpersonalisiert. Alle tönen sie laut, nur auf sich selbst bezogen werden sie schweigsam. Warum ist das so habe ich mich gefragt?

Vielleicht liegt es an der Übersexualisierung unseres Alltags? Denn in den Medien wird Sexualität und Intimität immer tabuloser zelebriert. Wir wissen wie „One Night in Paris“ war, dass Patrick Nuo an Sexsucht litt und dürfen uns ständig elektronisch oder menschlich verfeinerte Astralkörper von Michaela Schäffer & Co. ansehen. Uns wurde verklickert, dass eine ausgefallene Intimrasur das Sexleben aufpeppen kann, wir erfahren über immer neue Spielarten bis hin zu Abartigkeiten und I-Phones werden nicht selten zu Pornophones. Prima! In der Sexualkultur der Gegenwart scheinen Technik, Absurdität und Event an vorderster Stelle zu stehen. Was dabei ein wenig abhanden zu kommen scheint, ist die Basis aller erotischen Begegnung: Hingabe und ein ehrlicher, entspannter Austausch. Wir werden also ständig und überall mit dem Thema Intimität, Körperlichkeit und Sex konfrontiert. Sex findet scheinbar immer und überall statt. Nur eben oft nicht in der Realität…

‚Oversexed and underfucked‘, so der von Ariadne von Schirach geprägte Begriff für die diese Entwicklung. Und davon sind nicht nur Singles, sondern auch Paare betroffen. Vielleicht sogar noch schlimmer als ein Single. Denn im Fernsehen tummeln sie sich zu Hauff, die schönen Pärchen – flacher Bauch, vollbusig, straffe Haut, eben einfach sexy. Auch aus den Magazinen lächeln sie, die glücklichen Pärchen, die erzählen wie oft und wie gut es bei ihnen im Bett läuft. Man könnte den Eindruck bekommen sie täten nichts anderes den ganzen Tag. Und die Verschiebung von Realität und vorgeschobener Realität beginnt nicht erst beim Sex, sondern bereits bei der bloßen Körperlichkeit. Wer geht heute noch problemlos nackt in die Sauna ohne sich in diverse Handtücher zu verhüllen? Wer zieht sich noch arglos vor anderen um?  Wer fühlt sich nackt wirklich schön, wenn Ansprüche ans Aussehen von Brüsten, Hinterteilen, Schamlippen und Oberschenkeln immer verzerrter und lebensferner werden Kaum einer. Man tut offen, ist es aber oftmals nicht und brütet dann im stillen Kämmerlein den Frust aus. Ein weiteres, damit einhergehendes Phänomen: Die Medien publizieren „Nur attraktive Frauen und Männer haben Sex.“. Dass setzt jedoch nicht nur diejenigen unter Druck, die meinen nicht attraktiv genug zu sein, sondern auch diejenigen, die als attraktiv gelten.

Druckaufbau, an allen Ecken und Enden. Ansprüche, die nicht erfüllt werden können. Viele denken sie müssen sonst etwas leisten. Denken, sie müssen aussehen wie ein Pornostar. Kein Wunder also, dass der eine oder andere schiss davor bekommt. Versagensängste und Schamgefühl erhalten den Einzug in die Betten, etc. Enttäuschungen vorprogrammiert. Und anstatt dann einfach Sex zu haben, verkneifen sie es sich. Oder sie haben welchen, sind aber so gestresst, dass sie nicht loslassen können. Weil sie ständig daran denken, dass sie es tun müssen. Weil etwas nicht mit ihnen Ordnung sein könnte, wenn sie nicht jeden Tag Lust verspüren. Wenn sie nicht immer das halbe Kamasutra durchzuexerzieren wollen. Wenn nicht jedes Körperteil so makellos aussieht wie in den Hochglanzzeitschriften und Dauerwerbesendungen. Und dann kommt der Frust statt die Lust. Denn die Erwartung, die sie an sich selbst gestellt haben, bleibt eine Erwartung. Dabei heißt es doch nicht umsonst: „Übung macht den Meister.“

