Zu später Stunde…

Wenn die Dunkelheit Einzug erhält und die Umgebung nur noch schemenhaft wiedergibt. Wenn ein paar Gläschen Bier oder Wein die trockenen Kehlen hinuntergeflossen sind. Dann passieren merkwürdige Dinge. Menschen beginnen sich komisch zu verhalten, wieder anderen lockert es die Zunge und das Mundwerk beginnt zu mahlen. Wenn man dann seine Augen aufreißt und die Ohren spitzt, hat man einiges zu lachen.

So saß ich letztens mit ein paar Freunden bei Dämmerung am See, als wir neben uns einen Mann ausmachten. An und für sich keinesfalls außergewöhnlich. Doch er stand dort ohne Unterhose, aber in T-Shirt und wiegte sich langsam vor uns zurück. Immer wieder. Über eine Stunde lang. Während ich amüsiert war, stieg in meiner Freundin leichtes Unbehagen auf. Was tat er da nur? Die Aufforderung sie solle ihn doch einfach fragen, löste Entrüstung aus. Wer weiß wie er dann reagieren würde. Also fragten wir nicht und ließen ihn schaukeln. In seiner spärlichen Bekleidung.

Eine andere Begebenheit der freizügigen Art ereilte mich ebenfalls vor wenigen Wochen. Es sind also nicht nur die Naturfreunde, die ihrer Freizügigkeit zu dämmriger Stunde frönen. Nein es gibt genauso solche Großstädter. Männer, die bei heißen Temperaturen fast nackt durch die Stadt  flanieren sind ja keine Seltenheit mehr. Aber eine Frau, die lediglich mit einem Tanga bekleidet durch die Straßen schlendert, ist mir persönlich bis vor wenigen Wochen noch nicht unter gekommen. Zunächst dachte ich mich verguckt zu haben. Dann suchte ich ihren blanken Oberkörper nach politischen Parolen ab. Könnte ja sein, dass sie eine der Damen ist, die mit allem kämpfen und demonstrieren was sie haben, ganz nach dem Motto „Sex sells“. Aber ich hatte mich weder verguckt, noch konnte ich Claims auf ihr entdecken. Es handelte sich also lediglich um eine persönliche Gesinnung. Na dann, wohl bekomm’s!

Das also zwei Beispiele für Möglichkeiten, die späte Stunde für seine Wunderlichkeiten zu nutzen. Wobei ich mir sicher bin, dass besagte Personen auch am helllichten Tag so agieren würden. Der kleine aber feine Unterschied ist jedoch die Dunkelheit. Sie verleiht dem Moment etwas Skurriles. Sie erlaubt es den Beobachtern nicht genau zu erkennen was vor sich geht. Und das löst in dem Einen oder Anderen Verwunderung, Belustigung oder eben auch Panik aus.

Die andere, oft beobachtete Entwicklung zu später Stunde und mit wachsendem Alkoholpegel ist das Emporschießen quer sitzender Gedanken. Jene, die unter normalen Umständen vielleicht nie das Licht des Tages erblickt hätten. Gut, das tun sie ja in diesem Fall auch nicht, aber zumindest das Licht der Nacht… Wer jetzt jedoch denkt, Männer unterhalten sich dann über Frauen und Frauen über Männer… falsch gedacht. Natürlich kann auch das vorkommen, ist es doch immer wieder spaßig das jeweils nicht verständliche Geschlecht abermals genauer unter die Lupe zu nehmen. Aber solche Gespräche meine ich nicht. Viel interessanter sind doch die Themen und die Gespräche bei denen man denkt: Wie kommen sie nur auf diese Themen? Welcher Geistes-Floh ist denn da durchs Hirn gehopst?

Ja, da kann es schon mal vorkommen, dass man mehrere Stunden über „Xanthippe“ und „Raßmulde“ philosophiert. Was man da bereden kann? Na so einiges! Hochwichtige Fragen wie: Welcher Name klingt hochnäsiger? Was verbindet man assoziativ mit dem jeweiligen Namen? Wer passt zu welchem Namen und warum? Man kann bei diesen Fragen durchaus in hitzige Dikussionen geraten, die einfach kein Ende finden. Vorausgesetzt natürlich man ist nicht einer Meinung. Interessant ist es aber auch Entweder-Oder-Fragen und deren Debatte zu verfolgen. Da kann sich der Eine oder Andere so richtig in Rage reden. Es ist ja aber auch wirklich wichtig einmal darüber geredet zu haben ob „Lieber Hände oder Schw*** ab?“ oder „Lieber kein Sex oder schlechter Sex?“.

Im Dunkeln ist also nicht nur gut Munkeln! Die Nacht belebt Körper und Geist. Ja, die Dunkelheit fördert die Kreativität geistiger Ergüsse und das Bedürfnis diese zur Sprache zu bringen, ebenso wie der geistigen Verfassung auch körperlich Ausdruck zu verleihen. Bleibt nur die Frage: Warum ist das so? Trauen wir uns erst unter dem Deckmantel von Dunkelheit und Alkohol zu unserem Innersten zu stehen? Oder ist es wirklich der Reiz der Nacht. Der Gedanke von Schattenwelten, vom Schemenhaften, vom Verborgenen?

Solltet ihr also mal auf einer langweiligen Party verweilen… Werft doch mal eine eigenartige Frage in den nächtlichen Raum. Wer weiß, was euch für ein spannendes Schauspiel dargeboten wird!

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