Schau mir in die Augen Kleines/r

An und für sich ist der Blick in die Augen eines anderen Menschen eine feine Sache. Schließlich kann man viel in den Augen eines Menschen ablesen. Mehr sogar, als man selbst immer zu glauben scheint. Ja, so Augen können Bände sprechen. Nicht nur, dass der Blick und alles was in ihm liegt etwas über den Menschen und dessen Geschichte erzählen kann. Nein, viel interessanter ist die Tatsache, dass die verschiedenen Augenfarben ebenfalls etwas über den Charakter verraten sollen. Ja, googelt doch mal, da findet man spannende Einordnungen.

So werden Menschen mit braunen Augen z.B. Eigenschaften wie Ehrlichkeit, Humor und Treue zugeschrieben. Außerdem gelten sie als gute Zuhörer und angenehme Gesprächspartner. ‚Besitzern’ grüner Augen sagt man nach, sie seien eher passive Charaktere, die sich sehr gern zurückziehen, genügsam sind, ungern Entscheidungen treffen und deshalb viel grübeln. ‚Träger’ blauer Augen hingegen gelten als leidenschaftlich und sollen oft einen romantischen Charakter haben. Als gefährlich wiederum werden blaugrüne Augen empfunden, blaugraue Augen stehen dafür für Heiterkeit und gute Laune. Allerdings soll das oft vorgespielt sein, da Menschen mit blaugrauen Augen oft unglücklich sind. So die ‚Vorurteile’ zu diversen Augenfarben. Lustig ist jedoch, dass unterschiedliche Augenfarben auch unterschiedliche Reaktionen hervorrufen können.

Ich für meinen Teil habe blaue Augen. Und ich halte mich für einen wenig furchteinflößenden Menschen. Je nach Stimmung sind meine Augen etwas getrübt und verraten, dass da schon einiges erlebt wurde, oder aber sie funkeln, sprühen und lachen und zeigen, dass ich den Moment gerade sehr genieße. Mit einer geänderten Farbe jedoch erzählen sie scheinbar ganz andere Dinge…

…sie verbreiten Angst, Schrecken und Erfurcht. Zumindest wenn sie Schwarz sind. Aber von vorn:

Angesichts der bevorstehenden Halloweenparty habe ich mir dieses Jahr zum ersten Mal wirklich Gedanken um eine Kostümierung gemacht. Nach stundenlangem Stöbern, hin und her überlegen, abwägen und Budgetieren ist der Entschluss gefallen. Eine Mumie soll es sein. Eine Mumie mit leerem Blick. Schließlich weilt sie ja nicht mehr unter den Lebenden. Da mein Blick aber eben alles andere als untot ist, beschließe ich ihn durch ein paar einfache schwarze Kontaktlinsen dem Kostüm entsprechend anzugleichen. Und da ich noch nie zuvor in meinem Leben Kontaktlinsen getragen habe, beschließe ich sie Probe zu tragen. Ein Fest, wie ich feststellen sollte…

Bereits als ich das Haus verlasse der erste Zwischenfall. Eine Horde Kinder hat es sich vor der Tür gemütlich gemacht um zu klingeln und nach Süßem zu verlangen. Als ich die Tür öffne brüllt mir also ein Chor schnattriger Stimmen entgegen: „Süßes oder Saures.“ Ich hebe einfach nur meinen Blick und noch ehe ich etwas sagen kann, fangen einige der eben noch so vorwitzigen Kinder an zu kreischen, andere machen große, ehrfürchtige Augen und gehen drei Schritte zurück. Da ich sonst nie solche Reaktionen unter Kindern hervorrufe, schreibe ich es mal meinem dunklen Blick zu und mache mich lieber schnell vom Acker, bevor hier noch jemand ein Trauma erleidet.

Die nächste Begegnung dieser Arte wartet ein paar Straßenecken weiter. Dieses Mal ist es eine Horde Teenies, die zwar nicht verkleidet, aber mit Totenkopf- und Vampirgesichtern geschminkt, über den Gehsteig wankt. Denen hat man wohl eher Saures anstatt Süßes gegeben. Oder Beides, damit das Saure schneller ins Blut übergeht. Dürfen die überhaupt schon trinken? Tstststs. Egal, zurück zum Eigentlichen. Um sie nicht in ihren angeregt-angeheiterten Gesprächen zu unterbrechen (und ja, ich gebe es zu, auch weil ich keine Klingel besitze), schlängele ich mich mit dem Rad so gut es geht an ihnen vorbei. Quittiert wird das ganze Unterfangen mit der hysterischen Stimme eines Mädchen: „He macht mal Platz, da will ein Mensch vorbei.“ Wie süß, denke ich mir. Sie haben bereits schon so viel getrunken, dass sie mit der Schminke in ihrem Gesicht verwachsen sind. Sie hält sich wohl für einen Vampir. Und Vampire kann ja bekanntlich kaum etwas umhauen. Außer Knoblauch und Holzpflock vielleicht. Oder? Habe ich beides eh nicht dabei. Aber ich habe meinen Blick. Ich hebe also meinen Blick und bedanke mich ganz höflich und harmlos fürs Platz machen. Und ich löse folgende Reaktion aus. Das Mädchen macht einen entsetzten Sprung zurück. Ups! War ich das? Sorry, ich konnte ja nicht ahnen, dass Vampire inzwischen auch Angst vor dämonischen Augenaufschlägen haben. Und während ich im Vorbeifahren in mich hineinkichere, höre sie entsetzt nach Luft japsen:  „Habt ihr der ihre Augen gesehen?“ Doch sie scheint allein mit ihrer Angst. Ein Junge beruhigte sie: „Komm ma runter und trink das nächste ma n Schluck weniger.“

Die Krönung des Ganzen kommt aber noch. Ich sitze gemütlich mit ein paar Freunden in einem irischen Pub und genieße den Abend. Das Licht ist schummrig, so dass man meine Augen wohl auch gar nicht wirklich sieht. Zum Glück, denn beim Weg auf die Toilette bzw. zurück zum Tisch provoziere ich Tote und Verletzte. Natürlich nicht absichtlich! Unbekümmert verlasse ich das Frauenklo. Es ist im Keller und man muss eine lange Treppe nach oben steigen. Vor mir läuft ein junger Mann in Anzug. Er dreht sich um. Beim Blick in meine Augen stolpert er und fällt fast die Treppe herunter. Du liebe Güte! Vor lauter Schreck reiße ich meine Augen noch weiter auf. Und er? Er strauchelt abermals und muss sich am Geländer festhalten. Betreten blicke ich zu Boden. Ich wusste nicht, dass mein dämonischer Blick das Potenzial besitzt Männer aus den Latschen zu heben… Wenn das sonst mal der Fall wäre, hehe. Und da keimt eine Idee in mir auf…

…da stehen doch demnächst noch wichtige Vertragsgespräche an. Vielleicht sollte ich…

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