Noch vor ein bis zwei Jahren trafen sich ganze Frauencliquen zum gemeinsamen Zelebrieren von „Sex & The City“, einschließlich Austausch eigener Erfahrungen. Vor ein paar Jahren noch klopften sich Männer auf die Schulter, wenn sie tolle Frau erobern konnten (und damit meine ich nicht nur fürs Bett). Unlängst scheint diese Welle abgeebbt. Oder wer traut sich heute noch seine Freundin oder seinen Freund direkt zu fragen: Was geht bei dir so? Bist du mit dir und deinem Sexleben zufrieden? Nicht, dass jetzt hier ein falscher Eindruck entsteht. Sexualität ist natürlich eine intime Sache! Und wer möchte sich schon gern unter die Bettdecke gucken lassen? Das ist damit aber auch nicht gemeint. Natürlich muss man mit seiner Sexualität nicht hausieren gehen. Und natürlich will man auch gar nicht von jedem Freund wissen was und wie er es so hinter verschlossenen Türen treibt. Das auffallende ist aber eben: Eigentlich reden ja alle darüber. Da werden Geschichten von Bekannten eines Bekannten eines Bekannten erzählt. Da wird über die neusten Pornos und Pornosternchen getratscht. Da wird auf Sexmessen gerannt. Aber man selbst hält sich bedeckt. Mitunter scheint manchen Menschen ihr Sexleben sogar so peinlich zu sein, dass sie Liebschaften vertuschen und verschweigen. Aus Angst man könnte darüber reden, sich lustig machen oder Details in Erfahrung bringen wollen. Und dann sind sie oft nicht nur total angespannt und können das Toben durch die Betten kaum bis gar nicht genießen, sondern sie verletzten damit oft auch ihr gegenüber. Denn was soll man schon davon halten, wenn man wie Staub unter den Teppich gekehrt wird?

Kein Wunder also, dass die Sexualisierung des Alltags zu einem Überdruss führt. Dass auch wenn die Öffentlichkeit immer enthemmter wird, privat eine Rückkehr zur ‚Prüderie‘ stattfindet. Um sich nicht messen zu müssen. Um sich nicht in die Karten schauen zu lassen. Um möglichen Fragen aus dem Weg zu gehen. Aber wenn das der Weg zu mehr Aktivität, Losgelöstheit, Entspannung und Spaß in den Betten der Nation ist, sei es jedem gegönnt. Außerdem ist ja Im Dunkeln bekanntlich gut Munkeln.

In diesem Sinne: In die Betten, fertig, los…

Zu später Stunde…

Wenn die Dunkelheit Einzug erhält und die Umgebung nur noch schemenhaft wiedergibt. Wenn ein paar Gläschen Bier oder Wein die trockenen Kehlen hinuntergeflossen sind. Dann passieren merkwürdige Dinge. Menschen beginnen sich komisch zu verhalten, wieder anderen lockert es die Zunge und das Mundwerk beginnt zu mahlen. Wenn man dann seine Augen aufreißt und die Ohren spitzt, hat man einiges zu lachen.

So saß ich letztens mit ein paar Freunden bei Dämmerung am See, als wir neben uns einen Mann ausmachten. An und für sich keinesfalls außergewöhnlich. Doch er stand dort ohne Unterhose, aber in T-Shirt und wiegte sich langsam vor uns zurück. Immer wieder. Über eine Stunde lang. Während ich amüsiert war, stieg in meiner Freundin leichtes Unbehagen auf. Was tat er da nur? Die Aufforderung sie solle ihn doch einfach fragen, löste Entrüstung aus. Wer weiß wie er dann reagieren würde. Also fragten wir nicht und ließen ihn schaukeln. In seiner spärlichen Bekleidung.

Eine andere Begebenheit der freizügigen Art ereilte mich ebenfalls vor wenigen Wochen. Es sind also nicht nur die Naturfreunde, die ihrer Freizügigkeit zu dämmriger Stunde frönen. Nein es gibt genauso solche Großstädter. Männer, die bei heißen Temperaturen fast nackt durch die Stadt  flanieren sind ja keine Seltenheit mehr. Aber eine Frau, die lediglich mit einem Tanga bekleidet durch die Straßen schlendert, ist mir persönlich bis vor wenigen Wochen noch nicht unter gekommen. Zunächst dachte ich mich verguckt zu haben. Dann suchte ich ihren blanken Oberkörper nach politischen Parolen ab. Könnte ja sein, dass sie eine der Damen ist, die mit allem kämpfen und demonstrieren was sie haben, ganz nach dem Motto „Sex sells“. Aber ich hatte mich weder verguckt, noch konnte ich Claims auf ihr entdecken. Es handelte sich also lediglich um eine persönliche Gesinnung. Na dann, wohl bekomm’s!

Das also zwei Beispiele für Möglichkeiten, die späte Stunde für seine Wunderlichkeiten zu nutzen. Wobei ich mir sicher bin, dass besagte Personen auch am helllichten Tag so agieren würden. Der kleine aber feine Unterschied ist jedoch die Dunkelheit. Sie verleiht dem Moment etwas Skurriles. Sie erlaubt es den Beobachtern nicht genau zu erkennen was vor sich geht. Und das löst in dem Einen oder Anderen Verwunderung, Belustigung oder eben auch Panik aus.

Die andere, oft beobachtete Entwicklung zu später Stunde und mit wachsendem Alkoholpegel ist das Emporschießen quer sitzender Gedanken. Jene, die unter normalen Umständen vielleicht nie das Licht des Tages erblickt hätten. Gut, das tun sie ja in diesem Fall auch nicht, aber zumindest das Licht der Nacht… Wer jetzt jedoch denkt, Männer unterhalten sich dann über Frauen und Frauen über Männer… falsch gedacht. Natürlich kann auch das vorkommen, ist es doch immer wieder spaßig das jeweils nicht verständliche Geschlecht abermals genauer unter die Lupe zu nehmen. Aber solche Gespräche meine ich nicht. Viel interessanter sind doch die Themen und die Gespräche bei denen man denkt: Wie kommen sie nur auf diese Themen? Welcher Geistes-Floh ist denn da durchs Hirn gehopst?

Ja, da kann es schon mal vorkommen, dass man mehrere Stunden über „Xanthippe“ und „Raßmulde“ philosophiert. Was man da bereden kann? Na so einiges! Hochwichtige Fragen wie: Welcher Name klingt hochnäsiger? Was verbindet man assoziativ mit dem jeweiligen Namen? Wer passt zu welchem Namen und warum? Man kann bei diesen Fragen durchaus in hitzige Dikussionen geraten, die einfach kein Ende finden. Vorausgesetzt natürlich man ist nicht einer Meinung. Interessant ist es aber auch Entweder-Oder-Fragen und deren Debatte zu verfolgen. Da kann sich der Eine oder Andere so richtig in Rage reden. Es ist ja aber auch wirklich wichtig einmal darüber geredet zu haben ob „Lieber Hände oder Schw*** ab?“ oder „Lieber kein Sex oder schlechter Sex?“.

Im Dunkeln ist also nicht nur gut Munkeln! Die Nacht belebt Körper und Geist. Ja, die Dunkelheit fördert die Kreativität geistiger Ergüsse und das Bedürfnis diese zur Sprache zu bringen, ebenso wie der geistigen Verfassung auch körperlich Ausdruck zu verleihen. Bleibt nur die Frage: Warum ist das so? Trauen wir uns erst unter dem Deckmantel von Dunkelheit und Alkohol zu unserem Innersten zu stehen? Oder ist es wirklich der Reiz der Nacht. Der Gedanke von Schattenwelten, vom Schemenhaften, vom Verborgenen?

Solltet ihr also mal auf einer langweiligen Party verweilen… Werft doch mal eine eigenartige Frage in den nächtlichen Raum. Wer weiß, was euch für ein spannendes Schauspiel dargeboten wird!

Dating 2.0 – Gruselkabinett Online (Teil 4): Der Lauf der Dinge…

Ich war ins kalte Wasser gesprungen. Ich hatte auf einige meiner Onlinedating-Anfragen geantwortet und ich hatte auch selbst ein paar Männer angeschrieben. Wirklich nur ein paar, denn mir fiel auf, dass ich einfach nicht ohne einen Anknüpfungspunkt kommunizieren konnte und wollte.

Ein einfaches „Hallo“ wäre mir zu belanglos und plump vorgekommen. Schließlich fand ich Anfragen dieser Art selbst nichtssagend. Deshalb verstand ich nun auch den Sinn der absurden Fragen, die ich zu Beginn meiner Anmeldung ausfüllen musste. Hier lagen sie. Die Möglichkeiten für einen Konversationsbeginn. Und auch wenn es da ein paar Männer gab, die Übereinstimmungen aufwiesen, bei deren Angaben ich grinsen oder nicken musste… Irgendwas war meist, was mich zögern ließ. Und wenn ich erstmal zögerte, dann war  es auch schon zu spät. Also musste ich ebenfalls feststellen, dass wohl etwas dran ist, an dem Vorurteil mir gegenüber, dass ich zu wählerisch bin. Man hatte hier aber auch die Möglichkeit sehr wählerisch zu sein. Und wie sich heraussstellte, sollte man dies auch… Aber zurück. In der Tat fand ich nur wenige Aussagen, die sofort etwas in mir auslösten. Die blitzartig eine Frage oder eine lustige Antwort in meinen Kopf zauberten. Wenn dem so war, war der erste Schritt getan und es konnte passieren, dass auch ich mal jemanden anschrieb. Das „Springen in Regenpfützen“ als Sport und Ausdruck von Lebensfreude war zum Beispiel eine solche Aussage. Und dennoch kann ich die Männer die ich anschrieb an einer Hand abzählen. Stattdessen beschränkte ich mich also zunächst darauf den Männern zu antworten die mich anschrieben. Sollten sie doch für ihren Mut belohnt werden

Doch da war schon er schon, der nächste Minuspunkt auf meiner Pro-Contra-Onlinedating-Liste. Denn antwortete man dann also erstmal ganz nett auf ein plumpes „Hallo“ oder ähnliches, kam oft nichts mehr zurück. Meine lieben Herren, das erweckt leider den Eindruck als würdet ihr erstmal wahllos alle möglichen Frauen anschreiben, in der Hoffnung, dass sie antworten und euch dann eine rauszupicken. Das Gefühl eine Fehlentscheidung oder nur zweite Wahl zu sein bestärkt jedoch nicht unbedingt die Pro-Seite der Liste. Aber ich will ja gar nicht meckern, wer weiß was mir dadurch alles erspart geblieben ist. Denn das, was sich dann an „Gesprächen“ entwickelte, war ein Graus.

Und wie sollte es anders sein, auch im Verlauf der Konversation lassen sich bestimmte Typen herauslesen. Die bei mir nachdrücklich im Gedächtnis verankerten, will ich mal wieder zusammenfassen um meine Vorurteile gegenüber Onlinedating zu untermauern. Denn ich echauffiere mich ja nicht einfach so. Auch wenn das der eine oder andere denken mag. Ich  meckere auf der Basis fundierter Recherche. Hier folgend nun zu den verschiedenen Kommunikationstypen.

Der Falschversteher erklärt gern seine eigenen Nachrichten, Humor ist bei ihm an der falschen Adresse, er versteht ihn nicht und schmettert deshalb Antworten wie: „Ich bin schlauer als du denkst!“ Wenn man dann einen neuen humorvollen Versuch startet und beispielsweise darauf antwortet: „Woher willst du wissen für wie schlau ich dich halte? ;)“, verkennt er den Humor abermals, ist stattdessen beleidigt und wird ausfallend: „Wie kommst du dazu so mit mir zu reden. Ich bin sehr wohl ein intellektueller Typ der weiß was er will […]“ gefolgt von einem bösen Schwall Worte über Spielchen, Loser und Winner. Und natürlich der abschließenden Erkenntnis, dass ich der Loser bin und er sich entschuldigt, dass er mich gekränkt hat. HÄÄÄÄ???? Ich sage dazu nichts mehr, schüttele nur den Kopf und denke mir einmal mehr: nur Idioten unterwegs… Also echt mal…. So krass kann man doch gar nicht aneinander vorbeireden.

Der Schürzenjäger hingegen schreibt immer wieder das Gleiche. Im Wortlaut. Das erweckt den Anschein, als hätte er ein Kontingent an vorgefertigten Nachrichten, die er dann mit geändertem (oder auch nicht) Namen an seine Auserwählten herausschickt. Wieder andere schreiben dir, obwohl du ihnen schon geantwortet hast, im wöchentlichen Takt dreimal die gleiche Mail. Ebenfalls im Wortlaut. Bei der zweiten dachte ich noch: Ok, hat er wohl verbaselt. Nett wie ich bin (so jedenfalls die Annahme, da auch das eine der beliebtesten Erstkontakte an mich war „Du siehst nett aus“), antwortete ich eben noch mal auf die selben Fragen. Beim dritten Mal allerdings siegte dann doch mein Misstrauen. Der Mann: Modeltyp. Italiener. Schön. Nicht mein Geschmack, aber schön. Die meisten Frauen würden wohl auf ihn fliegen. Bei mir keimte jedoch das Vorurteil gegenüber Latinlovern auf: Schürzenjäger. Ich dachte mir also: Ich bin ja nett und habe nichts zu verlieren, antwortete also: „Das hast du mich schon mal gefragt ;)“ Die Antwort darauf: „Also wollen wir telefonieren?“ Auch das hatte er schon mehrmals gefragt. Und auch das teilte ich ihm mit, mit dem Hinweis, dass ich langsam das Gefühl bekomme mit einer Wand zu reden. Natürlich netter formuliert. Oder doch eher mit einem computergenerierten Account? Mein Misstrauen war auf jeden Fall geweckt. Es schien als würde er den Überblick verlieren. Als würde er allen Frauen die gleichen vorgefertigten Mails schreiben und gar nicht mehr durchsehen, welche Frau ihm bereits geantwortet hatte. Seine Antwort auf meinen Hinweis war wiederum folgende Erklärung: Er wolle mich eben einfach unbedingt kennenlernen. Aber wenn ich nicht will, werde ich wohl als alte Jungfer enden, denn er sei nun mal der Richtige für mich. Was sagt man dazu? Also ich für meinen Teil sagte lieber gar nichts mehr. Ich lass mich doch hier nicht verarschen… Bzw. wahrscheinlich hatte ich das bereits…

Der schlechte Verlierer oder oft auch damit einhergehende frauenfeindliche Chauvinist wird beleidigend wenn man nicht so will, wie er will. Sie treffen innerhalb des Mailvekehrs immer wieder Aussagen, die vermuten lassen, dass sie Frauen und Männer nicht auf eine Stufe stellen. Dass sie Frauen nur fürs Bett oder den Haushalt suchen. Wenn man ihnen dann ein Treffen abschlägt, können sie nicht damit umgehen. Stattdessen drehen sie frei und Frau darf sich dann auch hier wüste Beschimpfungen anhören. Beschimpfungen, die unter die Gürtellinie gehen. Eine ganz besonders „nette“ Aussage habe ich mal für euch aufgehoben: „Vorher hatte ich ja immer ne Vagina im Kopf, aber jetzt kann ich’s dir ja sagen: Aus dir wird nie was.“ Zwei Tage später von dem selben Mann dann ein Nachtrag: „Egal. Komm rum, mach dich nützlich.“ Sachma hackt’s? Glauben diese Männer tatsächlich, dass sie eine Frau rumbekommen, wenn sie sie derartig beleidigen? Haben bzw. hatten sie damit schon Erfolg? Und das war nicht die einzige Erfahrung dieser Art, bei weitem nicht. Da danke ich doch meinem gesunden Menschengespür und mache drei Kreuze, dass ich diesen jemand nicht näher kennengelernt habe.

Und dann gibt es in dieser Kategorie auch diejenigen, die dich sofort mit Beleidigungen bombadieren. „Deine Fotos sehen so aus als würdest du absichtlich unsexy sein wollen.“, „Hast du keine besseren Fotos“, Du bist sicherlich prüde., So wie du schaust, vergrauslt du doch alle., etc. Und danach wundern sie sich, dass du ihre Bitte abschlägst in ihrem Hotelzimmer zum Schäferstündchen vorbeizuschauen. Hallo, ich bin doch prüde!!! Hat man da noch Worte? Also ich für meinen Teil sah nur alle meine Warnblinkanlagen schwirren und fühlte mich aufs Neue bestätigt.

Der Drängler wiederum schreibt jeden Tag irgendwas Belangloses worauf man mit der Zeit auch nicht mehr wirklich antworten kann und will. Sie schreiben trotzdem weiter, werden aber immer fordernder und vorwurfsvoller. Irgendwann kommen dann Fragen wie: „Habe ich was falsch gemacht?“ Ich versuchte ihm klar zu machen, dass ich nicht rund um die Uhr in diesem Portal verweilte, da ich auch noch andere Dinge zu tun hatte und ich ehrlich gesagt auch nicht so darauf stehe, wenn man mich drängelt. Seine Reaktion daraufhin: „Ach, eine Mail täglich is der Dame also schon zu viel. Schnepfe.“ Und noch ehe ich antworten konnte, dass der Ton die Musik macht und vorwurfsvolle Nachrichten nicht unbedingt dazu beitragen, dass ich den Menschen kennenlernen möchte, hatte er mich bereits auf seine Sperrliste gesetzt.

Der scheinheilige Missionar hingegen beginnt dich nach einem eigentlich ganz guten Auftakt missionieren zu wollen. Zunächst stellt er interessiert Fragen und bewundert dein Tun. Nach und nach offenbart er dir, dass er ja ein Frauenversteher sei. Jemand, den man mitunter Womanizer nennt. Er gebe sogar Kurse und habe schon vielen Frauen zu mehr Glück in der Liebe verholfen. Ähm halt mal… Ich bin hier nicht eine deiner Kundinnen!!! Ich ging auf Abstand, doch er hörte gar nicht mehr auf. Er hatte sich wohl so richtig in Fahrt geschrieben. Denn nun musste auch noch mein Werdegang dran glauben. Er versuchte mir tatsächlich einzureden, dass ich mit einem anderen Job besser dran wäre und ließ einfach nicht locker. Hilfe!!! Stohoppp!!! Und das sagte ich ihm dann auch. Ich sagte ihm ganz höflich, dass mir das Gespräch gerade in eine falsche Richtung ging und ich davon absehen würde ihn noch näher kennenzulernen. Da fragt man sich doch echt… Wie krass, Onlinedating-Plattformen als potenzielle Arbeitsbörsen. Da suchen so Coaches hier also ihre Kunden. Wie niederträchtig! Ob das legal ist? Und auch seine abschließende Reaktion auf meinen Rückzieher war nicht gerade nett…

Gab es denn hier nur Verrückte, Lügner und mehr Schein als Sein? Bei meinen Erfahrungen frage ich mich doch: Haben diese Männer wirklich alle nur Sex im Kopf? Denn kaum bekommen sie eine Abfuhr, verlieren sie jegliche Manieren und führen sich auf wie der letzte A…A…A…Allerwerteste? Also das ist definitiv nicht meins. Warum setzte ich mich freiwillig so etwas aus? Ich musste wohl ebenfalls verrückt sein… Denn auch wenn mir diese Männer wohl letztlich alle egal waren, setzten diese Erfahrungen mir und meinem Selbstbewusstsein zu. Einmal mehr machte ich mir Gedanken um meine Ausstrahlung. Was, wenn es wirklich an mir lag? Wenn ich irgendwas ausstrahlte und suggerierte, was genau diese Art Typen anlockte? Hilfe!!! Vielleicht brauchte ich ja wirklich einen Coach…

Die Erkenntnis

Und wie war es nun bei den Männern, die ich selbst angeschrieben hatte? Ich muss gestehen, es waren nur zwei. Aber ich war ja eben nicht auf der Suche nach irgendjemand oder einem schnellen Abenteuer. Immerhin bekam ich von den beiden, die ich angeschrieben hatte eine Antwort. Das ja war ja schon mal was. Und auch die Unterhaltungen waren ganz nett. Dennoch, der Deckel für den Topf war nicht dabei. Wie hatte meine Freundin gesagt: Männer sprechen oft nur Frauen aus einer höheren Liga an. Und wie ich nun zu allem Übel feststellen musste: Spricht man als Frau dann selbst Männer aus der eigenen Liga an, bekommt man früher oder später einen Korb. Denn auch sie sind natürlich auf der Suche in der nächst höheren Liga…

Ich für meinen Teil war nun also nicht nur schockiert über die vielen unsäglichen Beschimpfungen, die ich hier über mich ergehen lassen musste. Sondern verlor so langsam auch den letzten Funke einer nie vorhandenen Überzeugung, dass ich hier potenzielle Partner kennenlernen könnte. Und was machte ich nun mit dieser Erkenntnis? Ich ging erst einmal in mich…

Fortsetzung folgt…